- Matres
-
Eine Matrone (v. lat.: matrona = Frau vom Stand, Familienmutter, ehrbare Ehefrau, vornehme Dame, Herrin und Gebieterin sowie Anrede oder Beiname für die trinitäre Juno), selten auch „Matres“ oder „Matrae“ (für Mater als Schöpferin der Natur und aller Dinge sowie Urheberin, Quelle, Ursprung, Wurzel und Grund) genannt, öfter auch „Dea“ oder „Deae“ ist eine umfassende Muttergottheit, welcher zwischen dem ersten und fünften Jahrhundert im keltischen Europa Votivsteine und Altäre errichtet wurden. Die älteste bisher gefundene Inschrift lässt sich auf die Zeit zwischen 70 und 89 nach Christus datieren, die letzten 240 nach Christus.
Bei rund 800 Funden von Matronensteinen sind circa 70 Beinamen bekannt, die Stiftenden tragen keltische, römische und germanische Namen, so dass von einem gallo-römisch-germanischen Kult gesprochen werden kann. Die bisher entdeckten Denkmäler finden sich alle auf römischem Kolonisationsgebiet. Alle Matronensteine tragen Inschriften in lateinischer Schrift und die Namen auf den Inschriften sind latinisiert worden.
Die Darstellung der Matronen auf den Weihsteinen präsentieren die Matronen fast ausschließlich als Dreiheit. Zwei ältere Matronen mit auffallenden Hauben - wie sie die verheirateten und verwitweten Ubierinnen in und um Köln trugen - sitzen links und rechts von einer jüngeren Matrone, die ihre schulterlangen Haare offen trägt. Diese weibliche Trinität wird mit der weiblichen Genealogie (junges Mädchen, Mutter,Großmutter oder Alte Weise) verbunden, aber auch als trinitäre Darstellung der vorrömischen Juno (Juventas für die Jugendkraft, Juno für den mütterlichen Aspekt, Minerva für die Weisheit des Alters). Wie und ob sie angebetet wurden, ist nicht belegt, doch die Formel V S L M (Votum Solvit Libenter Merito = Das Gelübde gern eingelöst nach ihrem Verdienst oder nach ihrer Würdigkeit) oder in Kurzform L M auf jedem Matronenstein spricht dafür, dass sie um Schutz und Segen im weitestens Sinne angerufen worden waren.
Möglicherweise entsprechen sie in ihrer Dreiergruppe gleichnisweise den Nornen (Schicksalsgöttinnen für das was war, was ist und was sein wird).
Matronen - sowohl einzeln als auch zu dritt - sind vermutlich die Grundlage der Juffernsagen im westlichen Rheinland.
Inhaltsverzeichnis
Matronenkult
Der Matronenkult war die Verehrung von Muttergottheiten, den Matronen.
Dieser (Volks-) Kult, der maßgeblich durch die römischen Legionäre und auch durch die Völkerwanderung verbreitet wurde, ist verwandt mit dem Disen-, Nornen- sowie dem Walkürenkult der nordischen Mythologie. In der römischen Mythologie existiert jedoch nicht direkt eine entsprechende Definition für Matrone.
Im Matronenkult kommt für die Verehrung von Muttergottheiten auch der Begriff Matres und Matrae sowie "Dea" und "Deae" vor. Man geht davon aus, dass diese Unterschiede geographisch bedingt sind. In Oberitalien Matronae, in Britannien Matres, in Gallien meist Matrae und Matres.
Votivsteine und Altäre waren in vielen Fällen keine alleinstehenden Denkmäler, sondern wurden häufig in Verbindung mit Kultzentren oder Tempelanlagen gebaut. Beispiele dafür wurden in Bonn, Eschweiler, Geuenich (bei Inden), Pesch bzw. Nöthen (zu Bad Münstereifel) und Nettersheim gefunden.
Über die konkrete Kultform des Matronenkults weiß man wenig. Neben sog. Fruchtkörben (Apfel, Granatapfel, Birne, Pinienzapfen), die die Matronen auf ihrem Schoß tragen, hin und wieder auch ein Schatzkästchen, finden sich auch Darstellungen von Opferszenen, Weihrauch und Tieropfern wie Eber und Fisch. Die sonstigen Beigaben sind Pflanzen, Bäume, das Füllhorn wiederum mit Granatapfel, Birne und Pinienzapfen sowie (Wickel-)kinder. Als Attribute der Matronen gelten die Schlange, der Mond und der Kranich. Die Darstellung der Matronen deutet auf das zyklische Geschehen in der Natur, den Jahreszeiten, den Gestirnen und im Leben der Frauen hin.
