- Lippenpfeife
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Orgelpfeifen sind die klangerzeugenden Bauelemente einer Orgel. Jede Pfeife kann normalerweise nur einen bestimmten Ton erzeugen, so dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Pfeifen benötigt wird.
Um verschiedene Klangfarben zu ermöglichen, verwendet man Pfeifen von verschiedener Bauart. Pfeifen gleicher Klangfarbe werden in Registern zusammengefasst.
Vom Klangerzeugungsprinzip lassen sich zwei Pfeifentypen unterscheiden: Labial- oder Lippenpfeifen, die die große Mehrzahl der Pfeifen einer Orgel stellen, und Lingual- oder Zungenpfeifen.
Inhaltsverzeichnis
Materialien
Orgelpfeifen können aus Holz oder aus Metall gefertigt sein. Als Metall wird in der Regel eine Legierung aus Zinn und Blei verwendet, das so genannte Orgelmetall, wobei das Mischungsverhältnis variieren kann. Orgelmetall ist so weich, dass man die Pfeifen mit den Fingern verformen kann. Für Prospektpfeifen wird manchmal – der Optik wegen – teureres reines Zinn oder Kupfer verwendet. Selten findet man Orgelpfeifen aus reinem Blei. Zwischen etwa 1850 und 1950 wurde auch Zink verwendet, als Ersatz für zu Kriegszwecken eingeschmolzene Pfeifen.
Zinn Blei Name 16lötig 100 % (rein) Zinn 12lötig 75 % 25 % Probezinn 8lötig 50 % 50 % Naturguss 4lötig 25 % 75 % „Blei“ Die Zusammensetzung und die Bearbeitungsweise des Materials wirken sich nicht direkt auf den Klang einer Pfeife aus, da der Pfeifenkörper nicht der Resonanzbildung dient. Allerdings kann die Wahl des Materials die Dicke der Pfeifenwandung bedingen und die Möglichkeiten der Intonation (siehe unten) einschränken. Auch das Alter einer Pfeife hat keinen Einfluss auf ihren Klang, sondern allenfalls die abweichenden Intonationsmethoden früherer Zeiten.
Siehe auch: Zinnpest
Holzpfeifen können aus unterschiedlichen Holzarten gefertigt sein, aus Eiche, Nadel- oder Obsthölzern, gelegentlich auch aus exotischen Hölzern oder Bambus. Die Holzpfeifen werden zumeist innen mit Leim abgedichtet, dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich und hat eine Veränderung des Klanges zur Folge.
Auch aus Porzellan und Kunststoffen wurden vereinzelt Orgelpfeifen hergestellt.
Bei Zungenpfeifen sind die Zunge und die Kehle meistens aus Messing. Die Kehle von aufschlagenden Zungen kann aber auch aus Zinn oder Holz sein. Der Rand der Kehle, auf dem das Zungenblatt aufschlägt, kann beledert sein, wodurch der Klang weicher und obertonärmer wird. Die Stimmkrücke ist normalerweise aus harter Kupferlegierung. Für die anderen Teile der Zungenpfeife wird Orgelmetall oder Holz verwendet. Gelegentlich ist der Resonator aber auch aus Kupfer, Zink, Messing oder verzinntem Eisenblech („Weißblech“) gefertigt.
Labialpfeifen
Die Tonerzeugung der Labialpfeifen oder Lippenpfeifen beruht darauf, dass ein Luftband durch einen schmalen Spalt gegen eine Kante, das Labium, geblasen wird. Dabei biegt sich das Luftband und beginnt beiderseits der Stoßkante zu pendeln, wodurch die Luftsäule im Inneren des Pfeifenkörpers zu Schwingungen angeregt wird. Dieses entspricht dem Prinzip der Blockflöte.
Aufbau
Obwohl die Tonerzeugung bei allen Labialpfeifen gleich ist, unterscheiden sie sich jedoch etwas, je nachdem aus welchem Material sie gefertigt sind. Labialpfeifen aus Metall besitzen in der Regel einen kreisrunden und hölzerne Pfeifen haben aus praktischen Gründen meistens einen rechteckigen Pfeifenkörper. Die Bezeichnungen der Bauteile sind leicht unterschiedlich.
Pfeifen aus Metall
Labialpfeifen aus Metall bestehen aus zwei Teilen, dem spitz zulaufenden Pfeifenfuß, mit dem die Pfeife auf dem Pfeifenstock steht, und dem Pfeifenkörper, der verschiedene Formen haben kann. Der Fuß ist oben mit einer waagerecht aufgelöteten Platte, dem Kern, fast vollständig verschlossen. An einer Seite ist ein Segment des kreisförmigen Kerns abgeschnitten und der Fuß an dieser Stelle nicht mit dem Kern verlötet, sondern so weit zur Kante des Kerns hin eingedrückt, dass sich eine schmale, parallele Spalte bildet, die so genannte Kernspalte. Die eingedrückte Stelle am Fuß wird Unterlabium genannt. Die Vorderkante des Kerns ist nach oben hin angeschrägt; diese Schräge heißt Kernfase. Der Pfeifenkörper ist oben auf den Kern aufgelötet. Über der Kernspalte ist eine meistens rechteckige, Aufschnitt oder Mundloch genannte Öffnung aus dem Pfeifenkörper herausgeschnitten. Die Oberkante des Aufschnitts bildet das Oberlabium. Bei kleinen Pfeifen wird das Labium in den Pfeifenkörper eingedrückt (eingedrücktes Labium) während es bei größeren Pfeifen eingelötet werden muss (aufgesetztes Labium).
Pfeifen aus Holz
Die hölzerne Labialpfeife besitzt kein Unterlabium. Als Begrenzung der Kernspalte dient hier der Vorschlag. Das Oberlabium wird in den Pfeifenkörper gefeilt, gefräst oder gestemmt. Je nachdem ob es sich innen oder außen befindet, spricht man von einer innenlabiierten oder außenlabiierten Pfeife. Letztere Bauform ist die übliche.
