- Lieselotte Hermann
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Liselotte Herrmann (genannt Lilo, * 23. Juni 1909 in Berlin; † 20. Juni 1938 ebenda) war eine kommunistische Widerstandskämpferin während der Zeit des Nationalsozialismus.
Inhaltsverzeichnis
Lebenslauf
Die Tochter eines Ingenieurs wurde bürgerlich-liberal erzogen, arbeitete nach dem Abitur zunächst in einer chemischen Fabrik, um danach ab 1929 ihr Studium der Fächer Chemie und seit 1931 der Biologie in Berlin aufzunehmen. Dies führte sie an die Technische Hochschule Stuttgart und die Universität Berlin. Sie trat 1928 (oder 1930) in den Kommunistischen Jugendverband Deutschlands ein und wurde auch Mitglied des Roten Studentenbundes. Seit 1931 war sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Im Frühjahr 1933 unterschrieb sie einen „Aufruf zur Verteidigung demokratischer Rechte und Freiheiten an der Berliner Universität“ und wurde deshalb mit etwa 100 anderen Studenten am 11. Juli 1933 von der Universität verwiesen. Seitdem arbeitete sie illegal im Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur Deutschlands.
Sie nahm eine Stelle als Kindermädchen an und knüpfte Kontakte zu Aktivisten des bewaffneten Widerstands innerhalb der KPD. 1934 wurde Liselottes Sohn Walter geboren; erst viele Jahre später wurde bekannt, dass sein Vater Fritz Rau war, Redakteur kommunistischer Zeitungen, der im Dezember 1933 im Gefängnis Berlin-Moabit totgeschlagen wurde. Seit September des gleichen Jahres lebte Herrmann wieder in Stuttgart, wo sie als Stenotypistin im Ingenieurbüro ihres Vaters arbeitete.
Wieder bestanden Kontakte zur verbotenen KPD. Herrmann erlangte Informationen über geheime Rüstungsprojekte, die sie an das in der Schweiz bestehende Büro der KPD weitergab.
Am 7. Dezember 1935 wurde Liselotte Herrmann festgenommen. 19 Monate blieb sie in Untersuchungshaft, während ihr Sohn bei den Großeltern aufwuchs. Vor dem Volksgerichtshof angeklagt, wurde Herrmann am 12. Juni 1937 vom 2. Senat des Volksgerichthofes in Stuttgart wegen „Landesverrats und Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt. Während der Haft in Stuttgart war sie mit Lina Haag zusammen. Lina Haag gab ihr nach dem Urteil acht Schmerztabletten, die sie für sich selber aufgespart hatte. In deren Erinnerungen werden auch die Zustände im Stuttgarter Gefängnis erklärt, sowie die damalige Stimmung Liselotte Herrmanns nach dem Urteil.
Nach einem Jahr im Berliner Frauengefängnis wurde sie zur Hinrichtung in die Haftanstalt Berlin-Plötzensee verlegt. Liselotte Herrmann starb trotz in- und ausländischer Proteste am 20. Juni 1938 unter der Guillotine. Ihre politischen Freunde Stefan Lovasz, Josef Steidle und Artur Göritz wurden am gleichen Tag ermordet.
Ehrungen
In der DDR waren mehrere öffentliche Einrichtungen nach ihr benannt, so etwa seit 1972 die Pädagogische Hochschule in Güstrow oder die POS in Großleinungen. Bei der rechtlichen Neugründung dieser Einrichtungen nach 1990 wurden diese Benennungen überwiegend nicht übernommen, so etwa bei der Neugründung der Fachhochschule für die öffentliche Verwaltung in Güstrow, die sich in den Baulichkeiten der ehemaligen Pädagogischen Hochschule befindet. Das Denkmal vor der Güstrower Einrichtung blieb aber erhalten und steht heute noch dort.
Friedrich Wolf schrieb über Lilo Herrmann ein Biographisches Poem, das 1954 von Paul Dessau vertont wurde.
In ihrem Studienort Stuttgart wurde 1988 vom Stadtjugendring ein Gedenkstein vor der Universität errichtet. Dieser war immer heftig umstritten, weil Lilo Herrmann laut einem Gutachten der Universität für eine Bewegung arbeitete, die „die Freiheit von Forschung und Lehre sowie die Freiheit und Menschenrechte allgemein“ unterdrücken wollte. Der Gedenkstein wurde heimlich auf einem städtischen Grundstück unmittelbar neben der Universität gelegt. Die Stadtverwaltung ließ den Gedenkstein nicht entfernen und selbst die CDU Bürgermeister Rommel und Thieringer befürworteten den Stein. [1] Im Stadtteil Fasanenhof wurde eine Straße nach ihr benannt. Am 14. März 2008 wurde in der Stuttgarter Hölderlinstraße ein Stolperstein zum Gedenken an Liselotte Herrmann verlegt.
