Luise Fleck

Luise Fleck

Luise Fleck, auch Luise Kolm-Fleck, geborene Luise Veltée (* 1. August 1873, Wien; † 15. März 1950, ebenda) war nach der Französin Alice Guy-Blaché die zweite Filmregisseurin der Welt. Mit ihrem ersten Mann Anton Kolm gründete sie 1910 die „Erste österreichische Kinofilms-Industrie“ – der späteren Wiener Kunstfilm-Industrie – mit, sowie 1919 die Vita-Film. Zwischen 1926 und 1933 lebte sie in Berlin, kehrte anschließend nach Wien zurück und emigrierte 1940 in letzter Sekunde nach Shanghai. Ihr Sohn war der Wiener Filmregisseur Walter Kolm-Veltée.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Luise Fleck wurde am 1. August 1873 als Tochter des Wiener Stadtpanoptikum-Gründers Louis Veltée und der aus Lyon stammenden Adeligen Nina Veltée geboren. Sie war Schwester von Claudius Veltée, der ebenfalls beim Film tätig war. Veltée arbeitete bereits in ihrer Kindheit im Betrieb ihres Vater an der Kasse mit.

Im Jänner 1910 gründet sie gemeinsam mit ihrem ersten Ehemann, Anton Kolm, sowie Jakob Fleck, die „Erste österreichische Kinofilms-Industrie“. Finanzielle Unterstützung unterhalten sie unter anderem von Luises Vater, Louis Veltée. Die ersten Produktionen der Gesellschaft sind kurze Dokumentationen aus Wien und anderen Teilen der österreichischen Monarchie, wo sie gegen die enorme französische Konkurrenz kämpfen müssen, die den österreichischen Markt vor dem Ersten Weltkrieg beherrschen.

Luise Kolm, wie sie damals noch hieß, war hauptverantwortlich dafür, dass sich das Studio als Produzent von sozialkritischen Dramen, in denen Klassenkonflikte und ideologische Fragen behandelt wurden, den Standardproduktionen anderer Produktionsfirmen der damaligen Zeit entgegensetzte. Der in ihrer Filmproduktionsfirma schauspielernde Eduard Sekler sagte einst in „Filmgeschichte(n) aus Österreich“ (Folge 2, ORF, 1970) „Luise Kolm ist ein geniales Allroundtalent zumal sich der Ehemann Kolm lediglich um die Finanzen kümmerte - sie machte alles, sie klebte Filme, machte die Schriften und half ihrem Bruder im Laboratorium. Ohne ihre Antriebsfunktion wäre der Fortbestand der Firma fraglich gewesen.“

1919 gründete sie mit Anton Kolm die „Vita Film“, die 5 Jahre später jedoch pleite ging.

Nach dem Tod Anton Kolms 1922 heiratete sie 1924 ihren langjährigen Co-Regisseur Jakob Fleck, und die beiden waren in den 1920er-Jahren als „Regieehepaar“ bekannt. Ab 1926 lebten sie in Deutschland und arbeiteten für Berliner Produktionsgesellschaften, u.a. für Liddy Hegewald und die Ufa. In diesem Zeitraum drehten sie 30 bis 40 Filme, teilweise produzierten sie neun Filme pro Jahr. Als Hitler 1933 die Macht ergriff, kehrte die Familie nach Wien zurück, da Jakob Fleck Jude war. In Wien und Prag produzierten sie für „Hegewald-Film“. Sohn Walter Kolm-Veltée, der bei Tobis-Film eine Tonmeisterausbildung absolvierte, führt pro forma Regie. Als 1938 die Nationalsozialisten auch in Österreich die Macht ergriffen, und das Österreichische Filmwesen binnen kürzester Zeit unter Kontrolle der Reichskulturkammer stand, gab es für das „Regieehepaar“ endgültig keine Arbeit mehr.

