- Museum der Natur (Gotha)
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Das Museum der Natur Gotha ist das größte Naturkundemuseum Thüringens. Es befindet sich im Zentrum Gothas südlich von Schloss Friedenstein und inmitten des Schlossparks in einem Gebäude aus Seeberger Sandstein. Das Museum besitzt umfangreiche geologische, paläontologische und zoologische Sammlungen und zeigt auf drei Stockwerken mehrere Dauer- und Sonderausstellungen zu naturkundlichen Themen. Die Sammlungen reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Besucher können unter anderem lebensechte Darstellungen von Tieren und Pflanzen in ihren jeweiligen Lebensräumen betrachten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Architektur
Herzog Ernst II. (1818–1893) von Sachsen-Coburg und Gotha war der Bauherr des ehemaligen herzoglichen Museums – des heutigen Museums der Natur. Der Architekt war der Wiener Oberbaurat Franz von Neumann der Ältere (1815–1888). Es wurde im ehemaligen herzoglichen Küchengarten von Schloss Friedenstein im Stil der Neorenaissance von 1864 bis 1879 erbaut. Der Architekt richtete sich mit seinen Plänen an bestehende Museumsneubauten, die in Deutschland zur ersten Hälfte des 19. Jahrhundert errichtet wurden.
Datei:Franz von Neumann dJ.jpgDurch eine Glaskuppel in der Mitte des Gebäudes, den repräsentativen Haupteingang und durch die pavillonartige Gestaltung der Ecken wird das Mittelteil des Gebäudes besonders hervorgehoben. Zwei sitzende Löwen an der Freitreppe und zwei allegorische Sandstein-Statuen im Eingangsportal empfangen die Besucher. Auf den Ecken der Attika sind Figurengruppen und im Mittelbereich ein Wappen angebracht, die den wissenschaftlichen Charakter des Gebäudes betonen. Im Inneren des Museums ist das Vestibül einer der schönsten Räume. Die vier Durchgänge werden durch acht große Säulen geprägt. Italienischer Marmor und ein mehrfarbiges Steinmosaik bestimmen das Gesamtbild des Raumes. Ein achtstrahliges Bild mit Blütensymbol ist Blickfang und Mittelpunkt des Museums, was durch das große Treppenhaus ergänzt wird.
Museum der Natur
Im neu erbauten herzoglichen Museum waren das Kunstkabinett, Chinesische Kabinett, Naturalien-Kabinett, Kupferstichkabinett, die Gemäldegalerie und die Sammlung der Gipsabgüsse untergebracht. Damit erhielt die Residenz Gotha ein Museum von großer wissenschaftlicher und künstlerischer Bedeutung, das allerdings am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 durch Auslagerung, Plünderung und Entnahmen große Verluste erlitt. Die noch vorhandenen Teile der Kunstsammlungen wurden 1945 in die Sowjetunion abtransportiert. Nach ihrer Rückkehr 1956 wurden sie nun in das Schloss Friedenstein zum weiteren Verbleib gebracht. Im Museumsgebäude verblieben lediglich die naturwissenschaftlichen Sammlungen. Diese wurden um den Bestand des Naturkundlichen Heimatmuseums erweitert. Nach dem Umbau des Gebäudes wurde am 1. August 1954 das Biologische Zentralmuseum eröffnet. Das größte Naturmuseum Thüringens erhielt den Namen Naturkundemuseum – ab 1971 Museum der Natur Gotha. Das Museum ist ab 2004 Teil der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Nach neueren Planungen der Stiftung wird das Museum der Natur in einen Seitenflügel des Schlosses umziehen. Der Museumsbau wird dann ausschließlich Kunstausstellungen vorbehalten sein.
Heute noch sind die aus Katalogen ab 1656 eingetragenen Sammelobjekte wie zum Beispiel das anatomische Präparat eines Menschen von 1731, der Blasenstein von Johann Saubert von 1646 und mit Miss Baba das älteste erhaltene Präparat einer Elefantenkuh (1857) vorhanden. Wissenschaftler und Forschungsreisende erweiterten stetig die Sammlungen. Durch den Zweiten Weltkrieg entstandene Verluste wurden in den darauf folgenden Jahren ersetzt oder wiederhergestellt.
Auch in Zukunft werden die Sammlungen gemäß der Gothaer Tradition stetig erweitert und gepflegt. Sonderausstellungen und Vorträge ergänzen das vielfältige Museumsangebot.
