- Metamerie (Farblehre)
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Mit Metamerie (gr. meta - „nach, mitten unter“ und meros - „Teil“, das heißt „aus mehreren Teilen bestehend“) bezeichnet man in der Optik den Sachverhalt, dass verschieden zusammengesetzte Lichtspektren beim Menschen den gleichen Farbeindruck hervorrufen können. Die unterschiedlichen Farbreize mit gleichem Farbeindruck nennt man metamere oder bedingt gleiche Farben.
Das hat besonders bei Körperfarben praktische Folgen, deren Farbstoffe oder Pigmente nicht monochrom sind, das heißt einen relativ breiten Spektralteil des Umgebungslichtes reflektieren.
So kann ein Kleiderstoff einen anderen Farbeindruck erzeugen, wenn er unter einer anderen Lichtquelle betrachtet wird. Das andere Licht kann bestimmte Wellenlängen, die von den textilen Färbemitteln auch reflektiert würden, nicht enthalten (zum Beispiel das Licht der Glühlampen). In der Summe entsteht ein vom vorherigen abweichender Farbeindruck, der umgekehrt auch abweichend ist, wenn zusätzliche Wellenlängen vorhanden sind und reflektiert werden (zum Beispiel im Tageslicht).
Nach der Reparatur einer Auto-Karosserie passiert es oft, dass die neu lackierten Blechteile nicht mehr gleich aussehen wie die übrigen. Der ausgewählte Farblack führte im Kunstlicht der Werkstatt zum gleichen Farbeindruck, nicht aber im Tageslicht draußen. Dass beide Blechteile für sich draußen anders aussehen können, stört in der Regel nicht, störend ist ihr voneinander abweichendes Aussehen. Der in der Werkstatt ausgewählte oder gemischte Lack enthält nicht die gleiche Pigment-Mischung wie der Originallack, obwohl er bei der dortigen Beleuchtung zum gleichen Farbeindruck führt. Von den in der Regel zusätzlich im Tageslicht enthaltenen Wellenlängen werden entweder Anteile vom Original- oder vom Reparaturlack reflektiert, nicht aber von beiden Lacken die gleichen zusätzlichen Anteile.
Die unterschiedlichen Farbeindrücke einer bedingt gleichen Körperfarbe werden mit Hilfe des Metamerie-Index quantitativ beschrieben. Als Normal wird in der Regel Tageslicht beziehungsweise eine künstliche Lichtquelle verwendet, deren Licht dem Tageslicht sehr ähnlich ist.
Bei Farbbildreproduktionen zum Beispiel von Gemälden wird auf möglichst gute Übereinstimmung zwischen Original und Kopie bei einem „mittleren Licht“ geachtet, damit der Eindruck sowohl bei Tages- als auch bei Glühlampenlicht nicht allzu weit vom Original abweicht.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Der Mensch kann Licht der Wellenlänge von etwa 380 nm bis etwa 780 nm in verschiedenen Farben sehen. Der Farbeindruck entspricht einerseits einer Wellenlänge des Lichts oder einem schmalen Bereich des Spektrums. Andererseits können ein kurzwelligeres und ein langwelligeres Licht gemeinsam den gleichen Farbeindruck wie ein einzelnes Licht mit dazwischen liegender Wellenlänge erzeugen. Theoretisch ist dieser Farbeindruck durch beliebig viele Kombinationen von Lichtern mit kleinerer und größerer Wellenlänge und damit eine große Zahl bedingt gleicher Farbreize möglich.
Ursache ist, dass die Netzhaut des Auges nicht für jede Wellenlänge oder für jeden schmalen Bereich des Spektrums mit gesonderten Rezeptoren (Zapfen) versehen ist. Die drei vorhandenen Zapfen-Typen sind in sich überlappenden Teilbereichen - das heißt nicht nur für eine Wellenlänge - empfindlich. Lediglich ihre maximale Empfindlichkeit kann jeweils einer Wellenlänge zugeordnet werden. Jede andere Wellenlänge wird aus der Summe von Signalen, die mittels wenigstens zwei verschiedener Zapfen-Typen empfangen werden, interpretiert.
Dieses Prinzip des Farbsehens lässt keine Unterscheidung zwischen Signalsummen mit gleichem Wert, aber verschiedener Zusammensetzung, beziehungsweise zwischen den bedingt gleichen oder metamer genannten Farben zu. Andererseits ist die technisch bedeutende Additive Farbmischung gerade erst wegen diese prinzipiellen „Mangels“ möglich. Das Auge kann veranlasst werden, alle Farben des Spektrums zu sehen, obwohl ihm nur Kombinationen dreier farbiger Lichter zugeführt werden brauchen.
