- Moldawien-Transnistrien-Konflikt
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Der Transnistrien-Konflikt entstand nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 und war die Folge einer uneinigen Unabhängigkeitsbewegung Moldawiens. Die militärischen Handlungen zwischen dem restlichen Moldawien und Transnistrien (auch Dnjestr-Republik und PMR genannt) dauerten von März bis August 1992 und endeten durch die Vermittlung Russlands.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Bis 1792 gehörte der südliche Teil der Region Transnistria zum Osmanischen Reich, welches es im Vertrag von Küçük Kaynarca an Russland abtreten musste. In diesem spärlich bevölkerten Raum lebten vor allem Tataren, aber auch Moldauer und Ukrainer. Der nördliche Teil gehörte bis 1793 zum Polnischen Königreich und war vor allem von Moldauern, Ukrainern, Juden und kleinen Gruppen von Polen bevölkert. Nach Ende des Sechsten Russischen Türkenkrieges 1812 musste das Osmanische Reich, das heute als Bessarabien bezeichnete Gebiet (in etwa heutiges Moldawien ohne Transnistrien, aber mit Budschak und Teilen der Oblast Czernowitz – Chotyn) an Russland abtreten. Damit begann der Zuzug von Russen und Ukrainern in ein Gebiet, das bis dahin ausschließlich von Rumänen bewohnt war. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918, wurde Bessarabien an Rumänien angegliedert. Transnistrien auf der östlichen Seite des Dnister wurde Teil der neu entstandenen Sowjetunion. Dort wurde die Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (MASSR) eingerichtet, um die sowjetischen Ansprüche auf das frühere russische Gouvernement Bessarabien zu untermauern. Die Sowjetunion förderte die Ansiedlung von Russen in dieser Region, die mehrheitlich von Rumänen bewohnt war, um die Grenze zu sichern und baute die Industrie dieser Region aus. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges musste Rumänien Bessarabien wieder an die Sowjetunion abgeben. Dadurch wurde der Teil westlich des Dnjestr (Bessarabien) mit dem östlichen (Transnistria) in Form der Sowjetrepublik Moldawien vereinigt. Unter der Herrschaft der Sowjets kam es zu weiteren Russifizierungsmaßnahmen, was dazu führte, dass in Transnistrien die russische Minderheit 1989 etwa 25,4 % ausmachte, während der Anteil der Rumänen von 60 % (1969) auf 40 % (1989) sank. Zusammen mit (überwiegend russischsprachigen) Ukrainern (zirka 29 % in 1989) formten die Russen eine russischsprachige Mehrheit in der Region.[1][2]
Nach dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sich Moldawien im Juni 1990 zu einer unabhängigen Republik und am 27. August 1991 erfolgte die Souveränitätserklärung.
Die nationalistisch gestimmten Führungskreise suchten eine Vereinigung mit Rumänien (als „Wiedergutmachung“ des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes). Jedoch erkannte Rumänien gleich nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Moldau den neuen Staat an und nutzte die Chance zur Wiedervereinigung nicht.
Die Rumänische Sprache wurde zur einzigen Staatssprache. So kam es zu Konflikten mit den Minderheiten, die 1989 etwa 30% der Bevölkerung Moldawiens bildeten. Besonders stark und erfolgreich in der Besetzung der regionalen Leitungsfunktionen waren in Transnistrien Mitglieder der ostslawischen Minderheiten (besonders Russen) gewesen, wo 1989 etwa 39,9% Moldauer (rumänisch), 28,3% Ukrainer und 25,4% Russen lebten. Nicht zuletzt wegen der Industrie- und Wirtschaftskraft dieser Region mit ihrer wichtigen Stahl-, Textil-, Schuhindustrie, Möbelherstellung, Spirituosen und Wasserkraft, war die Zentralregierung nicht bereit, die Abspaltung hinzunehmen.
Konflikt
Im September 1990 gründete sich unter dem Vorsitz von Igor Nikolajewitsch Smirnow in Transnistrien ein provisorischer Oberster Sowjet. Der Konflikt mit der moldawischen Regierung schaukelte sich so weit hoch, bis die Lage schließlich eskalierte und zum offenen Bürgerkrieg ausartete. Der Krieg dauerte vom 1. März 1992 bis zum 25. Juli 1992 und konnte unter Vermittlung Russlands und dessen dort stationierter 14. Armee unter General Alexander Iwanowitsch Lebed beendet werden.
Von moldawischer Seite wird der Vorwurf geäußert, dass sich Russland mit seiner 14. Armee aktiv an den Kriegshandlungen beteiligt habe. Als Gründe für das Scheitern der Streitkräfte der Republik Moldau und Hinweis auf Einmischung der neugegründeten Russischen Föderation wird die Tatsache betrachtet, dass die Republik Moldau zu der Zeit über keine einsatzfähige Armee verfügte. Mehr als die Hälfte aller Militärgeräte, darunter alle Panzer und zwei kleinere Kampfschiffe, waren nach der Unabhängigkeitserklärung der Republik Moldau nach Russland abgezogen worden. Moldawien blieb nur ein kleiner Teil der ehemaligen sowjetischen Armee, die aus überwiegend unerfahrenen Rekruten, wenigen Afghanistan-Krieg-Veteranen, die oft als Ausbildner vor Ort fungierten, einigen überraschend effizienten Spezialeinheiten der Polizei und vielen Volontären, vor allem Polizisten, bestand.
