- David Lloyd George
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David Lloyd George, 1. Earl Lloyd-George of Dwyfor OM (* 17. Januar 1863 in Manchester; † 26. März 1945 in Llanystumdwy, Caernarfonshire) war ein britischer Politiker. Er wurde während des Ersten Weltkrieges zum Premierminister gewählt und war der letzte Liberale, der dieses Amt innehatte.
Inhaltsverzeichnis
Kindheit und Jugend
David Lloyd George wurde als David George geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters, eines Volksschuldirektors, wuchs der Sohn bei seinem Onkel, dem Bruder mütterlicherseits, Richard Lloyd, auf. Aus Verehrung für seinen Onkel, der es ihm später auch ermöglichte, Rechtswissenschaften zu studieren, fügte der junge David George seinem Namen das Wort Lloyd bei. Sein Leben lang blieb es umstritten, ob dieses ein Vor- oder Nachname sei. Bis ins Jahr 1917 wurde Lloyd in britischen Enzyklopädien als Vorname geführt, seither als Nachname.
Politischer Aufstieg
1890 wurde Lloyd George im walisischen Wahlkreis Caernarfon für die Liberalen ins britische Unterhaus gewählt, dem er bis zu seinem Tod 1945 angehörte. Er gehörte dem linksliberalen Flügel seiner Partei an und war Mitglied im renommierten Reform Club. Früh erweckte der junge Abgeordnete mit feurigen, bisweilen aggressiven Reden Aufmerksamkeit. Zunächst setzte er sich für mehr Selbstbestimmung für Wales und – damals seinem Selbstverständnis nach ein Pazifist – gegen den Burenkrieg ein. Im Jahr 1905 trat Lloyd George als Handelsminister in das liberale Kabinett von Henry Campbell-Bannerman ein. Als dieser 1908 starb, wurde Herbert Henry Asquith neuer Premier, und Lloyd George übernahm Asquiths Amt als Schatzkanzler (Finanzminister), das er bis 1915 innehatte. Während dieser Zeit war er auch in den Marconi-Skandal verwickelt.
In dieser Funktion setzte er sich für grundlegende Sozialreformen, etwa für eine allgemeine Britische Rentenversicherung ein, sowie für die Autonomie Irlands. Zur Finanzierung seines ambitionierten Sozialprogramms führte er 1909 die erste progressive Einkommensbesteuerung in Großbritannien ein und erhöhte die Erbschaftssteuer deutlich. Dies führte zu heftigem Widerstand im Oberhaus, der 1911 mit dem Parliament Act gebrochen wurde, der die Macht des Oberhauses auf Dauer einschränkte.
Lloyd George als Premier
Krieg und Frieden
Lloyd Georges pazifistische Einstellung änderte sich 1911 vor dem Hintergrund der zweiten Marokkokrise. In seiner berühmten Mansion-House-Rede ließ er erstmals seine Bereitschaft durchblicken, den Krieg im Sinne einer ultima ratio als Mittel der Politik zu akzeptieren. Obwohl er in der Julikrise 1914 zu jenen Mitgliedern der britischen Regierung gehörte, die eine Verwicklung Großbritanniens in den europäischen Krieg zu verhindern suchten, erklärte er sich nach der britischen Kriegserklärung an Deutschland am 4. August 1914 als einziger Angehöriger des als „radikalpazifistisch“ bezeichneten Flügels des Kabinetts bereit, in der Regierung zu verbleiben. In deren Auftrag gründete er das War Propaganda Bureau. 1915 wurde er Munitions- und 1916 Kriegsminister.
Anfang Dezember 1916 zwang er Asquith durch Rücktrittsdrohungen, sein Amt als Premier aufzugeben. Lloyd George trat selbst an die Spitze der Regierung, um unter Einschluss der Konservativen eine breite Koalitionsregierung zu bilden. Die Anhänger Asquiths gingen in die Opposition, so dass die Liberale Partei gespalten wurde. In den Folgejahren erlangte er eine fast diktatorische Stellung im Kabinett und verfolgte eine Kriegspolitik, die auf eine vollständige Niederlage des Deutschen Reichs abzielte. Lloyd George wurde zur treibenden Kraft der wirtschaftlichen Kriegsführung Großbritanniens. Dem von ihm entwickelten Wirtschaftssystem und seinen Zugeständnissen an die Arbeiterschaft war zu verdanken, dass Großbritannien wirtschaftlich nicht zusammenbrach.