Bei Tierexperimenten konnte nachgewiesen werden, dass für Menschen metamere Farben für andere Lebewesen nicht gleichfalls metamer sein müssen und umgekehrt. Dies liegt an einer anderen Zahl von Farbrezeptoren, beispielsweise bei Säugetieren meist zwei, bei Vögeln oft vier, oder abweichenden Empfindlichkeitskurven der Farbrezeptoren bei anderen Lebewesen. Dadurch unterscheiden sich auch die zur Farbempfindung notwendigen Gewichtungen der Signale der Zapfen.
Verhalten metamerer Farben bei subtraktiver Farbmischung
Die verschiedenen spektralen Anteile metamerer Farben werden bei subtraktiver Farbmischung nicht in gleichem Maße subtrahiert. Im schematisch abgebildeten Beispiel kann das reine Cyan (der Cyan genannte Spektralbereich) einen Gelb-Filter annähernd unbeschränkt passieren. Ein metameres Cyan, aus je einem Blau und Grün genannten schmalen Spektralbereich, wird beim Passieren eines Gelb-Filters in Grün verwandelt, denn der blaue Anteil wird herausgefiltert.
Der Metamerie-Index
Als Metamerie-Index wird der Farbabstand Delta E verwendet. Das ist der Abstand zwischen den Farborten, die den beiden Farbeindrücken in einem dreidimensionalen Farbraum, üblicherweise in einem Lab-Farbraum zugeordnet sind. Der seit 1976 verwendete Cielab-Farbraum aus dem CIE-Normvalenzsystem ging 1999 als weiter entwickelter Cielab-Farbraum unter der Kurzbezeichnung DIN99-Farbraum in DIN 6176 ein.[1]
Als metamerie-frei gilt eine Farbe, deren Delta E bezüglich zwei vereinbarter Lichtquellen nicht größer als 0,5, für ungeübte Beobachter nicht größer als 1,0 ist.
Vermeidung von Metamerie
- Textilindustrie
Der Käufer beurteilt die Kombinierbarkeit von Kleidungsstücken bei Tageslicht.
Zur Herstellung werden Färbemittel gesucht, die ein möglichst schmales Band des Lichtspektrums reflektieren. Man kann Metamerie aber auch so ausnutzen, dass gewebte, gewirkte oder gestrickte Muster erst bei besonderer Beleuchtung zum Vorschein kommen. Als Farben für das Muster oder den Hintergrund oder für beides werden bewusst nur bedingt gleiche Farben gewählt.
- Lackindustrie
Die Farbe von Lacken wird von den in ihnen enthaltenen Farbpigmenten bestimmt. Davon gibt es eine sehr große Zahl, die in noch mehr möglichen Kombinationen eine sehr ausgedehnte Farbpalette ermöglicht. Weil diese Möglichkeit auch ausgenutzt wird, um ein neues Produkt zusätzlich noch mit einer möglichst neuen Farbe in den Handel zu bringen, werden mehr und mehr nur bedingt farbgleiche Lacke produziert. Teilweises Neulackieren eines solchen Produkts - häufig eine Auto-Karosserie - führt nur dann zu gleichem Farbeindruck, wenn der Reparaturlack die identische Pigmentkombination enthält. Der Lacklieferant des Auto-Herstellers hält diese aber geheim.[2] Die farblichen "Nachstellungen" eines Lacks durch andere Lackhersteller haben nur mehr oder weniger gleiche Pigmentkombinationen wie der originale Lack. Der reparierende Lackierer sollte sich nicht darauf verlassen, dass der von einem anderen Hersteller stammende Lack unproblematisch ist. Er sollte wenigstens darauf achten, dass zum Beispiel die Karosseriebleche bei Tageslicht gleich farbig aussehen.
- Digitalfotografie
In der Digitalfotografie ist Metamerie ein indirektes Problem. Hier geht es darum, dass der Kamerasensor und das Auge metamere Farben gleich beurteilen. Das ist annähernd nach erfolgtem Weißabgleich möglich, wenn die Kamera auf die Farbtemperatur des beleuchtenden Lichts eingestellt ist.
Einzelnachweise
- ↑ DIN 6172: Metamerie-Index von Probenpaaren bei Lichtartwechsel. Beuth Verlag
- ↑ Lackindustrie und Metamerie
Kategorien:- Farbenlehre
- Optische Messtechnik
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