Kolbe (Familienname)

Kolbe (Familienname)

Kolbe ist ein sehr alter deutscher Familienname[1], der im gesamten deutschsprachigen Raum angetroffen wird. Darüber hinaus findet man ihn auch in Dänemark, den USA, Kanada, der Republik Südafrika, Südamerika, und Australien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Name verschiedene Ursprünge gehabt hat.[2]

Herkunft und Bedeutung

1. Übername: Einer, der diese Waffe (Keule) herstellt, trägt (Fussoldat) oder benutzt (pars pro toto); daher auch als Übername von Rittern bezeugt (z.B. Kolbe-Adel); in Hinsicht auf den Narrenstock: Ein närrischer (oder sonderbarer) Mensch.

Althochdeutsch colbo, kolbo, cholbo, cholpo; mittelniederdeutsch kolve, mittelhochdeutsch kolbe [m.]: Streitkolben, Keule, dicker Stecken, Stiel mit dickem Ende (vergl. auch Fruchtstand von Pflanzen), Bolzen, Gewehrkolben, Mörserkeule; aber auch Narrenstock (Narrenkolbe bedeutet Wunderlichkeit, Marotte), Hirtenstock, Spielstock, Stablaterne[1][3][4][5][6][7][8][9]; verwandt mit dem altnorwegischen kólfr, altschwedisch kolver, kolf, dänisch kolbe, isländisch kólfr (Wurzelknollen), polnisch und russisch kolba, vielleicht auch littauisch kulbe (Pfeil, Wurfspeer, Keule)[6].

Belege

  • Sie truogen kolben unde bogen[4]
  • Niemann ... sieht nun, daß der eine Soldat Besten mit der Kolbe in den Nacken stößt Wedekind[5]
  • Dem einen schlug er mit dem Kolben die breite Fresse noch breiter Kortwich[5]
  • ...vor der Preuszenkolbe laufen alle flink Immermann[6]
  • Wer es sach dasz zween hinaus gingen ('vors Dorf') und zweiten oder zankten sich an der steinbrücken, reiszen ('zücken') sie kolbe oder schwerdt...[6]
  • ...gelob ich die Kunst zu halten zu eren und underweisung fürsten und herren, ritter und knecht nach auserweisung des kampfes, den zu lernen mit sper, schwert, kolben, degen Fechtmeisterschwur (L.Sollinger)[6]
  • Trüge jeder Narr einen Kolben, das Holz würde teuer Simrock[5]
  • Man sol narren mit kolben lûsen Luther, Simplicissimus (lausen heisst vernünftig machen, aber auch Witzwort aus der Badersprache, frei übersetzt etwa mit dem Hammer den Scheitel ziehen)[4][6]
  • Den toren dunket nihtes guot wan daz, er mit sînem kolben tuot, d.h. Narren halten nur ihr eigenes Tun für sinnvoll[4]
  • Dieser narr ist an dem ziele, du verdienst die kolbe dir Goethe[6]


2. Übername: Einer, der durch eine spezielle Haartracht oder durch fehlen derselben, vielleicht aber auch durch eine besondere Kopfform auffällt.

Kolbe [f.], mundartlich für Haupt[2]; nordböhmisch: kulbe; thüringisch, sächsisch[6], ostdeutsch-schlesisch[2]: Kolbe, auch Haupthaar; bezeichnet auch eine männliche Haartracht im 16. Jahrh., bei der das gleichmäßig herabgekämmte Haar über der Stirn, den Ohren und im Nacken waagerecht geschnitten war. Die Kolbe wurde immer kürzer und bedeckte später kaum noch die Ohren[2][6][10][11]; aber auch als die Variante, bei der das Haar über der Stirn hochgekämmt und nach hinten zurückgelegt ist, war sie den Narren (siehe auch 1.) eigentümlich[5]; auch obere Fläche des Kopfes, besonders wenn die Haare abgeschoren sind[9], vergl. auch latein. calvus: kahl. Wichtiger Beleg zur Identität: 1550 in Zittau ein Steinmetzmeister Thomas Kolbe, der auch Kölbel, Kölbichen, Kelbigen, Heub(e)l u. Heubt (= Haupt) genannt wird[2].

Belege

  • Es beginnt ihm die Kolbe zu mengen, d.h. er bekommt graue Haare[2]
  • Er gab ihm ein- oder zweimal tüchtig auf die Kolbe; Wieland[5]
  • Da wolt er ihm (der Pabst Luthern) die kolbe lausn, das ihm die haar ufn kopfe sausn; Postreuter[6]
  • Denn sie müssens erfaren wie man den narren die kolben lauset; Luther[6], d.h. einen durch Schläge belehren[5]
  • Was hängt ihr so die kolbe nieder? Wieland[6]
  • Dasz Schwarz Christoph eine grosze person gewesen, eine schwarze krause kolbe gehabt; scr. rer. siles.[2][6]
  • Umme de tidt (1559) heft man erstlick, wo allen bekandt, angefangen kolven to dragen; Neocorus[6]


3. Übername: Ein grober oder gedrungener Mensch.