Dauerausstellungen
Thüringer Wald
Die Ausstellung handelt den wichtigsten großen Landschaftsraum in der Umgebung von Gotha ab, den Thüringer Wald. Sie bietet damit einer wichtigen Besuchergruppe des Museums Informationen zur Naturkunde ihres Feriengebietes, nämlich den Thüringer Wald-Urlaubern. In zahlreichen Dioramen werden anschaulich die Entstehung des Gebirges, die Pflanzen und Tiere nach der Eiszeit, die geologischen und paläontologischen Besonderheiten veranschaulicht. Der Besucher kann in Grundzügen heutige Lebensgemeinschaften der Wälder, Gewässer und anderer Lebensräume des Thüringer Waldes kennenlernen. Auch Wissenswertes über Erholungswesen, Jagd und Bergbau im Thüringer Wald wird präsentiert. Naturkundliches Wissen wird vielfach auch spielerisch und erlebnispädagogisch vermittelt. So können Kinder zum Beispiel Höhlen und Stollen erkunden und dabei Fledermäuse und Kristalle entdecken. Sie können auch in einen Fuchsbau kriechen, wo sie ein junger Fuchs neugierig anblickt. Vogelstimmen und das Röhren eines Rothirsches verstärken den Waldeindruck. Die Ausstellung bietet auch taktile Reize an, indem die Unterschiede von Fellen der verschiedenen Säugetierarten des Thüringer Waldes an einer Wand ertastet werden können.
Insekten
Da die Insekten die erfolgreichste Tiergruppe unserer Erde und ein Forschungsschwerpunkt des Museums sind, zeigt die Ausstellung die große Formen- und Farbenvielfalt der Insekten in einer Dauerausstellung. Sie vermittelt durch zahlreiche, in Schaukästen zusammengestellte Trockenpräparate aus den umfangreichen Sammlungen des Museums die Vielfalt dieser Tiergruppe sowie ihr unterschiedliches Verhalten und die Anpassungsleistungen an die unterschiedlichen Lebensräume. Auch die Bedeutung der Insekten für den Menschen, zum Beispiel als Bestäuber, Honiglieferant, Schadinsekt, wird thematisiert. Es werden zum Beispiel auch historische Zeugen, in Form von alten Münzen ausgestellt, die an Kalamitäten durch einfallende Wanderheuschreckenschwärme im Gothaer Raum erinnern.
Artenschutz
Die Ausstellung zeigt Präparate vieler, in ihrem Bestand seltener, vom Aussterben bedrohter oder bereits ausgestorbener Tierarten, vielfach in Dioramen, in denen sie innerhalb ihres natürlichen Lebensraumes dargestellt sind. Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist die Antarktis. Die Gefährdungsursachen, nämlich direktes Nachstellen durch den Menschen oder die Zerstörung ihrer Lebensräume werden ebenfalls thematisiert. Es werden auch Wege zum Erhalt der Tierarten und der biologischen Vielfalt auf der Erde aufgezeigt und somit die Idee des Artenschutzes vermittelt. Dabei wird auf den wertvollen Fundus der Sammlungen des Museums der Natur zurück gegriffen, die Präparate längst ausgestorbener Tierarten enthält und auch heute noch dem Besucher erfahrbar macht (zum Beispiel ein Präparat des Tordalk aus der Sammlung des Herzogs Ernst II.) oder Ammoniten aus der Fossiliensammlung.
Ursaurier zwischen Thüringer Wald und Rocky Mountains
Nach Ursauriergrabungen unter der Leitung des Geologen/Paläontologen und Kustos des Museums Dr. Thomas Martens in einem ehemaligen Steinbruch am Bromacker bei Tambach-Dietharz präsentiert das Museum in seinem Untergeschoss umfangreiche Sandsteinplatten mit Saurierfährten und Skeletten verschiedener Ursaurier, die bei den Ausgrabungen freigelegt und später präpariert wurden. Es beteiligten sich die amerikanischen Saurierexperten Dr. David Berman vom Carnegie Museum of Natural History in Pittsburgh und Professor Stuart Sumida von der California State University in San Bernardino, der Geologe Andrej Cernansky aus Bratislava und Grabungshelfer.[1]
Sammlungen des Museums
Insekten (Trockensammlungen)
Der Sammlungsschwerpunkt sind Käfer (Coleoptera), Schmetterlinge (Lepidoptera), Hautflügler (Hymenoptera), Springschrecken (Orthoptera oder Saltatoria), Zweiflügler (Diptera) und Libellen (Odonata).
Herkunft ist die Paläarktische Region (Paläarktis), Mitteleuropa und Thüringen.
Conchyliensammlung
Der Sammlungsschwerpunkt sind Weichtiere (Mollusca).
Herkunft sind die Westindischen Inseln und das tropische Südamerika.
Korallen und Schwämme
Der Sammlungsschwerpunkt sind Blumentiere (Anthozoa) – Korallen und Schwämme (Porifera).
Säugetiere
Der Sammlungsschwerpunkt sind Säugetiere (Mammalia).
Herkunft sind Mitteleuropa und Thüringen.
Es gibt Belege für „melanistische (schwarze) Hamster“ in Thüringen.[2]
Vogelsammlung
Hierbei handelt es sich um einen Erwerb von 1820 bis 1890. Heute ist es kein Sammlungsschwerpunkt mehr.
Der Sammlungsschwerpunkt waren die Vögel (Aves) aus dem Orient, Mitteleuropa, der Paläarktischen Region (Paläarktis), der Antarktis und der Nearktis.
