- Mannschaftsschach
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Mannschaftsschach bezeichnet die mannschaftlichen Wettkämpfe im Schach. Hierbei geht es im Gegensatz zu Mannschaftssportarten (zum Beispiel im Fußball) nicht um mannschaftlich geschlossene Leistungen, sondern um einzelne Spiele, die zusammengezogen das Mannschaftsergebnis liefern. Die Anzahl der Spieler je Mannschaft ist je nach Wettbewerb unterschiedlich geregelt. Für jede einzelne Partie gelten dieselben Regeln wie bei allen anderen Schachwettkämpfen.
Inhaltsverzeichnis
Anzahl der Spieler je Mannschaft
Bei Ligaspielen besteht in Deutschland eine Mannschaft aus acht Spielern, Frauen- und Jugend-Teams aus sechs. Abweichungen kommen dabei je nach Landesverband vor allem in der untersten Spielklasse vor. In der Schweiz werden Mannschaftsmeisterschaften mit Teams aus acht Spielern ausgetragen, während man in Österreich mit sechs Mitgliedern je Mannschaft spielt. Bei Pokalwettkämpfen sind die Mannschaften kleiner. In Deutschland bestehen sie nur aus vier Spielern.
International kommen bei den Schacholympiaden, den Mannschaftsweltmeisterschaften und den Europa-Mannschaftsmeisterschaften vier Spieler je Team im Wettkampf zum Einsatz. Seit der Schacholympiade 2008 in Dresden gilt dies auch für die Frauen-Teams, die bis dahin üblicherweise als Dreierteam antraten. Im Europapokal-Wettbewerb der Vereine wird bei den Männern mit sechs Spielern pro Mannschaft gespielt, bei den Frauen mit vier.
Die Mannschaftsmeldung
Vor Wettkampfbeginn ist vom Leiter jeder teilnehmenden Schachmannschaft eine Aufstellung zu melden, nach der der Spielereinsatz erfolgt. Der stärkste Spieler wird in der Regel am ersten Brett aufgestellt, schwächere Spieler an den hinteren Brettern. Dadurch treffen meist die stärksten Spieler der jeweiligen Mannschaften aufeinander.
Die Mannschaftsaufstellung ist innerhalb eines Wettkampfes nicht änderbar und für die Aufstellung zu den Spielen verbindlich. In Deutschland gibt es je nach Landesverband und Spielklasse zum Teil unterschiedliche Regelungen, was die strikte Einhaltung der Ranglistenabfolge anbelangt. In manchen Verbänden gibt es eine fixe Brettfolge nach Rangliste, in anderen dürfen Spieler um Ranglistenplätze nach oben oder unten tauschen.
Bei Verstößen gegen die Aufstellungsregeln werden betreffende Bretter als kampflos verloren gewertet, die gegnerische Mannschaft erhält also einen Brettpunkt.
Der Mannschaftskampf
Der Heimspieler am ersten Brett hat grundsätzlich die schwarzen Figuren, am zweiten Brett sind die Farben umgekehrt. Ab dem dritten Brett hängt die Farbverteilung von den jeweiligen Regeln ab. Normalerweise hat eine Mannschaft die Farben immer abwechselnd. Bei Wettkämpfen mit vier Brettern hat ein Team üblicherweise an den Brettern 2&3 dieselbe, und an 1&4 die andere Farbe.
Wenn ein Spieler einer Mannschaft gegen seinen Kontrahenten gewinnt, erhält sein Team einen Brettpunkt. Tritt eine Mannschaft mit zu wenigen Spielern an, muss sie eines ihrer Bretter frei lassen und der Gegner bekommt einen kampflosen Brettpunkt. Die Ergebnisse der Spiele werden meist direkt nach der Entscheidung in vorgefertigte Formulare eingetragen. Hat der Heimspieler sein Spiel gewonnen, steht unabhängig von der Farbe der Figuren „1:0“ im Ergebnis. Bei einem Remis wird „½:½“ notiert, bei einem Sieg des Gastspielers „0:1“.
