Berlin-Plötzensee

Berlin-Plötzensee

Berlin-Plötzensee ist eine Ortslage im Berliner Ortsteil Charlottenburg-Nord (Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf). Der namensgebende Plötzensee liegt im benachbarten Ortsteil Wedding des Bezirks Mitte. Bekannt ist der Name durch Justizvollzugsanstalten, vor allem durch die Hinrichtungen zur Zeit des Nationalsozialismus im damaligen Strafgefängnis Plötzensee.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Teileingemeindung 1915
Gutsbezirk Plötzensee 1920

Der frühere Gutsbezirk Plötzensee umfasste zum Zeitpunkt seiner Eingemeindung nach Berlin im Jahre 1920 das Gebiet rund um die damalige Strafanstalt Plötzensee zwischen dem Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und dem heutigen Friedrich-Olbricht-Damm. Heute werden auch das nördlich anschließende Gewerbegebiet sowie die westlich anschließenden Kleingartenanlagen zu Plötzensee gerechnet.[1]

Geschichte

Im ausgehenden 19. Jahrhundert war Plötzensee ein fiskalischer Gutsbezirk im preußischen Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Niederbarnim, nordwestlich von Berlin am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und am Südostrand der Jungfernheide gelegen. Der Gutsbezirk umfasste auch Gebiete südlich der Seestraße, insbesondere das Gebiet des heutigen Westhafens.

Mit Berlin war der Gutsbezirk bereits um 1905 durch eine Straßenbahnlinie verbunden, die durch die Seestraße führte. Nördlich der Seestraße entstand zwischen 1868 und 1879 ein großes Strafgefängnis für 1500 Gefangene. Darüber hinaus existierten in Plötzensee ein Siechenhaus, ein Magdalenenstift und auf dem späteren Westhafengelände das Johannesstift mit Pädagogium, eine Versuchs- und Lehrbrauerei, Institute für das Gärungsgewerbe, für die Zuckerindustrie und für die landwirtschaftliche Maschinentechnik, außerdem am Kanal ein Tanklager mit Petroleumfabrik der Waried. 1905 lebten 3079 Einwohner in Plötzensee, davon 480 Katholiken und 101 Juden.[2]

1915 wurden die östlich des Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und südlich der Seestraße gelegenen Teile des Gutsbezirks nach Berlin eingemeindet.[3] Der Gutsbezirk Plötzensee wurde hierdurch deutlich verkleinert und umfasste seitdem auf eine Fläche von 52 ha nur noch das Strafgefängnis mit seiner näheren Umgebung. Bei der Bildung von Groß-Berlin wurde 1920 auch dieses Gebiet nach Berlin eingemeindet und dabei dem Bezirk Charlottenburg zugeordnet.[4] Die schon 1915 nach Berlin eingemeindeten Gebiete kamen 1920 zu den Bezirken Tiergarten und Wedding.[4]

Gegenwart

Gedenkstätte Plötzensee

Auf dem Gelände des ehemaligen Strafgefängnisses Plötzensee befindet sich die Gedenkstätte Plötzensee, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Mit der Justizvollzugsanstalt Plötzensee, der Justizvollzugsanstalt Charlottenburg sowie der Jugendstrafanstalt Berlin liegen drei eigenständige Justizvollzugseinrichtungen in Plötzensee.[5]
Am nördlichen Rand von Plötzensee liegt ein größeres Gewerbegebiet; unter anderem mit der Firmenzentrale der Fluggesellschaft Air Berlin. Ein Teil des Gewerbegebietes erstreckt sich über das Gelände der ehemaligen Speerplatte. Auf dem restlichen Gebiet von Plötzensee befinden sich zahlreiche Kleingartenanlagen. Diese Gärten liegen in einem früheren Feuchtgebiet, das vom Pfefferluchgraben entwässert wird.

Umgebung

In der westlich an Plötzensee anschließenden Paul-Hertz-Siedlung befindet sich am Heckerdamm das Gemeindezentrum Plötzensee mit dem Bilderzyklus Plötzenseer Totentanz von Alfred Hrdlicka.[6] Ebenfalls am Heckerdamm in der Paul-Hertz-Siedlung liegt die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Sie ist die „Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit in den Jahren 1933-1945”.[7] Das Areal gilt als herausragendes Beispiel einer gelungenen Einheit von Kirchenbau und Bauplastik. Der markante Glockenturm am Eingang des kopfsteingepflasterten, von mit schwarz-grauen Basaltkieselplatten verkleideten Mauern eingefassten Feierhofs mit bronzenem Kreuzweg und Freialtar von Otto Herbert Hajek besteht aus zwei Betonpfeilern, die ein Eingangstor und den zweigeschossigen Glockenstuhl mit fünf Glocken zwischen sich nehmen. Auf der langgestreckten Fassade der Oberkirche befindet sich die dreigliedrige vergoldete Plastik Apokalyptische Frau von Fritz Koenig. Im indirekt beleuchteten Kirchenraum befinden sich unter anderem ein monumentales Altargemälde von Georg Meistermann und eine Sitzende Madonna aus Südfrankreich.[8]

