- Martin Bucer
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Martin Bucer (* 11. November 1491 im elsässischen Schlettstadt (heute: Sélestat); † 1. März 1551 in Cambridge; auch Martin Butzer) gehört zu den bedeutenden Theologen der Reformation und gilt als der Reformator Straßburgs und des Elsass.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Bucer wurde 1491 im elsässischen Schlettstadt (heute: Sélestat) geboren. Als 15-Jähriger trat er als Mönch dem Dominikanerorden bei und immatrikulierte sich 1517 an der Universität Heidelberg. Hier kam es bei der Heidelberger Disputation 1518 zu einer folgenreichen Begegnung mit Martin Luther. Bucer wandte sich der protestantischen Theologie zu und wurde 1521 aus dem Dominikanerorden entlassen und von Pfalzgraf Friedrich II. als Hofkaplan eingestellt. 1522 heiratete er die ehemalige Nonne Elisabeth Silbereisen (mit der er dreizehn Kinder hatte, die jedoch alle im Kindesalter starben) und zog mit ihr nach Weißenburg im Elsass. Dort unterstützte er den dortigen Pfarrer Heinrich Moterer bei der Einführung der Reformation und wurde deswegen vom Speyrer Bischof Georg exkommuniziert. 1523 wurde er vom Papst Hadrian VI. gebannt und suchte als Vogelfreier erfolgreich Asyl in der toleranten Reichsstadt Straßburg. Hier wurde er zum ordiniert und 1524 zum Pfarrer gewählt.
In den Folgejahren versuchte er zwischen den verschiedenen protestantischen Parteien (Lutheraner, Reformierte, Spiritualisten, Täufer) zu vermitteln. Sein besonderes Augenmerk galt dem Abendmahlsstreit (siehe auch: Eucharistie). Bucer war einer der Verfasser der Confessio Tetrapolitana, in der vier oberdeutsche Reichsstädte ihr Glaubensverständnis für die Diskussionen auf dem Augsburger Reichstag von 1530 zusammengefasst haben. 1536 erzielt er nach zähem Ringen in diesem Streit einen Konsens mit Martin Luther, der in der Wittenberger Konkordie seinen Niederschlag gefunden hat.
Bucer trat in dieser Zeit auch als Organisator der entstehenden evangelischen Landeskirchen auf. So entwarf er 1531 eine Kirchenordnung für die Stadt Ulm, beriet 1534 den württembergischen Herzog Ulrich bei der Einführung der Reformation in Württemberg und verfasste 1539 im Auftrag des hessischen Landgrafen Philipps I. die sogenannte Ziegenhainer Zuchtordnung, die die Basis für das reformatorische Kirchenwesen in Hessen wurde. Die Ziegenhainer Zuchtordnung ist heute noch von Bedeutung, da mit ihr unter Einfluss der Täuferbewegung die Konfirmation eingeführt wurde.
1541 starb Elisabeth Silbereisen während einer Pestepidemie, und Bucer heiratete auf ihren Wunsch 1542 Wibrandis Rosenblatt, die dreizehn Jahre jüngere Witwe von Wolfgang Capito und Johannes Oekolampad. Die beiden führten eine harmonische Ehe, der zwei weitere Kinder entsprossen.
1542/1543 lebte Bucer ein Jahr lang in Bonn, um im Auftrag des Erzbischofs von Köln, Hermann V. von Wied, die Reformation des Erzbistums Köln vorzubereiten. In der Wasserburg zu Buschhoven verfasste er mit Philipp Melanchthon zwei Reformationsschriften (Einfaltigs Bedencken) für den Kölner Erzbischof. Sein schärfster Widersacher in Köln war neben dem Domkapitel der Scholastiker und Rektor der Universität Matthias Aquensis, der auf die Schriften Bucers seinerseits mit fünf Publikationen reagierte. Anschließend kehrte Bucer nach Straßburg zurück.
1549 musste er die Stadt verlassen. Grund war die von Karl V. angeordnete "katholisierende" Neuordnung des Kirchenwesens, das so genannte Interim. Bucer emigrierte nach England und starb dort am 1. März 1551 in Cambridge.