Technische Ausrüstung dieser Armee:
- ca. 20 Kampfflieger (nie eingesetzt im Konflikt)
- ca. 100 BTR- und in Rumänien hergestellte TAB-Schützenpanzer
- Leichte Anti-Panzer-Raketen und Luftabwehrwaffen.
Nachdem Söldner links des Nister Ortschaften und Städte besetzt hatten, griffen moldawische Einheiten ein. Im Wesentlichen konzentrierten sich die Kampfhandlungen auf drei Gebiete:
- Rund um die Stadt Rybnitza und das größte Munitionslager Europas beim Dorf Colbasna im Norden;
- an der Linie Cocieri-Coshnitza-Dubasari
- Im Süden bei Tighina sowie der "Separatistenhochburg" und zweitgrößten Stadt des Landes Tiraspol.
Da das Gelände überwiegend flach ist und der Konflikt in dicht besiedeltem Gebiet stattfand, blieben die Kampfhandlungen auf leichte Waffen beschränkt, trafen jedoch Zivilbevölkerung und die Infrastruktur schwer. Moldawische Spezialeinheiten drangen in Tiraspol ein, die Polizei schlug Söldner aus dem besetzten Tighina in die Flucht und Rybnitza im Norden wurde erobert. Die schwersten und verlustreichsten Kämpfe fanden in der Mitte des abgespaltenen Gebietes rund um Cocieri, Coschnitza und Dubasari statt.
Bis heute wird ein Teil der Zone von der Republik Moldau kontrolliert.
Opfer:
- Nationale Armee der Republik Moldau: 109 Tote, 560 Verletzte
- moldawische Polizei: 90 Tote, 579 Verletzte
- 125 identifizierte Zivilisten und mehr als 1000 für tot vermutete Zivilisten auf moldawischer Seite
- Söldnerregime: 284 Tote, 624 Verletzte; 600 identifizierte Zivilisten und ca. über 1000 für tot vermutet.
Dazu kommen eine unbekannte Zahl von Häftlingen und wahrscheinlich Soldaten der Russischen Föderation.
Auswirkungen
Unter russischer Vermittlung wurde eine gemeinsame Streitmacht gegründet, bestehend aus russischen, moldawischen und transnistrischen Einheiten. Diese Einheiten bildeten einen „Friedenskorridor“ zwischen den kämpfenden Parteien und beendeten so am 16. Juli 1992 die Kampfhandlungen durch einen Waffenstillstandsvertrag.[3]
Im Friedensabkommen wurde die nationale Integrität Moldawiens bestätigt, der Dnjestr-Republik wurde jedoch das Recht auf die Abhaltung einer Volksabstimmung zuerkannt, falls Moldawien sich mit Rumänien vereinigt.
90er: Bei den OSZE-Summits in Istanbul und Lissabon wurden die wahrscheinlich einzigen echten diplomatischen Erfolge seitens der moldauischen Diplomaten erzielt: Die Internationale Gemeinschaft erkannte die Schwere des Konflikts und veranlasste Russland unter viel Druck dem Abzug aller russischen Streitkräfte aus der Rep. Moldau bis 2002 zuzustimmen. Dieser ist bis heute v.a. aufgrund vernachlässigender Haltung moldauischer Regierungen nur teilweise vollzogen.
Der Status quo sieht so aus, dass es der Führung in Transnistrien gelungen ist, eigene staatliche und militärische Strukturen aufzubauen. Die moldawische Regierung hat zwar ihr Ziel einer Wiedervereinigung mit Rumänien aufgegeben, besitzt aber trotzdem keinerlei Kontrolle über Transnistrien. Der Konflikt ruht zwar, ist aber keineswegs gelöst.
Seit dem 30. November 2005 gibt es die EUBAM, eine Grenzkontrollmission der Europäischen Union an der moldauisch-ukrainischen Grenze zur Unterbindung des Waffen-, Menschen- und Drogenschmuggels von und nach Transnistrien.
Am 18. November 2008 hat die NATO eine Resolution veröffentlicht, die Russland auffordert, die „im Istanbuler OSZE-Gipfel aus 1999 vorgenommenen Verpflichtungen einzuhalten und die in der Region illegal stationierten Truppen zurückzuziehen.“[4]
Literatur
- Stefan Troebst: Der Transnistrienkonflikt und seine Bearbeitung durch die OSZE, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktforschung (Hrsg.): Afrikanische Perspektiven – Friedensbericht 1998, Stadtschleining 1998, S.347-379
Weblinks
- OSZE Bericht – Die OSZE und der Transnistrien-Konflikt (Bibliografie) (engl.)
- Die Rechtsanwaltskammer aus New York über die Lage in Transnistrien und die Hintergründe des Konfliktes(engl.)
- Kramar – Jenseits der Dnjestr – Bildreportagen
Einzelnachweise
- ↑ [www.uni-leipzig.de/~mil/pdf/de/BuescherTransnistrien.pdf "Die „Staatlichkeit“ Transnistriens – ein Unfall der Geschichte?"], Seite 18, Klemens Büscher, Universität Mannheim, Februar 1998
- ↑ Globaldefence.net: Osteuropa – Moldawien
- ↑ moldova.org: „Moldovan president visits peacekeeping forces' battalion deployed near Cosnita“ (English)
- ↑ NATO-Resolution vom 18. November. Punkt 11. b.
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