- Nachthexen
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Nachthexen (russisch Ночные Ведьмы, Notschnye Wedmy) war der Spitzname des sowjetischen 588. Nachtbomberregiments, später in 46. Gardefliegerregiment umbenannt, aus dem Zweiten Weltkrieg. Er wurde ursprünglich von den deutschen Truppen verwendet, später aber teilweise von den Angehörigen des Regiments übernommen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das Regiment wurde auf Betreiben von Marina Raskowa 1941 in Engels unter der Bezeichnung Fliegergruppe Nr. 122 aufgestellt. Kommandeur der nur aus Frauen bestehenden Einheit war Jewdokija Berschanskaja, Stabschef Irina Rakobolskaja, Regimentsingenieur Sofia Oserkowa und Navigationsoffizier Sofia Bursajewa. Die Pilotinnen rekrutierten sich aus Angehörigen der zivilen Luftflotte sowie Aeroklubs, die Navigatoren kamen von der OSSOAWIACHIM oder waren Hochschulabsolventen. Ab Februar 1942 begann die Formierung und das Training der Besatzungen unter der Bezeichnung 588. Fliegerregiment. Am 23. Mai erfolgte die Verlegung an die Front als Teil der 218. Nachtbomberdivision unter Dmitri Popow. Die ersten Einsätze begannen ab dem 8. Juni 1942 im südlichen Donbass im Abschnitt Konstantinowka-Melechowka-Rasdorska. Weitere Aktionsräume waren der Kaukasus und die Krim, wo auch Versorgungsflüge für den Brückenkopf Eltigen geflogen wurden. Am 8. Februar 1943 erging der Befehl, dem Regiment den Titel 46. Gardefliegerregiment zu verleihen, was am 10. Juni mit der Verleihung des Gardebanners geschah. Für die Leistungen bei der Rückeroberung der Halbinsel Taman im September/Oktober 1943 wurde der Beiname 46. Tamaner Garderegiment vergeben. Während der Kämpfe um Sewastopol unterstand die Einheit zeitweise der 2. Stalingrader Nachtbombergardedivision unter Kusnezow, beim Einsatz bei der 2. Weißrussischen Front ab Sommer 1944 der 325. Nachtbomberdivision. Die letzten Kampfeinsätze erfolgten bei Danzig, Stettin, Köslin und gegen den Hafen vom Swinemünde. Im November 1945 wurde das Regiment, das Träger des Rotbanner- und des Suworowordens III. Klasse war, aufgelöst.
Insgesamt flog das Regiment 23.672 Einsätze und warf circa 3.000 Tonnen Bomben ab. Es zerstörte oder beschädigte 17 größere Brücken, 9 Eisenbahnzüge, 26 Munitions- und Treibstofflager, 176 LKW und 86 Feuerstellungen. Durchschnittlich absolvierte jede Pilotin fast 1.000 Einsätze. Von den 29 Frauen, denen im Zweiten Weltkrieg der Titel „Held der Sowjetunion“ verliehen wurde, waren 23 Mitglieder der Nachthexen. 14 Pilotinnen kamen bei den Kämpfen ums Leben.
Weitere, nur aus Frauen bestehende Truppenteile waren das 586. Jagdfliegerregiment mit Tamara Kasarinowa als Befehlshaberin sowie das 587. Bomberregiment unter Führung Marina Raskowas.
Die Maschinen
Die Flugzeuge waren Doppeldecker vom Typ Polikarpow Po-2, ein 1927/28 entwickeltes Modell aus Holz und Stoff, das ursprünglich zur Ausbildung und für landwirtschaftliche Zwecke konstruiert wurde. Zum Einsatz im Nachtbombenregiment waren die Flugzeuge behelfsmäßig zu Bombenflugzeugen umgerüstet worden. Unter Rumpf und Tragflächen befanden sich sechs bis acht Bombenträger, von denen aus Stahltrossen in die Kabine des Navigators führten und durch Ziehen ausgelöst wurden. Zum Anvisieren wurden an der rechten Bordwand zwei mit Leuchtfarbe gestrichene Metallstäbe angebracht und ein kleines Zielfenster in die rechte Tragfläche geschnitten. Die mitgeführte Bombenlast stieg im Laufe des Krieges von 180kg auf 300, später sogar 400 kg. Die Po-2 brauchte eine nur kurze Startbahn und konnte deshalb auch von unbefestigten Wiesen und Waldlichtungen (Sprungbretter genannt), die sich kurz hinter der Frontlinie befanden, eingesetzt werden.
Obwohl oder gerade weil der Typ sehr langsam war, konnte er Dank seiner Manövrierfähigkeit von den sehr viel schnelleren deutschen Jagdflugzeugen nur schwer abgeschossen werden. Da die Flugzeuge nur eine geringe Bombenlast transportieren konnten, starteten sie bis zu dreimal, manchmal sogar bis zu achtmal pro Nacht. Ein Einsatz verlief in der Regel so, dass die Maschinen im Schutze der Dunkelheit in Abstand von einigen Minuten einzeln anflogen. War das Ziel in der Nähe, wurde der Motor abgestellt und die Bomben im Gleitflug abgeworfen. Nach dem Anwerfen des Triebwerks erfolgte die Rückkehr zum Stützpunkt.
Die 23 „Helden der Sowjetunion“ des Regiments
- Raissa Aronowa (960 Einsätze)[1]
- Wera Belik (postum, 813)
- Antonina Chudjakowa (?)
- Rufina Gaschewa (848)
- Polina Gelman (850)
- Tatjana Makarowa (postum, 628)
- Natalja Meklin (980)
- Dina Nikulina (700)
- Jewdokija Nossal (postum, 354)
- Soja Parfenowa (680)
- Jewdokija Pasko (?)
- Nadeschda Popowa (850)
- Nina Raspopowa (857)
- Jekaterina Rjabowa (?)
- Larissa Rosanowa (816)
- Jewgenija Rudnewa (postum, 645)
- Olga Sanifirowa (postum, 800)
- Jewgenia Schigulenko (968)
- Irina Sebrowa (1008)
- Maria Smirnowa (950)
- Maguba Syrtlanowa (782)
- Marina Tschetschnewa (810)
- Nina Uljanenko (?)
Sonstiges
- 1981 entstand in der Sowjetunion ein gleichnamiger Film über den Einsatz des Fliegerregiments. Die Regisseurin Jewgenija Schigulenko hatte selbst als Staffelkommandeurin in der Einheit gekämpft und war als Held der Sowjetunion ausgezeichnet worden.
- Die niederländische Death-Metal-Band Hail of Bullets veröffentlichte auf ihrem Album …of Frost and War ein gleichnamiges Lied, welches von diesem Fliegerregiment handelt.
Literatur
- M.P. Tschetschnewa: Der Himmel bleibt unser. Wojenisdat, Moskau 1976. 1982 im Militärverlag der DDR ins Deutsche übersetzt erschienen unter ISBN 978-3-327-00703-7.
- A. Noggle: A Dance With Death: Soviet Airwomen in World War II. ISBN 978-0-89096-601-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ E. Meos, K. H. Hardt: Komsomolkas am Feind in Flieger Revue 10/1970, S. 432
Kategorien:- Luftstreitkräfte (Sowjetunion)
- Sowjetische Militärgeschichte
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