- Kurzarbeit Null
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Kurzarbeit ist im Arbeitsverhältnis ein Ausnahmezustand mit reduzierter Regelarbeitszeit. Sie soll Unternehmen als Möglichkeit dienen, bei schwieriger Wirtschaftslage Kündigungen zu vermeiden. Die Arbeitnehmer im Unternehmen arbeiten bei Kurzarbeit über einen gewissen Zeitraum hinweg weniger oder sogar überhaupt nicht. Der dadurch entstehende Verdienstausfall wird durch den Staat in gewisser Höhe ausgeglichen. Zuständig für diese Leistung ist in Deutschland die Bundesagentur für Arbeit, in Österreich der Arbeitsmarktservice.
Inhaltsverzeichnis
Gründe
Die Kurzarbeit soll Unternehmen bei einer vorübergehenden schlechten Auftragslage durch eine Reduktion der Personalkosten entlasten. Die Arbeitnehmer müssen dabei Einkommensverluste in Kauf nehmen, da das Kurzarbeitergeld nicht das volle Einkommen ersetzt. Der Arbeitsplatz und eine gewisse Grundversorgung bleiben jedoch erhalten. Anders als bei Entlassungen muss das Unternehmen keine qualifizierten und eingearbeiteten Mitarbeiter aufgeben und kann dadurch das Firmen-Knowhow erhalten.
Voraussetzungen
Sozialrechtliche Voraussetzungen in der Bundesrepublik Deutschland
Bedingungen, unter denen ein Unternehmen nach § 169 SGB III Kurzarbeit anmelden kann:
- Es gibt einen „erheblichen Arbeitsausfall“, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht.
- Der Arbeitsausfall ist vorübergehend; es gibt begründete Hoffnung auf eine Besserung der Lage.
- Der Arbeitsausfall ist nicht vermeidbar.
- Mindestens ein Drittel der beschäftigten Arbeitnehmer verliert mehr als zehn Prozent des Bruttoentgelts. Die Mindestvoraussetzung des Drittels entfällt vom 01. Februar 2009–31. Oktober 2010 aufgrund des Konjunkturpaketes II der Bundesregierung. Dafür kann Kurzarbeitergeld nur noch für die Arbeitnehmer erstattet werden, bei denen mehr als zehn Prozent des Bruttolohnes ausfällt.[1]
- Der Arbeitsausfall ist der Arbeitsagentur schriftlich angezeigt worden, und der Anzeige durch den Arbeitgeber war eine Stellungnahme des Betriebsrates beigefügt, sofern es in dem Betrieb einen solchen gibt.
Arbeitsrechtliche Voraussetzungen
Kurzarbeit stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalles zu tragen hat, also trotz Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers die Vergütung in voller Höhe weiterzuzahlen hat, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft persönlich angeboten hat (§ 615 BGB).
Kurzarbeit mit der Folge des Wegfalls des Vergütungsanspruchs darf der Arbeitgeber deshalb nur anordnen, wenn dies in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einer Individualvereinbarung (Arbeitsvertrag) vereinbart worden ist.
In Betrieben mit Betriebsrat ist die Anordnung von Kurzarbeit darüber hinaus nur wirksam, wenn der Betriebsrat der Kurzarbeit zugestimmt hat (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).
Tarifvertragliche Regelungen
Ergänzend zu den sozial- und arbeitsrechtlichen Regelungen können tarifvertragliche Regelungen bestehen.
In einer solchen Regelung können z.B. ein Zuschuss des Arbeitgebers zum Entgelte von Beschäftigten in Kurzarbeit, eine Beschäftigungssicherung oder Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte in Kurzarbeit vereinbart werden[2].
Leistungen
Neben dem entsprechend der Kurzarbeit reduzierten Arbeitsentgelt erhält der betroffene Arbeitnehmer je nach Familienstand während des Bezugszeitraums des Kurzarbeitergelds von der Bundesagentur Leistungen in Höhe von 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz mit Kind, Leistungssatz 1) bzw. 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz ohne Kind, Leistungssatz 2) der Nettoentgeltdifferenz (§ 178 SGB III). Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherungsbeiträge werden weitergezahlt, so dass der Arbeitnehmer dort keine Ansprüche verliert. Für die Zeit, die der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt ist, muss er die Sozialversicherungsbeiträge aber wie üblich anteilig tragen.
