Matthäus Zell

Matthäus Zell
Matthäus Zell Kupferstich 16. Jh.

Matthäus Zell (auch: Mathias Zell; * 21. September 1477 in Kaysersberg (Haut-Rhin); † 9. Januar 1548 in Straßburg) war lutherischer Theologe und Reformator.

Leben

Zell war Sohn eines Weinbauern in Kaysersberg. Er studierte an den Universitäten Mainz, Erfurt und Freiburg im Breisgau. Sein Landsmann Johann Geiler von Kaysersberg übte starken Einfluss auf ihn aus. Er las in Freiburg in der artistischen und später in der theologischen Fakultät. Hier war Urbanus Rhegius sein Schüler. 1518 nahm er den Ruf als Prediger an das Straßburger Münster an, wo er 1521 im lutherischen Sinne zu predigen begann. Da ihm die Doktor Kanzel im Münster versperrt blieb, stellte ihm die Gemeinde einen besonderen Predigtstuhl hin. In seiner Predigt war er zwar nicht von Martin Luther abhängig, aber er las eifrig Luthers Schriften und ließ sich von ihm ins Verständnis der Schrift einführen. In schwere Kämpfe wegen seiner „Ketzerischen Opinion“ verwickelt, stand er seinen Mann und schrieb als Begründung seiner Auffassung die Schrift „Christliche Verantwortung“, die erste eigene reformatorische Erscheinung auf elsässischem Boden.

Dieses mannhafte Auftreten verfehlte seinen Einfluss auf den Rat nicht, der den Beschluss fasste, dass künftig nur das Heilige Evangelium und die Lehre Gottes in Straßburg öffentlich verkündet werden sollten. Als Zell am 3. Dezember 1532 in den Ehestand trat und sich von Martin Bucer trauen ließ, war damit sein eigenes Bekenntnis abgelegt. Wenn auch bald Bucer, Wolfgang Capito und Kaspar Hedio stärker hervortraten, so blieb er doch der beliebte und volkstümliche Prediger. Die Kirchenpolitik lag ihm nicht, und auch in theologischen Lehrdifferenzen verwickelte er sich nicht.

Seinen Kollegen war seine Haltung nicht immer verständlich, die schlicht und auf das praktische Leben gerichtet war. Sein Hauptinteresse galt der Arbeit in seiner Gemeinde, der Seelsorge. Seine Weitherzigkeit war so groß, dass er Kaspar Schwenckfeld und andere Außenseiter in seinem Hause aufnahm. Mit den Schweizern stand er in brüderlichem Verkehr, so sehr er auch Luther verehrte. Ohne an der Wittenberger Konkordie unmittelbar Anteil genommen zu haben, reiste er 1538 zu Luther. Im Übrigen richtete er seine Fürsorge auf die oberdeutschen Gemeinden.

Reges Interesse zeigte er für den christlichen Unterricht. Seine Katechismusarbeiten erschienen 1534/36; beachtenswert war vor allem seine „Kurtze schriftliche Erklärung für die Kinder und angohnden“. Er wie seine Frau Katharina Zell hatten für die Jugend viel übrig und unterstützten sie reichlich. Als er starb, wurde er von der ganzen Stadt Straßburg betrauert. Er war ein Mann von lebendigem Glauben und tätiger Liebe, der für Straßburg mehr bedeutet hatte, als weithin angenommen wurde.

Sein Neffe Heinrich Zell, Kartograf in Preußen, erbte u. a. die Eheringe des Paares [1].

