Aq Qoyunlu

Aq Qoyunlu
Flagge der Aq Qoyunlu
Das Reich der Aq Qoyunlu

Die Aq Qoyunlu oder Ak Koyunlu (oghusisch: ‏آق ‌قويونلو‎ oder ‏اق ‌قويونلو‎, DMG Āq Qoyunlu oder Aq Qoyunlu, deutsch: „(jene) mit weißen Hammeln“), waren eine turkmenische Stammesföderation, die nach der Mongolenherrschaft in Diyar Bakr aufstieg. Sie beherrschten Ostanatolien, Aserbaidschan und weite Teile des Irak und des Iran (1389–1507). Das Herrscherhaus der Aq Qoyunlu gehörte dem Clan Bayındır der Oghusen an. Die Föderation bestand neben den Bayındır aus verschiedenen weiteren oghusischen Clans (Bayat, Döğer, Çepni, etc.), die mit den Seldschuken aus Zentralasien angekommen waren und unter der späteren Mongolenherrschaft ein unscheinbares Dasein geführt hatten.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Herkunft

Das Reich zur Zeit Uzun Hasans

Die Aq Qoyunlu ("Weiße Hammel") waren ein nomadisierender Turkmenenstamm bzw. in späterer Zeit eine Stammeskonföderation. In geschichtlicher Hinsicht waren sie das Gegenstück zu den Schwarzen Hammeln (Qara Qoyunlu), einem rivalisierenden Turkmenenstamm. Die Herkunft der Bezeichnungen ist nicht geklärt, entweder versteht man darunter Totemtiere oder man nimmt an, dass die jeweilige Farbe (schwarz/weiß) bei den Schafherden überwog.

Die frühen Jahre sowohl der Aq Qoyunlu- als auch der Qara Qoyunlu-Stämme sind im türkischen Erzählzyklus Dede Korkut erwähnt. In byzantinischen Quellen wird die Bayundur-Familie (das Herrscherhaus der Aq Qoyunlu) erstmals im Jahr 1340 erwähnt.[2]

Die Aq Qoyunlu sind seit dem 14. Jh. um Diyarbakır historisch einwandfrei fassbar und haben sich wahrscheinlich nach dem Untergang des Rum-Seldschukenreiches formiert. Der Name der herrschenden Sippe Bayindir ist (-ebenso wie bei den Schwarzen Hammeln die Herrschersippe Baharlu bzw. Barani-) auch schon für die vormongolische Zeit belegt und wird von Raschid ad-Din (um 1303) mit den 24 Oghusenstämmen in Verbindung gebracht. Die Dynastiechronik (um 1470) führt die Herkunft auf einen legendären Oghus Khan zurück, und zwar über 51 Geschlechter und entsprechend frei erfunden.

Seit 1340 unternahmen die Weißen Hammel Raubzüge gegen Mesopotamien, Syrien und in besonderem Maße gegen Trapezunt. Ihr Anführer Tur Ali Beg wurde bereits zu Ghazans Zeiten Emir. Im Jahre 1348 erschienen sie vor Trapezunt und vier Jahre später verheiratete Kaiser Alexios III. seine Schwester mit Tur Alis Sohn Kutlu Beg. In der Folgezeit wurden noch weitere Ehen mit Trapezunts Kaiserhaus geschlossen.

Aufstieg zur Großmacht unter Uzun Hasan

Die Stadtmauer von Diyarbakır.

Als eigentlicher Stammesgründer ist Qara Yoluk Uthman Beg (reg. 1389–1435) bekannt. Er machte 1399 Timur Lenk in Karabag seine Aufwartung, als sich die übrigen Turkmenenführer (insbesondere sein Rivale Qara Yusuf von den Schwarzen Hammeln) gegen diesen stellten. Als Timurs Verbündeter wurde er mit Diyarbakır belehnt und nahm 1402 an dessen Feldzug gegen die Osmanen teil, verlor aber mit Timurs Tod viel Rückhalt und bekam erneut Probleme mit seinem Rivalen Qara Yusuf. Nach seinem Tod 1435 (bei einem Gefecht gegen die Schwarzen Hammel) geriet die Föderation unter den Druck der Qara Qoyunlu und verlor viele der beherrschten Gebiete.

Die Söhne Uthman Beys zerstritten sich, ihr Territorium schrumpfte wieder auf das Ausgangsgebiet um Diyarbakır zusammen und die Schwarzen Hammel erlangten die Vorherrschaft. Daran änderte sich auch unter Uthmans Enkel Gahangir nichts, der gegen seine Onkel und Vettern antreten musste. 1453 wurde Gahangir von seinem Bruder Uzun Hasan in einem Handstreich entmachtet.

Erst unter Uzun Hasan (reg. 1453-1478) kam es erneut zum Aufstieg und zur Glanzzeit der Weißen Hammel, nachdem er 1467 die Qara Qoyunlu unter Jahan Schah vernichtend geschlagen und deren Reich im Iran, Aserbaidschan und dem Irak erobert hatte. Zu seiner Zeit reichten die Grenzen des Reiches vom Kaspischen Meere bis Syrien und von Aserbaidschan bis Bagdad. Deshalb sah sich Uzun Hasan selbst als "Wahrer der türkischen Einheit" und verglich sich mit Timur, dessen ehrgeizigen Nachfolger Abu Said er 1469 besiegte und tötete. Die Herrschaft Uzun Hasans war den nomadischen Traditionen entsprechend indirekt. Er forderte die jährlichen Tribute und Steuern von den örtlichen Fürsten, baute aber bis zur Verlegung der Hauptstadt nach Täbriz keine feste Residenz und errichtete keine tragfähigen Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen.

