- Lateinische Linguistik
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Der Ausdruck lateinische Linguistik (engl. „Latin linguistics“, frz. „linguistique Latine“) bezeichnet die sprachwissenschaftliche Erforschung der lateinischen Sprache. Dabei bezeichnet das Wort „Linguistik“ im Unterschied zu dem neutralen Begriff „Sprachwissenschaft“ die sprachliche Analyse mit modernen strukturalistischen Methoden und Theorien [1].
Inhaltsverzeichnis
Ansätze
Meist werden neuere Erkenntnisse, Methoden und Modelle auf die lateinische Sprache angewandt, um lateinische Probleme, die es trotz der intensiven Erforschung der lateinischen Sprache immer noch reichlich gibt, besser als mit traditionellem Instrumentarium zu lösen. Der umgekehrte Fall, dass nämlich aus der Analyse lateinischer Phänomene neue allgemeine Erkenntnisse zur linguistischen Theorie gewonnen werden, kommt dagegen seltener vor, ist aber durchaus, schon bei dem provisorischen Stand mancher linguistischer Theorie, möglich. Dabei ist stets angemessen zu berücksichtigen, dass das Lateinische eine nicht mehr gesprochene Sprache ist, bei der Tests mit Muttersprachlern nicht möglich sind, sondern nur die Auswertung eines stellenweise lückenhaft überlieferten Korpus übrigbleibt. Linguistische Analyse geschieht hauptsächlich in den Bereichen Syntax oder Satzlehre, Semantik oder Bedeutungslehre und Pragmatik oder Textverwendungslehre, seltener in der Morphologie oder Formenlehre und noch seltener in dieser Korpussprache in der Phonologie oder Lehre von den Phonemen bzw. bedeutungstragenden Lauten. Typische Themen der neueren Linguistik sind im Bereich der lateinischen Linguistik Probleme der Wortstellung und der Pragmatik; typische traditionelle Themen von vehementer Hartnäckigkeit sind die Kasussyntax und Tempus, Aspekt und Aktionsart.
In den 1960er- und 1970er-Jahren wurden auch formale generative Ansätze auf die lateinische Sprache angewendet, doch überwiegen heute funktionale Ansätze wie besonders die Funktionale Grammatik von Simon Cornelis Dik (1941–1995), die die Vertreter der sog. Amsterdamer Latinistenschule, z. B. Harm Pinkster, A.M. Bolkestein († 2001), C. Kroon, R. Risselada, anzuwenden versuchen. Als eine Dokumentation kann die „Latijnse Syntaxis en Semantiek“ Harm Pinksters gelten. Dieses in vier Sprachen übersetzte Studienbuch beschreibt die „lateinische Syntax und Semantik“ mit modernen linguistischen Methoden und Modellen.
Forschung
Impulse für die Forschung der lateinischen Linguistik gehen von den in zweijährigem Turnus stattfindenden internationalen Colloquien zur lateinischen Linguistik (ICLL) aus, die erstmals 1981 in Amsterdam stattfanden und seit 2001 eine eigene Homepage haben [2]. Ein weiteres Forum der lateinischen Linguistik sind die Journées de linguistique latine, die in den „Facultés Universitaires Saint-Louis“ in Brüssel mehr oder weniger regelmäßig stattfinden und speziellen Fragen gewidmet sind wie „Ordre des mots, dislocation et thématisation“ (9. Dez. 2009). Ferner gibt es ein auf Fragen der lateinischen Linguistik spezialisiertes Publikationsorgan, nämlich die von Gualtiero Calboli herausgegebenen „Papers on Grammar“ [3].
Literatur
- Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4. Auflage, Verlag Kröner, Stuttgart, 2008; ISBN 3-5204-5204-9
- Gualtiero Calboli (Hrsg.): Papers on Grammar. Bologna u.a. (Bd. 1. ff).
- Roland Hoffmann: Perspektiven einer lateinischen Linguistik. Gedanken zum Achten Internationalen Colloquium zur Lateinischen Linguistik in Eichstätt 1995. In: Scrinium Bd. 42–43 (1996–97), S. 3–13.
- Harm Pinkster: Introduction. In: Ders.: Latin linguistics and linguistic theory. Benjamin Press, Amsterdam 1983, ISBN 90-272-3011-0, S. ix-xviii.
- Harm Pinkster: Lateinische Syntax und Semantik („Latijnse Syntaxis en Semantiek“). Verlag Franckhe, Tübingen 1988, ISBN 3-7720-1743-6 (UTB; 1462).
- Harm Pinkster: Latin Linguistics in Machtelt's way. In: Papers on Grammar IX.1, Rom 2005, S. 1–11.
- Guy Serbat: Linguistique latine et linguistique générale. Peeters Books, Louvain-la-Neuve 1988, ISBN 90-6831-103-4 (Cahiers de l'institut de linguistique de Louvain; 39).
Weblinks
- Sprachwissenschaftliches Kolloquium (Bericht)
- http://cybergreek.uchicago.edu/lss/ (Online-Fassung von Pinksters Buch, Latin syntax and semantics, 1990)
Einzelnachweise
- ↑ (Bußmann 2002: 409)
- ↑ (s. http:/ /www.hum.uva.nl/latling/ und Stichwort ‘ICLL XI’ ff. etc.)sowie auch: http://www.olgaspevak.nl/ ⇒ Linguistique Latine
- ↑ (Bd.IX Rom 2005; Bd.X: Rom 2008)
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