- Kopf von Osterby
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Bei dem Mann von Osterby handelt es sich um den Schädel einer Moorleiche aus dem Köhlmoor, südöstlich von Osterby bei Eckernförde.
Inhaltsverzeichnis
Fundumstände
Beim Torfstechen wurde der Schädel am 26. Mai 1948 von den Osterbyer Brüdern Otto und Max Müller in einer Tiefe von etwa 70 cm unter der damaligen Moor-Oberfläche aufgefunden. Der Kopf war, getrennt vom Körper, in einen Schulterumhang aus Rehfellen gewickelt und im Moor versenkt worden. Trotz intensiver Suche an der Fundstelle wurden keine weiteren Leichenteile gefunden.
Untersuchungsergebnisse
Während der Konservierung wurde der Schädel untersucht. Es handelt sich demnach um den Kopf eines etwa 50 bis 60 Jahre alten Mannes.
Als erstes fallen die außerordentlich gut erhaltenen Haare des Mannes von Osterby auf: Sie sind über der rechten Schläfe zu einem sogenannten Suebenknoten gedreht. Diesen Haarknoten beschreibt der römische Geschichtsschreiber Tacitus im Kapitel 38 seiner Germania als ein typisches Merkmal der freien Männer bei den Sueben, einem germanischen Stamm. Bei einer mikroskopischen Untersuchung der Haare stellte sich heraus, dass die durch die Einwirkung der Moorsäure rötlichbraun verfärbten Haare der Moorleiche ursprünglich dunkelblond waren. Altersbedingt hatte der Mann von Osterby schon einzelne weiße Haare. Von seiner Kopfhaut blieben nur kleine Teile erhalten, Haut und Gewebe im Gesicht fehlen völlig.
Bei der genauen Untersuchung des Schädels konnten deutlich erkennbare Schnittspuren am zweiten Halswirbel festgestellt werden, die belegen, dass der Kopf mit einem scharfen Gegenstand vom Rumpf abgetrennt worden war. An der linken Schädelseite konnte eine großflächige Verletzung festgestellt werden, die wohl zum Tod geführt hatte: Auf einer Fläche von etwa 12 cm Durchmesser war der Schädel mit einem stumpfen Gegenstand eingeschlagen worden, der Knochen war an der linken Schläfe völlig zersplittert und teilweise tief in das Gehirn eingedrungen.
Der Mann von Osterby wurde aufgrund seiner charakteristischen Frisur in die Römische Kaiserzeit datiert. Durch eine 14C-Datierung einer Haarprobe konnte sein Todeszeitpunkt in dem Zeitraum zwischen 75-130 n. Chr. genauer eingegrenzt werden.[1]
Neue Untersuchungen des Kopfes ergaben, dass der in der Dauerausstellung des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum Schloss Gottorf ausgestellte Schädel bei der Konservierung durch Karl Schlabow, wohl aus ästhetischen Gründen, mit einem nicht ursprünglich zu diesem Kopf gehörigen Unterkiefer ergänzt wurde.
Parallelen
Der Mann von Osterby ist nicht der einzige Mensch, der in der Eisenzeit enthauptet und im Moor niedergelegt wurde. Mehrere Moorleichen belegen diese Praxis, unter anderem der Mann von Dätgen, der ebenfalls einen Suebenknoten trägt, dessen Kopf mehrere Meter vom Körper entfernt gefunden wurde, oder auch die Frau von Roum Mose aus Dänemark.
Literatur
- Karl Kersten: Ein Moorleichenfund von Osterby bei Eckernförde. In: Offa 8, Berichte und Mitteilungen aus dem schleswig-holsteinischen Museum vorgeschichtlicher Altertümer in Schleswig und dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Kiel. 1949, S. 1-2.
- Karl Schlabow: Haartracht und Pelzschulterkragen der Moorleiche von Osterby. In: Offa 8, Berichte und Mitteilungen aus dem schleswig-holsteinischen Museum vorgeschichtlicher Altertümer in Schleswig und dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Kiel. 1949, S. 3-7.
- Wijnand van der Sanden: Mumien aus dem Moor - Die vor- und frühgeschichtlichen Moorleichen aus Nordwesteuropa. Drents Museum / Batavian Lion International, Amsterdam 1996. ISBN 90-6707-416-0.
- Michael Gebühr: Moorleichen in Schleswig-Holstein. Archäologisches Landesmuseum Schloß Gottorf, Schleswig 2002
- Publius Cornelius Tacitus: Germania - Lateinisch/Deutsch. Übersetzt, erläutert und mit einem Nachwort herausgegeben von Manfred Fuhrmann. Verlag Reclam, Ditzingen 1972. ISBN 3-15-009391-0.
Einzelnachweise
- ↑ * J. van der Plicht, Wijnand A. B. van der Sanden, A. T. Aerts, H. J. Streurman: Dating bog bodies by means of 14C-AMS. In: Journal of Archaeological Science. Nr. 31, 2004. S. 471-491
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