Gedackte
- Hauptartikel: Gedackt
Register, deren (Labial-)Pfeifen am oberen Ende geschlossen sind, werden gedackt/gedeckt genannt. Das Verschließen bewirkt, dass der erzeugte Ton eine Oktave tiefer klingt als ohne Deckel. Gleichzeitig werden bei zylindrischen Gedacktpfeifen die geradzahligen Obertöne ausgelöscht, wodurch gedackte Pfeifen eine dunklere Klangfarbe haben und leicht hohl klingen. Weiterhin sind gedackte Register deutlich leiser als offene.
Doppeltonpfeife
Eine seltene Erscheinungsform ist die Doppeltonpfeife.[1] Sie besitzt steuerbare Klappen, die ähnlich einer Blockflöte die Erzeugung mehrerer Töne pro Pfeife ermöglichen.
Größe
Die Größe von Labialpfeifen reicht von wenigen Zentimetern bis zu einigen Metern. Sehr große Pfeifenorgeln haben bisweilen Pfeifen (64′-Register), deren Frequenz unter der des menschlichen Hörbereiches liegt (Infraschall). Solche tieffrequente Töne werden als Erschütterung und Druckgefühl auf den Ohren empfunden. Der tiefste Ton, der von den meisten Menschen gerade noch als Ton wahrgenommen werden kann, ist das Subkontra-C (einige Menschen hören auch noch das Subsubkontra-H und ganz wenige das Subsubkontra-B). Das Subkontra-C ist der tiefste Ton eines 32′-Registers (16,35 Hz). Als offene Pfeife entspricht das einer klingenden Länge (ohne den Pfeifenfuß) von etwa zehn Metern. Sehr kleine Pfeifen haben sogar nur eine klingende Länge von wenigen Millimetern. Bei diesen Pfeifen ist jedoch der Pfeifenfuß, der nicht zur Klangerzeugung beiträgt, in der Regel 15 Zentimeter lang oder mehr.
Die Länge der Pfeife bestimmt bei den Labialpfeifen direkt die Tonhöhe. Man unterscheidet zwischen offenen Pfeifen und den Gedackten, die oben mit einem Deckel oder Spund verschlossen sind. Gedackte Pfeifen klingen eine Oktave tiefer als gleichlange offene Pfeifen. Offene konische Pfeifen sind umso tiefer, je mehr sie sich nach oben verjüngen.
Die Länge lP des Pfeifenkörpers einer offenen zylindrischen Labialpfeife lässt sich aus der Frequenz f und der Schallgeschwindigkeit c (= 343 m/s für 20 °C in Luft) wie folgt berechnen (λ ist die Wellenlänge):
Hierbei ist k die Mündungskorrektur (auch praktische Verkürzung genannt), die vom Pfeifendurchmesser d abhängig ist. Sie ist nötig, da der Bauch der stehenden Welle nicht genau bündig mit dem Pfeifenende ist, sondern etwas über den Pfeifenrand hinaus ragt. Für sie hat der französische Orgelbauer Aristide Cavaillé-Coll folgende Formel gefunden, die einen ungefähren Anhaltspunkt liefert:
Obwohl die Mündungskorrektur prinzipiell auch am Pfeifenmund auftritt, spielt sie in der Praxis bei gedackten Pfeifen eine eher unbedeutende Rolle. Die Länge lG einer gedackten zylindrischen Pfeife beträgt:
Eine Pfeife kann auch absichtlich „zu lang“ gebaut werden. Dieses geschieht aus optischen Gründen häufig bei Prospektpfeifen, wobei man die effektive Länge der schwingenden Luftsäule durch Ausschnitte an der Rückseite der Pfeife reduziert. Eine Überlänge kann auch aus akustischen Gründen nötig sein, wenn man die Labialpfeife zum Überblasen bringen will. Dabei schwingt die Luftsäule auf einem der tiefsten Obertöne. Im Verhältnis zu dem klingenden Oberton ist die Pfeife also zu lang, und könnte im Prinzip auch den Grundton herstellen. In der Regel werden zylindrisch offene Pfeifen überblasend gebaut, sie sind dann doppelt so lang. Gedackte Pfeifen überblasen in den dritten Teilton und sind daher dreimal so lang (also anderthalb mal so lang wie eine offene Pfeife gleicher Tonhöhe). Man erleichtert das Überblasen durch ein kleines Loch in der Pfeifenwand etwa auf halber Höhe.
Mensur
Während die Länge einer Pfeife im Wesentlichen die Tonhöhe bestimmt, ist der Querschnitt sowie die Labienbreite und Höhe des Aufschnitts prägend für die Klangfarbe. Alle diese Maße fasst man zusammen unter dem Begriff Mensur.
Die wichtigsten Mensuren bei Labialpfeifen sind:
- die Längenmensur: die Länge des Pfeifenkörpers (sie bestimmt die Tonhöhe),
- die Weitenmensur: das Verhältnis vom Durchmesser zur Länge der Pfeife,
- die Labienbreite: die Breite des Labiums im Verhältnis zum Umfang der Pfeife,
- die Aufschnitthöhe: der Abstand zwischen Ober- und Unterlabium im Verhältnis zur Labienbreite.
Weitere Mensuren sind die Kernspaltenweite, die Fußlochgröße usw.
Die Mensuren können teilweise bei der Intonation der Orgel vom Intonateur noch verändert werden. Für nicht-zylindrische Pfeifenformen (Rohrflöte, Gemshorn, Spillpfeife, Spitzflöte usw.) werden entsprechend noch weitere Maße benötigt. Im engeren Sinne ist mit Mensur die Weitenmensur gemeint, also das Verhältnis vom Durchmesser zur Länge der Pfeife. Sie ist die wichtigste Mensur im Orgelbau, aus ihr ergibt sich die Einteilung in „eng“, „mittel“ oder „weit“ mensurierte Register. Da die Aufschnittmaße oft aus dem Umfang des Pfeifenkörpers abgeleitet werden, tritt die Durchmessermensur in den Vordergrund.
