LOCOS

LOCOS

LOCOS, kurz für Local Oxidation of Silicon (dt. »lokale Oxidation von Silicium«, ist in der Halbleitertechnik ein Verfahren zur elektrischen Isolation von Bauelementen (meist Transistoren). Dafür wird der Silicium-Wafer an ausgewählten Stellen maskiert und das freigelegte Silicium anschließend (lokal) oberflächennah oxidiert, so dass zwischen den Bauelementen ein Isolationsbereich aus Siliciumdioxid entsteht.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Isolation von Bauelementen

Eines der Haupttriebkräfte der Mikroelektronik ist die stetig steigende Integration der Bauelemente, das heißt, sowohl die Bauelemente also auch die Räume dazwischen werden von Generation zu Generation kleiner. Diese zunehmende Verkleinerung führt neben herstellungsbedingten Problemen auch zu elektrischen Problemen, wie beispielsweise das Übersprechen von Signalen auf Leiterbahnen oder steigende Leckströme aufgrund des geringeren Isolationsabstandes. Diese Problematik hat in der Entwicklungsgeschichte zu verschiedenen Isolationstechniken und deren Anwendung bei integrierten Schaltungen geführt, wie der LOCOS-Technik.

Vor der Entwicklung der Planar-Technik wurden Transistoren und Dioden üblicherweise als Mesabauelemente (vgl. Mesatransistor) gefertigt. Trotz der relativ weit voneinander entfernten und quasi freistehenden Bauelemente (auf einem Substrat) war schon damals die Reduzierung der relativ großen oberflächlichen Leckströme, beispielsweise verursacht durch Grenzflächenladungen, eine der wichtigen Herausforderungen. Bereits 1959 stellte eine Arbeitsgruppe um M. M. Atalla eine Technik vor, bei der diese Leckströme durch ein thermisches gewachsenes Siliciumdioxid (auf einem Silicium-Substrat) drastisch reduziert werden konnten.[1]

„Planox“-Prozess

Die Entdeckung der (elektrischen) Oberflächenpassivierung führte wenige Jahre später zur Entwicklung und industriellen Einsatz des sogenannten „Planox“-Prozesses. Dabei wurde auf dem mittlerweile standardmäßig eingesetzten Silicium-Substrat (Silicium-Wafer) ein ganzflächiges Feldoxid aufgebracht (thermische Oxidation). Um die gewünschten Transistor- und Dioden-Elemente zu fertigen, wurde das Oxid anschließend an entsprechenden Stellen nasschemisch geätzt (strukturiert), so dass das Silicium-Substrat für die Diffusion- oder Implantation-Prozesse zugänglich ist. Der Planox-Prozess hat jedoch einige entscheidende Nachteile. An den bei der Strukturierung des Oxids entstehende Stufen kann sich beispielsweise Fotolack, der beider fotolithografischen Strukturierung für nachfolgende Prozessschritte genutzt wird, ansammeln und so das Auflösungsvermögen verringert. Da das nasschemische Siliciumdioxidätzen eine isotroper Ätzprozess ist (die Ätzung ist in alle Raumrichtungen gleich) sind Lackmaskenanpassungen als Ausgleich für die Unterätzungen notwendig. Ein weiteres Problem ist die brenzte Konformität der Metallisierung an den Stufenkanten. Dadurch treten Leitbahneneinschnürungen auf und die damit verbundene lokale Erhöhung der Stromdichte führt zu Schäden und einer vorzeitigen Alterung durch Elektromigration (das damals als Leitbahnmaterial verwendete Aluminium ist für Elektromigration auch relativ „anfällig“).

Um eine die Packungsdichte der mikroelektronischen Schaltungen weiter zu erhöhen, also möglichst viele Bauelemente auf möglichst geringer Fläche unterzubringen, war es notwendig eine möglichst glatte Topografie zu erreichen, das heißt, die Stufen und Unebenheiten zu vermieden bzw. zu reduzieren. Einen Durchbruch brachte die 1970 von Appels et al.[2] vorgestellte Technik der lokalen Oxidation von Silicium (engl. Local Oxidation of Silicon, LOCOS). Die LOCOS-Technik schafft diesen Einschränkungen Abhilfe, indem die Übergänge zwischen den Schichten weniger abrupt ausgeführt werden.

Verfahren

Bei der LOCOS-Technik wird ein zur Planox-Technik entgegengesetzter Ablauf genutzt. Dabei werden die Bereiche freigelegt, in denen das spätere Isolationsoxid sich befinden soll. Als Maske für den (strukturierten) Oxidationsprozess dient eine Siliciumnitridschicht (Si3N4-Schicht), die mit den gewöhnlichen Ätztechniken strukturiert wird. Im vergleich zu Silicium verläuft die Oxidation von Siliciumnitrid um einige Größenordnungen langsamer, so dass hier quasi keine Beeinflussung durch den Oxidationsprozess stattfindet. Die Hochtemperaturbelastung durch den Oxidationsprozess führt zu Verspannungen zwischen dem Siliciumsubstrat und der Siliciumnitridmaske, daher ist eine Zwischenschicht aus Siliciumoxid (Padoxid genannt) notwendig die Verspannungen zu entschärfen und so ein Abplatzen der Nitridschicht zu verhindern.

