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Der Ladendiebstahl ist ein Phänomen der Massenkriminalität. In der Regel handelt es sich um einen Diebstahl von Gütern mit geringem Wert, selten mehr als 250 Euro. Ladendiebstähle machen im Einzelhandel, namentlich im Selbstbedienungseinzelhandel, den größten Anteil an den Inventurdifferenzen aus, zu denen auch betrügerische Wareneingangskontrolle und Manipulationen bei der Preisauszeichnung beitragen. Obwohl zahlreiche Maßnahmen zur Diebstahlsprävention zur Verfügung stehen (organisatorische, ladengestalterische und personelle Maßnahmen sowie technische und elektronische Hilfsmittel), verschwinden im deutschen Einzelhandel jährlich Waren im Wert von ca. 4 Milliarden Euro. Ob und inwieweit die Abwehrmaßnahmen wirken, hängt von vielen betriebsindividuellen Faktoren ab, z. B. von Betriebstyp, Betriebsgröße, Organisationsform und Kundenkreis, nicht zuletzt von der „Psychologie der Sicherung“.[1]
Inhaltsverzeichnis
Kriminologie
Der Ladendiebstahl nimmt mit annähernd 10 % an allen begangenen Straftaten einen der größten Anteile ein. Wird der Diebstahl sofort bemerkt und können die Personalien des Täters durch eigens engagierte Ladendetektive festgestellt werden, erfolgt in der Regel eine Strafanzeige. Diebstähle, die erst durch die Kontrolle des Warenbestandes festgestellt werden, kommen dagegen zumeist nicht zur Anzeige, weil sich die Geschädigten davon keine Aufklärung der Tat und Ersatz ihres Schadens versprechen. Daraus erklärt sich die Diskrepanz zwischen der hohen „Aufklärungsquote“ der registrierten Ladendiebstähle (knapp unter 100 %) und der sehr hohen Dunkelziffer. Im Jahr 2007 wurden 428.553 Ladendiebstähle angezeigt, dies ist ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent.[2]
Nach einer Studie aus dem Jahr 2008 bleiben in Deutschland pro Jahr etwa 30 Millionen Ladendiebstähle mit einer Gesamtsumme von 4 Mrd. Euro unentdeckt. Davon werden Waren im Wert von etwa einer Mrd. Euro von den eigenen Mitarbeitern entwendet.[3]
Konsequenzen nach deutschem Recht
Strafrecht
Der Ladendiebstahl ist kein eigenständiger Tatbestand, sondern eine kriminologische Bezeichnung für das Vergehen des Diebstahls. Dazu tritt tateinheitlich ein Hausfriedensbruch, sofern der Dieb erkennbar in der Absicht zu stehlen das Geschäftslokal betritt. An der Erkennbarkeit fehlt es aber in der Regel, da kein Dieb in der Weise einen Laden betritt, indem er zum Ausdruck bringt, er habe vor, einen Diebstahl in diesem Geschäft zu begehen. Vorstellbar sind auch Tatkonstellationen, in denen nach der Wertung der Laiensphäre ein Ladendiebstahl, juristisch ein Betrug, z. B. Umtauschbetrug oder Umetikettierungsbetrug, angenommen werden kann.
Ein Diebstahl geringwertiger Sachen liegt vor, wenn der Wert unter 50 EUR beträgt. Diese Regelung betrifft damit die Mehrzahl aller Ladendiebstähle. Die Wertgrenze ist allerdings gesetzlich nicht geregelt, sondern orientiert sich in der Praxis auch an der allgemeinen Preissteigerung. Vor einigen Jahren wurde sie von den Gerichten noch bei 50 DM gezogen. Gemäß §§ 242, 248a StGB ist bei einem Diebstahl geringwertiger Sachen ein fristgemäßer Strafantrag des Geschädigten erforderlich. Fehlt er, kann dieses (relative) Verfahrenshindernis dadurch ersetzt werden, dass die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Die Geschädigten stellen jedoch in aller Regel Strafantrag, zumeist ab einem Warenwert von zehn Euro.