1927 hat der Deutsche Orgelrat erstmals ein Standardmaß für die Mensur beschlossen, die so genannte Normmensur. Sie geht auf den Orgelbauer Dom Bédos (1709−1779) und den Orgelbautheoretiker Johann Gottlob Töpfer (1791−1870) zurück. Die tiefste Pfeife des sogenannten Normprinzipals in 8′-Lage hat nach Dom Bédos einen Innendurchmesser von 155,55 mm. Stehen die Längen zweier Pfeifen zueinander im Verhältnis 1:2, klingt also die erste Pfeife eine Oktave höher als die zweite, so haben die Weiten nach Töpfer das Verhältnis:
Das bedeutet, dass die hohen Pfeifen eines Registers eher breit erscheinen, die tiefen dagegen eher schmal. Diese Art der Mensur, die die Veränderung der Weite bei Veränderung der Länge ausdrückt, heißt Verlaufsmensur. Die Töpfersche Mensur soll die hörakustischen Unterschiede ausgleichen, die sich bei der so genannten starren Durchmessermensur von 1:2 ergeben.
In der Praxis wird die Normmensur nicht verwendet, sie dient aber als Vergleichsmaßstab. Mensuren und Mensurendiagramme werden erstellt, indem die Abweichung von der Normmensur in Halbtönen (HT) berechnet wird. Positive Zahlen bedeuten eine weitere und negative Zahlen bedeuten eine engere Mensur. Hat z. B. eine Pfeife, die den Ton C abgibt, eine Weitenmensur von −4 HT, so entspricht ihr Durchmesser dem der vier Halbtöne höheren und daher schmaleren Pfeife E der Normmensur.
Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, kann die Verlaufsmensur innerhalb eines Registers variieren. Man spricht dann von einer variablen (im Gegensatz zur konstanten) Verlaufsmensur. Variable Mensuren sind die Regel. Durch sie können die verschiedenen Tonlagen eines Registers hervorgehoben oder abgeschwächt werden.
Tonerzeugung
Die Luft strömt durch den Pfeifenfuß und tritt aus der Kernspalte als auf das Oberlabium gerichtetes Luftband hervor. An diesem wird der Luftstrom abgelenkt und beginnt, abwechselnd nach außen und nach innen zu schwingen (Details siehe Holzblasinstrument). Dadurch wird auch die Luft im Pfeifenkörper zu Schwingungen angeregt. Diese Schwingungen sind, nachdem sie sich mit einer bestimmten Frequenz stabilisiert haben, als Ton wahrzunehmen. Die Einschwingvorgänge bis zur Ausbildung des stabilen Pfeifenklanges werden Ansprache genannt. Diese setzt sich zusammen aus Anblasgeräuschen und kurzzeitig auftretenden hochfrequenten Vorläufer- bzw. Schneidetönen, die den Klang der Pfeife wesentlich prägen wie zum Beispiel das sogenannte Spucken bei gedackten Registern. Die Dauer und der Charakter der Ansprache sind zunächst von Pfeifentyp, Winddruck und Aufschnitthöhe abhängig. Die Ansprache endet mit dem Erreichen des eigentlichen bzw. stationären Klangs.
Bauarten
Material und Form bestimmen erheblich die Klangfarbe der Pfeife.
Labialpfeifen aus Metall sind rund, der Kern ist eine an der Nahtstelle zwischen Fuß und Körper eingelötete Metallplatte. Der Körper kann zylindrisch sein, nach oben spitz zulaufend (konisch), seltener trichterförmig oder eine Kombination, z. B. unten zylindrisch, oben konisch. Der Pfeifenkörper von hölzernen Labialpfeifen hingegen ist in der Regel rechteckig gebaut; ihr Kern ist ein Holzblock, der im unteren Teil der Pfeife befestigt ist. Um die Ansprache der Pfeifen zu verbessern, verwendet man sogenannte Bärte, das sind Metallplättchen, die seitlich oder unter dem Pfeifenmund angebracht sind. Gedackte können im Deckel eine Öffnung oder ein offenes Röhrchen haben; solche Pfeifen bezeichnet man als halb- oder teilgedackt.
Man kann die wichtigsten Labialregister nach der Bauart etwa wie folgt einteilen:
- Zylindrische offene Pfeifen mittlerer Mensur bilden einen Ton, der mit einem vollen, herben Klang dem allgemein bekannten Orgelton entspricht. Häufig verwendete Namen sind hier Prinzipal, Prästant und Oktave. Auch die Klangkronen gehören dazu. Diese Register bilden den sogenannten Prinzipalchor.
- Zylindrische offene Pfeifen von weiter Mensur haben einen vollen, sanften Klang. Man spricht von dieser Pfeifenfamilie auch als Weitchor. Er ist am obertonärmsten und eignet sich daher als tragfähige Grundlage des Orgelklanges. Da weit mensurierte Pfeifen klanglich gut miteinander verschmelzen, gehören die meisten Aliquotregister (Quinte, Terz, Septime, None; gemischte Stimmen wie z. B. Kornett) ebenfalls zum Weitchor. Registernamen sind unter anderem Flöte, Hohlflöte, Waldflöte, Nachthorn (mit sehr weiter Mensur).
- Zylindrische offene Pfeifen von enger Mensur sind scharf mit einem schwächeren sehr obertonreichen Klang. Da der Klang an Streichinstrumente erinnert, hat man den Registern entsprechende Namen gegeben: Viola, Violine, Gamba, verbreitet ist auch Salizional (Weidenpfeife). Hierzu gehören meistens auch die schwebenden Stimmen wie Vox coelestis und Unda maris. Hierbei klingen pro Taste gleich zwei Pfeifen, wobei die eine gegen die andere leicht verstimmt ist. Dadurch erreicht man einen schwebenden, sphärischen Klang. Diese Familie heißt Streicherfamilie oder Engchor.
- Pfeifen, die sich nach oben konisch verjüngen, verstärken einzelne Obertöne. Dadurch ergibt sich ein etwas hellerer Klang. Hier finden sich Register wie Spitzflöte, Blockflöte und Gemshorn.