Prozess

Prozessschritte der LOCOS-Technik

Ein typischer LOCOS-Prozess setzt sich aus den nachfolgenden Schritten zusammen:

  1. Vorbereitung der Siliciumsubstrate: Dazu zählt üblicherweise die Entfernung von Partikeln und organischen Verunreinigungen (vgl. RCA-Reinigung)
  2. Abscheidung einer dünnen Siliciumdioxidschicht (10–20 nm): Sie dient als Puffer gegen mechanische Verspannungen. Diese treten zwischen dem Siliciumsubstrat und der Siliciumnitridschicht (Maske, siehe 3.) durch den höheren thermischen Ausdehnungskoeffizienten und der hohen Temperaturbelastung durch den thermischen Oxidationsprozess auf. Dies würde unter anderem zu Kristallbaufehlern führen. Die Oxidschicht wird daher auch Pad- oder Puffer-Oxid genannt und durch einen CVD-Prozess aus der Gasphase abgeschieden (vgl. TEOS-Oxid).
  3. Abscheidung einer Siliciumnitridmaske (100–200 nm), die durch den Oxidationsprozess chemisch kaum beeinflusst wird und die maskierten Bereiche vor der Oxidation schützt. Die Herstellung erfolgt im Allgemeinen über ein LPCVD-Prozess.
  4. Fotolithographische Strukturierung und Ätzen der Nitrid- und Oxidschicht, so dass das Siliciumsubstrat für den Oxidationsprozess zugänglich ist
  5. Thermisches Aufwachsen von SiO2 auf Silicium in den nicht maskierten Bereichen. Die thermische Oxidation im engeren Maß keine Beschichtung sondern eher eine Schichtmodifikation. Dabei reagiert Sauerstoff mit dem reinen Siliciumsubstrat zu Siliciumdioxid. Dabei sind zwei Effekte wesentlich. Zum einen wird dabei Silicium „verbraucht“, sodass die entstehende Oxidschicht (zum Teil) sozusagen in das Substrat wächst, zum anderen kommt es durch die starke Einlagerung von Sauerstoff und Kristallmodifizierung zu einem Volumenwachstum, sodass ca. 55 Prozent der gewünschten Oxidschichtdicke im vorherigen Siliciumsubstrat liegt. Ein weiterer Effekt ist die seitliche Sauerstoffdiffusion untere die nitridmaskierten Bereiche (vgl. Vogelschnabel).
  6. Entfernung der Nitridmaske durch nasschemische Ätzen mit Phosphorsäure bei 150–175 ºC. Anschließend kurzes Ätzen des Pad-Oxids mit gepufferter HF-Lösung (engl. buffered oxide etch, BOE). Durch die Oxidätzung wird weiterhin der Übergang weiter eingeebnet und die Ausdehnung des Vogelschnabels verringert.

Vor- und Nachteile

Im Vergleich zu der vorher eingesetzten Planox-Technik hat die LOCOS-Technik einige entscheidende Vorteile. Bei LOCOS werden die scharfen Kanten und Stufen in der Topografie der Oberfläche deutlich reduziert. Dies erlaubt einen verbesserten Fotolackauftrag in nachfolgenden Prozessen und eine bessere Konformität der metallischen Leitbahnen (wesentlich geringere Einschnürungen). So konnten die minimal herstellbaren Strukturengrößen gegenüber der damals herkömmlichen Planartechnik reduziert werden (bis ca. 1 µm).

Durch das Wachstum des Oxids während der thermischen Oxidation in die Tiefe, ragt die isolierende Oxidbarriere deutlich in das Substrat, was das Übersprechen der benachbarter Transistoren behindert, das heißt, die elektrische Isolation der aktiven Bauelemente auf dem Substrat wird verbessert

Mittlerweile werden diverse Weiterentwicklungen des ursprünglichen LOCOS-Prozesses in der Industrie eingesetzt, die die parasitären Effekte verringern und eine höhere Integration der Schaltkreise ermöglichen (siehe Abschnitt Weiterentwicklungen). Des Weiteren wird heutzutage (2000er-Jahre) größtenteils eine alternative Technik der Grabenisolation (engl. shallow trench isolation, STI, oder auch engl. box isolation technique) eingesetzt. Dabei werden tiefengeätzte Gräben im Silicium mit Siliciumoxid aufgefüllt (TEOS-CVD). Dies ist mit dem thermischen Oxid der LOCOS-Technik nicht möglich, da die Volumenänderung während des Oxidwachstums zu hohe mechanische Spannungen im Graben erzeugt und zu Defekten führt. Die Grabenisolation erlaubt im Vergleich zu LOCOS-Technik eine deutlich bessere seitliche Isolation (auch in tiefere Regionen) und ist zudem noch platzsparender herzustellen, was wiederum eine höhere Packungsdichte ermöglicht.