Lloyd George war innerhalb der britischen Politik von Kriegsbeginn an ein sogenannter Eastener gewesen, der die Entscheidung nicht an der stärksten Stelle der Mittelmächte, an der Westfront suchte, sondern vorerst die Verbündeten Deutschlands ausschalten wollte. In der für die Entente militärisch kritischen Situation des Jahres 1917 versuchte er nun, statt der Methode des bringing Germany down by the process of knocking the props under her, Deutschland durch einen Sonderfrieden mit Österreich-Ungarn zu schwächen.[1]
Am 20. März 1917 bezeichnete Lloyd George die Beseitigung der reaktionären Militärregierungen und die Etablierung von populären Regierungen, als Basis des internationalen Friedens, als die wahren Kriegsziele Großbritanniens. Am 4. August desselben Jahres nahm das National War Aims Committee, mit Lloyd George und Asquith als Präsidenten, eine rege Propagandatätigkeit in diesem Sinne auf.[2]
Auf der Friedenskonferenz von Versailles vertrat er eine mittlere Position zwischen seinen Verbündeten, dem US-Präsidenten Woodrow Wilson und dem französischen Ministerpräsidenten Georges Clemenceau. Er trat für eine politische Bestrafung Deutschlands ein, dem er die Hauptschuld am Kriegsausbruch anlastete, wollte das Reich aber, anders als Clemenceau, nicht territorial zerstückeln und auf Dauer wirtschaftlich schädigen. Dass es im südlichen und östlichen Grenzgebiet Ostpreußens und in Oberschlesien Volksabstimmungen über den Verbleib im Deutschen Reich gab, ging vor allem auf Lloyd Georges Initiative zurück.
Lloyd George scheiterte aber letztlich mit seiner Forderung: The new map of Europe must be so drawn as to leave no cause for disputation which would eventually drag Europe into a new war.[3]
1919 und 1920 gelang es Lloyd George, drohende Arbeiteraufstände durch Verhandlungen zu verhindern. Außenpolitisch blieb er nach Kriegsende weitgehend erfolglos. Seine Bemühungen um die Bildung eines großgriechischen Reiches zu Ungunsten der Türkei scheiterten.
Irische Frage
Das drängendste innenpolitische Problem dieser Zeit war die Lösung der Irlandfrage. Als walisischer Nationalist – er ist bis heute der einzige Waliser, der je das Amt des britischen Premierministers bekleidete – hatte er Verständnis für den Wunsch einer Mehrheit der Iren nach mehr Selbständigkeit. Mit der Schaffung des Irischen Freistaats im Jahr 1921, also mit der Gewährung der vollen Autonomie für den überwiegend katholischen Süden der Insel, stieß Lloyd George jedoch auf entschiedenen Widerstand seines konservativen Koalitionspartners. Dies, Differenzen über die Wirtschaftspolitik und der Misserfolg seiner Politik im Nahen Osten, wo er in Syrien die arabischen Nationalisten gegen die Franzosen unterstützte, führten 1922 zum Sturz Lloyd Georges im Gefolge der Chanakkrise und zur Bildung einer konservativen Regierung. Aufgrund ihrer Spaltung verloren die Liberalen damals so sehr an Gewicht in der britischen Politik, dass sie bis heute nie mehr einen Premierminister stellten.
