Moxibustion

Moxibustion
Moxa-Zigarre und Moxa-Hütchen
Kaempfers Wiedergabe eines japanischen Spiegels der Moxibustionspunkte (17. Jh.)

Moxibustion, auch Moxa-Therapie oder kurz Moxen, bezeichnet den Vorgang der Erwärmung von speziellen Punkten des Körpers. Die Therapie wurde in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) entwickelt, hat aber in den umliegenden Ländern, besonders in Japan, weitere Wandlungen erlebt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

In China wird die Moxibustion bei entsprechender Indikation als eine der Akupunktur gleichrangige Therapie geachtet. Der in westlichen Publikationen oft als Akupunktur verkürzt übersetzte Oberbegriff zhēn jiǔ (chinesisch 針灸) umfasst neben der Nadel ( zhēn) auch die Moxa ( jiǔ) und bedeutet so viel wie „Nadeln und Brennen“. Das westliche Wort Moxibustion setzt sich aus japanisch mog(u)sa (, dies bezeichnet die getrockneten und fein geriebenen Fasern von Blättern des Beifußes, Artemisia princeps, japanisch ヨモギ yomogi) und dem Nomen combustio (lat.) Verbrennen zusammen. Die Wirksamkeit der Moxa-Therapie ist seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.[1]

Bei der Moxibustion werden kleine Mengen von getrockneten, feinen Beifußfasern (Moxa) auf oder über bestimmten, auf den Meridianen liegenden Therapiepunkten abgebrannt. Der chinesischen Tradition zufolge nutzt man manche Punkte vorwiegend für die Brenntherapie, während andere der Akupunktur vorbehalten sind. Der Beifuß (Artemisia vulgaris, in Ostasien nutzt man mehrere Varianten) gilt in Ost und West seit alters her als Heil- und Gewürzpflanze. Die im Frühjahr gesammelten Blätter werden getrocknet, gereinigt, zerrieben und zu einer feinen, leichten Watte aufbereitet. Den traditionellen chinesischen Lehren zufolge wirkt die Hitzeeinwirkung der verglimmenden Moxa auf den Fluss des Qi im Meridiansystem ein.

Schon im 16. Jahrhundert berichten portugiesische Jesuiten aus Japan, dass man dort Krankheiten mit „Feuerknöpfen“ (botoẽs de fogo) behandele. Allgemein bekannt wurde die Moxa in Europa in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts durch ein Buch des batavischen Pfarrers Hermann Buschoff.[2][3] Engelbert Kaempfer veröffentlichte in seinem Werk Amoenitates Exoticae (1712) einen Aufsatz mit einem japanischen Spiegel der Moxibustionspunkte (灸所鑑, kyūsho kagami), der 60 Behandlungspunkte aufführt.[4] Die im 17. Jahrhundert besonders in Mitteleuropa heftig diskutierte Therapie wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts zeitweilig weniger beachtet.[5]

Formen der Anwendung

Traditioneller Behandlungsset aus Ibuki, einem seit alters her berühmten Produktionsgebiet in Japan, mit der watteartigen Moxa und Glimmstäbchen zum Entzünden

Behandlung mit Moxakegeln

Beim indirekten Brennen legt der Therapeut Ingwerscheiben auf die betreffenden Therapiepunkte und entzündet auf diesen kleine Kegel aus Moxa, welche langsam verglimmen. Sobald der Patient ein Hitzegefühl spürt, wird der Kegel zum nächsten Therapiepunkt geschoben. Jeder Punkt wird mehrmals erhitzt, bis die Haut deutlich gerötet ist. Bei dieser „indirekten Moxibustion“ hat die Moxa keinen Kontakt zur Haut. Heute vertreibt der Fachhandel auch fertige, auf Papierscheibchen geklebte Kegelchen. In China und Japan setzte und setzt man teils noch heute den Kegel direkt auf („direkte Moxibustion“). Die dabei entstehenden Brandblasen wie auch kleine eitrige Entzündungen sind beabsichtigt und Teil der Therapie.

Moxazigarre

Der Therapeut entzündet eine Moxazigarre (in dünnes Papier gerollte Stangen aus Moxa) und nähert die glühende Spitze dem Therapiepunkt auf ungefähr einen halben Zentimeter. Wenn der Patient ein deutliches Hitzegefühl spürt, entfernt er die Spitze kurz. Die Prozedur wird wiederholt, bis die Haut am Therapiepunkt deutlich gerötet ist.

Nadeln mit glimmender Moxa in Japan. Die runden Rötungen stammen von einer zuvor durchgeführten Schröpftherapie

Moxa-Nadeln

Dies ist eine Erfindung des japanischen Therapeuten Akabane Kōbei/Kōbē (1895-1983) aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhundert. Mit speziellen Stahlnadeln, an denen die glimmende Moxa befestigt ist, leitet der Therapeut die Hitze konzentriert in den betreffenden Therapiepunkt.

Moxa-Pflaster

Dies sind Pflaster, deren klebende Seite mit Heilkräutern beschichtet ist. Diese erzeugen eine Wärmereaktion und werden auf die betreffenden Therapiepunkte geklebt.

Wirkung

Die Moxa enthält unter anderem ätherische Öle, darunter Cineol und Thujaöl, außerdem Cholin, Harze und Tannin. Nach der Lehre der TCM wirkt Moxa nach dem gleichen Prinzip wie die Akupunktur. Sie soll also den Energiefluss anregen und gegen so genannte „kalte“ Zustände wirken.

Eine von westlichen Anwendern aufgestellte Theorie besagt, dass durch die Hitze die Nervenenden in der Haut stimuliert werden, was die Hirnanhangsdrüse und die Nebennieren anrege, Hormone auszuschütten.

