- Mondkolonisation
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Spricht man von einer Mondkolonisation, ist meist von einem andauernden Aufenthalt über mehrere Jahre von einer Mindestanzahl von Menschen auf dem Mond die Rede. Nachdem dieses Thema lange Zeit nur in der Science-Fiction behandelt wurde, gibt es gegenwärtig konkrete Nutzungsszenarien wie den bemannten Betrieb eines Teleskops auf der erdabgewandten Seite.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Frühe Überlegungen
Bereits lange vor der Erfindung der Rakete machten sich Menschen Gedanken über die Kolonisation des Mondes. Neben vielen phantastischen Vorstellungen vom Mond gab es auch einige Autoren, die sich im Zuge der Entwicklung der Science-Fiction als Romangattung ernsthafte Gedanken über das Thema machten. So beschrieb Arthur C. Clarke aufblasbare Wohnmodule, die mit Mondstaub zur Isolierung abgedeckt werden.
Erkundungen
Die Sowjetunion und die USA lieferten sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts einen erbitterten Wettstreit um die Vormacht in der Welt, der in vielen Bereichen ausgetragen wurde. Einer davon war der Weltraum und damit auch der Mond.
- 1959, Aufschlag der ersten sowjetischen Sonde, Lunik 2. Kurz darauf umrundete Lunik 3 den Mond und fotografiert dessen Rückseite.
- 1961, John F. Kennedy verkündete das ehrgeizige Apollo-Programm, das bis zum Ende des Jahrzehnts Menschen auf den Mond und zurück bringen soll. Kurze Zeit später verkündete die Sowjetunion das gleiche Ziel, allerdings will sie auch eine Mondbasis etablieren.
- 1964, die Sowjetunion begann ihr Zond-Programm, dessen Ziel die Erkundung und Erforschung anderer Himmelskörper war (siehe auch Sowjetisches bemanntes Mondprogramm).
- 1968, im Rahmen des Apollo-Programms flogen mit Apollo 8 erstmals Menschen in Mondnähe.
- 1969, Apollo 11 landete auf dem Mond, dessen Kommandant Neil Armstrong sowie Pilot Edwin 'Buzz' Aldrin sind die ersten Menschen auf dem Mond. Michael Collins war Pilot des Kommandomoduls im Mondorbit.
- 1972, Eugene Cernan, Kommandant von Apollo 17 ist der bisher letzte Mensch auf dem Mond.
- 2004, George W. Bush kündigte die Aufnahme eines neuen Mondprogramms an. Die NASA begann daraufhin Planungen für eine Mondstation, die als Basis für künftige Marsmissionen dienen soll.
- 2006, die Volksrepublik China kündigte an, bis zum Jahr 2024 einen Menschen auf den Mond zu bringen. Die NASA veröffentlicht Pläne für eine gestaffelte Annäherung des Menschen an den Mond. Demnach sollen nach ersten Testflügen bis 2009 schon 2014 wieder bemannte Missionen zum Mond führen. Ab 2020 sollen vier Astronauten 180 Tage lang auf dem Mond verweilen, bis dann ab 2024 eine permanent bemannte Mondbasis am lunaren Südpol etabliert sein wird. [1]
Argumente für und gegen eine Mondkolonisation
Vorteile und Gründe
- Die sichtbare Nähe zur Erde und die Möglichkeit einer verzögerungsarmen Sprechfunkverbindung haben psychologische Vorteile. Reisen und Transporte zwischen Erde und Mond sind weniger an Startfenster gebunden.
- Als Zwischenstation für weiter entfernte Raumfahrtziele könnte eine Mondstation Treibstoff und Material bereitstellen. Die Nutzung als Basis für zukünftige interplanetare Missionen wäre aufgrund der niedrigeren Fluchtgeschwindigkeit und der fehlenden Atmosphäre energieeffizienter.
- Man würde Erfahrungen für fernere bemannte Missionen sammeln.
- Mondgestein enthält geringe Mengen an Helium-3, welches auf der Erde wesentlich seltener ist. Durch Kernfusion ließe sich daraus zumindest theoretisch Energie gewinnen.
Nachteile und Gegenargumente
- Der Mond als Forschungsobjekt ist zwar noch nicht ausgereizt, aber eine Kolonisation aus purem Forscherdrang ist auf Grund des bereits sehr detaillierten Wissens über den Mond nicht zu erwarten.
- Es ist unklar, ob die lange Niedrig-G-Belastung der Kolonisten auf lange Zeit zu gesundheitlichen Problemen führt, ähnlich den Effekten der Schwerelosigkeit.
- Die langen lunaren Nächte und Tage setzen eine mögliche Kolonie starken Temperaturschwankungen aus und schränken die Nutzung von Solarenergie ein. Nur in den Polregionen ist eine durchgehende Energieversorgung möglich, sofern die Sonne als einziger Energielieferant genutzt wird.
