Ludwig Traube (Philologe)

Ludwig Traube (Philologe)
Ludwig Traube

Ludwig Traube (* 19. Juni 1861 in Berlin; † 19. Mai 1907 in München) war ein deutscher klassischer Philologe, Mediävist und Paläograph. Er hatte an der Ludwig-Maximilians-Universität München den ersten Lehrstuhl für Mittellatein in Deutschland inne.

Traube wurde in Berlin als Sohn einer jüdischen Familie geboren; sein Vater war der Arzt und Pathologe Ludwig Traube. Nach dem Abitur am Askanischen Gymnasium in Berlin 1880 studierte er an den Universitäten München und Greifswald klassische Philologie und Mediävistik. 1883 wurde er in München promoviert; seine Dissertation Varia libamenta critica beschäftigte sich überwiegend mit den Quellen des Macrobius. 1888 habilitierte sich Traube mit Untersuchungen zur Dichtung der karolingischen Zeit und lehrte in den folgenden Jahren als Privatdozent. 1902 (nach anderen Angaben 1904) wurde er zum ordentlichen Professor für Lateinische Philologie des Mittelalters ernannt. Traube, seit 1900 mit einer Tochter Friedrich Hirths verheiratet, starb bereits 1907 an Leukämie.

Seit 1896 war Traube außerordentliches, seit 1899 ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, seit 1902 Mitglied der Accademia dei Lincei. Ab 1897 gehörte er der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica (MGH) an, wo er die Leitung der Abteilungen Auctores Antiquissimi und Antiquitates übernahm.

Traube beschäftigte sich vor allem mit der lateinischen Literatur des Mittelalters, der Paläographie sowie der Text- und Überlieferungsgeschichte lateinischer Autoren. Zusammen mit dem in Göttingen wirkenden Wilhelm Meyer gilt Traube als Begründer der lateinischen Philologie des Mittelalters.

Zum Nachlass Traubes gehörte seine bedeutende Privatbibliothek, die Drucke, Handschriften und Photographien aus Handschriften umfasste und schon zu seinen Lebzeiten von Freunden mit einer jährlichen finanziellen Unterstützung gefördert wurde. Nach seinem Tod wurden daraus vier Codices und rund 60 Handschriftenfragmente von der Münchner Staatsbibliothek erworben, der übrige Bestand ging als Stiftung an die Zentraldirektion der MGH und bildet dort noch heute den Grundstock von deren Bibliothek.

Schriften

  • Karolingische Dichtungen. Ædelwulf, Alchuine, Angilbert, Rhythmen. Weidmann, Berlin 1888.
  • O Roma nobilis. Philologische Untersuchungen aus dem Mittelalter. München 1891.
  • Textgeschichte der Regula S. Benedicti. München 1898.
  • Die Geschichte der tironischen Noten bei Suetonius und Isidorus. Berlin 1901.
  • Rückblick auf meine Lehrthätigkeit. München 1901. Nachdruck Arbeo-Gesellschaft, München 1988.
  • Nomina Sacra. Versuch einer Geschichte der christlichen Kürzung. Beck, München 1907. Nachdruck Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967.
  • Vorlesungen und Abhandlungen. 3 Bände. 1909–1920. (Davon Band 2: Einleitung in die lateinische Philologie des Mittelalters).

Literatur

  • Wolfgang D. Fritz: Theodor Mommsen, Ludwig Traube und Karl Strecker als Mitarbeiter der Monumanta Germaniae historica. In: Das Altertum 14 (1968), S. 235–244.
  • Albert Lehner (Hrsg.): Lateinische Kultur im VIII. Jahrhundert. Traube-Gedenkschrift. EOS-Verlag, St. Ottilien 1989, ISBN 3-88096-695-8.
  • Christel Meier: Königin der Hilfswissenschaften? Reflexionen zu Geschichte, Selbstverständnis und Zukunft der Mittellateinischen Philologie. In: Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster 35 (2001), S. 1–21 (besonders S. 5–8).
  • Gabriel Silagi: Ludwig Traube und der Münchner Lehrstuhl für Patristik (mit einem Exkurs zur Thesaurus-Frage). In: Aevum 73 (1999), S. 837–890.

Weblinks

 Wikisource: Ludwig Traube (Philologe) – Quellen und Volltexte

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ludwig Traube — ist der Name folgender Personen: Ludwig Traube (Arzt) (1818–1876), deutscher Pathologe und klinischer Arzt Ludwig Traube (Philologe) (1861–1907), deutscher Philologe und Paläograph Diese Seite ist eine Begriffsklärung …   Deutsch Wikipedia

  • Ludwig Traube (paléographe) — Pour les articles homonymes, voir Ludwig Traube. Ludwig Traube Ludwig Traube, né à Berlin le 19 juin 1861 et mort à …   Wikipédia en Français

  • Ludwig Traube (Arzt) — Ludwig Traube (* 12. Januar 1818 in Ratibor, Oberschlesien; † 11. April 1876 in Berlin) war ein deutscher Arzt und gilt als Mitbegründer der experimentellen Pathologie in Deutschland. Ludwig Traube …   Deutsch Wikipedia

  • Traube (Begriffsklärung) — Traube bezeichnet: einen Blütenstandstyp, siehe Traube umgangssprachlich die Rispe der Weinrebe, zur Frucht siehe Weinbeere eine illegale Abhöraktion des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), siehe Lauschaffäre Traube eine sich um… …   Deutsch Wikipedia

  • Traube — Trau|be [ trau̮bə], die; , n: a) Anzahl von Beeren, die in einer bestimmten Weise um einen Stiel angeordnet sind: die Trauben eines Weinstocks, der Johannisbeere. b) Weintraube: ein Pfund Trauben kaufen. * * * Trau|be 〈f. 19〉 1. 〈i. w. S.〉… …   Universal-Lexikon

  • Moritz Traube — (* 12. Februar 1826 in Ratibor, Oberschlesien, heute Racibórz, Polen; † 28. Juni 1894 in Berlin) war ein deutscher Chemiker (physiologische Chemie) und universeller Privatgelehrter. Moritz Traube Porträt, Quelle: Ber. d. deutschen chem. Gesellsch …   Deutsch Wikipedia

  • Karl Strecker (Philologe) — Karl Strecker Karl Strecker (* 4. September 1861 in Fritzow, Pommern; † 15. November 1945 in Berlin) war ein deutscher Philologe. Leben An der Universität Göttingen gehörte er zu den Pionieren des Fachs „Lateinische Philologie des Mittelalters“.… …   Deutsch Wikipedia

  • Wilhelm Meyer (Philologe) — Wilhelm Meyer aus Speyer Wilhelm Meyer (* 1. April 1845 in Speyer; † 9. März 1917 in Göttingen), genannt „Meyer aus Speyer“, war ein deutscher klassischer Philologe, Mediävist und Bibliothekar. Er gehört zu den Begründern der mittellateinischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Trauben — Traube bezeichnet: einen Blütenstandstyp, siehe Traube umgangssprachlich die Rispe der Weinrebe, zur Frucht siehe Weinbeere eine illegale Abhöraktion des deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), siehe Lauschaffäre Traube eine sich um… …   Deutsch Wikipedia

  • Ulrich von Wilamowitz-Möllendorff — Wilamowitz Moellendorff (1902) Ulrich von Wilamowitz Moellendorff (* 22. Dezember 1848 auf Gut Markowitz, Kujawien, Provinz Posen; † 25. September 1931 in Berlin; vollständiger Name Enno [auch: Emmo] Friedrich Wichard Ulrich von Wilamowitz… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”