Indikationen und Kontraindikationen

Die Hauptanwendungsgebiete der Moxa-Therapie sind aus Sicht ihrer Befürworter Schwäche nach chronischen Erkrankungen und Erkrankungen der Atemwege wie chronische Bronchitis und Asthma. Moxa dürfe nicht im Gesicht, am Kopf oder in der Nähe von Schleimhäuten angewendet werden. Auch bei Fieber, akuten Entzündungen, während der Menstruation, Schlaflosigkeit sollte diese Technik nicht eingesetzt werden. In der Schwangerschaft wird die Moxibustion des Zhiyin-Punktes bei Beckenendlage eingesetzt, um das Drehen des Kindes in Schädellage zu bewirken.

In China und vielen umliegenden Ländern wird die Moxa-Therapie nicht nur zur Heilung angewendet, sondern auch zur Vorbeugung von Krankheiten. So besagt ein Sprichwort, dass keine weite Reise unternommen werden soll, ohne vorher das Qi, die Lebensenergie, durch Moxa angeregt zu haben.

Risiken

Als Folge von moxibustionsbedingten Hautverbrennungen [6][7][8], bleiben häufig Narben zurück, weshalb manche Anwender präventiv ein Stück Ingwerwurzel oder Knoblauch auf die Haut unter die Moxa legen[9][10][11]. Entsprechende Narben können bei Kindern mit den Folgen einer Misshandlung verwechselt werden [12][13][14], beispielsweise einer Verbrennung durch Zigaretten [15].

Obwohl die Anwendung derartiger Moxibustionstechniken an Kindern wohl nur selten als Kindesmissbrauch zu werten ist, wirft sie dennoch erhebliche moralische und rechtliche Probleme auf. Jede Körperverletzung birgt das Risiko ungewollter Komplikationen (z.B. Infektion der Wunden) mit mglw. gefährlichen Folgen. Narben können potentiell lebenslang kosmetisch entstellend wirken. Nur bei informierter Einwilligung (link: informed consent) des Kindes (bzw. der gesetzl. Vertreter) und medizinisch fachgerechter Durchführung ist ein solcher Eingriff keine strafbare Körperverletzung. Da die Wirksamkeit der Moxibustion bisher nicht wissenschaftlich bewiesen wurde, ist eine medizinisch fachgerechte Durchführung nach herrschender Meinung (in Deutschland) unmöglich. Ob die Eltern, die den Eingriff an Ihrem Kind vornehmen lassen, ihrer elterlichen Verantwortung damit gerecht werden, ist als zumindest zweifelhaft.

Bei der Verbrennung entstehen auch Stoffe und Stäube bzw. Feinstäube, die während der Behandlung eingeatmet werden können. Modellrechnungen zeigen, dass die bei der Moxibustion entstehende Rauchbelastung mit dem Passivrauchen in Gaststätten und Diskotheken vergleichbar ist [16].

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Coyle ME et al.: Cephalic version by moxibustion for breech presentation, Cochrane Library
  2. Wolfgang Michel: Hermann Buschof - Das genau untersuchte und auserfundene Podagra, Vermittelst selbst sicher=eigenen Genäsung und erlösenden Huelff=Mittels. Haug Verlag, Heidelberg 1993. 148pp.
  3. Hermann Buschoff: The gout, more narrowly searcht, and found out; together with the certain cure thereof. London 1676. W Michel,ed. Fukuoka, March 2003
  4. Wolfgang Michel: Engelbert Kaempfers merkwürdiger Moxa-Spiegel - wiederholte Lektüre eines deutschen Reisewerks der Barockzeit. Dokufutsu Bungaku Kenkyū, No. 33 (1983), pp. 185-238
  5. W. Michel: Far Eastern Medicine in Seventeenth and Early Eighteenth Century Germany
  6. David Fisman: Unusual skin findings in a patient with liver disease, CMAJ. 11. Juni 2002; 166(12) S. 1567
  7. Chau N., Moxibustion burns, J Hosp Med. November 2006;1(6):367
  8. Condé-Salazar L, González MA, Guimarens D, Fuente C., Burns due to moxibustion. Contact Dermatitis. 1991 Nov;25(5):332-3. PMID: 1809540
  9. Lock, Margaret M. 1978: Scars of Experience: The Art of Moxibustion in Japanese Medicine and Society. Culture, Medicine and Psychiatry 2:151-175
  10. Feldman, Kenneth 1984 : Pseudoabusive Burns in Asian Refugees. American Journal of Diseases of Children 138: 768-769
  11. Canino, Ian A. & Spurlock, Jeanne 1994: Culturally Diverse Children and Adolescents. Assessment, Diagnosis, and Treatment. Guilford Press, New York, NY
  12. Herrmann B, Medizinische Diagnostik bei körperlicher Kindesmisshandlung. KINDER- UND JUGENDARZT 36. Jg. (2005) Nr. 2
  13. Look KM, Look RM., Skin scraping, cupping, and moxibustion that may mimic physical abuse, J Forensic Sci. 1997 Jan;42(1):103-5. PMID: 8988581
  14. Wong HC, Wong JK, Wong NY., Signs of physical abuse or evidence of moxibustion, cupping or coining? CMAJ. 1999 Mar 23;160(6):785-6. PMID: 10189420
  15. Feldman, Kenneth, 1984 : Pseudoabusive Burns in Asian Refugees. American Journal of Diseases of Children 138: 768-769
  16. Udo Eickmann, Matthias Kaul, Quian Zhang, Eberhard Schmidt: Luftbelastung durch Pyrolyseprodukte bei Behandlungsmethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin. In: Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft Bd. 70, Nr. 6 (2010), ISSN 0949-8036, S. 261 - 266
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