1940, nachdem Jacob Fleck aus dem KZ Dachau entlassen worden war, gingen die beiden ins Exil nach Shanghai. Der chinesische Regisseur Fei Mu drehte mit ihnen in Ko-Regie den Film „Söhne und Töchter der Welt“. Er ist die einzige Kollaboration zwischen chinesischen und ausländischen Filmkünstlern vor Gründung der Volksrepublik China und wurde am 4. Oktober 1941 im Jindu Theater von Shanghai uraufgeführt. 1947, im Jahr der Eröffnung von Österreichs erstem Nachkriegsstudio, der von August Diglas, Emmerich Hanus und Elfi von Dassanowsky gegründeten Belvedere-Film, kehrten die beiden nach Österreich zurück, um ihr Comeback zu planen, was jedoch nie gelang. Luise Kolm-Fleck starb in 1950, ihr Mann Jacob drei Jahre später.

Luises Sohn aus erster Ehe Walter Kolm-Veltée wurde später ebenfalls ein angesehener Regisseur, Produzent und Drehbuchautor. Er gründete 1952 Österreichs erste Filmakademie an der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Seine 1949 erschienene Beethoven-Verfilmung „Eroica“, mit Ewald Balser, Oskar Werner und Judith Holzmeister in den Hauptrollen, gilt als einer der erfolgreichsten österreichischen Filme aller Zeiten. Wie seine Eltern zuvor half auch Walter Kolm-Veltée mit bei der Entwicklung eines neuen Unterhaltungsmediums: dem Fernsehen.

Werk

1911 wurde ihr erstes Werk als Co-Regisseurin veröffentlicht: „Die Glückspuppe“. Noch im selben Jahr folgten weitere Dramen mit den Titeln „Der Dorftrottel“, „Tragödie eines Fabriksmädels“ und „Nur ein armer Knecht“. 1913 uraufgeführt wurden ihre Regie- und Produzentenwerke „Der Psychiater“ und „Das Proletarierherz“.

Während des Ersten Weltkriegs führte sie Regie in den pro-Habsburgischen Propaganda-Dramen „Mit Herz und Hand fürs Vaterland“ (1915) und „Mit Gott für Kaiser und Reich“ (1916). 1918 erschien „Der Doppelselbstmord“.

Die österreichische Literatur behandelte sie in den Filmen „Die Ahnfrau“ und „Lumpazivagabundus“, beide aus dem Jahr 1919. Von 1911 bis 1922, dem Jahr in dem ihr Mann Anton starb, war Luise Fleck Regisseurin oder Co-Regisseurin von über 45 Filmen.

Weitere Werke von ihr waren die Verfilmung von Arthur Schnitzlers Bürgerlichem TrauerspielLiebelei“ im Jahre 1927 und „Wenn die Soldaten...“ im Jahre 1931. „Der Pfarrer von Kirchfeld“ kam 1937 in die Kinos. Es war Luise und Jacob Flecks erste Tonfilmproduktion, basierend auf einem Drama von Ludwig Anzengruber aus 1870. Gedacht als anti-Nazi und pro-katholische „Österreich-Propaganda“ wurde der Film als solche nicht erkannt und von den Kritikern fehlinterpretiert und abgelehnt.

Insgesamt schrieb Luise Kolm zumindest 18 Drehbücher, führte 53 mal Regie und war Produzentin von 129 Filmen. Andere Angaben (z. B. in Markus Nepfs Diplomarbeit) gehen von weit höheren Zahlen aus.

Literatur

  • Nepf, Markus. Die Pionierarbeit von Anton Kolm, Louise Velteé/Kolm/Fleck und Jacob Fleck bis zu Beginn des 1. Weltkrieges. Diplomarbeit. Wien 1991, 200 S. (ÖFA Wien)
  • Teng; Guoqiang. Fluchtpunkt Shanghai. Luise und Jakob Fleck in China 1939-1946. In: Film-Exil SDK (4/1994)
  • Dassanowsky, Robert von. Female Visions: Four Female Austrian Film Pioneers. In: Modern Austrian Literature. Vol. 32, No. 1, 1999

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