Michael Tomasello

Michael Tomasello

Michael Tomasello (* 18. Januar 1950 in Bartow, Florida, USA) ist ein US-amerikanischer Anthropologe und Verhaltensforscher.

Inhaltsverzeichnis

Wissenschaftlicher Werdegang

Nach einem Studium an der Duke University und der Promotion an der University of Georgia lehrte er von 1980 bis 1998 an der Emory University. Seit 1997 ist er Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und leitet das Wolfgang-Köhler-Primaten-Forschungszentrum. Seit 1999 ist er Honorarprofessor an der Universität Leipzig.

Geteilte Intentionalität

Michael Tomasello beschäftigt sich mit der Evolution der menschlichen Sprache, auch um den Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren zu beschreiben. Dies führte zu der Entwicklung des Konzeptes der geteilten Intentionalität (shared intentionality oder auch Wir-Intentionalität):

  • Es gibt drei grundlegende Motive für Kommunikation: Auffordern, Informieren, Teilen (Nahrung, Gefühle, Einstellungen).
  • Die menschliche sprachliche Kommunikation ist aus der gestischen Kommunikation hervorgegangen.
  • Es gibt prinzipiell zwei verschiedene Arten gestisch zu kommunizieren, Zeigegesten und ikonische Gesten. Ikonische Gesten wurden in der phylogenetischen Entwicklung des Menschen durch Sprache ersetzt, Zeigegesten werden zusätzlich verwendet.
  • Die gestische Kommunikation setzt ein Verstehen der Intentionen des Gegenübers voraus. Das Auffordern erfordert hierbei lediglich das Verständnis der subjektiven Intentionen des Gegenübers, Informieren und Teilen hingegen erfordern eine geteilte Intentionalität, mit anderen zusammen an kooperativen Aktivitäten mit geteilten Zielen und gemeinsamen Absichten teilzunehmen. Menschenaffen können Intentionen von anderen Affen und Menschen erfassen und kommunizieren gestisch um aufzufordern. Aber nur Menschen kommunizieren zum Zweck des Informierens und des Teilens, weil nur sie Intentionen aufeinander abstimmen.
  • Das Teilen führte zu einem starken Gruppenzusammenhalt. Gruppenselektionsdruck führte zur Bildung von Gruppennormen.

Konventionale Sprachen gingen aus der gestischen Kommunikation hervor, wobei Zeigegesten weiter die sprachliche Kommunikation ergänzen. Ikonische Gesten wurden durch sprachliche Äußerungen ersetzt. Durch eine Drift (Gesten werden durch mangelndes Verständnis des gemeinsamen Hintergrunds in der Gemeinschaft falsch interpretiert, wobei sich nach und nach eine neue Bedeutung der Gesten durchsetzte) veränderten sich die Bedeutungen von Gesten, weg von einer natürlichen hin zu einer arbiträren Bedeutung.

Die Evolution von der auffordernden Kommunikation über die informierende Kommunikation zur teilenden Kommunikation ging einher mit einer zunehmenden Komplexität der zugehörigen Grammatiken.

Das Konzept beruht u. a. auf umfangreichen empirischen Studien zur Kommunikation von Menschenaffen, dem Spracherwerb von (Klein-)Kindern und der Gehörlosenkommunikation.

Auszeichnungen

2004 erhielt er den Internationalen Preis der Fyssen-Stiftung.[1] 2006 wurde Tomasello mit dem Jean-Nicod-Preis ausgezeichnet, im Jahr 2009 mit dem Hegel-Preis der Stadt Stuttgart und dem Oswald-Külpe-Preis der Universität Würzburg. 2010 wurde ihm zusammen mit Timothy G. Bromage der Max-Planck-Forschungspreis zuerkannt.

Publikationen

  • Die kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der Kognition. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002.
  • Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2009. (Originaltitel: Origins of Human Communication.)
  • Warum wir kooperieren. Suhrkamp Verlag Berlin 2010. (Originaltitel: Why We Cooperate)

Einzelnachweise

  1. http://www.fondation-fyssen.org/prixUS.html

Literatur

Weblinks


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