Kurs-Gewinn-Verhältnis

Kurs-Gewinn-Verhältnis

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) (engl. Price-Earnings-Ratio (PER) oder P/E Ratio) ist eine Kennzahl zur Beurteilung von Aktien. Hierbei wird der Kurs der Aktie in Relation zu dem für den Vergleichszeitraum gegebenen bzw. erwarteten Gewinn je Aktie gesetzt.

\mbox{KGV} = \frac{\mbox{Kurs einer Aktie}}{\mbox{Gewinn je Aktie}}\!\

Der Gewinn pro Aktie kann sich sowohl auf feststehende wie auf erwartete Werte beziehen. Das KGV spielt in der Aktienanalyse eine große Rolle. Dort werden immer Schätzungen für die Zukunft betrachtet.

Inhaltsverzeichnis

Berechnungsbeispiele

Beispiel 1

Der aktuelle Kurs einer Aktie betrage 50 €. Im letzten Geschäftsjahr ist ein Gewinn von 4 € je Aktie erzielt worden. Es ergibt sich also:

\mbox{KGV} = \frac{50}{4} = 12,5\!\

Diese Kennziffer sagt aus, mit welchem Vielfachen des Ergebnisses des letzten Geschäftsjahres eine Aktie an der Börse zurzeit bewertet wird.

Beispiel 2

Der aktuelle Kurs einer Aktie betrage 50 €, während Analysten für das kommende Geschäftsjahr einen Gewinn von 5 € je Aktie erwarten. Es ergibt sich also:

\mbox{KGV} = \frac{50}{5} = 10\!\

Diese Kennziffer sagt aus, mit welchem Vielfachen ihres erwarteten Ergebnisses eine Aktie an der Börse zurzeit bewertet wird.

Deutung

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis besagt, wie oft der Gewinn im aktuellen Kurs einer Aktie enthalten ist bzw. nach wie vielen Jahren der Gewinn den Preis der Aktie „bezahlt“ hat. Würde die Aktie oben konstant vier Euro Gewinn erwirtschaften, so wären nach 12,5 Jahren insgesamt 50 Euro Gewinn zusammengekommen. Durch den Anstieg um einen Euro verkürzt sich die Frist auf zehn Jahre.

KGV nach Zeitablauf, Land und Branche

Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse schwanken stark, je nachdem, welche Länder, Branchen und Jahre man betrachtet. Gründe für die Unterschiede liegen in den Chancen/Risiken der Papiere und dem Niveau der Zinsen und der Inflation.

Im deutschen Aktienmarkt galten in den 1970er und 1980er Jahren KGVs von 8 als billig und von 15 als teuer. Seit den 1990er Jahren schwanken die KGVs von 12 bis 25 in Bezug auf den Gesamtmarkt. Bei den 30 Dax-Werten liegt das KGV im historischen Durchschnitt bei 14,6.[1] Dagegen betrug das KGV Ende 2008 deutlich weniger als 10. Dies reflektiert das Zinsniveau, das seit 1993 signifikant niedriger liegt als in den Jahrzehnten davor.

Reale Werte

Die Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2005 der Verbund AG (Österreichische Elektrizitätswirtschafts-AG):

Jahr Gewinn je Aktie Kurs zu Jahresende KGV
2001 3,74 84,00 22,46
2002 5,03 81,14 16,13
2003 6,51 92,60 14,22
2004 7,64 163,90 21,45
2005 11,33 301,30 26,59

Trotz stetig steigenden Gewinns/Aktie steigt ab 2004 wegen des deutlich höheren Aktienpreises das KGV wieder an.

Gewinnrendite und Marktzins

Das KGV des Aktienmarkts wird auch vom herrschenden Zinssatz beeinflusst. Der Kehrwert des KGV, also der Gewinn je Aktie geteilt durch den Aktienkurs, stellt eine Art Verzinsung der Aktie – eine Art Gewinnrendite – dar. Da Kapitalanleger Anlagemöglichkeiten mit höchster Rentabilität bevorzugen, kommt es zu einem Ausgleich der Rentabilitäten nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage durch sogenannte Arbitrage-Geschäfte. Der Kurswert der Aktien passt sich demnach so an, dass der Kehrwert des KGV sich am herrschenden Zinssatz, bereinigt um Risikoaufschläge, orientiert.

Senkt die Zentralbank (eine Instanz, die in der Regel maßgeblichen Einfluss auf das allgemeine Zinsniveau hat) den Leitzins, so führt dies mit einer gewissen Zeitverzögerung ceteris paribus zu steigenden KGVs: die Aktienkurse steigen. Wird der Leitzins angehoben, so sinken dementsprechend die KGV und damit die Aktienkurse.

Zusätzlich kann der Zinssatz auch durch die Fremdkapitalkosten die Gewinne des Unternehmens und damit auch das KGV beeinflussen und den oben erläuterten Effekt verstärken.

Aktien mit hohen KGV reagieren empfindlicher auf Zinsänderungen als solche mit niedrigen KGVs.

Fallstricke

Das KGV ist heute eine der meist gebrauchten Kennziffern zur Aktienbewertung. Seine Anwendung ist jedoch komplizierter, als es die oben wiedergegebene Formel vermuten lässt.

  • Gewinne können nicht einfach in die Zukunft fortgeschrieben werden. Konjunkturzyklische Schwankungen sind ebenso zu berücksichtigen wie Auswirkungen innerbetrieblicher Veränderungen sowie Veränderungen im Wettbewerb, im Verbraucherverhalten, der Zinsentwicklung und Produktlebenszyklen etc. Auch völlig unberechenbare Faktoren wie Wetter und politische Entscheidungen spielen in manchen Branchen eine Rolle.
  • Einmalige, außerordentliche Erträge und Aufwendungen sind ebenso zu ignorieren wie vorübergehende Schwankungen des Steuersatzes.
  • Bei unsicherer Schätzung sind Risikoabschläge vorzunehmen. Bei sicheren Wachstumsperspektiven ist dagegen ein KGV-Aufschlag möglich.
  • Gewinne sind in gewissen Grenzen durch Bildung und Auflösung stiller Reserven sowie durch Veränderung von Zahlungsbedingungen manipulierbar. Eine zusätzliche Analyse des Cash-Flow kann hierüber Aufschluss geben.
  • Das KGV beschreibt die aktuelle Ertragslage des Unternehmens, nicht die zukünftige. Möglicherweise hat ein Unternehmen, das heute wenig Gewinn erwirtschaftet, weil viel Geld in die Produktentwicklung fließt, eine bessere Zukunftperspektive, als ein ähnliches Unternehmen, das zwar mehr Gewinn erwirtschaftet, aber die Produktentwicklung vernachlässigt.
  • Aktiengesellschaften weisen in Pressemeldungen unterschiedliche Gewinnkennzahlen aus. Gerne wird „vergessen“, den Gewinnanteil Konzernfremder abzuziehen. Manchmal wird nur der Gewinn vor Steuern oder vor Steuern und Zinsen (EBIT) genannt. Für das KGV ist jedoch der Gewinn je Aktie relevant, nach Abzug von Zinsaufwand, Steuern und konzernfremden Gewinnanteilen.
  • Für einen sinnvollen Vergleich der Berechnungen ist es wichtig, dass angegeben wird, welcher Aktienkurs bei der Berechnung verwendet wurde (Durchschnittskurs, Höchstkurs, Kurs zu Jahresende, Kurs zu Jahresanfang).

Siehe auch

Fußnoten

  1. FAZ.net: Das KGV - „Mutter aller Bewertungszahlen“ (abgerufen 12. März 2011)

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Synonyme:

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