Namensstreit Japanisches Meer

Namensstreit Japanisches Meer
Japanisches Meer, Ostmeer oder Koreanisches Ostmeer?

Zwischen Japan, Nordkorea und Südkorea gibt es einen seit 1992 andauernden Streit über den Namen des zwischen den drei Staaten liegenden Japanischen Meeres.

Südkorea besteht auf einer Umbenennung von „Japanisches Meer“ zu „Ostmeer“.[1] Auch der Name „Koreanisches Meer“ wird von Südkorea angedacht.[2] Weitere Namensvorschläge Südkoreas sind „Meer des Friedens“, „Meer der Freundschaft“ und „Meer der Versöhnung“.[3] Nordkorea möchte das Meer in „Koreanisches Ostmeer“ umbenannt sehen, unterstützt sonst aber auch den Vorschlag Südkoreas zur Umbenennung in „Ostmeer“.[4] Japan steht bis dato allen Änderungswünschen ablehnend gegenüber. Russland als weiterer Anrainerstaat zu diesem Meer verhält sich in diesem Streit zurückhaltend.

Bisher ist die Forderung Nord- und Südkoreas von der UNCSGN (United Nations Conference on Standardization of Geographical Names) weder angenommen noch abgelehnt worden. Bis zu einer Entscheidung wird weiterhin der Name „Japanisches Meer“ für den internationalen Gebrauch empfohlen.

Auch in Japan, der Republik China, Russland und der Volksrepublik China wird weiterhin der Name „Japanisches Meer“ verwendet. In Südkorea wird von der südkoreanischen Regierung und den südkoreanischen Medien durchgehend der Name „Ostmeer“ benutzt, in Nordkorea hingegen durchgehend der Name „Koreanisches Ostmeer“[5].

Inhaltsverzeichnis

Argumente

Beide Seiten haben ein Reihe von Argumenten angeführt, um ihre Forderungen nach Beibehaltung bzw. Namensänderung zu untermauern. Viele der Argumente wurden gar nicht von den Regierungen, sondern von nationalistischen Organisationen vorgebracht.

Geographische Gründe

Japanische Gruppen argumentieren, dass der von Nord- und Südkorea forcierte Name „Ostmeer“ geographisch nicht eindeutig ist. Er lässt sich, im Gegensatz zum bestehenden Namen, zum Beispiel auf das Ostchinesische Meer beziehen oder sich mit Übersetzungen von Lokalnamen anderer Meere verwechseln, zum Beispiel mit dem Südchinesischen Meer, bei welchem der vietnamesische Lokalname Bien dong wörtlich übersetzt „Ostmeer“ bedeutet. Vergleichbar ist die Situation mit dem Baltischen Meer, dessen Bezeichnung Ostsee nur regional begrenzt genutzt wird.

Nord- und südkoreanische Gruppen argumentieren, dass das Meer im östlichen Teil des asiatischen Kontinents liegt. Vergleichbar ist die Situation mit der Nordsee, die ihren Namen von der nördlichen Lage in Europa ableitet.

Historische Gründe

Benamung des Meeres in historischen Karten

Beide Seiten legen ausgewählte Beispiele von historischen Karten vor, um ihre Forderung zu stützen. Japan argumentiert mit historischen Karten, welche den Namen „Japanisches Meer“ tragen, aber nicht aus seiner Kolonialzeit stammen. Südkorea argumentiert mit historischen Karten, die nicht den Namen „Japanisches Meer“ enthalten. Jedoch sind die alten Karten oft zweideutig und zeigen zum Teil weder Japan noch Korea.

Ein Teil des Namensstreites reduziert sich auf die Frage, wann der Name „Japanisches Meer“ zum De-facto-Standard wurde:

Japanische Gruppen argumentieren, dass der Name „Japanisches Meer“ ursprünglich von den Europäern geprägt und von ihnen zum De-facto-Standard erhoben wurde. Hierzu wird nach Auswertung von Karten auf das frühe 19. Jahrhundert verwiesen[6], einer Zeit, bevor Japan wirtschaftlichen und politischen Einfluss in der Region erlangte, auch bezüglich der Benamung des Meeres.[7]

Südkoreanische Gruppen bestehen hierzu auf das frühe 20. Jahrhundert, als Korea in das Japanische Kaiserreich eingegliedert wurde.[2] Daher sehen Nord- und Südkorea die jetzige Dominanz des Namens „Japanisches Meer“ als Widerspiegelung der imperialen Vergangenheit Japans.

Studien zu historischen Karten
„Kunyu Wanguo Quantu“, gezeichnet 1602 von Matteo Ricci in Peking. Sie ist die älteste bekannte Karte dieser Meeresregion.[7] Darauf wird das Meer als "海本日" („Japanisches Meer“) ausgewiesen.

Im Juli 2001 legte Südkorea einen Bericht über Karten aus Europa vor. Die Karten stammten zumeist aus dem 19. Jahrhundert und wurden in der British Library restauriert. Von 377 Karten, die auch dieses Meer zeigen, benennen es 72 als „Koreanisches Meer“ und/oder „Ostmeer“ und 10 Karten benutzen den Namen „Japanisches Meer“.

