- Marx Augustin
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Marx Augustin oder Der liebe Augustin (eigentlich Markus Augustin; * 1643 in Wien; † 11. März 1685 ebenda) war ein Bänkelsänger, Sackpfeifer und Stegreifdichter und ist durch die Ballade auf ihn (siehe unten) sprichwörtlich geworden.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Zum Leben Augustins ist wenig gesichert. Augustin soll sehr beliebt gewesen sein, weil er mit seinen zotigen Liedern vor allem während der Pest in Wien im Jahr 1679 die Bevölkerung der Stadt aufheiterte, weshalb er im Volksmund nur als „Lieber Augustin“ bekannt war.
Augustin soll als Sohn eines heruntergekommenen Wirts aufgewachsen sein und war demnach schon früh darauf angewiesen, mit seinem Dudelsack von einer Spelunke zur nächsten zu ziehen, wobei nur wenig von dem verdienten Geld die jeweilige Kneipe verlassen haben soll - der Überlieferung nach soll er auch ein „tüchtiger Trinker“ gewesen sein.
Der Legende nach war der 36-jährige Augustin 1679 während der Pestepidemie wieder einmal stockbesoffen und schlief irgendwo in der Gosse seinen Rausch aus. Siech-Knechte, die damals die Opfer der Epidemie einsammeln mussten, fanden ihn, hielten ihn für tot und brachten die Schnaps-Leiche zusammen mit den Pest-Leichen auf ihrem Sammelkarren vor die Stadtmauer. Dort warfen sie ihre ganze Ladung in ein offenes Massengrab. Diese Pestgrube soll sich in der Nähe der Kirche St. Ulrich im siebten Wiener Gemeindebezirk befunden haben, gleich neben dem Platz, wo heute der Augustinbrunnen steht. Am folgenden Tag habe Augustin inmitten der Leichen so lange krakeelt und auf seinem Dudelsack gespielt, bis Retter ihn aus der Grube zogen.
Danach soll Augustin sein Erlebnis als Bänkelsänger vorgetragen und davon recht gut gelebt haben. So ist die Legende vom lieben Augustin vielleicht seinem eigenen Bericht zu verdanken. Bereits zeitgenössische Quellen berichten von dem der Leichengrube entstiegenen Augustin. Abraham a Sancta Clara erwähnt das Ereignis in seinem „Wohlangefüllten Weinkeller“, um vor der Trunksucht zu warnen. Urkundliche Stütze für die Legende ist nur ein Eintrag im städtischen Totenschauprotokoll, das einen „Augustin N.“ verzeichnet.
Augustin wurde auf dem Wiener Nikolai-Friedhof beerdigt, nach dessen Auflassung wurden seine sterblichen Überreste vermutlich auf den Sankt Marxer Friedhof überführt. Bis heute ist er ein Inbegriff dafür, dass man mit Humor alles überstehen kann.
Im Jahr 2008 wurde in Wien Neubau (7. Bezirk) der Augustinplatz nach ihm benannt, wobei sich die Benennung auch auf die Sängerin Liane Augustin (1928–1978) bezieht.
O du lieber Augustin
Das Volkslied „O du lieber Augustin“ ist erst um 1800 in Wien nachgewiesen. Teilweise wird Augustin selbst als Verfasser genannt, der Ursprung ist jedoch unklar. Der spöttische Text gibt aber den Galgenhumor wieder, der den Wienern in Erinnerung geblieben ist:
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- O du lieber Augustin, Augustin, Augustin,
- O du lieber Augustin, alles ist hin.
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- Geld ist weg, Mensch (Mäd´l) ist weg,
- Alles hin, Augustin.
- O du lieber Augustin,
- Alles ist hin.
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- Rock ist weg, Stock ist weg,
- Augustin liegt im Dreck,
- O du lieber Augustin,
- Alles ist hin.