Matronennamen
Folgend eine Auswahl verschiedener Matronennamen - so gut wie immer handelt es sich um einen Zusatz zu der Bezeichnung "Matronae". - Die Häufigkeit der auftretenden Namen ist sehr unterschiedlich. Während die meisten nur ein einziges Mal auftreten, lassen sich bei anderen (häufig) gebietsweise Verdichtungen feststellen, die möglicherweise auf Kulturzentren hinweisen.
In vielen Fällen lassen sich die Namen nicht mehr deuten. Gelingt dies trotzdem, so lassen sich Schlüsse auf die Art und Funktion der Matrone ziehen. Wir treffen auf diverse Schutzgöttinnen, auf Quell- und Wassergöttinnen etc.
Zu betrachten ist unbedingt, dass die folgenden Bedeutungen zu den Namen in den wenigsten Fällen als zweifelsfrei erwiesen gelten.
Matronennamen Name Fundort Mögliche Bedeutung Abiamarcae Floisdorf bei Aachen Das hinten im Wald liegende Grenzland Abirenae Deutz Bedeutung unklar Afliae Raum Köln (2x) Von Alfa = Kraft. Ahinehiae Blankenheim bei Euskirchen Von Aha= Wasser, Fluss Ahueccaniae Gleuel bei Köln Quellgöttin: (Aha= Wasser, Fluss) Alaferhviabus (1x), Alaferhviae (1x) Altdorf bei Inden (Rheinland), Fronhoven bei Eschweiler, Gohr bei Dormagen, Pattern bei Aldenhoven Die Großen Leben Spendenden. Alagabie (1x), Alagabiae (1x): Bürgel bei Solingen Die Allgebenden Alaterviae Edinburger Hafen Crammond Eichen(?)- Baumgöttinnen Albiahenae Oberelvenich bei Euskirchen (4x) Bedeutung unbekannt Alhiahenae Neidenstein bei Heidelberg Tempel oder Elch Almaviahenae Thorr bei Bergheim Bedeutung unklar Alusneihae Inden (Rheinland)-Pier bei Düren Mit dem runischen Zauberwort alu und dem germanischen aluþ für Rauschtrank zu verbinden Ambiamarcae Deutz Bedeutung unbekannt Ambioreneses Deutz Dieser Name wird in einer Inschrift gemeinsam mit Ambiamarcae unter einer Reihe römischer Götter genannt Amfratninae Eschweiler (12x) Die Matrone des persönlichen Glücks Amnesahenae Thorr bei Köln Bedeutung unbekannt. evtl. aus dem griechischen Amnesia "Mangel an Erinnerung" gegen das Vergessen. Andrusteihiae Bonn, Godesberg, Köln Völkername Anesiaminehae Zülpich Möglicherweise antiker Name eines Flusses Annaneptiae Xanten Freundliche Schwester Arvagastiae Müddersheim bei Düren Personennamen Asericinehae Köln Personennamen Atufrafinehae Berkum bei Bonn Bedeutung unbekannt Audrinehae Hermühlheim bei Köln (7x) „Die göttlichen Beistand verleihenden“, oder, „Die freundlichen Schicksalsmächte“ Aufaniae U.a. Bonn und Nettersheim, Lyon (Frankreich) und Cordoba (Spanien). Insgesamt ca. 90x. Freigebige Ahnmutter Aumenahenae Köln (2x) Antiker Flussname Austriahenae Morken-Harff (ca. 150x) Die Östlichen Aviaitinehae Bürgel bei Solingen Bedeutung unbekannt Baudihillia Housesteads in Nordengland Die Verehrungswürdigen Berguiahenae Gereonsweiler Baumname Berguinehae Terz Bedeutung unbekannt Berhuiahenae Gereonsweiler Bedeutung unbekannt Borvoboenendoa Utrecht Bedeutung unbekannt Caimineae Euskirchen Bedeutung unbekannt Cantrusteihiae Unbekannt (3x) Volksname Chandrumanehae Billig bei Euskirchen Bedeutung unbekannt Chuchenae Zülpich (4x) Bedeutung unbekannt Ethrahenae Rödingen und Bettenhoven Bedeutung unbekannt Euthungae Köln Völkername Fachineihae Niederrhein (3x) fahana=froh. Fimmilena Housesteads, Nordengland. Stiftung