- Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach
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Das Mathematische Forschungsinstitut Oberwolfach (MFO) ist ein reines Tagungsinstitut für Mathematik in Deutschland. Es befindet sich in Oberwolfach im Schwarzwald, an einem Hang oberhalb des Flusses Wolf gelegen. Die Tagungen finden jede Woche von Sonntag (Anreisetag) bis Samstag (Abreisetag) statt. Das Institut ist nicht spezialisiert, es werden Tagungen zu Themen aus der gesamten Mathematik angeboten. Darin enthalten sind auch Seminare für Doktoranden und das Programm „Research in Pairs“. Das Abschlussseminar, in dem die deutsche Mannschaft für die Internationale Mathematik-Olympiade vorbereitet wird, findet ebenfalls in Oberwolfach statt.
Das Institut wurde im November 1944, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, von Wilhelm Süss, dem Vorsitzenden der Deutschen Mathematiker-Vereinigung und Rektor der Universität Freiburg, als „Reichsinstitut für Mathematik“ gegründet. Das Tagungsgebäude, der „Lorenzenhof“ im Ortsteil Walke, wurde Süss vom badischen Ministerialdirektor Karl Gärtner zur Verfügung gestellt, den Süss einige Jahre zuvor für die Ehrendoktorwürde der Universität Freiburg vorgeschlagen hatte. Den Zweiten Weltkrieg überstand es nicht zuletzt durch die Initiative des Mathematikers John Todd, der gerade im Auftrag einer britischen Militärmission in Deutschland unterwegs war und die Gefahr einer Plünderung durch Besatzungstruppen abwehrte. Nach dem Krieg leitete Süss das Institut bis zu seinem Tod im Jahr 1958. Gemeinsam mit seinem Münsteraner Kollegen Heinrich Behnke gelang es ihm, das MFO international bekannt und bedeutend zu machen. Auch nach Süss’ Tod blieb die Leitung des Instituts für lange Zeit „in Freiburger Hand“; erst Matthias Kreck, der 1994 Direktor des MFO wurde, war nicht in Freiburg ansässig. Heute wird das Institut vom Kaiserslauterer Mathematikprofessor Gert-Martin Greuel geleitet und weitestgehend durch die Bundesregierung, das Land Baden-Württemberg und die VolkswagenStiftung getragen.
Die Einrichtung ist international für ihre „Oberwolfach-Atmosphäre“ berühmt, die als besonders produktiv und erkenntnisfördernd gilt. So haben zum Beispiel wichtige Schritte zum Beweis des Großen Fermatschen Satzes ihren Ursprung in Oberwolfach, als Gerhard Frey in einem Vortrag eine Idee zur Verbindung des fermatschen Satzes mit der Taniyama-Shimura-Vermutung darlegte, die von Ken Ribet aufgegriffen wurde. Eine Einladung zur Teilnahme an einem Workshop in Oberwolfach gilt nicht nur deshalb als eine Auszeichnung für jeden Mathematiker.
Als Gründe für die Bedeutung des Instituts als Tagungsort werden zumeist die exzellente Bibliothek sowie seine spezielle Lage mitten im Schwarzwald angeführt. Alle Teilnehmer sind in den Gasträumen der Einrichtung untergebracht und werden komplett durch das Personal verpflegt, so dass die Mathematiker in der Regel den gesamten Tag beisammen sind und so auch abseits der Vorträge die Zeit finden, um ausgiebig über offene Probleme zu diskutieren oder gemeinsam zu forschen. Die Ergebnisse dieser Tagungen werden regelmäßig als Oberwolfach Reports veröffentlicht.
Alle drei Jahre wird seit 1991 der Oberwolfach-Preis an junge europäische Nachwuchsmathematiker vergeben.
Direktoren
- 1944–1958: Wilhelm Süss
- 1958–1959: Hellmuth Kneser
- 1959–1963: Theodor Schneider
- 1963–1994: Martin Barner
- 1994–2002: Matthias Kreck
- 2002–heute: Gert-Martin Greuel
Literatur
- Volker Remmert: Wilhelm Süss (1895 – 1958): Über die Verquickung von Universitäts- und Fachpolitik, in: Karen Bayer, Frank Sparing, Wolfgang Woelk (Hrsg.), Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit. Steiner, Wiesbaden 2004.
Weblinks
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Commons: Mathematisches Forschungsinstitut Oberwolfach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Homepage des Mathematischen Forschungsinstituts Oberwolfach
- Allyn Jackson: „Oberwolfach, Yesterday and Today“ (PDF-Datei; 267 kB)
48.3455555555568.2352777777778Koordinaten: 48° 20′ 44″ N, 8° 14′ 7″ OKategorien:- Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft
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