- Umgekehrt konische, also trichterförmige Pfeifen sind etwas herb, wie zum Beispiel der Dolkan (auch Dulcan).
- Überblasende Pfeifen sind gekennzeichnet durch eine ausgeprägte, aber dennoch weiche Ansprache und einen vollen Klang. Sie werden fast ausschließlich bei zylindrischen Flötenregistern eingesetzt, wie Querflöte und Flûte harmonique.
- Zylindrische geschlossene Pfeifen (Gedackte) gibt es in unterschiedlichen Weitenmensuren. Sie sind leiser und obertonärmer. Gedackte mittlerer Mensur (zum Beispiel Gedackt, Bordun, Subbass, Untersatz) bilden oft das Fundament für den Orgelklang und stehen eine Oktave tiefer als das tiefste Prinzipalregister im gleichen Teilwerk. Hier kommt die platzsparende Eigenschaft der Gedackte zum Tragen, da die Pfeifen für den gleichen Ton nur die halbe Länge der entsprechenden offenen Pfeife benötigen. Gedackte weiter Mensur (Gedacktflöte) bilden die Grundlage für Soloregistrierungen mit Aliquotregistern. Gedackte enger Mensur sind mit Ausnahme der Quintadena selten.
Neben den genannten Bauformen existieren weitere Sonderformen wie z. B. Spitzgedackt oder Rohrflöte.
Intonation
Mit dem Begriff Intonation wird die Gestaltung des Klanges der Orgelpfeifen bezeichnet. Dabei wird der Bereich des Labiums mit Spezialwerkzeugen bearbeitet, um die Pfeife in Klangfarbe und Lautstärke zu verändern und ihr einen stabilen Ton abzugewinnen, den sie unmittelbar nach der Herstellung noch nicht hat. Außerdem müssen alle Register in sich wie auch zueinander in Klangcharakter und Lautstärke ausgeglichen und gestimmt werden. Der Intonateur bezieht den Stil der Orgel und die Raumakustik in seine Arbeit mit ein. Neben der Intonation wird der Klang einer Orgel noch durch die Disposition und die Mensuren wesentlich bestimmt. Die Intonation hat jedoch den größten klanglichen Einfluss.
Das Intonieren kann man mit dem Formen der Stimme eines Sängers vergleichen. In beiden Fällen ist es wichtig, dass alle an der Klangentwicklung beteiligten Elemente optimal eingestellt und aufeinander abgestimmt sind. Beim Sänger ist dieses vor allem der Rachenbereich, bei der Pfeife der Bereich des Labiums. Die Legierung (bei Pfeifen aus Zinn und Blei), die Bearbeitung und das Alter einer Pfeife beeinflussen den Klang dagegen fast nicht, da nicht das Material der Pfeife schwingt, sondern die Luft in Form einer Art „Luftsaite“, die auch Luftblatt genannt wird. Je nachdem wie dieses Luftblatt beschaffen ist, das um die Kante des Oberlabiums pendelt, ändert sich die Tonqualität einer Pfeife.
Es gibt 42 mögliche Parameter, die den Klang einer Pfeife beeinflussen. Zu den wichtigsten zählen die Höhe des Aufschnitts, die Weite der Kernspalte und die sogenannte Kernstiche (das sind Kerben, die in Richtung der Luftströmung in die Kernfase oder in das Unterlabium eingeritzt werden).
Intonationsmittel
Um den Klang einer Pfeife zu beeinflussen, gibt es neben den verschiedenen Bauformen eine Fülle von Möglichkeiten, die man als Intonationsmittel bezeichnen kann. Dazu gehören: Expressionen, Stimmschlitze, Bärte, Aufschnitthöhen, Kernspaltenweite und deren Beschaffenheit, Kernfase und Gegenfase, Form und Stellung von Ober- und Unterlabium, Form und Anzahl von Kernstichen und die Größe des Fußloches. Die Intonationsmittel wurden im Laufe der Orgelbaugeschichte über Jahrhunderte weiterentwickelt und finden in ihrer Vielfalt und dem differenzierten Gebrauch einen Höhepunkt zur Zeit der Romantik.
Veränderungen und Reaktionen von offenen Labialpfeifen Fußloch erweitern lauter, schärfer, forcierter, schneller, Stimmung höher, schärfere Ansprache (bei sehr hoch aufgeschnittener Pfeife: weniger Spucken), evtl. weniger Rauschen bzw. Blasen, mehr Kratzen verengen leiser, grundtöniger, lieblicher, langsamer, Stimmung tiefer, weichere Ansprache (bei hohen Aufschnitten längeres Spucken), evtl. mehr Rauschen bzw. Blasen, weniger Kratzen Oberlabium eindrücken langsamer, schärfer, prinzipaliger, Ansprache etwas stumpfer rausheben schneller, grundtöniger, flötiger, Ansprache etwas härter Kern höher langsamer, schärfer, prinzipaliger, etwas lauter, Ansprache etwas stumpfer tiefer schneller, grundtöniger, flötiger, etwas leiser, Ansprache etwas härter Kernspalte enger mehr trockene und spitze Schärfe, leiser, diffuser, Ansprache oft schneller, bei sehr engen Spalten: langsamer, mehr Rauschen weiter mehr rauhe und harte Schärfe, lauter, klarer, Ansprache oft langsamer, bei sehr weiten Spalten: schneller, mehr Kratzen Aufschnitthöhe erhöhen grundtöniger, flötiger und langsamer, härteres Spucken, weniger Kratzen erniedrigen schärfer, prinzipaliger und schneller, stumpferes Spucken, mehr Kratzen Veränderungen und Reaktionen von gedeckten Labialpfeifen Oberlabium eindrücken quintiger und farbiger, Ansprache lang und hart rausheben grundtöniger und dunkler, Ansprache kurz und etwas weicher Kern höher wie oben und lauter tiefer wie oben und leiser Kernspalte enger wie oben und stärkeres blasendes Rauschen weiter wie oben und stärkeres kratziges Rauschen Intonationsstile
In der Orgelbaugeschichte sind schwerpunktmäßig drei Intonationsarten zu erkennen:
- Barocke Intonation: Es wird angestrebt, die Pfeife frei und natürlich sprechen zu lassen. Um die Führung einzelner Stimmen klar darstellen zu können, ist die Ansprache bzw. Artikulation der Pfeife deutlich, lebendig und schnell. Man sucht den Punkt der größtmöglichen Resonanz. Jeder Ton behält sein Eigenleben, ohne die Charakteristik des Registers zu verlassen. Intonationshilfen wie Kernstiche oder Bärte werden nur in begrenztem Umfang eingesetzt, um die Ansprache zu verbessern und Nebengeräusche zu reduzieren. Dadurch bleibt der Obertonreichtum der Pfeife erhalten.
