Meddeb

Meddeb

Abdelwahab Meddeb (* 1946 in Tunis) ist ein französischer Autor und muslimischer Islamkritiker tunesischer Herkunft. Er lebt in Paris und in Spanien.

Meddeb, Sohn eines alim, eines hohen Theologen der im 9. Jh. gegründeten islamischen Zituna-Universität, wanderte in jungen Jahren von Tunesien nach Frankreich ein. Dort studierte er Literatur- und Kunstgeschichte an den Universitäten von Paris und Aix-Marseille. Danach fand er Beschäftigung als Lektor im Verlag “Editions du Seuil”. Er gründete eine internationale Zeitschrift namens "Dédale" (Dädalus), lehnte zugleich jedoch eine Professur in Vergleichender Literaturwissenschaft an der Universität Paris X ab. Von 1974 bis 1988 betreute er bei den Editions Sindbad eine eigene belletristische Reihe. Heute ist er Gastdozent an verschiedenen Universitäten, u.a. von Yale und Genf. Meddeb ist Mitarbeiter der Sendung "Cultures d'islam" des Radiosenders "France Culture".

Inhaltsverzeichnis

Transkulturalität und Islamkritik

Meddeb ist besonders aufmerksam für das, was er seine "doppelte Herkunft" als Europäer und Moslem, Franzose und Araber nennt. Außer den räumlichen überschreitet er auch die Grenzen der Zeitgebundenheit. In seiner Arbeit greift er zurück auf die vorsokratische Philosophie, auf den Sufismus, auf arabische, persische wie europäische Dichter des Mittelalters und der Renaissance sowie auf Klassiker aus China und Japan. Einen besonderen Stellenwert haben für ihn die Schriften von Ibn Arabî, Averroes, Dante, Nietzsche und Thomas Mann.

Meddeb ist stark an aktuellen zeitgeschichtlichen Ereignissen interessiert. Nach dem 11. September 2001 vertiefte er sich in Fragen des Multikulturalismus, der Integration und des Islamismus. Ausfluss dessen ist sein Buch “La maladie de l’Islam” (2002; dt. "Die Krankheit des Islam"), für das er den Literaturpreis “Francois Mauriac” erhielt und das innerhalb der islamischen Welt, aber auch in Europa heftige Debatten auslöste. 2007 wurde ihm der "Prix international de francophonie Benjamin Fondane" für sein Buch "Contre-prêches" ("Gegen-Predigten"; dt. Übersetzung in Vorbereitung). Auf Deutsch erschienen seine Romane »Talismano« (1993) und »Aya« (1998).

Nach der in der islamischen Welt als Provokation empfundenen Vorlesung Papst Benedikts XVI. an der Universität Regensburg am 12. September 2006 hat Meddeb sich, trotz inhaltlicher Kritik, hinter den Papst gestellt: "Er darf keinesfalls den Disput abmildern und sich einschüchtern lassen. Er hat sich bereits zu sehr entschuldigt" (s.u. das Interview mit DIE ZEIT Nr. 39 v. 21. September 2006). Meddeb befürwortet den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und ist überzeugt, dass "ein demokratischer Islam genauso möglich (ist) wie ein demokratisches Christentum" (ZEIT-Interview, a.a.O.).

Meddeb wird auf Grund seiner kritischen Haltung gegenüber dem orthodoxen Islam bedroht und muss sich daher vor der Öffentlichkeit verbergen[1].

Bücher

  • "Zwischen Europa und Islam" (115 Gegenpredigten), Heidelberg 2007, Verlag Wunderhorn
  • "Ibn arabis Grab" (Gedichte), Heidelberg 2004, Verlag Wunderhorn
  • "Die Krankheit des Islam", Heidelberg 2002, Verlag Wunderhorn
  • "Aya" (Roman), Heidelberg 1998, Verlag Wunderhorn
  • "Talismano" (Roman), Heidelberg 1993, Verlag Wunderhorn

Veröffentlichungen

  • Der Koran als Mythos: Naive Wahrheiten, Dunkelheit des Sinns, unendliche Interpretation, in Lettre International 73, Sommer 2006 (dt. Ausgabe)[2]
  • Islam und Aufklärung: Theologen und Philosophen im Widerstreit um Tradition und Moderne; ebd.

Weblinks

  • "Auf der Suche nach der 'griechischen' Dimension des Islam": Gespräch Beat Stauffers mit A. Meddeb über die Irrwege des Islamismus und sein eigenes Bekenntnis zu einem offenen, humanistischen Islam. Neue Zürcher Zeitung, 2. April 2007 [3]
  • "Dem Islam ist die Gewalt in die Wiege gelegt" - Ein Gespräch mit dem französischen Schriftsteller Abdelwahab Meddeb über die Quellen des Fanatismus und die überfällige Neuinterpretation des Korans. DIE ZEIT, 21. September 2006 Nr. 39 [4]
  • "Die Gewalt neutralisieren - Perspektiven auf den radikalen Islam" Artikel von Abdelwahab Meddeb in der Neuen Zürcher Zeitung vom 30. Juli 2008

Quellen

  1. "Er lebt mit den ständigen Drohungen, ihn umzubringen und er weiß, dass diese Typen so verrückt sind, ihn wirklich zu töten. (...) Man muss seine Freunde kennen, um zu wissen, wo er sich aufhält." Saida Keller-Messahli, Präsidentin des Schweizer „Forums für einen fortschrittlichen Islam“, in einem Interview vom 16.10.2007 ("Intellektuelle im Islam: Wer sich kritisch äußert, lebt gefährlich")[1]

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