einer friesischen Legion Herrin des Fimelþings. (=Endurteil?) Friagabis Housesteads, Nordengland Die freundlich Spendende Frisavae Xanten Völkername Friesen Gabiae Euskirchen (4x), insgesamt 12x Die Gebenden Gantunae Köln Von Ganta = Gans. Also Gänsegöttin Garmangabis Lanchester, Nordengland Die reichlich Spendende, oder: Die germanische Gabis Gavadiae Jülich (6x) und Mönchengladbach (2x) Entweder Ehestifterinnen oder Göttinnen, die über Eide und Gelübde wachen Gavasiae Thorr bei Köln Vom gotischen gawasjan: Bekleiden Gesahenae Niederrhein (5x) Bedeutung unbekannt Gratichae Euskirchen Bedeutung unbekannt Guinehae Terz Bedeutung unbekannt. Möglicherweise von Berguinehae Hamavehae Altdorf Gehört zum Volksname der Chamaver. Findet sich in der antiken Literatur. Havae Merzenich bei Düren Die Hohen Hiheraiae Enzen bei Euskirchen Bedeutung unbekannt Ifles Gohr bei Dormagen Bedeutung unbekannt Ineae Bonn Bedeutung unbekannt Iulineihiae Müntz bei Jülich Bedeutung unbekannt Kannanefates Köln Von Regimentsname Lanehiae Lechenich bei Euskirchen Bedeutung unbekannt Leudinae: Matronenbeiname Pesch, Derichsweiler, Lüttich. Lubicae Köln Die heilenden Göttinnen Mahalinehae Köln (2x), Deutz Möglicherweise Gerichtsgöttinnen Marsacae Xanten (2x) Name eines Stammes oder Volkes Masanae Köln Bedeutung ungeklärt Mediotautehae Köln Göttinnen des mittleren Landes Mopates Nimwegen Möglicherweise Waldname Naitienae Thorr bei Köln Möglicherweise Flussname Nersihenae Jülich Möglicherweise Flussname Nervinae Bavay in Nordfrankreich Wahrscheinlich vom germanischen Völkername Nervier Octocannae Gipswald Kreis Krefeld (7x) Vom keltischen ukta = Fichte Ollogabiae Mainz (2x) Die reichlich Gebenden Ratheihiae Euskirchen Schicksalsgöttinnen Renahenae Bonn Flussgöttin möglicherweise vom Rhein Rumanehae und Romanehae Niederrhein (12x+) Göttinnen einer Römersiedlung Saitchamiae Hoven bei Zülpich Göttinnen der Magie Seccanehae Blankenheim bei Euskirchen Personenname Suebae: Matronenbeiname Köln (2x), Deutz (1x) sübische Matrone Teniavehae Blankenheim bei Euskirchen Bedeutung unbekannt Textumeihae Düren (3x) Die Göttinnen der Südleute oder: Die Glückbringenden Tummaestiae Sinzennich bei Euskirchen Hilfreiche Frauen des Hauses Turstuahenae Derichsweiler (2x) Bedeutung unbekannt Udravarinehae Niederrhein (3x) Bedeutung unbekannt Ulauhinehae Geich bei Füssenich Bedeutung unbekannt Vacallinehae Pesch und Umland (über 290x) Ortsname oder Flussname Vallabnaehiae Köln (2x) Personenname Vallamaeneihiae Köln Personenname Vataranehae, Veterahenae Embken bei Düren (3x) Bedeutung unbekannt Vesuniahenae Vettweiß bei Düren (5x) Ortsname Veteranehae Embken bei Wollersheim (7x) Dieser Name ist in die Nähe des Wassers zu bringen Vibe Thermalquelle Warmbad Villach Wurzel, Weben, Quelle, Schicksalsfaden, Verwoben, Familienband, Heim Vocallinehae Pesch (7x) Bedeutung unbekannt Weblinks
- Modron bei Celtnet.UK
- Jona Lendering: Artikel bei Livius.org (englisch)
Literatur
- Gerhard Bauchhenss und Günter Neumann (Hrsg.): Matronen und verwandte Gottheiten (Beihefte Bonner Jahrbücher Band 44), 1987.
- Bernhard Maier: 'Lexikon der keltischen Religion und Kultur. Kröner, Stuttgart 1994, ISBN 3-520-46601-5
Wikimedia Foundation.