Menander Protektor

Menander Protektor

Menander (Protektor; † nach 582) war ein spätantiker-frühbyzantinischer Geschichtsschreiber in der Zeit des Kaisers Maurikios.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Menanders Beiname lässt darauf schließen, dass er der kaiserlichen Garde, den protectores, angehört hat. Vielleicht erlangte er diesen gut dotierten Posten als Belohnung für die Abfassung seines Geschichtswerkes. Ansonsten besitzen wir praktisch keine Kenntnis über sein Leben,[1] wissen aber, dass er offenbar auch als Dichter tätig war (ein Epigramm ist überliefert), Rechtswissenschaften studiert und eine klassische Ausbildung genossen hatte. Menander, der ohne Zweifel Christ war, soll einen Teil seiner Jugend recht unbeherrscht verlebt haben; er genoss das Leben in der Großstadt Konstantinopel, doch mäßigte er sich schließlich, vielleicht auch aufgrund der Ausbildung, die ihm zuteil wurde.[2]

In der Zeit des Kaisers Maurikios verfasste Menander in altgriechischer Sprache sein Geschichtswerk, das an die Historien des Agathias anschloss und die Jahre 558–582 behandelte; möglich ist allerdings, dass Menanders Werk noch weiter reichte, als dies die Fragmente vermuten lassen.[3] Maurikios selbst soll die Abfassung von Menanders Historien gefördert haben. Der genaue Titel ist nicht überliefert; ebenso ist unbekannt, in wie viele Bücher das Werk eingeteilt war (vermutet werden zwischen acht und zehn Bücher). Dass ein Dichter sich auch mit historischen Gegebenheiten auseinandersetzte, war nicht ungewöhnlich, wie das Beispiel des Olympiodoros von Theben oder des Agathias beweist. Von dem Werk sind jedoch nur Fragmente in der Suda, den Excerpta de sententiis sowie vor allem in den Excerpta de legationibus erhalten geblieben; die Fragmente in der Suda sind allerdings als weniger zuverlässig einzuschätzen.[4] Die (teils recht umfangreichen) Fragmente aus dem Geschichtswerk des Menander sind zum Teil von großem Wert. So überliefert Menander den Friedensvertrag, den Kaiser Justinian I., den Menander insgesamt positiv darstellte, mit dem Sassanidenkönig Chosrau I. im Jahr 562 schloss. Dabei zitiert Menander diesen Vertrag offenbar im Wortlaut.[5] Überhaupt bietet er wichtige Informationen über die oströmische Diplomatie um das Jahr 570.

Bei der Abfassung seines Werks scheint sich Menander wesentlich weniger auf persönliche Erfahrungen verlassen zu haben als etwa die Geschichtsschreiber Olympiodoros von Theben oder Priskos, die ebenfalls viele diplomatische Details zu bieten hatten. Vielmehr verließ sich Menander wohl auf die Archive. So folgte er bei den Verhandlungen mit Persien dem Werk des Petros Patrikios; vielleicht nutzte er auch das Werk des Theophanes von Byzanz, doch ist dies umstritten. An anderen Stellen werden Barbaren von Menander nach topischen Muster dargestellt und nicht nach eigenen Kenntnissen.[6] Die Darstellung der Ereignisse scheint sich den Fragmenten folgend auf den Osten konzentriert zu haben, doch ist es nicht unmöglich, dass bei der Auswahl aus Menanders Werk selektiv vorgegangen wurde und er durchaus auch den Westen berücksichtigt hatte.[7] Stilistisch scheint er bisweilen dem Inhalt den Vorzug vor der Form gegeben zu haben, was die Wiedergabe des kompletten Vertragstextes mit Persien belegt.[8]

Menanders Werk wurde um 630 von Theophylaktos Simokates fortgesetzt, dem letzten in klassischer Tradition stehenden antiken Geschichtsschreiber.

Übersetzungen

  • Roger Blockley: The History of Menander the Guardsman. Liverpool 1985 (mit neuer Zählung der Fragmente).
  • Ernst Doblhofer: Byzantinische Diplomaten und östliche Barbaren: aus den Excerpta de legationibus des Konstantinos Porphyrogennetos ausgewählte Abschnitte des Priskos und Menander Protektor (Byzantinische Geschichtsschreiber 4). Graz 1955 (beinhaltet nur die Fragmente aus den Excerpta de legationibus).

Literatur

  • Barry Baldwin: Menander Protector. In: Dumbarton Oaks Papers. Band 32, 1978, S. 99–125 (informativer Überblick).
  • Dariusz Brodka: Zum Geschichtsverständnis des Menander Protektor. In: Dariusz Brodka u.a. (Hrsg.): Continuity and Change. Studies in Late Antique Historiography (Electrum 13). Krakau 2007, S. 95–103.
  • John Martindale: The Prosopography of the Later Roman Empire IIIb. Cambridge 1992, S. 873.
  • Warren Treadgold: The early Byzantine Historians. Basingstoke 2007, S. 293–299.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Einige Informationen finden sich in der Suda, einem mittelbyzantinischen Lexikon; siehe etwa dort sein Vorwort zu den Historien (Suda Stichwort Menandros, Adler-Nummer: mu 591, Suda-Online).
  2. Sein Vater Euphratas soll kaum gebildet gewesen sein, während Menanders Bruder sein Studium der Rechte abbrechen musste, vgl. Baldwin, Menander, S. 101f.
  3. Baldwin, Menander, S. 106f.
  4. Baldwin, Menander, S. 105f.
  5. Fragment 12 nach Müllers Edition (Fragmenta Historicorum Graecorum IV), Fragment 6,1 nach Blockleys Edition (engl. Übersetzung).
  6. Vgl. Baldwin, Menander, S. 104.
  7. Baldwin, Menander, S. 108.
  8. Vgl. Baldwin, Menander, S. 109f.

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