- Romantische Intonation: Ziel ist es, der Pfeife einen statischen, kräftigen Ton zu geben, um homogene und nuanciert abgestufte Register zu erhalten, mit denen man große kompositorische Linien und Klangflächen darstellen kann. Intonationshilfen werden in erheblichem Umfang und sehr differenziert zur Tongestaltung eingesetzt. Dadurch ist die Ansprache der Pfeife nicht mehr so deutlich und artikuliert, ihr Obertonreichtum nimmt ab, und die Register wirken in sich sehr homogen.
- Neobarocke Intonation: Diese Intonationsweise ist mit der sogenannten „Orgelbewegung“ aufgekommen. Es wird ein obertonreicher und scharfer Ton mit nur wenigen oder gar keinen Intonationshilfen, wie z. B. den Kernstichen, angestrebt, um ein durchsichtiges Klangbild für polyphone Musik zu erhalten. Da andere Intonationsmittel als in der Barockzeit eingesetzt werden, ist die Ansprache oder Artikulation der Pfeifen undeutlich und mit starker Obertonentwicklung verbunden. Auch wird nicht der Punkt der größtmöglichen Resonanz erreicht. Ebenso verhindern diese Intonationsmittel eine Klangverschmelzung der verschiedenartigen Registergruppen, wie sie für romantische Musik benötigt wird.
Klangverschmelzung
Eine Klangverschmelzung, wie sie in der Romantik gefordert wird, kann nur durch die richtige Intonation erzielt werden. Diese muss drei Anforderungen gerecht werden:
- Der Grundton und die nachfolgenden fünf Teiltöne sollen stark ausgebildet werden. Niedrige Aufschnitte und enge Kernspalten können dieses verhindern.
- Hohe Obertöne (ab dem achten Teilton) und unharmonische Klangkomponenten sollen vermieden werden. (Unharmonische Obertöne sind ein Nebeneffekt sogenannter kernstichloser Intonation mit gefeilten Kernspalten.)
- Ansprachegeräusche, wie Spucken und zischende Vorläufertöne, müssen minimiert werden.
Mit den klassischen Intonationsmitteln (Kernstiche, Veränderung des Fußlochs, der Kernspaltenweite und der Aufschnitthöhe) kann keine befriedigende Balance zwischen diesen Anforderungen und einem homogenen und kräftigen Klang gefunden werden. Wird ein Ton mit hohem Aufschnitt, starken Kernstichen und weiter Kernspalte zu grundtönig intoniert, verliert er an Kraft und klingt stumpf. Wird er ohne Kernstiche, mit niedrigerem Aufschnitt und verengter Kernspalte intoniert, verhindern die Vorläufertöne und die hochfrequenten Klanganteile, dass sich ein eng verzahnter, harmonischer Obertonaufbau und ein homogenes Klangbild ergibt. Hohe und unharmonische Klanganteile verhindern eine gute Klangverschmelzung. Harte und helle Ansprachegeräusche stören große musikalische Linien. Hingegen nehmen zu schwach ausgebildete mittlere Obertöne dem Klang Kraft und Farbe. Expressionen sind daher ein bewährtes Intonationsmittel, um die Balance zwischen Klangkraft und Verschmelzung zu steuern. Sie wirken wie Klangfilter: Je nach Größe und Position filtern sie bestimmte Obertöne und Ansprachegeräusche aus dem Gesamtklang einer Pfeife heraus. Die mittleren Obertöne treten dadurch sogar stärker hervor und geben dem Ton einen besonderen Ausdruck (daher die Bezeichnung Expression). Die Expression ist somit ein typisches und wichtiges Intonationsmittel für Orgeln romantischen Stils, um ein Höchstmaß an Klangverschmelzung zu erreichen.
Keinen Einfluss auf die Verschmelzung hat hingegen die Anordnung der Kanzellen (Ton- oder Registerkanzellen).
Stimmung
Labialpfeifen werden je nach Bauart auf verschiedene Weise gestimmt:
- Gedackte Pfeifen lassen sich durch einfaches Verschieben des Deckels stimmen.
- Manche Metallpfeifen besitzen am oberen Ende Stimmringe (vergleichbar mit einem offenen Deckel), mit denen die Pfeife effektiv verlängert oder verkürzt werden kann.
- Holzpfeifen haben mitunter einen Stimmdeckel aus Metall.
- Oft ist an der Mündung der Pfeife eine Lasche ausgeschnitten. Durch das Ein- oder Ausrollen dieser Lasche (Stimmrolle, bei Holzpfeifen stattdessen ein Schieber) wird der sogenannte Stimmschlitz vergrößert oder verkleinert. Liegen die Stimmschlitze etwas unter dem Rand, nennt man sie Expressionen, die Pfeife klingt dann schärfer.