Mittelhochdeutsch kolbe bedeutet Keule, also ein gedrungener, dicker, derber, grober Mensch[1][12]


4. Übername: Ein glupschäugiger Mensch.

Niederdeutsch kulpen, külpen bedeutet glotzen[8].


5. Berufsname: Ein Fallensteller.

Aus dem Jagdwesen: Kolbe ist ein wie eine Pyramide beschnittener Fichtenbusch, um damit Vögel auf Leimruten zu fangen[6][9].

Varianten des Namens

  • Kolbe, Kolb, Colbe, Colb
  • Kolbo, Kolba, Kolben, Kolbel, Kolbell, Colbo
  • Kölbe, Kölber, Kölbel, Kölbl, Kölble, Kölb, Kölblin, Kölwel, Kölmel, Kölping
  • Kelber, Kolf, Kolve, Kolbil, Kolp
  • Culp, Kulpe, Külpe, Kulbe

Geographische Verteilung

Sachsen

  • Kirchberg/Zwickau: 1650 - 1870
  • Leutersbach/Zwickau: 1800 - 1870
  • Schöneck/Zwickau: 1650 - 1780

Schlesien

  • Droschkau/Grünberg: 1700–1920
  • Neurode/Glatz: 1810–1910
  • Oberhannsdorf/Glatz: 1600–1900 sehr häufig

Außerdem ...

  • Hamburg: 1800 - 1950
  • København, Dänemark: 1700 - 1928
  • Marburg/Lahn: 1640 - 1860

Bekannte Namensträger

Inhaltsverzeichnis A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

A

  • Albert Kolbe (1871-), Oberbürgermeister von Stargard in Pommern

B

C

D

E

F

  • Fritz Kolbe (1900–1971), deutscher Widerstandskämpfer
  • Fritz-Ulrich Kolbe (1955–2010), deutscher Erziehungswissenschaftler

G

H

J

K

M

P

S

T

U

  • Uwe Kolbe (Autor) (* 1957), deutscher Lyriker und Prosaautor
  • Uwe Kolbe (Filmproduzent), deutscher Filmproduzent

V

  • Victor Kolbe (1809–1888), Rittergutsbesitzer, Jurist und Mitglied des Deutschen Reichstags

W

Sonstige Personen

  • Adilbero Colbo 1135 zu Köln[12]
  • Cuonrad Colbe 1152, Herren von Schipf[12]
  • Conrad Colb 1165 Schenke zu Worms[12]
  • Ritter Litzelkolbe 1244 Wetzlar[2]
  • Diether Kolbelin 1309 zu Straßburg[12]
  • Haus zum Kolben 1356 in Straßburg[12]
  • Niklos Kolbe 1396 in Glatz[2]
  • Joh. zum Kolben 1437 in Worms[12]
  • Schwingenkolb 1483 in Augsburg[2]
  • Kolbenheyer (öst.Dichter) meint Kolbenhauer, der hölzerne Kolben fertigt[2][7]
  • Rauschkolb[7]
  • Oberleutnant Kolbe, Pilot des Flugzeugs mit dem Werner Mölders umgekommen ist.[13]

Einzelnachweise

  1. a b c Familiennamenbuch, Naumann, H., VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1987
  2. a b c d e f g h i j k Deutsches Namenslexikon, Bahlow, H., 1. Aufl., Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1972
  3. Altdeutsches Wörterbuch, Schade, O., 2.Auflage, Halle a.d.S., Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, 1882
  4. a b c d Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, M. Lexer, Leipzig, Verlag von Hirzel, 1872
  5. a b c d e f g Trübners Deutsches Wörterbuch, Berlin, Walter de Gruyter & Co., 1939-43
  6. a b c d e f g h i j k l m n o Deutsches Wörterbuch, Grimm, Jacob und Wilhelm, Leipzig, Verlag von S. Hirzel, 1873
  7. a b c Die Deutschen Familiennamen, geschichtlich, geographisch, sprachlich, Heintze-Cascorbi, 7. Aufl., Buchhandlung des Waisenhauses GmbH, Halle/S., Berlin, 1933
  8. a b Deutsche Namenkunde - unsere Familiennamen, Gottschald, M., 5.Aufl., Walter de Gruyter, Berlin, New York, 1982
  9. a b c Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe, Pierer, Altenburg, Verlagsbuchhandlung (1869)
  10. Brockhaus Enzyklopädie, 17. Edition, F.A.Brockhaus, Wiesbaden, 1970
  11. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Vol.14, Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich, 1975
  12. a b c d e f g Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Familiennamen, Brechenmacher, J. K., 2. Aufl., C.A.Starke Verlag, Limburg a.d. Lahn, 1960/63
  13. Werner Mölders - Flug zur Sonne - von Fritz von Forell

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