- Flüchtige Elemente sind kaum auf dem Mond nachgewiesen worden. Diese müssten von der Erde importiert werden. Die Autarkie des Mondes wäre damit weiter eingeschränkt.
- Aufgrund der nicht vorhandenen Atmosphäre und des fehlenden Magnetfeldes wäre die Kolonie kosmischer Strahlung ausgesetzt. Strahlenschutzmaßnahmen sind unumgänglich.[2]
Verschiedene mögliche Kolonisationsorte
Ein Startpunkt für eine Mondbasis sollte folgende Kriterien erfüllen:
- gute Transportmöglichkeiten;
- natürliche Ressourcen;
- viele wissenschaftlich relevante und erforschenswerte Objekte in mittelbarer Umgebung
Die Polregionen
Die Polregionen bieten sich aus zwei Hauptgründen als Landungspunkte an:
- Es gibt Punkte, die fast ständigem Lichteinfall ausgesetzt sind ("Berge des ewigen Lichts"). Somit wäre die Sonne als Energiequelle nutzbar. Bei einem Verbund mehrerer Solarparks wäre eine ständige Energieversorgung gewährleistet. Mittels eines Verteilernetzes ließen sich so auch Stützpunkte betreiben, die nicht ständigem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Ein besonderer Kandidat hierfür wäre der Malapert-Krater am lunaren Südpol.
- Er ist die meiste Zeit Lichteinfall ausgesetzt, mittels zweier Solarparks ließe sich ständig Strom erzeugen.
- Er könnte als Relais für Kommunikation und Energie zum 116 km entfernten Shackleton-Krater dienen. Dieser bietet sich für astronomische Beobachtungen an, da er sehr kalt ist und die Kraterwände gegen Radiostrahlung der Erde abschirmen.
- In den Nachtkratern in der Nähe befinden sich höchstwahrscheinlich Wasserstoff-Vorkommen.
- Das Südpol-Aitken-Becken ist der größte bekannte Einschlagkrater des Sonnensystems und sollte Rückschlüsse auf den Aufbau des Mondes erlauben.
- Ein weiterer Kandidat wäre der Peary-Krater am Nordpol. Er wird fast ständig beschienen, und naheliegende Krater lassen Wasserstoffvorkommen vermuten.
Die Äquatorialregionen
Der steilere Einschlagswinkel des Sonnenwindes lässt eine höhere Konzentration an Helium-3 vermuten. Außerdem sollte der Start von Raketen sich einfacher gestalten, allerdings ist dieser Faktor aufgrund der geringen Rotation des Mondes zu vernachlässigen.
Kandidat hierfür wäre das Oceanus Procellarum. Untersuchungen lassen auf sauerstoffreiches Gestein schließen, außerdem befindet sich dort mit der Reiner-Gamma-Anomalie ein nennenswertes magnetisches Feld.
Die Rückseite
Die Helium-3-Konzentration dürfte hier noch merklich stärker sein als auf der erdzugewandten Seite, denn die Erde kann diese während des Mondumlaufs nicht vor dem Sonnenwind schützen.
Die Kommunikation mit der Erde ist nur über einen Satelliten am L2-Lagrange-Punkt oder über ein Netz von Satelliten, die den Mond umkreisen, realisierbar.
Aufbau
Wohnkomplexe
Es gibt verschiedenste Vorstellungen, wie man auf dem Mond leben könnte, die sich jedes Mal auf unterschiedliche Kenntnisse und Techniken stützen. Um nur ein kurioses, aber ernsthaftes Beispiel zu nennen: Es gab Ideen darüber, Stationen zu bauen, die auf den Staubseen schwimmen würden. Auch wurde über aufblasbare Komplexe diverser Ausführungen und Größenordnungen nachgedacht. Ebenso wurde der Umbau der Treibstofftanks vorgeschlagen.
- Besiedlung im Untergrund: Die Kolonie würde hauptsächlich unter der Mondoberfläche gebaut werden, um kosmischer Strahlung, Mikrometeoriten und starken Temperaturschwankungen zu entgehen.
- Natürliche Höhlen: Es wurden inzwischen lunare Lavaröhren nachgewiesen.[3] Diese natürlichen Formationen ließen sich entweder direkt nutzen oder in Komplexe integrieren.
- Eingraben: Als praktischste Lösung wird der Bau einer Basis an der Oberfläche angesehen, die anschließend unter mehreren Metern Mondstaub begraben wird.
- Auf der Oberfläche: Vor der kosmischen Strahlung kann sich die Kolonie mit künstlichen Magnetfeldern schützen.
