Lungenseuche der Rinder

Lungenseuche der Rinder

Die Lungenseuche der Rinder (engl. Contagious bovine pleuropneumonia) ist eine hochansteckende bakterielle Infektionskrankheit bei Rindern. Sie wurde als einzige bakterielle Erkrankung von der OIE als besonders gefährlich (Tierseuche der ehemaligen Liste A) eingestuft. Die Lungenseuche wird durch Mycoplasma mycoides ssp. mycoides verursacht und äußert sich in einer schweren Lungen- und Brustfellentzündung (Pleuropneumonie). Die Erkrankung zählt zu den Mykoplasmosen und kommt heute vor allem in Afrika vor, in Europa ist sie anzeigepflichtig und darf nicht behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Erreger und Krankheitsentstehung

Der Erreger der Lungenseuche ist Mycoplasma mycoides ssp. mycoides, wobei lediglich der small colony type krankheitsauslösend ist. Der Erreger wurde erstmals 1898 von Edmond Nocard und Émile Roux entdeckt und ist das erste wissenschaftlich beschriebene Mykoplasma. Empfänglich sind vermutlich ausschließlich Rinder. Aus Schafen, Ziegen und Büffeln konnte der Erreger zwar isoliert werden, ruft dort aber vermutlich keine Erkrankung hervor. Diesen Paarhufern kommt unter Umständen aber eine Bedeutung bei der Verbreitung zu, weshalb sie tierseuchenrechtlich in die Vorsorgemaßnahmen einbezogen werden.

Die Infektion erfolgt vor allem aerogen, also durch Aufnahme kontamierten Staubs über die Atemwege.

Klinisches Bild

Die Inkubationszeit beträgt 5 bis 207 Tage, im Regelfall zwischen 20 und 40 Tagen. Empfänglich sind vor allem Tiere, die älter als 6 Monate sind. Die Lungenseuche kann sich akut (selten perakut) oder chronisch manifestieren. Sie äußert sich in Abgeschlagenheit, Fieber, Atemnot, Husten und Nasenausfluss. Bei chronischem Verlauf kann der Husten auch nur unter Belastung auftreten. Die perakute Form hat eine Mortalität von bis zu 70 %.

Kälber gelten als weitgehend resistent, hier manifestiert sich die Erkrankung vor allem durch Gelenkentzündungen, die als Komplikation mit einer Herzinnenhaut- oder Herzmuskelentzündung verbunden sein kann.

Bekämpfung

Die Behandlung ist in seuchenfreien Gebieten tierseuchenrechtlich verboten. Die Lungenseuche ist anzeigepflichtig und befallene Tiere werden getötet.

Die Bekämpfung erfolgt vor allem durch seuchenhygienische Maßnahmen und Überwachung des Tierverkehrs. In Endemiegebieten (Afrika) werden Lebendimpfstoffe eingesetzt.

Geschichte

Die Erkrankung ist in Europa seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Mit dem wachsenden Tierverkehr wurde sie im 19. Jahrhundert auch nach Amerika, Afrika und Australien eingeschleppt, von letzterem ausgehend auch nach Asien.

In den Industrieländern galt die Erkrankung bereits zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert als getilgt, im Ersten Weltkrieg flammte sie, von Osteuropa ausgehend, jedoch wieder auf. Der letzte Ausbruch in Deutschland wurde 1926 beobachtet.

Hauptverbreitungsgebiet ist heute Afrika. Trotz anfänglicher Sanierungserfolge in den 1960er-Jahren ist die Zahl der Ausbrüche durch die zahlreichen Bürgerkriege und die damit nachlassenden veterinärpolizeilichen Maßnahmen wieder im Ansteigen begriffen. Einzelausbrüche gab es bis in die jüngere Zeit auch in West- und Südwesteuropa.

Literatur

  • Rolle/Mayr (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre . Enke Verlag Stuttgart, 8. Aufl. 2007. ISBN 3-8304-1060-3
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