Die Eroberung des verbündeten und familiär eingeflochtenen Trapezunt durch das Osmanische Reich 1461 konfrontierte Uzun Hasan mit diesem neuen Gegner. Er machte schließlich Pläne, die Gefahr zu beseitigen: Zu diesem Zwecke hat er mit europäischen Ländern, d.h. mit der christlichen Welt Beziehungen aufgenommen, um sich die gefürchteten Feuerwaffen zu verschaffen. Seit 1471 kämpfte er in Ostanatolien im Bündnis mit Venedig (sandte eine Flotte mit 99 Galeeren unter Pietro Mocenigo) gegen die Osmanen Mehmed des Eroberers, wurde von diesen aber am 11. August 1473 in der Schlacht von Otlukbeli bei Erzincan schwer geschlagen, da die Osmanen Artillerie einsetzen konnten, über die Uzun Hasan nicht verfügte.

In die letzten Jahre Uzun Hasans fällt auch die Zusammenstellung einer Gesetzessammlung, welche die Bevölkerung vor allem vor den üblichen willkürlichen Steuern und Abgaben schützen sollte - eine Voraussetzung für ein vernünftiges Wirtschaftsleben.

Ablösung durch die Safawiden Ismail I.

Uzun Hasans Sohn Yaqub (reg. 1478–1490) hielt den Staat zusammen, indem er die Großen des Reiches für sich zu gewinnen suchte und Kriege soweit möglich vermied. Er schlug 1480 eine ägyptische Streitmacht, die zur Eroberung Diyarbakırs ausgesendet worden war.

1488 ließ er den umtriebigen Safawiyya-Scheich Haidar töten, da dieser inneren Streit verursacht hatte. Der Gegensatz zu dem zentralisierten, sunnitischen Osmanenreich, und die darauf basierende Unterstützung Uzun Hasans für den Safawiyya-Orden hatte den Scheichs geholfen, im Rahmen ihrer volkstümlichen schiitischen Bewegung (1301 gegründet) Turkmenenstämme aus Ustac, Mossul, Tekke, Bayburt, Karadağ, Dulkadir, Varsak und Afschar um sich zu versammeln, die später als Qizilbasch bekannt wurden. Haidar war Yaqubs Vetter und Schwager. Seine Söhne Ali († 1494) und Ismail (*1487) führten den Safawiyya-Orden fort.

Als Yaqub 1490 plötzlich starb und seine Nachfolger sich um den Thron stritten, gerieten die Aq Qoyunlu zunehmend unter den Druck der aufstrebenden Safawiyya unter Ali und dem jugendlichen Ismail, Gründer des Safawiden-Reiches (1501-1736). Ismail entriß 1501 Täbriz dem Thronanwärter Alwand und stürzte 1507 den letzten Regenten der Aq Qoyunlu in Mardin. Schah Ismail vereinigte Persien unter seiner Herrschaft. Die Überlebenden Bayindir ließen sich in Tripoli, Aleppo und Siwas nieder.

Herrscher

  • Tur Ali Beg (1340-ca. 1363)
  • Kutlu Beg, Sohn Tur Ali Begs (1363-1378/9)
  • Ahmad Beg, Sohn Kutlu Begs (-1389)
  • Qara Yoluk Uthman Beg, Sohn Kutlu Begs (1389–1435)
  • Ali Beg, Sohn Uthmans († 1438)
  • Hamza Beg, Sohn Uthmans († 1444)
  • Gahangir, Sohn Alis 1444-1453 († 1469)
  • Uzun Hasan, Sohn Alis (1453–1478)
  • Halil Sultan, Sohn Uzun Hasans 1487
  • Yaqub, Sohn Uzun Hasans (1478–1490)
  • Baisonqur († 1493), Rustam († 1497), Alwand (bis 1502) und andere

Belege

  1. Vladimir Minorsky in Encyclopaedia of Islam, Artikel AK KOYUNLU - [...]The federation consisted of various Oghuz (Turkmen) tribes (Bayat, Döger, Cepni, etc.) who had apparently arrived with the Saldjuks but, under the Mongols, led an inconspicuous existence. Among these clans must be particularly distinguished the Bayundur clan, to which belonged the rulers, who, with their immediate followers, must have taken the leadership and organised the federation.[...]
  2. Encyclopaedia of Islam, Artikel AK KOYUNLU

Literatur

  • Tayyip Gökbilgin: Türkiyat Mecmuası (Turkologische Zeitschrift), 1951, S.35-46 (eine Untersuchung über die Akkoyunlu-Flüchtlinge in der Türkei)
  • H. R. Roemer: Persien auf dem Weg in die Neuzeit. Darmstadt 1989.
  • Abu Bakr Tihrani Ta'rikh-i Diyarbakriyya, Faruk Sümer et al.(Hrsg), Ankara 1962
  • İsmail Hakkı Uzunçarşılı: Anadolu beylikleri (Die anatolischen Beyliks), 1937, S. 63-69

Weblinks


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