Energie
Solar
Während in den Polregionen Orte mit ständiger Sonnenbestrahlung liegen, ist sonst auf dem Mond die Sonne nur zeitweise verfügbar. Auf etwa zwei Wochen (336 Stunden) ununterbrochener Sonneneinstrahlung folgen zwei Wochen ununterbrochener Dunkelheit. Da eine entsprechende Energiespeicherung für die Dunkelphase sehr aufwändig ist, wird den Polregionen wohl der Vorzug gegeben.
Rohmaterialien für die Herstellung von Photovoltaikanlagen sind auf dem Mond vorhanden. Auch Sonnenwärmekraftwerke sind denkbar.
Nuklear
Obwohl das für einen Kernfusionsreaktor notwendige Helium-3 reichlich auf dem Mond vorhanden ist, ist eine Nutzung in nächster Zeit unwahrscheinlich, da nach wie vor kein Fusionsreaktor konstruiert wurde, der mehr Energie freisetzt, als er benötigt. Deswegen käme nur die Nutzung eines Kernkraftwerks in Frage, da diese Technologie bekannt und technisch umgesetzt ist.
Als Alternative sollte man noch die Radioisotopengeneratoren nennen, die vor allem bei Langzeitmissionen wie Sonden eingesetzt werden, aktuell beispielsweise die Raumsonde New Horizons.
Transport
Zur Oberfläche
Der Mensch ist bereits mittels Raketen während des Apollo-Programms zum Mond geflogen, auf ihm gelandet und anschließend wieder zurück geflogen. Objektiv betrachtet ist das allerdings beileibe nicht die effektivste Art der Ankunft, denn es blieben immer Ausrüstungsgegenstände wie Mondrover oder Landemodule auf der Oberfläche zurück.
Ein großes Problem bei der Anreise ist es, dass der Mond keine Atmosphäre besitzt und somit kein atmosphärisches Bremsen möglich ist. Somit bleibt bei derzeitigem Technologiestand nur die Möglichkeit, mitgebrachten Treibstoff zum Abbremsen zu nutzen.
Auf der Oberfläche
Bisher wurden hauptsächlich Rover genutzt, um auf dem Mond zu fahren. Für den Transport von Material und Personen zwischen der Kolonie und den Lagerstätten von Bodenschätzen ist aber ein leistungsfähigeres Transportmittel nötig. Hierfür würde sich eine Magnetschwebebahn anbieten, da keinerlei Reibung die Geschwindigkeit begrenzen würde und somit wesentlich höhere Reisegeschwindigkeiten als mit vergleichbarer Technologie auf der Erde möglich wären. Ausfallsichere Lebenserhaltungssysteme sind in den Personentransportmitteln notwendig.
Von der Oberfläche
Der Mangel an Atmosphäre ist Hindernis und Segen zugleich, denn erst dadurch sind Massetreiber (größere Variante einer Railgun) möglich. Diese festen Installationen auf der Oberfläche beschleunigen ein Objekt elektromagnetisch bis jenseits der Fluchtgeschwindigkeit, womit sie den Mondorbit verlassen würden. Je nach Ausrichtung könnte diese Ladung dann an diversen Punkten abgefangen werden oder auf der Erde landen.
Siehe auch
- Bemannter Mondflug nach Apollo
- Constellation (Programm)
- Mondlandung, Mondsatellit
- Venuskolonisation
- Mars Society
Literatur
- Ruthan Lewis, (et al.): The Making of a Lunar Outpost - Exploring a Future Case Study. AIP Conf. Proc., 2007, Volume 880, S.703-710 Abstract
- G. Madhavan Nair, (et al.): Strategic, technological and ethical aspects of establishing colonies on Moon and Mars. Acta Astronautica, Volume 63, Issues 11-12, Dezember 2008, S.1337-1342, Abstract
- Peter Eckart: The lunar base handbook - an introduction to lunar base design, development, and operations. McGraw-Hill, New York 1999, ISBN 0-07-240171-0.
- R.Wallisfurth, Rußlands Weg zum Mond. Econ-Verlag, Wien-Düsseldorf 1964.
- International Academy of Astronautics - Position Paper: The Case for an International Lunar Base, November 1989, (pdf online, abgerufen am 14. Oktober 2010)
Weblinks
Commons: Kolonisation des Mondes – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienEinzelnachweise
- ↑ http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2006/12/04/AR2006120400837_pf.html
- ↑ James H. Adams, Jr., Maurice M. Shapiro: Irradiation of the Moon by Galactic Cosmic Rays and Other Particles. In: Lunar bases and space activities of the 21st century (A86-30113 13-14). Lunar and Planetary Institute, 1985, S. 315-327, abgerufen am 31. Mai 2011 (PDF, englisch): „The ionizing radiation environment on the lunar surface poses a hazard to men and sensitive instruments. Measures to protect crews from this environment can be expected to influence the design of lunar bases and the planning of lunar surface activities.“
- ↑ NASA Science News: Down the Lunar Rabbit-hole 12. Juli 2010
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