- Johann Kasimir Kolbe von Wartenberg
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Johann Kasimir Kolbe Reichsgraf von Wartenberg (* 6. Februar 1643 als Johann Kasimir Kolbe in der Wetterau; † 4. Juli 1712 in Frankfurt am Main) war unter anderen preußischer Premierminister und führender Kopf des Drei-Grafen-Kabinetts.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
In jungen Jahren trat Kolbe als Oberstallmeister und Geheimer Rat in die Dienste von Marie von Oranien (1642–1688), der Schwägerin des Großen Kurfürsten und Frau des Pfalzgrafen Ludwig Heinrich von Simmern (1640–1674). Nach deren Tod trat er 1688 in die Dienste des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg. Dort stieg er schnell auf: 1690 war er Hauptmann von Oranienburg, 1691 Schlosshauptmann von Berlin und 1694 Hauptmann der Dompropstei Havelberg, 1696 Oberstallmeister sowie Oberkammerherr.
Nach dem Sturz des Ersten Ministers Eberhard von Danckelman 1697 Minister und Chef der Generalökonomiedirektion, entledigte er sich bald mittels gezielter Intrigen der Konkurrenten Hans Albrecht von Barfus und Paul von Fuchs und verstand es, wichtige Hofstellen mit seinen Handlangern zu besetzen. Am 18. Januar 1701 durfte er Friedrich I. bei dessen eigenhändiger Krönung in Königsberg den Purpurmantel umhängen. Im selben Jahr wurde er dazu noch Premierminister. Sein Wirken ist durch eine beispiellose Ämterhäufung gekennzeichnet, die es ihm gestattete, nach Belieben zu schalten und walten: Er hatte nicht nur die bereits genannten Funktionen inne, sondern war darüber hinaus auch noch Marschall des Königreichs Preußen, Protektor der Königlichen Akademien, Kanzler des Ordens vom Schwarzen Adler, Oberstallmeister, Oberaufseher der Königlichen Schlösser, Oberhauptmann aller Schatullenämter, Generalpostmeister, und bekleidete diese Stellungen nicht etwa nacheinander, sondern in Personalunion. So konnte er den Hof mit einem System von Korruption überziehen und sich schamlos bereichern.
Ihm assistierte dabei seine Frau Katharina Rickers (* 1670 in Lobith; † 1734 in Den Haag). Tochter des aus Emmerich stammenden höchsten Zollbeamten Kurbrandenburgs im klevischen Raum, war sie ebenfalls bürgerlicher Herkunft. Als Gattin des geheimen Kammersekretärs Peter Biedekap war sie nach Berlin gekommen und wurde dort zunächst Kolbes Geliebte, später seine Ehefrau. Nach der Heirat der beiden überredete Kolbe den König, sie zur Aufwertung des königlichen Renommés zur offiziellen Mätresse zu ernennen. Friedrich schlief zwar nie mit ihr, aber ihr Status vergrößerte den politischen Einfluss ihres Gatten erheblich[1]. Kolbes Sohn Graf Kasimir (* 1699) war später General des Soldatenkönigs.
1704 wurde Kolbe auf Fürsprache des Königs hin durch den Kaiser in den Rang eines Reichsgrafen von Wartenberg erhoben. Er und seine Minister, Oberhofmarschall Graf August von Wittgenstein (* 14. April 1663–1735) und Generalfeldmarschall Graf Alexander Hermann von Wartensleben (1650–1734) − die „drei großen Wehs“ von Preußen – verschwendeten Staatsgelder und erhöhten die Steuern. August Reichsgraf zu Sayn-Wittgenstein etwa, dem Wartenberg 1705 die Position eines Direktors des Salzwesens verschafft hatte, nutzte die Gelegenheit, erhöhte die Salzsteuer um das Zehnfache und strich die Einnahmen ein. Als sich die Beschwerden in der Bevölkerung häuften und der Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Soldatenkönig 1710 schließlich eingriff, flog der Schwindel auf. Anfang 1711 wurde Wartenberg entlassen und ging außer Landes.
Wartenberg war Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft mit dem Gesellschaftnamen „der Bessere“. Wartenberg initiierte heute kurios anmutende Abgaben wie Jungfernsteuer, Perückensteuer, Hutsteuer, Strumpfsteuer, Kutschensteuer und den Vorläufer einer Kaffeesteuer (wer Kaffee, Tee oder Kakao trinken wollte, musste einen Erlaubnisschein erwerben, der pro Jahr zwei Taler kostete).
Literatur
- Siegfried Isaacsohn: Kolbe von Wartenberg, Johann Casimir Graf. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 16, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 463–466.
- Johann Kasimir Kolbe von Wartenberg. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 16, Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1892, S. 403.
- Uwe Kieling, Johannes Althoff: Das Nikolaiviertel. Spuren der Geschichte im ältesten Berlin. Berlin-Edition, Berlin 2001, ISBN 3-8148-0080-X, S. 74–78.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Hans-Dieter Otto: Nach uns die Sintflut. Höfisches Leben im absolutistischen Zeitalter, Ostfildern 2010, S. 84.
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