- Hat die Pfeife Bärte, so kann unter Umständen auch der Bart zum Stimmen dienen, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, die Pfeife zu stimmen. (Beispiel: Gedackte mit festgelötetem Deckel)
Offene Metallpfeifen können auch auf Tonhöhe geschnitten sein und verfügen damit über keine selbstständige Stimmeinrichtung; dieses ist vor allem bei kleineren Pfeifen (ab etwa 1/2′-Lage) die Regel. Solche Pfeifen können nur mit dem Stimmhorn gestimmt werden. Dabei handelt es sich um ein kegelförmiges Werkzeug, mit dem die Pfeife an der Mündung etwas geweitet oder geschlossen wird (auf- und zureiben). Vorteil dieser Variante ist die größere Stimmstabilität gegenüber Stimmrollen oder -deckeln (die sich mit der Zeit unter anderem durch Schwerkraft und Materialermüdung verschieben können), Nachteil ist die deutlich höhere Materialbelastung während des Stimmvorganges selbst.
Die Tonhöhe von Labialpfeifen verändert sich ansonsten nur bei Temperaturschwankungen, da diese sich auf die Schallgeschwindigkeit in der Pfeife auswirken: Bei Wärme werden die Pfeifen höher, bei Kälte tiefer. Die Verstimmung beträgt etwa 3,3 Cent pro Grad Celsius, was einem Halbton auf 30 °C entspricht. Hierbei ändert sich prinzipiell nur die Stimmtonhöhe; die Pfeifen untereinander bleiben in einem konstanten Stimmungsverhältnis.
Etwa alle 15 bis 25 Jahre muss das Pfeifenwerk ausgebaut und gereinigt werden, da Staubablagerungen die Stimmung der Pfeifen (besonders der kleinen Labialpfeifen) unmöglich machen.
Lingualpfeifen
Die zweite Gruppe der Orgelpfeifen sind die Lingualpfeifen oder Zungenpfeifen, bei denen der Luftstrom eine Metallzunge (Stimmzunge) in Schwingungen versetzt, der Klang wird durch einen Resonanzkörper (Becher) verstärkt. Die Metallzunge schlägt dabei entweder auf eine Kehle auf („aufschlagende“ Zungenstimme) oder schwingt (wie beim Harmonium) durch eine genau passende Öffnung hindurch („durch“ oder „einschlagende“ Zungenstimme). Durchschlagende Zungenstimmen sind allerdings selten zu finden. Der Klang von Zungenpfeifen ist wesentlich obertonreicher als der von Lippenpfeifen.
Wenn in der Höhe wenig Platz zur Verfügung steht, können Lingualpfeifen „gekröpft“ ausgeführt werden, d. h. dass sie meistens um 90 Grad geknickt werden und so horizontal weiter verlaufen. Eine seltenere Kröpfungsform ist die „spanische Kröpfung“ oder auch „Innenkröpfung“. Diese Kröpfungsart kommt am häufigsten bei Streichern vor. Bei ihr wird in den offenen Pfeifenkörper ein gedecktes Rohr eingebracht und „frei schwebend“ befestigt. Dadurch ist die Pfeife halb gedeckt und halb offen. Dieses erzeugt einen streicherähnlichen Klang.
Die Gesamtheit aller Zungenpfeifen einer Orgel wird auch Rohrwerk in Anlehnung an das Rohrblatt bei Holzblasinstrumenten genannt. Die Bezeichnung Schnarrwerk für die Gesamtheit aller Zungenstimmen der Orgel geht auf den schnarrenden Klang der kurzbecherigen Zungenstimmen zurück.
Aufbau
Auch Zungenpfeifen sind zweiteilig aufgebaut: Im unteren Teil (Stiefel) ist die Zunge mit der Stimmvorrichtung untergebracht, der obere Teil (Becher) ist ein Hohlkörper aus Holz oder Metall, der für Resonanz und damit Verstärkung und Färbung des Klanges sorgt. Im Stiefel, der oben durch die Nuss abgedichtet ist, hängt die Kehle, ein Metallröhrchen, das am oberen Ende in den Becher geöffnet ist und das seitlich einen Schlitz hat. Auf diesem Schlitz liegt die Zunge auf. Sie ist am oberen Ende durch den Keil festgeklemmt und am unteren Ende leicht aufgebogen.
Die Zunge wird an einer Stelle durch einen stabilen Draht (Stimmkrücke) auf der Kehle festgedrückt. Verschiebt man diesen Draht, ändert sich der freie Bereich der Zunge und damit die Tonhöhe. Dieser Draht ist oben aus der Nuss herausgeführt, damit Zungenpfeifen von außen stimmbar sind (durch Hoch- oder Niederklopfen mit dem Stimmeisen).
Tonerzeugung
Da die Zunge etwas nach außen gewölbt ist und den Schlitz (längliche Öffnung in der Kehlenwand) nicht völlig schließt, kann die Luft, die in den Stiefel einströmt, unter der Zunge durch in die Kehle und weiter in den Becher gelangen. Durch diese Luftströmung entsteht in der Kehle ein Unterdruck, der die Zunge auf den Schlitz zieht. Da die Zunge den Schlitz geschlossen hat, wird die Luftströmung unterbrochen. Alsbald gleichen sich die Luftdrücke in und außerhalb der Kehle aus, und die Zugkraft auf die Zunge lässt nach. Nun ist die Zunge wieder frei und kann sich in die ursprüngliche Stellung ziehen. Wenn dieser Vorgang sich regelmäßig und schnell genug wiederholt, entsteht dabei eine Luftschwingung, die wir mit dem Ohr als einen Ton wahrnehmen.
Bedingt durch die Art der Tonerzeugung mit einer schwingenden Zunge hat die Länge des Schallbechers – anders als bei den Lippenpfeifen – keinen direkten Einfluss auf die Tonhöhe, wohl aber auf die Klangfarbe und -stärke als auch auf eine gelungene Klangerzeugung. Jedoch hat der Schallbecher, genauso wie der Körper einer Lippenpfeife, eine gewisse maximale Länge für jede Tonhöhe. Deswegen darf er nicht zu lang sein, wenn man eine bestimmte Grundtonhöhe erwünscht. Die Zunge spricht aber auch ohne Schallbecher und im Prinzip mit allen Becherlängen an, die kürzer sind als die maximale Länge.
