Margaret Mackworth

Margaret Mackworth
Lady Margaret Mackworth, um 1915

Lady Margaret Mackworth, 2nd Viscountess Rhondda, geborene Margaret Haig Thomas (* 12. Juni 1883 in Newport; † 20. Juli 1958 in London, England) war eine walisische Adelige, Autorin und aktive Frauenrechtlerin.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Familie

Lady Mackworth war das einzige Kind des walisischen Politikers und Bergwerkeigentümers David Alfred Thomas (1856–1918) und dessen Frau Sybil Margaret Haig (1857–1941). Margaret genoss eine umfangreiche Bildung, sie besuchte die Notting Hill High School, die St. Leonards School in St Andrews und das Somerville College in Oxford. Außerdem sprach sie fließend Deutsch und Französisch. Zeit ihres Lebens fühlte sich Margaret ihrem Vater am nächsten.

1908 heiratete Margaret Thomas den zwölf Jahre älteren Humphrey Mackworth, Erbe einer Baronswürde und wie sie aus gutem Haus. Die Ehepartner waren charakterlich sehr verschieden und einander nie besonders nah, was die Beziehung schwierig machte. Sie führten keine besonders herzliche Ehe. Schon nach kurzer Zeit war Margaret vom geordneten und behüteten Leben als Ehefrau gelangweilt, sie fühlte sich gefangen und unausgefüllt.

Teil der Frauenbewegung

Sie hatte außerdem schon seit Jahren einen Hang zum Feminismus entwickelt, da sie die gesellschaftlichen Schranken, die Frauen in jener Zeit umgaben, unfair und veraltet fand. Sie wollte sich aktiv für die Rechte der Frau einsetzen. Nur vier Monate nach ihrer Hochzeit trat sie Emmeline Pankhursts Women's Social and Political Union (WSPU) bei und gründete eine örtliche Stelle dieser Organisation in ihrer Heimatstadt Newport. Sie lud Emmeline Pankhurst ein, das erste Treffen auf dem Anwesen der Mackworths mit einer Rede zu eröffnen. Da sie verhindert war, schickte sie ihre Tochter Sylvia, der Humphrey Mackworth allerdings den Zutritt zum Haus verweigerte. Er hatte für die feministischen Ambitionen seiner Frau kein Verständnis und unterstützte sie in keiner Weise.

Nachdem Margaret den Suffragetten beigetreten war, bildete sie sich auf dem Gebiet des Feminismus weiter und las alle Schriften, die sie zu diesem Thema ausfindig machen konnte. Die meisten ihrer Quellen waren einfache Zeitungsartikel oder schlechtgemachte Pamphlete, da es zu Beginn des 20. Jahrhunderts kaum Bücher über Frauenrechte existierten. Das Gesamte Material, das ihr zur Verfügung stand, stammte aus der Cavendish-Bentick Bibliothek in London (heute Women’s Library), gegründet von Ruth Cavendish-Bentick, einer Dame der hohen Gesellschaft und ebenso wie Margaret Mitglied der WSPU.

Obwohl Margaret von den militanten Aktionen der Suffregattenbewegung eher abgeschreckt war und nichts damit zu tun haben wollte, kam sie früher oder später doch damit in Berührung. Als sie einen Briefkasten mit einer chemischen Bombe in die Luft jagte, wurde sie verhaftet und ins Gefängnis geworfen. Sie verbot ihrem Ehemann, die Kaution zu stellen und ging stattdessen in Hungerstreik. Nach fünf Tagen gab die Gefängnisleitung nach, da man sich Sorgen um die Gesundheit der prominenten Dame machte und Margaret wurde entlassen. Sie nahm fortan Abstand von derartigen Maßnahmen und setzte sich stattdessen vermehrt für das Wahlrecht der Frauen ein. Als am 8. März 1914 Humphreys Vater starb, erbte er dessen Titel und Vermögen und das Ehepaar wurde zu Sir und Lady Mackworth.

Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges beschloss die Leitung der WSPU, ihre militanten Kampagnen in den Hintergrund zu stellen und die Kriegsanstrengungen des Vereinigten Königreiches zu unterstützen.

Auf der Lusitania

Im April 1915 begleitete Margaret ihren Vater auf einer Geschäftsreise in die USA. D. A. Thomas sollte im Auftrag des britischen Premierministers David Lloyd George die Munitionsversorgung der britischen Truppen garantieren und eine entsprechende Vereinbarung mit der US-Regierung arrangieren. Am 1. Mai gingen Vater und Tochter in New York City an Bord des Luxusliners Lusitania, um ins Vereinigte Königreich zurückzukehren.

Am 7. Mai wurde die Lusitania vor der irischen Küste von einem deutschen U-Boot ohne Vorwarnung torpediert und versenkt. Margaret und ihr Vater befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion vor dem Fahrstuhl auf dem D-Deck, verloren sich im Chaos an Bord aber schnell aus den Augen. An Deck traf Margaret auf zwei ihrer Tischnachbarn, Dr. Howard Fisher und dessen Schwägerin Dorothy Conner. Die panischen Menschenmassen vor Augen drehte sich Margaret zu Miss Conner und sagte: „Ich dachte immer, ein Schiffsuntergang sei eine sehr gut durchorganisierte Angelegenheit.“ Miss Conner antwortete: „Das habe ich auch gedacht, aber ich habe in den letzten fünf Minuten verdammt viel dazu gelernt.“ Ihre Begleiter sahen keine andere Möglichkeit, als vom Bootsdeck zu springen, was Lady Mackworth zutiefst entsetzte – sie litt an Höhenangst und konnte nicht schwimmen. Im Wasser verhedderte sie sich in Seilen, konnte sich aber befreien und an Wrackteilen festhalten. Geschockt und unterkühlt verlor sie schließlich das Bewusstsein. Der kleine Dampfer Bluebell fand sie Stunden später immer noch bewusstlos in einem Korbstuhl sitzend. Da man sie für tot hielt, legten die Rettungskräfte sie an Deck auf einen Leichenstapel, wo sie einige Zeit später erwachte. Die Bluebell erreichte Queenstown um 23 Uhr, fast neun Stunden nach dem Untergang des Schiffes.

Sowohl Lady Mackworth als auch ihr Vater überlebten die Katastrophe, bei der 1198 Menschen starben, doch das Erlebnis hinterließ körperlich wie seelisch seine Spuren. Sie war der festen Überzeugung, nur überlebt zu haben, weil sich der Zweck ihres Daseins noch nicht erfüllt hatte.

Politische Bemühungen

1916 wurde Margarets Vater der Titel Viscount Rhondda verliehen, ein Jahr später ernannte man ihn zum neuen Minister für Ernährungsfragen. Margaret selbst bekam trotz ihrer Aktivitäten bei der WSPU ebenfalls einen Posten in der Regierung und wurde zur Abteilungsleiterin des Women’s Department im Ministry of National Service. 1918 sorgte ihr Bericht über die Women’s Royal Airforce für die Entlassung von deren Kommandantin, Violet Douglas Pennant, die von Helen Gwynne Vaughan ersetzt wurde.

House of Lords

1918 führte das Vereinigte Königreich das Wahlrecht für alle Frauen über 30 ein. Im selben Jahr wurde D. A. Thomas zum Viscount Rhondda erhoben, starb aber weniger als einen Monat danach. Die Würde des Adelstitels ging auf Margaret über, die danach versuchte, wie ihr Vater in das Oberhaus gewählt zu werden. Sie berief sich auf den Sex Disqualification (Removal) Act von 1919, der aussagte, „eine Person kann nicht aufgrund ihres Geschlecht oder Familienstandes von der Ausübung eines öffentlichen Amtes ausgeschlossen werden.“ Das Komitee, das ihre Petition erhielt, stimmte mit ihr überein und gab bekannt, dass die Viscountess Rhondda von Geburt wegen das Recht hat, im Oberhaus zu sitzen. Dies löste bei vielen Mitgliedern des House of Lords wie dem Lordkanzler Frederick Earl of Birkenhead Bestürzung aus. George Bernard Shaw, einem großen Bewunderer von Lady Mackworth, zufolge, sahen die Lords sie als aufgrund ihres politischen Hintergrundes als unzumutbar und „schrecklich“ an. Sie stellten ein Ultimatum: „Wenn Lady Rhondda hier rein kommt, gehen wir!“ Lord Birkenhead stellte schnell ein neues Komitee zusammen, das Lady Mackworths Petition vollkommen anders bewertete und ihren Anspruch für nichtig erklärte. Damit war die Sache für sie erledigt.