Nichtantreten einzelner Spieler
Hat eine der Mannschaften ein Brett frei gelassen, so wird dies als kampflose Niederlage gewertet. In Einzelfällen, wenn beide Mannschaften dasselbe Brett freilassen, wird dies als Niederlage für beide Spieler gewertet, und keine der Mannschaften erhält einen Brettpunkt.
Im deutschen Mannschaftsschach wird ein nichtantretender Spieler mit einem „–“ gekennzeichnet, der Gegner erhält ein „+“. (Notation: „+:–“ bzw. „–:+“ oder „–:–“ bei beidseitigem Nichtantreten). In Österreich wird ein Nichtantritt als Kontumaz bezeichnet und dementsprechend ein „K“ an das Ergebnis beider Spieler angefügt, etwa „1K:0K“. In der Schweiz spricht man in diesem Fall von einem Forfait oder einer forfait verlorenen Partie (notiert etwa als: „1:0ff“).
Wertung des Wettkampfes
Sind alle Spiele beendet, werden die Brettpunkte addiert und eingetragen (Zum Beispiel 3½-4½ bedeutet einen knappen Auswärtssieg). Die Mannschaft, die nach dem Ende aller Spiele die meisten Brettpunkte erhalten hat, gewinnt den Wettkampf und erhält zwei Mannschaftspunkte. Geht ein Spiel unentschieden aus, erhalten beide Mannschaften je einen halben Brettpunkt. Wenn der Wettkampf ohne Sieger endet, bekommen beide Teams jeweils einen Mannschaftspunkt. In manchen Ligen (zeitweilig im gesamten Deutschen Schachbund) ist für das Erreichen eines Mannschaftssieges erforderlich, mehr als die Hälfte der erreichbaren Punkte zu erringen. Wenn also beide Mannschaften das gleiche Brett freilassen (siehe oben) und dadurch ein 3½-3½ zustande kommt, wird dies für beide Mannschaften als Niederlage gewertet. Ein 4-3 entsprechend für eine Mannschaft als unentschieden, für die andere als Niederlage.
Muss trotz unentschiedenem Ausgang ein Sieger ermittelt werden (z. B. im Pokal mit k.o.-System), so kommt die Berliner Wertung zum Einsatz. Dabei werden Siege an den vorderen Brettern höher gewichtet, als solche an den hinteren Brettern.
Eine viel diskutierte (und in einigen Klassen auch angewandte) Alternative besteht darin, dass die Remispartien nicht in die Wertung eingehen. Gewinnt z.B. Mannschaft A drei Partien und Mannschaft B eine Partie, so kommt nach herkömmlicher Wertung (bei 8 Brettern) ein 5:3 zustande. Bei Gewinnpunktwertung wäre ein 3:1 zu notieren. Dies hat vor allem zwei Vorteile:
- Das Ergebnis ist z.B. in der Presse leichter darstellbar
- Aus dem Ergebnis ist sofort ersichtlich, wie viele Partien gewonnen, verloren oder remis gespielt wurden.
Allerdings hat die Wertung auch Nachteile und konnte sich daher nicht allgemein durchsetzen:
- Aus dem Ergebnis geht nicht hervor, an wie vielen Brettern der Wettkampf ausgetragen wurde.
- Partien, die beide Spieler kampflos verlieren (siehe oben), werden bei der Gewinnpunktwertung genauso gewertet wie Remispartien.
Teamtaktik während eines Wettkampfes
Die Mannschaftskämpfe beeinflussen laufende Spiele oft erheblich in ihrem Ausgang, da nicht nur das Ergebnis des eigenen Spiels für einen Wettkämpfer gilt, sondern das Gesamtergebnis der Mannschaft. Führt die eigene Mannschaft deutlich, bieten Spieler selbst in vorteilhaften Positionen häufig Remis an, um durch eventuelle Fehler den Mannschaftssieg nicht zu gefährden. In Einzelwettkämpfen wird oft wesentlich länger gespielt, um Stellungsvorteile auszunutzen.
Die Spieler einer Mannschaft dürfen sich untereinander nicht beraten. Bei einem Remisangebot ist allein der Mannschaftsleiter berechtigt, den Spielern seiner Mannschaft die Annahme oder Ablehnung anzuraten.