Stimmung
Lingualpfeifen verstimmen sich nicht so stark wie Labialpfeifen, da hier die Wärmeausdehnung der Zunge gegenüber der Schallgeschwindigkeit eine größere Rolle spielt. Durch Temperaturschwankungen neigen die Zungenregister jedoch durch die Methode der Stimmung zu sehr differenzierten Verstimmungen. In der Praxis werden bei kleineren Stimmarbeiten die Zungenpfeifen nachgestimmt, da diese bei einer Orgel die Minderheit des Pfeifenbestandes stellen (maximal bis etwa 40 %) und sie leichter und schonender zu stimmen sind.
Lingualpfeifen werden mit dem Stimmeisen gestimmt. Mit diesem wird die Stimmkrücke hinein bzw. heraus geschlagen und so der schwingende Teil der Zunge verkürzt oder verlängert. Die Lingualpfeifen einer Orgel werden normalerweise einmal jährlich gestimmt, wobei aber meistens nur alle zwei Jahre (oder auch seltener) eine tatsächliche Komplettstimmung (inklusive der zeitaufwendigen Mixturen) vorgenommen wird.
Bauarten
Einfluss auf den Klang einer Zungenpfeife haben die Gestalt der Kehle, die Dicke und Breite der Zunge und die Form und Mensur des Bechers. Im Klang besonders präsent sind im Prospekt horizontal angeordnete Zungenstimmen wie die Spanische Trompete aber auch regalartige Register, da der Ausbreitung der Schallwellen keine anderen Pfeifen oder Orgelgehäuseteile im Wege stehen.
Becher
Die Bauweise der Becher kann sehr unterschiedlich sein. Man unterscheidet zwischen lang- oder vollbechrigen Zungen (d. h. Zungenregistern), bei denen die Becherlänge auf die Tonhöhe abgestimmt ist, und kurzbechrigen Zungen mit deutlich kürzerem Becher.
- Trichterkörper in voller Länge ergeben durch ihren natürlichen, möglichst vollkommenen Obertonaufbau einen harmonischen Klang ähnlich einem Blechblasinstrument. Typische Namen sind daher Trompete (16′, 8′, 4′) und Posaune (16′; seltener 32′ oder 8′), aber auch Fagott (32′, 16′; nicht so kräftig wie eine Posaune), Bombarde (32′, 16′; meistens das lauteste Zungenregister in einer Orgel), Clairon (4′) und Zink (2′ oder 1′ im Pedal). Die Länge des Aufsatzes hängt von der Weite des Bechers ab und liegt typischerweise bei gut 7′-Länge für 8′-Ton. Dabei wird die Becherlänge häufig etwas größer gewählt als sich physikalisch ergibt, um den Klang abzurunden.
- Überlange Trichterkörper ergeben einen sehr tragfähigen Ton. Möglich ist es, den Becher um etwa 25 % zu verlängern, so dass er etwa die Länge einer gleich tiefen Labialpfeife besitzt (8′ Länge für 8′-Ton). Man spricht in diesem Fall auch von Terzlänge, da diese Bechermensur der einer normal langen Lingualpfeife entspricht, die eine Terz tiefer klingt. Beispiele dafür sind Tuba mirabilis oder Waldhorn. Doppelte Becherlängen (etwa 14′-Länge für 8′-Ton) werden unter anderem in den hohen Lagen der Trompette harmonique gebaut (bei einem 8′-Register etwa ab c1).
- Halblange Trichterkörper werden selten zur Erzeugung eines speziellen Klanges gebaut. Insbesondere 32′- und 16′-Register mit an sich voller Becherlänge werden in der großen und z. T. auch in der kleinen Oktave mit halblangen Bechern gebaut. Dieses geschieht entweder aus Platzmangel in der Höhe oder bei 16′-Manualregistern auch, um die tiefste Lage gegenüber den höheren Lagen nicht zu voluminös wirken zu lassen.
- Zusammengesetzte Trichterkörper ergeben unterschiedliche Klänge wie Schalmei, Oboe, Englisch Horn (dunkler als Oboe).
- Zylindrische Körper in voller Länge geben einen näselnden Klang wie Krummhorn. Physikalisch ergibt sich eine theoretische Länge von 4′ für 8′-Ton. Auch zylindrische Becher werden teilweise etwas länger bis zu etwa 5′ für 8′-Ton gebaut, um eine Klangabrundung zu erreichen. Durch die zylindrische Becherform fallen die geraden Teiltöne (darunter die Oktaven) weg.
- Mit kurzem Becher ergibt sich ein schnarrender, sehr obertonreicher Klang wie beim Regal oder bei der Vox humana. Bei den Regalen kommen viele verschiedene Becherkonstruktionen zum Einsatz, die der Klangformung dienen; z. B. Zylinder, Trichter, Zylinder mit Trichteraufsatz, Zylinder mit Doppelkegelaufsatz; alle offen oder teilgedeckt.
Zungenstimmen werden auch mit hölzernen Bechern mit in der Regel quadratischem Querschnitt gebaut. Verbreitet sind derartige Becher bei den Regalen (Holzregal, Rankett), aber auch andere Zungenstimmen (z. B. Holztrompete) gibt es in dieser Bauform. Durch das Holz ist der Klang meistens etwas weicher und grundtöniger als bei vergleichbaren Registern mit Metallbechern.
Kehle
Kehlen werden in der Regel aus Messing gebaut. Bestimmte Holzarten sind als Kehlenmaterial ebenfalls möglich. Bleikehlen wurden zwar gebaut, sie neigen jedoch mit der Zeit zu Verformungen. Die Kehle kann zylindrisch oder konisch (größerer Durchmesser unten) geformt sein. Ihre Oberseite kann offen sein, sie kann aber auch bis auf einen Schlitz durch eine Messingdecke geschlossen sein. Dieser Schlitz kann wiederum unterschiedliche Formen haben. Geschlossene Kehlen können auch eine Auflage aus Blei oder Zinn haben, die dann nachgearbeitet werden kann (z. B. bei Arp Schnitger). Die Bahn der Kehle kann auch mit Leder beklebt (beledert) werden, um das Blatt zu dämpfen. Außerdem wird die Kehle nach der Form der Unterseite unterschieden: Die sogenannte deutsche Kehle ist unten flach, die französische Kehle unten abgerundet. Außerdem gibt es die angeschrägte Schiffchenkehle.
