Maurice Gamelin

Maurice Gamelin
Maurice Gustave Gamelin
Gamelin (rechts) neben Edward Rydz-Śmigły

Maurice Gustave Gamelin (* 20. September 1872 in Paris; † 14. April 1958 ebenda) war ein französischer General. Er war 1940 Befehlshaber der französischen Streitkräfte und mitverantwortlich für die schnelle Niederlage Frankreichs während des Westfeldzugs der deutschen Wehrmacht.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gamelin begann seine militärische Laufbahn 1891 mit dem Eintritt in die Militärschule Saint-Cyr, die er 1893 als Jahrgangsbester verließ. Nach anschließendem Dienst im damals zu Frankreich gehörenden Algerien wurde er 1897 in die französische Kriegsakademie aufgenommen und trat 1900 als Hauptmann seine erste Stabsstelle im Stab des XV. Armeekorps an. Ab 1906 folgte er General Joffre durch dessen verschiedene Kommandos, dieser holte ihn schließlich im März 1914 in den französischen Generalstab. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er im November 1914 Brigadekommandeur an der Front und ab 1916 in schneller Folge bis zum Brigadegeneral befördert. 1917 trug er als Kommandeur einer Infanteriedivision an der Oise maßgeblich dazu bei, die dortige deutsche Offensive zu stoppen.

Nach dem Ende des Weltkriegs wurde Gamelin 1920 Leiter der französischen Militärmission in Brasilien, von dort kehrte er 1924 erkrankt nach Frankreich zurück. 1925 übernahm er den Befehl über die französischen Truppen im Völkerbundmandat für Syrien und Libanon. 1929 kehrte er als Kommandierender General eines Armeekorps nach Frankreich zurück. 1931 wurde er schließlich Generalstabschef des französischen Heeres und 1935 Vizepräsident des Obersten Kriegsrats und Generalinspekteur der Streitkräfte.

Zweiter Weltkrieg

1939 entfesselte das Deutsche Reich den Zweiten Weltkrieg. Gamelin hatte als Generalstabschef eine defensive und konservative Grundhaltung zur Kriegsführung durchgesetzt, die sich auch in der zurückhaltenden Reaktion Frankreichs auf Hitlers Rheinlandbesetzung und die Sudetenkrise 1938 zeigte. Dennoch wurde er mit dem Beginn des Krieges Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte in Frankreich. Trotz weitgehender Entblößung des deutschen Westens verzichteten die alliierten Armeen auf einen Angriff zur Entlastung des verbündeten Polen. Es erfolgten lediglich kleinere zaghafte Vorstöße im Saarland. Die alliierten Truppen unter Gamelins Befehl blieben hinter der Maginotlinie, dieser Krieg ohne Kriegshandlung wird als Drôle de guerre oder Sitzkrieg bezeichnet.

Mit dem Beginn des deutschen Angriffs am 10. Mai 1940 zeigte sich, dass Gamelin als Oberbefehlshaber überfordert war. Er erkannte nicht, dass die deutsche Heeresgruppe B, die die Niederlande und Belgien überfallen hatte, ihm nur eine Neuauflage des Schlieffenplans vorspiegeln sollte. Auf seinen Befehl rückten die alliierten Truppen nach Norden vor, um dort gemeinsam mit den niederländischen und belgischen Streitkräften die Hauptfront gegen die Wehrmacht zu bilden. Gamelin blieb in seinem Hauptquartier in Vincennes bei Paris und verlor sehr schnell den Überblick über die Kampfhandlungen; zum einen aufgrund seiner Entfernung zur Front, zum anderen aufgrund des Zusammenbruchs der Kommunikationssysteme. Seine defensive Grundhaltung hatte zudem in der französischen Armee dem Defätismus Vorschub geleistet. Ebenso hatte er die Bedeutung der Panzerwaffe nicht erkannt, Befürworter einer aktiveren Kriegsführung wie Charles de Gaulle waren vor dem Krieg in Frankreich ohne Gehör geblieben.

Die katastrophale Entwicklung der Situation für die Alliierten führte schließlich am 19. Mai zu Gamelins Amtsenthebung, rund eine Woche nach dem Beginn des deutschen Angriffs. Er wurde durch General Maxime Weygand ersetzt und in den Ruhestand verabschiedet.

Im Februar 1942 wurde Gamelin von Vichy-Frankreich im Prozess von Riom als Mitverantwortlicher für die Niederlage angeklagt. Von Philippe Pétain aus dem Verfahren genommen, wurde er 1943 aus französischer Haft entlassen, an Deutschland ausgeliefert und zusammen mit französischen Vorkriegspolitikern, so etwa Édouard Daladier und Léon Blum im KZ Buchenwald interniert.

Nach seiner Befreiung 1945 kehrte er nach Frankreich zurück und schrieb seine Memoiren. Zurückgezogen lebend, starb er schließlich 1958 in seiner Geburtsstadt Paris.

Literatur

  • Martin S. Alexander: The Republic in danger: General Maurice Gamelin and the politics of French defence, 1933-1940, Cambridge University Press, Cambridge 1992. ISBN 0-521-37234-8.
  • James de Coquet: Le procès de Riom. A. Fayard, Paris 1945.

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