Literatur

  • Hans-Jürgen Rach: Die Dörfer in Berlin – Ein Handbuch der ehemaligen Landgemeinden im Stadtgebiet von Berlin. Verlag für Bauwesen, Berlin 1990.

Weblinks

  • Plötzensee im Bezirkslexikon des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf

Einzelnachweise

  1. Die Lebensweltlich Orientierten Räume von Charlottenburg-Wilmersdorf. Statistisches Amt Berlin-Brandenburg, 2010, abgerufen am 10. April 2010 (pdf, dort: Beschreibung Planungsraum Plötzensee).
  2. Plötzensee. In: Zeno.org. Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1905, abgerufen am 10. April 2010.
  3. Herbert Schwenk: Es hing am seidenen Faden – Berlin wird Groß-Berlin. In: Berlinische Monatsschrift 6/2000 beim Luisenstädtischen Bildungsverein
  4. a b Groß-Berlin-Gesetz. 27. April 1920, S. Anlage II, abgerufen am 10. April 2010.
  5. Haftanstalten in Plötzensee. In: Bezirkslexikon. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, abgerufen am 10. April 2010.
  6. Der Plötzenseer Totentanz von Alfred Hrdlicka. Evang. Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord, abgerufen am 10. April 2010.
  7. Maria Regina Martyrum. Kath. Sankt-Joseph-Gemeinde, abgerufen am 10. April 2010.
  8. Maria Regina Martyrum. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, abgerufen am 10. April 2010.
52.54317713.321202

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Berlin-Plötzensee — Saltar a navegación, búsqueda La cárcel de Plötzensee data de 1868 a 1879 como una prisión a las puertas de Berlín. Cubre un área de más de 25 hectáreas, un complejo de edificios con muchos espacios abiertos para 1.200 presos …   Wikipedia Español

  • Strafgefängnis Berlin-Plötzensee — Innenhof mit Gedenkwand Die Gedenkstätte Plötzensee erinnert an die Opfer des Nationalsozialismus im Strafgefängnis Berlin Plötzensee.[1] Sie befindet sich am Rande der heutigen Justizvollzugsanstalt Plötzensee in Berlin Plötzensee und wurde 1952 …   Deutsch Wikipedia

  • JVA Berlin-Plötzensee — Torhaus am Friedrich Olbricht Damm Alter Gefangenentrakt …   Deutsch Wikipedia

  • Justizvollzugsanstalt Berlin-Plötzensee — Torhaus am Friedrich Olbricht Damm Alter Gefangenentrakt …   Deutsch Wikipedia

  • Plötzensee — Geographische Lage Berlin Städte am Ufer Berlin Plötzensee …   Deutsch Wikipedia

  • Plötzensee (Begriffsklärung) — Plötzensee steht für: einen See in Berlin Wedding, siehe Plötzensee einen See im Barnim, siehe Plötzensee (Barnim) eine Ortslage von Berlin Charlottenburg Nord im Berliner Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf, siehe Berlin Plötzensee Plötzenseer… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Hinrichtungsopfer in Berlin-Plötzensee während der Zeit des Nationalsozialismus — Dies ist eine Liste von Personen, die im Strafgefängnis Plötzensee während der Zeit des Nationalsozialismus hingerichtet wurden. Zwischen 1933 und 1945 wurden im Gefängnis Plötzensee 2.891 Todesurteile vollstreckt,[1] unter anderem an Mitgliedern …   Deutsch Wikipedia

  • Berlin-Charlottenburg-Nord — Charlottenburg Nord Ortsteil von Berlin …   Deutsch Wikipedia

  • Berlin-Spandauer Schiffahrtskanal — Schiff bei Einfahrt in den Kanal am Spreebogen Blick auf den Kanal von der Kieler Brücke aus …   Deutsch Wikipedia

  • Berlin (Postgeschichte und Briefmarken) — Letzter Briefmarkenblock (Michel Katalog Nr. Block 8) der Deutschen Bundespost Berlin vom 15. Januar 1987 zur 750 Jahrfeier der Stadt Berlin. Die Postgeschichte von Berlin bildet in der Philatelie ein eigenständiges Gebiet. Dies liegt an den… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”