Alle genannten Parameter sowie die Breite und Tiefe der Kehle haben jeweils einen bestimmten Einfluss auf die Klangstärke und die Klangfarbe.
Durchschlagende Zungenstimmen
Die durchschlagenden Zungenstimmen fanden am meisten Verbreitung zwischen 1840 und 1920 und werden erst in den letzten Jahren wieder neu gebaut. Sie unterscheiden sich von den aufschlagenden Zungen vor allem durch eine weichere Ansprache und den starken, durchdringenden Klang. Typische Register sind Bassetthorn, Euphon, Klarinette (oder Clarinet). Auch die Oboe oder Posaune, die normalerweise aufschlagend sind, können als durchschlagende Zungenstimmen gebaut werden.
Register mit Gegenschlagzungen sind im Orgelbau der Neuzeit nicht bekannt. Sie könnten aber in den Orgeln der Antike (Hydraulos) zur Anwendung gekommen sein.
Mensur
Die wichtigsten Mensuren von Zungenpfeifen sind die Maße der Zunge (Länge, Dicke, Breite), der Kehle und die Länge und Weite des Bechers.
Intonation
Lingualpfeifen lassen sich intonieren, indem die Wölbung des Zungenblattes verstärkt oder abgeschwächt wird. Wenn ein Deckel oder eine andere bewegliche Einrichtung am Becher vorhanden ist, kann auch hier durch Verstellen der Klang justiert werden. Für einen guten Klang und auch für das „Funktionieren“ einer Zunge ist die Mensur mit allen Detailmaßen von wesentlich größerer Bedeutung als bei Labialpfeifen.
Aufwurf des Zungenblattes
Für den Aufwurf gibt es unzählige Möglichkeiten. Es lassen sich jedoch zwei Grundtypen bestimmen. Weil sie eng mit der dazugehörigen Mensur und einem typischen Klangbild verbunden sind, kann man auch vom deutschen und französischen Bogen sprechen.
- Der deutsche Bogen folgt im Grunde einem exponentiellen Verlauf. Die Krümmung der Zunge beginnt ganz allmählich am Auflagepunkt der Krücke und erreicht den stärksten Bogen am Ende des Zungenblattes.
- Der französische Bogen beginnt in gleicher Weise, erreicht jedoch das Maximum der Krümmung im Bereich der Hälfte bis zum vorderen Drittel des schwingenden Teiles vom Zungenblatt. Danach nimmt der Bogen exponentiell wieder ab.
Bourdonpunkt
Zum Stimmen einer Zungenpfeife ist es zunächst nötig, sie auf die Tonhöhe des sogenannten Bourdonpunktes zu bringen. Dazu wird der Ton zunächst zu hoch eingestellt. Dann wird solange tiefer gestimmt, bis der Ton plötzlich abfällt und sich der Klang verändert. Ist das Zungenblatt optimal gebogen, klingt er nun grundtönig und weniger schnarrend, so, als würde ein Bourdon gleicher Tonhöhe dazu erklingen. Wird der Ton nun noch tiefer gestimmt, schmettert er immer stärker, und allmählich verschwindet die Fülle (der Bourdon). In diesem Bereich liegt die ideale Stimmtonhöhe. Ab einem bestimmten Punkt, etwa einen Halbton tiefer, ändert sich die Klangfarbe erneut, der Ton wird grell. Den Moment vor Erreichen dieses Wechsels nennt man den brillanten Punkt.
Eine Zungenpfeife sollte nicht so hoch gestimmt werden, dass sie dem Bourdonpunkt sehr nahe ist, da sonst die Gefahr besteht, dass sich die Stimmung deutlich verändert, wenn die Raumtemperatur nur einige Grade kälter wird.
Hörbeispiele (Stimmen des Tones f1 einer Pedaltrompete 8′):
- Stimmen abwärts?/i Hier ist das Umkippen in den Bordunpunkt zu hören, am Ende ist der brillante Punkt erreicht.
- Stimmen aufwärts?/i Der Bourdonpunkt ist deutlich zu hören.
Veränderungen und Reaktionen von Lingualpfeifen Zunge stärker aufwerfen lauter, grundtöniger, langsamere Ansprache; Der Ton springt früher in den Bourdonpunkt, klingt dann weicher und ist stabiler schwächer aufwerfen leiser, obertöniger, schnellere Ansprache; Der Ton springt später in den Bourdonpunkt, klingt dann schärfer und ist unstabiler näher zum Bourdonpunkt weicher, grundtöniger, leiser. Die Zunge wird sehr stark durch die Resonanz des Bechers gedämpft. Dadurch fallen Fehler im Bogen des Zungenblattes nicht so auf, und die Stimmung ändert sich bei einer Veränderung der Temperatur gegenüber den Labialen weniger. Der Zungenton wird stärker vom Becher bestimmt. näher zum brillanten Punkt schärfer, obertöniger, lauter. Die Zunge wird nur noch sehr schwach von der Resonanz des Bechers gedämpft. Für einen gut klingenden Ton muss das Zungenblatt fehlerfrei gebogen sein, sonst klirrt er metallisch hart. Durch den schwächeren Einfluss der Resonanz des Bechers ändert sich die Stimmung gegenüber den Labialen bei Temperaturänderungen erheblich. Der Zungenton wird stärker vom Zungenblatt bestimmt. Siehe auch
Quellen
Literatur
- Klaus Winkler (Hrsg.): Die Physik der Musikinstrumente, Heidelberg 1988, ISBN 3-922-50849-9
- Wolfgang Adelung: Einführung in den Orgelbau. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1991, ISBN 3-765-10279-2
- Hans Klotz: Das Buch von der Orgel. Bärenreiter, Kassel 2000, ISBN 3-761-80826-7
Weblinks
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