Theologische Einordnung
Beeinflusst wurde Bucer von seinen Vorbildern Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, Ulrich Zwingli, Philipp Melanchthon und Heinrich Bullinger. Den Unterschied zwischen Luther und Zwingli betrachtet Bucer als einen "Streit mehr in Worten als in der Sache". Von daher ist es verständlich, wenn sowohl Lutheraner als auch Reformierte und Anglikaner ihn in die Reihe ihrer Kirchenlehrer einordnen. Besonderen Einfluss hatte er auf Johannes Calvin, der 1538-1541 in Straßburg lebte und von Bucer u.a. die Vierämterlehre übernahm.
Bedeutung
Vor allem Bucers praktisch-theologische Schriften sind es, die die Kirchen der Reformation nachhaltig im Bereich Homiletik, Gemeindeaufbau und Seelsorge beeinflusst haben. Besonders zu erwähnen ist hier die Konfirmation, deren Entstehung auf Bucer zurück geht[1], jedoch erst in der Zeit des Pietismus im 18. Jahrhundert von den evangelischen Landeskirchen flächendeckend eingeführt worden ist.
Nach ihm benannt wurden
- Martin-Butzer-Gymnasium, Dierdorf
- Martin Bucer Seminar, privates evangelikales Seminar
- Martin-Butzer-Haus, Bad Dürkheim, Jugendbildungsstätte der Ev. der Pfalz
Literatur
- Thomas Schirrmacher (Hg.): Martin Bucer als Vorreiter der evangelischen Mission. Nürnberg/Bonn 2006, ISBN 978-3-937965-57-4
- Werner Moritz (Hrsg). Martin Bucer (1491–1551). Auf der Suche nach der Wiederherstellung der Einheit. Ubstadt-Weiher, verlag regionalkultur 2001. ISBN 978-3-89735-180-6. 80 S. mit 47 z.T. farbigen Abb., fester Einband.
- Matthieu Arnold, Berndt Hamm (Hrsg.): Martin Bucer zwischen Luther und Zwingli. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen, 2003, ISBN 3-16-147763-4
- Ernst Bizer: Studien zur Geschichte des Abendmahlsstreites im 16. Jahrhundert. Gütersloh 1940
- Andreas Gäumann: Reich Christi und Obrigkeit. Eine Studie zum reformatorischen Denken und Handeln Martin Bucers (= Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte; 20). Bern (u.a.) 2001, ISBN 3-906766-75-6
- Martin Greschat: Martin Bucer. Ein Reformator und seine Zeit. München 1990, ISBN 3-406-34610-3
- Theodor Mahlmann: Bucer, Martin, in: Theologenlexikon – Von den Kirchenvätern bis zur Gegenwart, S. 45 München 1987 ISBN 3-406-38570-2
- Martin Bucer Schriften zur Kölner Reformation, Martin Bucers Deutsche Schriften Band 11, 2 Gütersloh 2003 ISBN 3-579-04896-1
- Johann Jakob Herzog: Butzer, Martin. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 664–667.
- Robert Stupperich: Bucer, Martin. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, S. 695–697.
- W. Krafft, Paul Grünberg: Butzer, Martin. In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 3, Hinrichs, Leipzig 1897, S. 603–612.
- Robert Stupperich: Bucer, Martin. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 7, de Gruyter, Berlin/New York 1981, ISBN 3-11-008192-X, S. 258–270.
- Robert Stupperich: Reformatorenlexikon. Verlag Max Mohn, Gütersloh, 1984, S. 47-49, ISBN 3-579-00123-X
Anmerkungen
- ↑ Bucer wird deshalb auch des öfteren als Vater der Konfirmation bezeichnet.
Weblinks
Commons: Martin Bucer – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienWikisource: Martin Bucer – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Martin Bucer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Martin Bucer. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
- Eintrag über Martin Bucer im Ökumenischen Heiligenlexikon
- Bucer-Forschungsstelle in Heidelberg
- Bucer-Forschungsstelle in Erlangen
- kurze Biographie über Martin Bucer
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