Leiche

Leiche
Leichen getöteter Kommunarden, Paris 1871

Unter einer Leiche oder einem Leichnam versteht man einen toten Körper, insbesondere den toten menschlichen Körper. Für nichtmenschliche Tierleichen gibt es die Begriffe Kadaver, Aas oder Tierkörper. In Teilen Österreichs und Süddeutschlands ist der Begriff Leich’ auch für den Bestattungsvorgang gebräuchlich, zu dem traditionell ein abschließender Leichenschmaus gehört.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Aspekte in Deutschland

Totenfürsorge, öffentliches Recht

Die Totenfürsorge für eine menschliche Leiche obliegt in Deutschland den nächsten Angehörigen, soweit der Verstorbene gemäß seinem postmortalen Selbstbestimmungsrecht keine anderen Anordnungen getroffen hat. Sie besteht unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Leichnams.

Durch die öffentliche Verwaltung können die Angehörigen zu den Kosten der Bestattung herangezogen werden, auch wenn sie weder Erben geworden sind (etwa nach Ausschlagung der Erbschaft) noch unterhaltspflichtig im Sinne des § 1615 Abs. 2 BGB sind. Die genauen Regelungen treffen die Bestattungsgesetze der Bundesländer.

Gleichzeitig besteht auch ein entsprechendes Recht zur Totenfürsorge, in das Dritte nicht eingreifen dürfen. Wer zur Totenfürsorge berechtigt ist, entscheidet etwa über die Art der Bestattung und den Ort der Beisetzung.

Das Gesetz trifft eine Reihe von Hygiene-Maßnahmen zum Schutz der Öffentlichkeit vor dem Leichnam. So existieren sogenannte Giftscheine ebenso wie Vorkehrungen für den Transport von Verstorbenen. So darf eine Leiche nur an einen anderen Ort als den vorgesehenen Bestattungsplatz befördert werden, nachdem das Ordnungsamt des Sterbeortes einen Leichenpass erstellt hat (siehe auch Infektionsschutzgesetz).

Zivilrecht

Im Zivilrecht fällt der menschliche Leichnam unter den Begriff der Sache. Folglich kann Besitz an einer Leiche begründet sein, wenn es sich lediglich um die Ausübung realer Herrschaftsmacht handelt, oder ein Abwehranspruch nach § 1004 BGB gegenüber störenden Eingriffen geltend gemacht werden. Mit Ausnahme von Anatomieleichen und ähnlicher Fälle besteht kein Eigentumsrecht an einer Leiche – der Mensch ist auch nach dem Tod sein „eigener Herr“. Diese Aussagen sind in der Rechtswissenschaft allerdings umstritten. Eine gesetzliche Regelung zum Beispiel über die Verwendung von Leichen in der Wissenschaft besteht nicht.

Strafrecht

Der Leichnam eines Menschen ist im Sinne des deutschen Strafgesetzbuches keine bloße Sache, da die Menschenwürde auch über den Tod hinaus wirkt. Nach anderer Ansicht handelt es sich zwar um eine Sache, die aber nicht eigentumsfähig ist. Jedenfalls ist eine Leiche kein taugliches Tatobjekt für einen Diebstahl oder eine Sachbeschädigung. Als Straftat kommt insofern nur die Störung der Totenruhe in Betracht.

Eine Ausnahme besteht, wenn eine Leiche zu Forschungs- oder Ausstellungszwecken verwendet wird und daher nicht mehr für eine Bestattung vorgesehen ist.

Eine Leiche kann im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sichergestellt, nicht jedoch beschlagnahmt werden, da der Betroffene keinen Widerspruch einlegen kann und kein Eigentum am Leichnam vorliegt. Demnach ist auch keine Eigentumsübertragung möglich.

Leichen in den Medien

Seit 2000 treten vermehrt amerikanische Fernsehserien hervor, die die Toten nicht nur als Ausgangspunkt für Ermittlungen betrachten, sondern in denen im Verlauf von Ermittlungen, Untersuchungen oder Bestattungen konkret an der Leiche gearbeitet wird. Das Besondere an diesen aktuellen Serienphänomenen ist die explizite Fokussierung auf den Tod, tote Körper und das Sterben. Detaillierte Beweisaufnahmen am toten Körper oder das Nachstellen des Tatherganges und des konkreten Sterbemoments bezeugen die Spurensuche. Die Toten stehen im Mittelpunkt, körperliche Zeugenaussagen und thanatologische Maßnahmen bestimmen die Szenerie.

Amerikanischen Serien sind beispielsweise Six Feet Under, Pushing Daisies, Dexter, Navy CIS, CSI: Den Tätern auf der Spur und Spin-offs wie CSI: Miami oder CSI: NY. Deutsche Serien mit ähnlichem Format sind unter anderen Post Mortem und R. I. S. – Die Sprache der Toten.

Kommerzialisierung des Umgangs mit Leichen

Seit 1996 hat der Anatom Gunther von Hagens mit seiner Ausstellung Körperwelten Leichen öffentlich zur Schau gestellt, die zuvor mit dem Verfahren der Plastination haltbar gemacht wurden. Im Jahre 2008 lässt von Hagens juristisch prüfen, ob Teile seiner Sammlung kommerziell verwertet werden, also an jedermann verkauft werden dürfen. Dabei ist an die Veräußerung von Scheibenschnitten bestimmter Körperteile ab Preisen von 250 Euro oder auch an Längsschnitte eines Körpers für zirka 12.000 Euro gedacht. [1]

Literatur

  • Norbert Fischer: Vom Umgang mit toten Körpern. In: Liselotte Hermes da Fonseca/Thomas Kliche (Hg.): Verführerische Leichen – verbotener Verfall. „Körperwelten“ als gesellschaftliches Schlüsselereignis. Lengerich 2006, S. 113-124.
  • Liselotte Hermes da Fonseca/Thomas Kliche (Hg.): Verführerische Leichen – verbotener Verfall. „Körperwelten“ als gesellschaftliches Schlüsselereignis. Lengerich 2006
  • Christian Lenk und Nils Hoppe: Ein Modell zur Konstitution von Nutzungsrechten an menschlichem Gewebe und Körpermaterialien. In: Jochen Taupitz (Hrsg.): Kommerzialisierung des menschlichen Körpers. Springer 2007, S. 199-212
  • Thomas Macho: Todesmetaphern – zur Logik von Grenzerfahrungen. Frankfurt/M. 1987
  • Friedrich Casimir Medicus: Vorlesung Ueber die unverweslichkeit menschlicher körper. In: Historia et commentationes Academiae electoralis … Theodoro-Palatina, Bd. 2, Mannheim 1770, S. 309ff. (Digitalisat)

Belege

  1. Tote in Scheiben für Jedermann in Spiegel Online

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Leiche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Leiche – Zitate
Wiktionary Wiktionary: Leiche – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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