Literatur

  • A. Erichson: Zell, Matthäus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 17 f.
  • Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Band 21 Seite 650
  • Konrad Fuchs: ZELL, Matthäus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 14, Herzberg 1998, ISBN 3-88309-073-5, Sp. 383–385.
  • T. W. Röhricht. Matthäus Zell (Mitt. a. d. Gesch. d. ev. K. d. Elsasses 3). Straßburg 1855, 84-154.
  • W. Baum. Capito und Bucer. Elberfeld 1860, 195ff.
  • Ficker-Winkelmann. Handschriftenproben 2. Straßburg 1905, 55.
  • J. Adam. Ev. KG d. Stadt Straßburg. Straßburg 1922.
  • Martin Bucers Deutsche Schriften 1, Gütersloh 1960, 31 u. ö.
  • M. Weyer, L'Apologie chrétienne du réformateur strasbourgeois Matthieu Zell (Christliche Verantwortung, 1523), 3 Bde., Diss; Université de Strasbourg, 1981.
  • M. Weyer, Martin Bucer et les Zell : Une solidarité critique, dans Martin Bucer and Sixteenth Century Europe. Actes du colloque de Strasbourg (28-31 août 1991), éd. par Christian Krieger et Marc Lienhard, 2 vol., Leiden-New York-Köln, 1993, p. 275-295
  • M. Weyer, "Matthieu Zell", in: Nouveau dictionnaire de biographie alsacienne, Strasbourg (Fédération des Sociétés d'Histoire et d'Archéologie d'Alsace) 2003.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Matthäus Zell — (also Mathias Zell and Matthew Zell) (21 September 1477 – 9 January 1548) was a Lutheran theologian and reformer based in Strasbourg. His widow was Katharina Zell. Life Zell was the son of a wine maker in Kaysersberg. He studied at the… …   Wikipedia

  • Zell — ist der Name folgender geographischer Objekte: Bezirk Zell am See, Bezirk des Bundeslands Salzburg Gemeinden, Städte: Zell am Harmersbach, Stadt im Ortenaukreis, Baden Württemberg Zell am Main, Gemeinde im Landkreis Würzburg, Bayern Zell im… …   Deutsch Wikipedia

  • Zell [2] — Zell, 1) Ulrich, der älteste Buchdrucker Kölns, aus Hanau gebürtig, ein Kleriker der Mainzer Diözese, studierte 1453 in Erfurt und wandte sich, nachdem er vielleicht in der Fust Schöfferschen Offizin in Mainz seine technische Ausbildung erhalten… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • ZELL (M.) — ZELL MATTHÄUS (1477 1548) Fils d’un vigneron, Zell a fait de solides études de lettres et de théologie à Mayence, à Erfurt et à Fribourg en Brisgau, où il obtient le grade de magister . Nommé prêtre à la cathédrale de Strasbourg en 1518, il… …   Encyclopédie Universelle

  • Zell [2] — Zell, 1) Ulrich, der älteste Buchdrucker Kölns, flüchtete 1462 nach der Eroberung von Mainz nach Köln, wo er eine Druckerei errichtete u. bis um 1494 druckte. Für seine ältesten Drucke gelten: Chrysostomus super psalmo quinquagesimo, 1466, u.… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Zell (Bad Aibling) — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Zell — I Zẹll,   Name von geographischen Objekten:    1) Zẹll am Main, Markt Gemeinde im Landkreis Würzburg, Bayern, 177 m über dem Meeresspiegel 3 800 Einwohner.   …   Universal-Lexikon

  • Katharina Schütz-Zell — Katharina Zell, geborene Schütz (* um 1497 in Straßburg; † 5. September 1562 ebenda) war eine theologische Autorin und Reformatorin. Leben Katharina Schütz wurde als Tochter eines Schreinermeisters zwischen dem 15. Juli 1497 und dem 15. Juli 1498 …   Deutsch Wikipedia

  • Katharina Zell — (geborene Schütz; * um 1497 in Straßburg; † 5. September 1562 ebenda) war eine theologische Autorin und Reformatorin. Leben Katharina Schütz wurde als Tochter eines Schreinermeisters zwischen dem 15. Juli 1497 und dem 15. Juli 1498 in Straßburg… …   Deutsch Wikipedia

  • Heinrich Zell — war ursprünglich Kartograf, dann Astronom und von 1555 bis 1564 Bibliothekar der Herzogtum Preußen Schlossbibliothek in Königsberg. Leben und Wirken Als Schüler von Sebastian Münster, Neffe des Straßburger Theologenehepaares Matthäus Zell und… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”