Bedenkzeit
Je höher die Spielklasse, in der eine Mannschaft spielt, desto höher sind die Anforderungen an die Spieler und umso mehr Bedenkzeit haben diese zur Verfügung. In der Kreisklasse stehen Spielern meist 90 Minuten Zeit zur Verfügung. Wenn in dieser Zeit 36 Züge gemacht wurden, wird die Uhr bei Blättchenfall 30 Minuten zurück gestellt. In höheren Klassen erhöht sich die Grundbedenkzeit und die Zeitzugabe erheblich, in der Bundesliga standen bis zur Saison 2008/09 zwei Stunden Zeit pro Spieler zur Verfügung, nach 40 Zügen bekam jeder nochmals eine Stunde Bedenkzeit hinzu.
Durch die Verwendung elektronischer Schachuhren ist auch die Zeitgutschrift pro Zug möglich. In der Bundesliga wird seit der Saison 2009/10 mit einer Bedenkzeit von 100 Minuten für die ersten 40 Züge, 50 Minuten für die nächsten 20 Züge und 15 Minuten für den Rest der Partie gespielt. Ab dem ersten Zug erhält jeder Spieler eine Zeitgutschrift von 30 Sekunden pro Zug bis zum Ende der Partie. Ein ähnliches System soll nach und nach auch in niedrigeren Ligen eingeführt werden.
Gesamtwertung in Schachligen
In Deutschland ist es generell üblich, dass die Rangfolge innerhalb einer Liga nach den erspielten Mannschaftspunkten bestimmt wird. Bei Punktgleichheit werden als Feinwertung die Brettpunkte verwendet. Aber auch die umgekehrte Wichtung (Brettpunkte vor Mannschaftspunkte) ist möglich und wird angewendet (z.B. in der früheren DDR und bei Schacholympiaden bis 2006).
Bedeutende Mannschaftsschachwettkämpfe
In Deutschland existiert als höchste Spielklasse die seit 1980 aus 16 Mannschaften bestehende Schachbundesliga. Durch die Unterstützung finanzkräftiger Sponsoren und Mäzene waren und sind die Mannschaften vieler Bundesligavereine mit zahlreichen internationalen Spitzenspielern bestückt. Die Bundesliga wird deshalb oft als stärkste Schachliga der Welt bezeichnet, ein Anspruch der aber auch häufig für die französische und die russische 1. Liga erhoben wird. Eine Besonderheit des Schachsports besteht darin, dass ein Spieler während einer Saison für Vereine verschiedener Länder antreten kann. Dies führt aber auch immer wieder zu Konflikten, wenn es zu Terminüberschneidungen der verschiedenen nationalen Ligen kommt und deshalb Spieler nicht von ihren Vereinen eingesetzt werden können.
International ist die bereits seit 1927 alle zwei Jahre ausgetragene Schacholympiade der bedeutendste Wettbewerb für Nationalmannschaften. Daran änderte auch die 1985 erfolgte Einführung einer Mannschaftsweltmeisterschaft nichts, die im Vier-Jahres-Rhythmus durchgeführt wird. Dies dürfte nicht nur in der längeren Tradition der Schacholympiaden begründet sein, sondern auch in der bei Olympiaden nicht begrenzten Anzahl der teilnehmenden Länder. Mannschaftsweltmeisterschaften werden dagegen mit nur zehn Teams durchgeführt.
Große Beachtung erregten die in den Jahren 1970 und 1984 an jeweils zehn Brettern ausgetragenen Wettkämpfe UdSSR gegen den Rest der Welt, die beide knapp von der Mannschaft der UdSSR gewonnen wurden.
Als größtes Mannschaftsturnier der Welt gilt der jährlich in Hamburg ausgetragene Wettkampf Rechtes gegen Linkes Alsterufer, bei dem jeweils Achter-Teams von Schulen beider Alsterufer gegeneinander antreten. Dabei wurde im Jahr 1988 mit 3616 Schülern ein Teilnehmerrekord erzielt.
Quellen
- www.schachbundesliga.de
- www.schachbund.de
- www.olimpbase.org Online-Enzyklopädie zum Mannschaftsschach (englisch)
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