Lady Mackworth bestand weiterhin darauf, dass die Rechte der Frauen gesetzlich angepasst werden und bemühte sich um eine Aufhebung der Altersbegrenzung beim Wahlrecht für Frauen. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.

Während es politisch für Margaret Mackworth bergab ging, sah es auch privat nicht viel besser aus. Die Ehe mit Sir Humphrey war nach wie vor kompliziert, das Paar hatte es während all der Jahre nicht geschafft, sich kennenzulernen und zu verstehen. Ihre Ansichten waren zu verschieden, auf der einen Seite der erzkonservative Humphrey, auf der anderen die liberale, fortschrittliche Margaret. 1922 ließ sich das Paar scheiden.

Autorin und Herausgeberin

1920 gründete sie das Magazin Time and Tide, das die politische Linke und vor allen Dingen Frauen unterstützte und von Helen Archdale herausgegeben wurde. Es kam international gut an und wurde nach und nach mit Beiträgen von Nancy Astor, George Orwell, George Bernard Shaw, Emmeline Pankhurst, Virginia Woolf, D. H. Lawrence und anderen bereichert. 1926 übernahm Margaret selbst die Herausgabe der Zeitschrift, die sich im Lauf ihrer Entwicklung immer weiter nach rechts bewegte und stark antikommunistische Züge annahm. Auch die sonst so viel diskutierten Frauenangelegenheiten verloren ihren Vorrang. 1933 veröffentlichte Lady Mackworth ihre Biographie, „This Was My World“ (Das war meine Welt), die tiefe Einblicke in ihre Persönlichkeit und ihre Sichtweise des Lebens gewährte.

Frauen im Oberhaus

In den 1940er Jahren bekam die Diskussion um die Aufnahme von Frauen in das Oberhaus neuen Schwung. Lady Mackworth und andere initiierten eine Petition, die den Verantwortlichen zeigen sollte, wie viel öffentliche Unterstützung sie bekamen. Es wurden über 50.000 Unterschriften gesammelt, sogar die Direktoren der Universitäten von Oxford und Cambridge beteiligten sich. 1949 gaben die Lords nach und signalisierten ihre Zustimmung, die Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee verweigerte aber die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes. In den 50er Jahren konnte eine Reform nicht mehr aufgehalten werden. Lord Home stellte einen Gesetzesentwurf vor, der es Frauen ermöglichte, in das Oberhaus berufen zu werden. Dem Entwurf wurde entsprochen und 1958 wurden vier Frauen in das Oberhaus gewählt: Baroness Ravensdale, Baroness Swanborough, Baroness Elliot und Baroness Wootton. Für Lady Mackworth war es zu spät, sie starb 1958 im Alter von 75 Jahren in London. Da sie keine Kinder hatte, erlosch ihr Titel.

Während ihrer letzten Lebensjahre hatte ihr Magazin an ihren finanziellen Ressourcen gezehrt und sie hatte vergeblich nach neuen Geldgebern gesucht. Nach ihrem Tod konnte die Veröffentlichung von Time and Tide noch von Freunden und vermögenden Lesern aufrechterhalten werden, 1977 wurde der Druck schließlich eingestellt. Bis heute wird Lady Mackworth in England als eine Vorreiterin der Frauenbewegung betrachtet, die den Frauen den Weg in das Oberhaus ebnete.


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