Späte Jahre
Lloyd George blieb Mitglied des Unterhauses. In den Folgejahren kam er immer wieder als Kandidat für Ministerämter ins Gespräch, übte aber nie wieder eine offizielle Funktion in der Exekutive aus. In den 1930er-Jahren gehörte er zu den Vertretern der Appeasement-Politik und versuchte im Auftrag der britischen Regierung zwischen England und Hitler-Deutschland zu vermitteln. So traf Lloyd George im September 1936 Adolf Hitler im Berghof in Berchtesgaden, um von Hitler über dessen außenpolitische Pläne Auskunft zu erhalten. Hitler überreichte Lloyd George ein signiertes Portrait und drücke seine Freude darüber aus "den Mann getroffen zu haben, der den Krieg gewonnen hatte". Lloyd George war von dieser Geste bewegt und antwortete, dass er sehr geehrt sei, solch ein Geschenk aus den Händen des "greatest living German".[4] zu erhalten. Nach seiner Rückkehr nach England schrieb er am 17. September einen Artikel für den Daily Express, in dem er Hitler in den höchsten Tönen lobte und vermerkte: "The Germans have definitely made up their minds never to quarrel with us again".[5]
1938 erhielt Lloyd George nach eigener Aussage ein Angebot der im Spanischen Bürgerkrieg mit der Militärpartei um General Franco in Bedrängnis geratenen republikanisch-spanischen Regierung sich ihr als Versorgungsminister anzuschließen, das er schließlich aber ausgeschlagen habe.[6] 1940 tat er sich in der sogenannten „Norwegendebatte“, die zum Sturz der Regierung Chamberlain und der Bildung der Kriegsregierung Churchill führte, letztmalig als Redner im Unterhaus hervor. Zeitweilig hatte er neben Churchill selbst sowie Anthony Eden und Lord Halifax als möglicher Nachfolger Chamberlains gegolten. Churchill versuchte ihn auch in sein neues Kabinett zu integrieren, scheiterte jedoch mit diesem Anliegen.
1945 wurde Lloyd George auf Vorschlag von Churchill, der seinem greisen Freund die Strapazen eines aufgrund des zu dieser Zeit absehbar werdenden Kriegsendes fällig werdenden anstrengenden Unterhauswahlkampfes ersparen wollte, als Earl Lloyd-George of Dwyfor in den erblichen Adelsstand erhoben. Lloyd George erhielt einen Sitz im House of Lords. Wenige Monate später verstarb er.
Weblinks
Commons: David Lloyd George, 1st Earl Lloyd-George of Dwyfor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über David Lloyd George im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tabellarischer Lebenslauf von David Lloyd George im LeMO (DHM und HdG)
- Eintrag in der Classic Encyclopedia (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ David French: Allies, Rivals and Enemies: British Strategy and War Aims during the First World War. In: John Turner (Hrsg.): Britain and the First World War. London 1988, ISBN 0-04-445108-3, S. 22-35, hier: S. 33.
- ↑ V.H. Rothwell: British War Aims and Peace Diplomacy 1914–1918. Oxford 1971, S. 71 und 145. Insgesamt zu dieser Thematik siehe: Hubert Gebele: Großbritannien und der Große Krieg. Die Auseinandersetzung über Kriegs- und Friedensziele vom Kriegsausbruch 1914 bis zu den Friedenschlüssen von 1919/1920. Roderer, Regensburg 2009, ISBN 978-3-89783-671-6.
- ↑ Harold I. Nelson: Land and Power. British and Allied Policy on Germany’s Frontiers 1916–19, London 1963, S. 303.
- ↑ Jones, Thomas. Lloyd George 1951. short and well-regarded online edition, p. 247.
- ↑ Jones, p. 248.
- ↑ C. P. Snow: Lloyd George. In: Variety of Men. Penguin Books, Harmondsworth 1967, S. 92-110.
Vorgänger Amt Nachfolger Herbert Henry Asquith Britische Premierminister
1916–1922Andrew Bonar Law Titel neu geschaffen Earl Lloyd-George of Dwyfor
1945Richard Lloyd George Walpole | Wilmington | Pelham | Newcastle | Devonshire | Newcastle | Bute | Grenville | Rockingham | Pitt | Grafton | North | Rockingham | Shelburne | Portland | Pitt der Jüngere | Addington | Pitt der Jüngere | Grenville | Portland | Perceval | Liverpool | Canning | Goderich | Wellington | Grey | Melbourne | Wellington | Peel | Melbourne | Peel | Russell | Derby | Aberdeen | Palmerston | Derby | Palmerston | Russell | Derby | Disraeli | Gladstone | Beaconsfield | Gladstone | Salisbury | Gladstone | Salisbury | Gladstone | Rosebery | Salisbury | Balfour | Campbell-Bannerman | Asquith | Lloyd George | Bonar Law | Baldwin | MacDonald | Baldwin | MacDonald | Baldwin | Chamberlain | Churchill | Attlee | Churchill | Eden | Macmillan | Douglas-Home | Wilson | Heath | Wilson | Callaghan | Thatcher | Major | Blair | Brown | Cameron
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