Die Konstellation der Geringwertigkeit ist aus der früheren Übertretung des Mundraubs entstanden, der anders als der Diebstahl nur eine geringe Strafdrohung enthielt.
Der Strafrahmen des Diebstahls sind Geld- oder Freiheitsstrafe bis fünf Jahre. Die konkrete Strafzumessung im Einzelfall richtet sich nach einer Vielzahl von Faktoren. Insbesondere sind Ladendiebe oft Ersttäter; Gegen sie wird das Verfahren häufig – ggfs. gegen Zahlung einer Geldauflage – durch die Staatsanwaltschaft eingestellt, insbesondere bei einer geständigen Einlassung des Täters. Umgekehrt kann aber gegen einen Wiederholungstäter wegen eines Ladendiebstahls durchaus eine Freiheitsstrafe verhängt werden, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Freiheitsstrafen im Bereich von einem oder mehreren Jahren werden aufgrund des vergleichsweise geringen Schadens jedoch grundsätzlich nicht verhängt. Ausnahmen hiervon sind Ladendiebstähle im Rahmen der Beschaffungskriminalität, wenn diese als gewerbsmäßige Diebstähle eingeordnet werden, der Täter also seinen Lebensunterhalt bzw. die Finanzierung seines Drogenkonsums aus den Diebstählen bestreitet.
Sanktionen und Erwägungen außerhalb des Strafrechts
Die Strafe, die durch ein Gericht verhängt wird, oder die Geldauflage, die im Rahmen einer Verfahrenseinstellung an die Staatsanwaltschaft gezahlt wird, darf nicht mit der „Vertragsstrafe“ oder „Fangprämie“ verwechselt werden, die die betroffenen Kaufhäuser zumeist bei der Entdeckung der Tat von den Ladendieben verlangen.
Aufgrund der Tatsache, dass Ladendiebstahl häufig auftritt, der Schaden zumeist gering und die Beweislage klar ist, wird immer wieder die Möglichkeit diskutiert, den Ladendiebstahl aus dem Bereich der Straftaten herauszunehmen und nur noch als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Hierfür spricht die damit verbundene mögliche Entlastung der Justiz. Andererseits ist so die erforderliche härtere Bestrafung von Wiederholungstätern nicht sichergestellt und beinhaltet eine Bagatellisierung des Unrechts.
Ladendiebstahl ist die Straftat mit der weltweit höchsten Dunkelziffer. Im Polizeijargon wird der Ladendiebstahl mit Ladi abgekürzt.
Sicherheitsmaßnahmen
Der Einsatz von Ladendetektiven und Türstehern dient der Prävention und Repression. In vielen Ladengeschäften ist eine Videoüberwachung installiert. Die Herbeiziehung der Polizei ist freiwillig, sie wird oft nur zur Identitätsfeststellung benötigt. Eine weitere technische Einrichtung ist die Warensicherung mit Hilfe von elektronischen Sicherungsetiketten. Diese lösen einen Signalton aus, falls am Ausgang unbezahlte Ware detektiert wird. Aus handelspsychologischer Sicht sind Sicherungsmaßnahmen unter Umständen zweischneidig, wenn z. B. ein Plakat „Wir zeigen jeden Warendieb an“ als unnötig bedrohlich empfunden wird oder allzu stark haftende Klebeetiketten (die preislichen „Etikettenschwindel“ verhindern) von solchen Kunden als verbraucherunfreundlich empfunden werden, die die Ware ohne Preisetikett verschenken wollen.
Verweise
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Hans-Otto Schenk: Psychologie im Handel, 2. Aufl., München/Wien 2007, S. 84ff.
- ↑ heise.de, „Studie: Einzelhandel wird jährlich um 4 Milliarden Euro betrogen“, 23. Juni 2008
- ↑ EHI Retail Institute e. V., „Pressemitteilungen – 30 Mio. Ladendiebstähle bleiben unentdeckt“, 16. Juni 2008
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