Vogelschnabel

Vogelschnabel im nach einem normalen LOCOS-Prozess

Wie schon in der kurzen Prozesszusammenfassung erwähnt wächst das Siliciumdioxid während der thermischen Oxidation auch unter den Rand der eigentlich maskierten Bereiche. Ursache dafür ist die isotrope (daher auch seitliche) Sauerstoffdiffusion sowohl im LOCOS-Oxid als auch im Pad-Oxid. Es entsteht eine für den LOCOS-Prozess charaktische Oxidstruktur, deren Rand bis zu einen Mikrometer unter der Nitridschicht ausläuft und aufgrund seines Profils Vogelschnabel (englisch birds beak) genannt wird.

Bei fortschreitender Oxidation kommt es durch das Wachstum der Oxidschicht an den Kanten der maskierten Bereiche zu einer Verbiegung (vom Substrat weg) der Nitridmaske. Bei einem direkten Kontakt zwischen Silcium und Siliciumnitrid (aufgrund der unterschiedlichen Gitterabstände) die mechanischen Verspannungen während des Prozesses zu groß wären – die Nitridschicht würde durch die Verbiegung abplatzen – ist das Pad-Oxid als Puffer notwendig.

White-Ribbon- bzw. Kooi-Effekt

Reaktionspfade beim White-Robbon-Effekt während einem normalen LOCOS-Prozess

Der White-Ribbon- bzw. Kooi-Effekt (nach E. Kooi einem Mitentwickler der LOCOS-Technik) ist ein parasitärer Effekte (im klassischen LOCOS-Prozess). Er beschreibt die Entstehung einer dünnen Siliciumnitridschicht zwischen dem Pad-Oxid und dem Siliciumsubstrat im auslaufenden Gebiet des Vogelschnabels.

Die Ursache liegt im thermischen Oxidationsprozess. Aufgrund des schnelleren Wachstums und der etwas besseren Schichtqualität wird standardmäßig in einer mit Wasserdampf angereicherten Atmosphäre (sogenannte naße Oxidation, im Gegensatz zur trockenen Oxidation in sauerstoffreicher Atmosphäre) bei Temperaturen über 1100 °C durchgeführt. Durch die geringfügige Oxidation der Siliciumnitridschicht auf der Pad-Oxidseite, aufgrund einer Unterdiffusion von Hydroxidionen (OH). Dabei entsteht mit dem vorhandenen Wasserstoff Ammoniak.

\mathrm{Si_3N_4 + 6\ OH^- \rightarrow 3\ SiO_2 + 2\ NH_3+N_2}

Ammoniak diffundiert durch das Pad-Oxid zum Siliciumnitrid, wo aufgrund der hohen Temperarturen eine thermische Nitridation des Siliciums stattfindet.

Der Effekt tritt, wie erwähnt, nur im Bereich des Vogelschnabels auf, da hier die Oxidationsrate des Siliciums niedrig und der Diffusionsweg des Ammoniaks kurz ist. Im Hinblick auf den Gesamtprozess der Schaltkreisherstellung muss diese Nitridansammlung vor dem folgenden Oxidationsschritt für das sogenannte Gate-Oxid (u. a. Dielektrikum beim MISFET) entfernt werden, da sie das Oxidwachstum behindert bzw. verhindert.

Weiterentwicklungen

Der Vogelschnabel- und der White-Ribbon-Effekt sowie die nicht mehr ebene Topographie nach der Oxidation sind damals die wesentlichen Nachteile der LOCOS-Technik gewesen. Aus diesem Grund wurden schnell Weiterentwicklungen vorangetieben, die durch eine abgewandelte Prozessfolge ein oder mehrere dieser Nachteile reduziert. Dies sind:

  • SPOT-Technik (SPOT, engl. super planer oxidation technology)
  • SILO-Technik (SILO, engl. sealed interface local oxidation)
  • Polysilicium gepuffertes LOCOS
  • SWAMI-LOCOS-Technik (SWAMI, engl. side wall mask isolatated)

Literatur

  • Ulrich Hilleringmann: Silizium-Halbleitertechnologie: Grundlagen mikroelektronischer Integrationstechnik. 5. Auflage. Auflage. Vieweg+Teubner, 2008, ISBN 3-835-10245-1. 

Weblinks

Einzelnachweise

  1. M. M. Atalla, E. Tannenbaum, E. J. Scheibner: Stabilization of silicon surfaces by thermally grown oxide. In: Bell Syst. Tech. J.. 38, 1959, S. 749. 
  2. J. Appels, E. Kooi, M.M. Paffen, J.J.H. Schatorje, W. H. C. G. Verkuylen: Local oxidation of silicon and its application in semiconductor-device technology. In: Philips Research Reports. 25, Nr. 2, 1970, S. 118–132. 

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