Bezugsdauer
Kurzarbeit ist grundsätzlich auf sechs Monate begrenzt (§ 177 Abs. 1 SGB III). Liegen jedoch außergewöhnliche Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt vor, kann sie durch Rechtsverordnung auf bis zu 24 Monate ausgedehnt werden (§ 182 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Seit dem 1. Januar 2009 beträgt die Bezugsfrist für das Kurzarbeitergeld 18 Monate. Die entsprechende Verordnung[3] gilt befristet auf ein Jahr für alle Arbeitnehmer, deren Anspruch auf das Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2009 entsteht.
Die Bezugsdauer gilt einheitlich für alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Bei zusammenhängenden Unterbrechungen des Kurzarbeitergeldes von einem Monat verlängert sich die Bezugsdauer entsprechend, bei einer mindestens dreimonatigen zusammenhängenden Unterbrechung beginnt die Bezugsdauer neu.
Die Agentur für Arbeit kann Bezieher von Kurzarbeitergeld vorübergehend in eine andere Arbeit vermitteln (Zweitarbeitsverhältnis). Die Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich auf Aufforderung bei der Arbeitsagentur zu melden und eine angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Treten sie eine solche Beschäftigung ohne wichtigen Grund und trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht an, wird das Kurzarbeitergeld in der Regel für die Dauer von drei Wochen versagt (Sperrzeit). Der Verdienst aus dem Zweitarbeitsverhältnis erhöht das Ist-Entgelt des Arbeitnehmers, dieser erhält dadurch weniger Kurzarbeitergeld.
Sonderformen der Kurzarbeit
Transferkurzarbeitergeld („Kurzarbeit Null“)
Bei einer betrieblichen Restrukturierung (Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG) kann auch dann Kurzarbeitergeld geleistet werden, wenn der Arbeitsausfall dauerhaft ist (§ 216b SGB III). In diesen Fällen wird zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung der Vermittlungsaussichten der betroffenen Arbeitnehmer für längstens zwölf Monate das so genannte Transferkurzarbeitergeld gezahlt. Die Arbeitnehmer müssen in einer betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit (beE) zusammengefasst werden. Das ist meist eine so genannte Transfergesellschaft, in welche die Arbeitnehmer überwechseln. In der Transfergesellschaft wird versucht, die Arbeitnehmer zu qualifizieren und in neue Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Da die Arbeitnehmer dort überhaupt nicht mehr arbeiten, spricht man auch von „Kurzarbeit Null“. Derartige Maßnahmen werden in der Regel aufgrund eines Interessenausgleichs zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durchgeführt. In einem flankierenden Sozialplan werden Leistungen, wie die Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes durch den (ehemaligen) Arbeitgeber, vereinbart.
Saison-Kurzarbeitergeld
→ Hauptartikel: Saison-Kurzarbeitergeld
Saison-Kurzarbeitgeld (§§ 175 bis 175b SGB III) erhalten gewerbliche Arbeitnehmer in der Bauwirtschaft, wenn während der Schlechtwetterzeit witterungs- oder wirtschaftlich bedingt nicht gearbeitet werden kann.
Geschichte
Als erster Vorläufer des Kurzarbeitergeldes gilt die Regelung des Kali-Gesetzes vom 25. Mai 1910. In diesem Gesetz wurde ein Kapazitätsabbau der Kali-Industrie verordnet. Die betreffenden Arbeiter erhielten eine Kurzarbeiterfürsorge, die vom Deutschen Reich bezahlt wurde.
Mit der "Verordnung über die Erwerbslosenunterstützung" vom 16. Februar 1924 wurde die "Kurzarbeiterunterstützung" geschaffen. Daraus entstand mit dem "Gesetze über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" vom 16. Juli 1927 das heutige Kurzarbeitergeld.
Quellen
- ↑ § 421 t SGB III in der Fassung des Artikel 9 des Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland
- ↑ Vereinbarung zur Umsetzung von Kurzarbeit, Qualifikation und Beschäftigungssicherung der IG Metall Baden-Württemberg
- ↑ Verordnung über die Bezugsfrist für das Kurzarbeitergeld vom 26. November 2008, BGBl. I S. 2332
Weblinks
- Die IAB-Infoplattform Kurzarbeit des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Nürnberg, bietet einen Überblick zum Forschungsstand und zur aktuellen Diskussion.
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