- Kodifikationsstreit
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Der Kodifikationsstreit wurde maßgeblich vom Heidelberger Zivilrechtsprofessor Anton Friedrich Justus Thibaut und seinem Berliner Gegenspieler Friedrich Carl von Savigny ausgefochten.
Anlass war der von Thibaut erstmals 1814 artikulierte Wunsch nach Kodifikation und Vereinheitlichung des Rechts im deutschen Rechtskreis. Dazu veröffentlichte er die Schrift Über die Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland, welche großes Aufsehen erregte und eine kontroverse Diskussion entfachte. Darin forderte er den Erlass eines einfach und verständlich gehaltenen, einheitlichen Zivilgesetzbuch für den gesamten Deutschen Raum. Abgelöst werden sollte das Gemeine Recht, eine Mischung römischen und kanonischen Rechts.
Obwohl die Publikation zunächst großen Anklang fand, verhinderte eine zusehend stärker werdende Gegenbewegung letzten Endes den Erfolg. Da sie auch politisch dem Wunsch nach einen einheitlichen deutschen Staatswesen zuzuordnen war und damit die Wünsche der Liberalen transportierte, waren natürliche Gegner die Machthaber mit ihrem Wunsch nach Konservation und Restauration. Hinzu kamen jene Liberale, die sich von Savigny umstimmen ließen. Dieser veröffentlichte noch im selben Jahr eine Gegenschrift mit dem Titel Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft.
Darin brachte der Berliner Universitätslehrer seine ablehnende Haltung gegenüber einem statischem Rechtssystem zum Ausdruck. Seiner Ansicht nach nehme das Recht eine organische Entwicklung. Aufgabe der Rechtswissenschaft sei es daher, das im Volk entstandene Gewohnheitsrecht aufzunehmen und danach die Reformierung des geltenden, zersplitterten Rechts voranzutreiben. Erst am Ende dieser Entwicklung sah Savigny eine Kodifikation als möglich an. Diese hätte sich aber dann stärker am römisch-rechtlichen Vorbild zu orientieren, als dies Thibaut vorsah.
Literatur
- Hans Hattenhauer (Hrsg.): Thibaut und Savigny. Ihre programmatischen Schriften. 2. Aufl. Vahlen, München 2002, ISBN 978-3-8006-2783-7
- Sérgio Fernandes Fortunato: Vom römisch-gemeinen Recht zum Bürgerlichen Gesetzbuch, ZJS 4 (2009), S. 327-338.
Kategorien:- Rechtsgeschichte der Neuzeit (Deutschland)
- Wissenschaftliche Kontroverse
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