- Königlicher Astronom
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Hofastronomen gab es bis vor einigen Jahrhunderten auf fast allen Königs- und Kaiserhöfen, aber auch an den Höfen anderer Fürsten und vieler höherer Adeliger.
Im Regelfall fungierten sie als Berater und als Lehrer, vielfach auch als Astrologen – was in der vorchristlichen Zeit fast immer mit der Astronomie verknüpft war. Bei wissenschaftlich interessierten Herrschern hatte ein Hofastronom – der auch manchmal Hofmathematiker war – oft eine politisch oder kulturell sehr anspruchsvolle Aufgabe.
Im alten Babylon und in China hatte die Astronomie schon früh einen hohen Stellenwert. In Mesopotamien und Persien gab es den Stand der Chaldäer, die eine Mischung zwischen Astronom, Meteorologe oder Astrologe darstellten, und teilweise auch Priester waren. Vielfach wird angenommen, dass der biblische Bericht über den Stern von Betlehem auf solchen Personen beruht. Im alten China waren die Hofastronomen dafür zuständig, den „rechten Augenblick“ für wichtige Handlungen zu überlegen – was die Griechen im Sinn emotionaler Intelligenz als „Kairos“ bezeichneten.
In späterer Zeit – insbesondere in der sogenannten Entdeckerzeit ab etwa 1350 – befassten sich viele Hofastronomen mit der Navigation (keineswegs nur mit ihrem astronomischen Teil), mit der Vorausberechnung von Planetenbahnen oder mit der Erstellung von Weltkarten. Auch das Entstehen vieler Paare von Erd- und Himmelsgloben ist dem Wirken manches Hofmathematikers oder -Astronomen zu verdanken, weil die Verbindung zwischen astronomischen und geografischen Daten und Berechnungen auf Globen mit gleichem Radius besonders sicher, rasch und wirtschaftlich war – ganz zu schweigen vom Anspruch der Ästhetik oder der Kunst.
In manchen Bereichen kann die Stellung früherer Hofastronomen mit jener von heutigen Regierungsberatern oder von Vorsitzenden regierungsnaher Fachkommissionen verglichen werden. In der Neuzeit waren sie vielfach auch Hochschullehrer und/ oder Mitglied der jeweiligen Akademie. In England war der jeweilige Direktor des Royal Greenwich Observatory zugleich Hofastronom mit dem Titel Astronomer Royal.
Inhaltsverzeichnis
Bekannte Hofastronomen
Im Orient und in China
- Hsi-Ho (um 2100 v. Chr., hingerichtet, China)
- Thales von Milet (um 580 v.Chr., beratende Tätigkeit)
- Konon von Samos (um 245 v. Chr., Alexandria)
- Al Khorezmi (ca.780-845, Persien/Bagdad)
- Al-Ma'mun (~786-833, selbst Kalif nach Harun ar-Raschid)
- Ibn Dschunus (950-1009, Bagdad)
- Ko Show King (1279 Sternwartebau des Mongolenkaisers Kublai Khan)
- Ulugh Beg (1394–1449, Samarkand)
- Matteo Ricci (1552–1610, Peking)
- Adam Schall (1592–1666, Peking) – er wurde vom jungen Kaiser Shun-chih (Reg. 1644–1661) sogar als „mafa“ (Großvater) angesprochen
In Europa
- Georg von Peuerbach (1423–1461, Budapest und Wien)
- Regiomontanus (1436–1476, Gran/ Ungarn)
- Jakob Cuno (etwa 1530–1575, Berlin)
- Tycho Brahe (1546–1601, Dänemark und Prag)
- und sein „Widersacher“ Reimar Ursus
- Marcin Bylica (1433–1493), Polen / Ungarn
- Johannes Kepler (1571–1630, Prag)
- Jost Bürgi (1558–1631, Hessen)
- Christian Mayer (1719–1783, Mannheim)
- Johann Jakob Marinoni (1676–1755, Wien)
- Franz Xaver von Zach (1754–1832, Gotha)
- Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864, Pulkowo)
Astronomer Royal
Direktoren des Royal Greenwich Observatory zugleich Hofastronom mit dem Titel Astronomer Royal:
- John Flamsteed (1646–1719)
- Edmond Halley (1656–1742)
- James Bradley (1692–1762)
- Nathaniel Bliss (1700–1764)
- Nevil Maskelyne (1732–1811)
- John Pond (1767–1836)
- George Biddell Airy (1801–1892)
- William Christie (1845–1922)
- Frank Dyson (1868–1939)
- Harold Spencer Jones (1890–1960)
- Martin Ryle (1918–1984)
- Martin Rees (* 1942)
Siehe auch Astronomer Royal for Scotland
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