Literatur
(Auswahl in dem Beitrag Herrmann, Minna Pauline Liselotte (Verfasser: Lothar Letsche) in: Württembergische Biographien unter Einbeziehung hohenzollerischer Persönlichkeiten. Band I, im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hrsg.v. Maria Magdalena Rückert, Stuttgart (Kohlhammer) 2006, S. 106 ff.)
- Karin Algasinger: Lilo H. Untersuchungen zur Lebensgeschichte einer Widerstandskämpferin und zur Rezeption ihrer Gegnerschaft zum Nationalsozialismus von ihrer Verhaftung bis heute in der Publizistik und der wissenschaftlichen Forschung. Magisterarbeit (Fach Politikwissenschaft), Universität Passau 1991.
- Willi Bohn: Stuttgart: Geheim! Ein dokumentarischer Bericht, Frankfurt/Main 1969 (3.erw.Aufl.1978: Stuttgart: Geheim! Widerstand und Verfolgung 1933-45).
- Ingeborg Höch: Keine Adresse oder: Die ungeliebte Erinnerung …, in: Stuttgart für Frauen, Entdeckungen in Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 1992, 148-156.
- Eberhard Jäckel: Lilo H. zwischen Legende und Wirklichkeit, in: Stuttgarter Uni-Kurier 37/1988 (Faksimile in: Lilo H., eine Stuttgarter Widerstandskämpferin, 46-52).
- Karl Heinz Jahnke: Artur Göritz, L.H., in: Entscheidungen. Jugend im Widerstand 1933-45. Bibliothek des Widerstandes. Frankfurt/Main 1970 (2. bearb.Aufl. 1985: Jugend im Widerstand 1933-45, 33-43).
- ders., Aus dem Leben und antifaschistischen Kampf von Lilo H., in: Lilo H., eine Stuttgarter Widerstandskämpferin, 8-38.
- ders., Ermordet und ausgelöscht: Zwölf deutsche Antifaschisten, Freiburg 1995, 32-43.
- Lothar Letsche: Schwierigkeiten mit einer Ehrung; Neues über Lilo H. und ihre Mitkämpfer, in: Lilo H., eine Stuttgarter Widerstandskämpferin, 2. Aufl.1993, 56-65; 67-91.
- ders., Lilo H.: Alleinerziehend im Widerstand, in: Lauter Frauen: Aufgespürt in Baden-Württemberg, 47 Porträts, Stuttgart 2000, 63-65.
- Lilo H., eine Stuttgarter Widerstandskämpferin, Hrsg.: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten, Landesverband Baden-Württemberg e.V., Stuttgart 1989; 2.erw.Aufl.1993.
Literarische Verarbeitungen:
- Max Burghardt, Briefe die nie geschrieben wurden. Berlin (DDR) 1966
- Ditte Clemens: Hoffnung auf Leben. Eine dokumentarische Erzählung über L.H., Güstrower Beiträge. 2/1989, 15-87.
- dies., Schweigen über Lilo. Die Geschichte der L.H., Ravensburg 1993 (2.Aufl. 1995) - Hinweis: Die auf dem Titel der 1. Aufl. abgebildete junge Frau ist nicht Lilo Herrmann.
- Stephan Hermlin, Lilo H. in: Die erste Reihe, Berlin (DDR) 1951 (mehrere Aufl.) - Hinweis: Nach Motiven aus diesem Film wurde der Film Die erste Reihe (Fernsehen der DDR 1987) gedreht, in dem Lilo Herrmann von Johanna Schall dargestellt wird.
- So kannten wir dich Lilo. Lilo H., eine deutsche Frau und Mutter. Mit Beiträgen von Nationalpreisträger Max Burghardt, Nationalpreisträger Friedrich Wolf u.a., Berlin (DDR) 1954 -
- Friedrich Wolf, Lilo H., Eine wahre Heldin unseres Volkes (1946)
- ders., Lilo H.- Die Studentin von Stuttgart, ein biographisches Poem (1950) – vertont als “Melodram” von Paul Dessau (1952/53) – Einzelausgabe mit Faksimile der Partitur: Berlin (DDR) 1963.
Weblinks
- Literatur von und über Liselotte Herrmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- http://www.vvn.telebus.de/anachric/an9807/9807a4.htm
- http://www.gedenkstaette-ploetzensee.de/03_dt.html
Einzelnachweise
Personendaten NAME Herrmann, Liselotte ALTERNATIVNAMEN Herrmann, Lilo KURZBESCHREIBUNG kommunistische Widerstandskämpferin GEBURTSDATUM 23. Juni 1909 GEBURTSORT Berlin STERBEDATUM 20. Juni 1938 STERBEORT Berlin-Plötzensee
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