Fische, Lurche und Kriechtiere
Hiebei handelt es sich um ungefähr 300 getrocknete Tiere oder Teile davon, die von nationaler Bedeutung sind. Aus Mitteldeutschland und Thüringen gibt es ungefähr 600 Tiere, die flüssig konserviert sind.
Geologische Sammlungen
Zu den geowissenschaftlichen Sammlungen des Museums gehören ca. 5 000 Gesteine, ca. 18 000 Minerale und ca. 50 000 Fossilien. Von wissenschaftshistorischer Bedeutung sind unter anderem die Sammlung von Mineralen, Gesteinen und Fossilien Mitteleuropas und des Thüringer Waldes des Gothaer Geologen Karl Ernst Adolf von Hoff (1771–1837), die „Meteoriten-Sammlung“ und Skelettreste des Waldelefant-Fundes von Burgtonna aus dem Jahre 1695. Zu den wissenschaftlich bedeutenden Sammlungen gehören:
- die seit 1974 am Bromacker bei Tambach-Dietharz gefundenen Ursaurier-Skelette (mehr als 40 Skelette von 12 terrestrisch adaptierten Tetrapoden)
- eine mehrere 1000 Objekte umfassende Sammlung fossiler Conchostraken des Unterperm Mitteleuropas und der USA und
- eine Sammlung von Tetrapodenfährten, Invertebratenspuren und Pflanzen des Rotliegend (Unterperm) Thüringens.
Museumspädagogik
Das Museum der Natur unterstützt durch „Anschauen und Begreifen“ Lerninhalte in Geographie, Biologie und Heimatkunde für die Grundschule, Regelschule und das Gymnasium. Durch Projekttage und Exkursionen soll die Vielfalt der heimischen Natur verständlich nahe gebracht werde. Hervorzuheben ist dabei die Feriengestaltung für Schulkinder, die vom Museum durchgeführt wird. Weiterhin werden Publikationen und Begleithefte zu Dauerausstellungen zur Verfügung gestellt.
Naturschutzjugend NAJU Gotha
Die Jungen Naturfreunde im Alter von 7 bis 14 Jahren erforschen mit Betreuern die Tier- und Pflanzenarten rund um Gotha. Im Klubraum des Museums der Natur haben sie ihr Domizil. Hier erfahren sie von Mitarbeitern des Museums alles über Natur und Tiere. Dem Schutz der Fledermäuse, die im Gothaer Park reichlich vertreten sind, gilt ihre besondere Aufmerksamkeit.[3]
Siehe auch
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Thüringer Staatsanzeiger Nr. 29/2007, 17. Jahrgang. In: TS0729.pdf ISSN 09399135. 16.07.2007. Abgerufen am 21.11.2007.
- ↑ Zimmermann, W.: Die gegenwärtige Verbreitung melanistischer Hamster (Cricetus c. cricetus) in Thüringen und Bemerkungen zu deren Morphologie. 1969, S. 80-89 (Hercynia, N.F. 6(1)).
- ↑ Webseite der Naturschutzjugend NAJU Gotha. In: NAJU.htm. Abgerufen am 21.11.2007.
Literaturverzeichnis
- Museen der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha. Deutscher Kunstverlag GmbH, April 2007.
- Thomas Martens: Ursaurier zwischen Thüringer Wald und Rocky Mountains. Eine Zeitreise in die Erdgeschichte vor 290 Millionen Jahren. 2000, S. 80 (Begleitheft zur Ausstellung von Thomas Martens, Museum der Natur Gotha).
- Zimmermann, W.: Die entomologischen und arachnologischen Sammlungen des Museums der Natur Gotha. 1984, S. 39-43 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 12).
- Joost, W.: Die entomologischen Sammlungen des Naturkundemuseums Gotha. 1965, S. 79-96 (Abhandlungen und Berichte des Naturkundemuseums Gotha 2).
- Bellstedt, R. & R. Samietz: Katalog der in den Sammlungen des Museums der Natur Gotha aufbewahrten Typen. Teil 1 Insekten, 2002, S. 187-196 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 22).
- Bährmann, R.: Zur Kenntnis der Dipterensammlungen Deutschlands. 1999, S. 173-209 (Beiträge zur Entomologie 49).
- Joost, M.: Die Conchyliensammlung im Museum der Natur Gotha. 1990, S. 37-50 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha 16).
- Zimmermann, W.: Zur Kenntnis der Fledermäuse (Chiroptera, Mammalia) in Westthüringen. 1971, S. 77-94 (Abhandlungen und Berichte des Museums der Natur Gotha).
- Gerd Seidel: Thüringer Becken. Sammlung geologischer Führer Band, Nr. 85, Bornträger-Verlag, Berlin 1992, S. 204.
- Thomas Martens: Thüringer Wald. Sammlung geologischer Führer, Nr. 95, Bornträger-Verlag, Berlin, Stuttgart 2003, S. 252.
Weblinks
50.94333333333310.705833333333Koordinaten: 50° 56′ 36″ N, 10° 42′ 21″ O
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