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- Und selbst das reiche Wien,
- Hin ist's wie Augustin;
- Weint mit mir im gleichen Sinn,
- Alles ist hin!
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- Jeder Tag war ein Fest,
- Und was jetzt? Pest, die Pest!
- Nur ein groß' Leichenfest,
- Das ist der Rest.
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- Augustin, Augustin,
- Leg' nur ins Grab dich hin!
- O du lieber Augustin,
- Alles ist hin!
Johann Nepomuk Hummel (1778-1837) komponierte aus dem Lied ein Werk mit acht Variationen. 1924 gestaltete Dietzenschmidt seine „Volkskomödie mit Musik, Gesang und Tanz “Vom lieben Augustin"" (Bühnenmusik u. a. Ernst Krenek) zu einer mythischen Begegnung, in welcher sich der weltzugewandte Triebmensch Augustin nach einigen Episoden von Gewinn und Verzicht am Ende dem Liebreiz des „Pestmädels“ ergibt (einer Wiener „Frau Tod“). In den Dreißigerjahren zeigte ein Film „Der liebe Augustin“ die Figur unabhängig von der Legende als Bänkelsänger in der Metternich-Zeit (Titelrolle: Paul Hörbiger). Franz Karl Ginzkey dichtete eine Ballade vom Lieben Augustin. 1981 haben Wolfgang Ambros, Manfred Tauchen und Joesi Prokopetz dem Bänkelsänger eine Rockoper mit dem Titel „Augustin“ gewidmet.
Auf dem Strohplatzl in Wien wurde am 4. September 1908 zu Augustins Ehren ein Denkmal eingeweiht. Der Augustin-Brunnen steht an der Ecke Neustiftgasse-Kellermanngasse. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Statue Augustins gestohlen. Kurz darauf wurde an ihre Stelle ein Schild mit der Aufschrift angebracht:
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- Der Schwarzen Pest bin ich entronnen,
- die braune hat mich mitgenommen.
Heute sitzt eine Puppe, die den lieben Augustin darstellen soll, als Touristenattraktion im Eingang des Griechenbeisls am Wiener Fleischmarkt, wo Augustin einst regelmäßig auftrat.
Interessanterweise schildert Daniel Defoe eine recht ähnliche Person in seinem 1772 erschienenen Buch Die Pest zu London: einen namenlosen Flötenspieler zur Zeit der Pest in London 1665, der die Leute während der Zeit der Seuche mit fröhlichen Liedern und Spässen unterhielt und im Alkoholrausch oder infolge übermäßigen Essens schlafend für einen Pesttoten gehalten wurde und auf einem Karren mit den anderen Leichen transportiert wurde, aber kurz bevor er ins Massengrab geworfen wurde, erwachte.
Siehe auch
- Bolle reiste jüngst zu Pfingsten, Berliner Variante des Sujets „Feiern bis in den Tod“
- Augustin (Straßenzeitung)
Literatur
- Leo Fall: Der liebe Augustin, Operette in 3 Akten. Dreiklang-Drei-Masken-Verlag, München 1963 (zusammen mit Rudolf Bernauer und Ernst Welisch).
- Franz Patzer (Hrsg.): Die Pest in Wien, 300 Jahre lieber Augustin. Stadtbibliothek, Wien 1979 (Ausstellungskatalog)
Eine ganz andere Figur, nämlich die eines Spieluhrenmachers im späten achtzehnten Jahrhundert am Bodensee, gestaltet der Roman
- Horst Wolfram Geißler: Der liebe Augustin. Die Geschichte eines leichten Lebens; Roman. Niemeyer Verlag, Hameln 1998, ISBN 3-8271-0799-7.
Weblinks
Commons: Marx Augustin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Der liebe Augustin
- Sagen aus Wien
- Artikel „Der liebe Augustin“ in der Zeitung Wiener Bilder vom 9. September 1908, online bei ANNO - AustriaN Newspapers Online
Kategorien:- Lyrik
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