2002 veröffentlichte die University of Southern California (USC) im Internet ihr digitales Archiv der zum Thema gehörenden Karten – 172 Karten aus dem 17. und 19. Jahrhundert. Namen für dieses Meer tauchen erst im 18. Jahrhundert auf. „Koreanisches Meer“ oder „Ostmeer“ wird 95 mal als Name verwendet, während der Name „Japanisches Meer“ nur ein mal auftaucht. Auf den Karten des 19. Jahrhunderts wird neun mal „Japanisches Meer“ und 30 mal „Koreanisches Meer“ verwendet. Von insgesamt 165 Karten der Sammlung verwenden 135 den Begriff „Koreanisches Meer“ oder „Ostmeer“ und nur zehn „Japanisches Meer“.[8]

Im Dezember 2002 legte Südkorea einen Bericht über die Namen auf 228 Karten vor, die vor 1800 herausgegeben wurden und die sich im Besitz der U.S. Library of Congress befinden. Nach diesem Bericht tragen zwei Drittel der Karten den Namen „Ostmeer“, „Koreanisches Meer“ oder ähnliche Varianten.

Das südkoreanische „Ministerium für Meeresangelegenheiten und Fischerei“ stellt fest, dass bei ihrer Untersuchung von 763 historischen Landkarten in verschiedenen staatlichen Behörden und Universitätsbibliotheken weltweit, 440 × der Name „Koreanisches Meer“, „Ostmeer“ oder eine Variante auftaucht.

Dem entgegen legte im September 2003 Japan einen Bericht über die Benennung auf europäischen Karten vor, die zwischen 1801 und 1861 herausgegeben wurden und von der British Library und der Universität Cambridge ausgewertet wurden. Von den 37 Karten der British Library, die das Gebiet um das Meer darstellen, benutzen 32 den Namen „Japanisches Meer“ und 5 den Namen „Koreanisches Meer“. In der University of Cambridge wurden 21 Karten gefunden, von denen 18 den Namen „Japanisches Meer“ und 3 den Namen „Koreanisches Meer“ verwendeten.

Im März 2004 veröffentlichte das japanische Außenministerium einen Bericht mit einer Liste von Landkarten der Französischen Nationalbibliothek. Von den 1495 untersuchten Karten (herausgegeben zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert) benutzen 407 einen Namen für das Meer, 249 mal „Japanisches Meer“ und 60 mal „Koreanisches Meer“. Es war keine Landkarte zu finden, die den Namen „Ostmeer“ verwendete. Weiterhin wurden Karten aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert untersucht. Von diesen benutzten 90 % (99 Karten) den Namen „Japanisches Meer“. Karten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gedruckt wurden, verwendeten zu 100 % (105 Karten) den Namen „Japanisches Meer“.

Ein weiterer Bericht des japanischen Außenministeriums zum Namensstreit befasst sich mit Landkarten im U.S. National Archives and Records Administration. Von den 1435 Karten, die das umstrittenen Meer darstellen, verwenden 1110 den Namen „Japanisches Meer“.

Besitzansprüche

Nordkorea und südkoreanische Gruppen führen an, dass der Name „Japanisches Meer“ Eigentumsansprüche auf ein internationales Gewässer darstellte, da der japanische Vorschlag an die Internationale Hydrographische Organisation (IHO) für diesen Namen und die darauf offizielle Namensgebung zu einer Zeit statt fanden, in der Korea eine japanische Kolonie war. Diesbezüglich wird der jetzige Name als nicht neutral empfunden.

Von japanischer Seite aus wird jedoch betont, dass man keinerlei Eigentumsansprüche auf dieses Meer stellt und es sich lediglich um einen Namen handelt.

Weitere Argumente zur Beibehaltung des jetzigen Namens

Präzedenzfall

Ferner wird von japanischer Seite aus auch angeführt, dass die Umbenennung einen unruhestiftenden Präzedenzfall darstellen würde. Die Um- oder Doppelbenennung würde dem Geist der geographischen Standardisierung widersprechen. Da der Name „Japanisches Meer“ international eingeführt ist, wäre eine Umbenennung eine vermeidbare Verkomplizierung.

Weitere Argumente zur Abänderung des jetzigen Namens

Ländernamenunabhängigkeit

Da das Meer theoretisch durch die Ausschließlichen Wirtschaftszonen der Einzelländer getrennt werden kann, findet es Südkorea „unangemessen“ und nicht rechtfertigbar, eine einheitliche Benamung ohne die Zustimmung aller das Meer umgebenden Länder durchzuführen.[1]

Reaktionen der Medien und Verlage

Japanisches Meer - Schreibweise in deutschen Schulatlanten

Die meisten Verlage auf der Welt verwenden weiterhin nur den Namen „Japanisches Meer“. Dieser Fall wird zum Beispiel auch für deutsche Schulatlanten angewandt. Nur wenige Verlage und Herausgeber sind auf den Namensstreit eingegangen, indem sie beide Namen in ihre Karten aufnahmen. So gibt es in Deutschland bisher nur einen Verlag, der dies so drucken lässt.[9][10] Von den größeren Verlagen weltweit waren dies der US-amerikanische Verlag Rand McNally, der Weltatlas der Microsoft Encarta und die Encyclopedia Britannica.[10][11][12] In einigen wenigen Fällen wurde das Gebiet ganz ohne einen Namen gelassen. Einige Verlage haben den Namen „Ostmeer“ ohne weitere Zusätze übernommen. So zeigt Google Earth diesen Namen als alleinigen Namen nahe der Küste Südkoreas an, allerdings in allen anderen Gebieten den Namen „Japanisches Meer“.[13]

1999 erkannte die National Geographic Society an, dass Südkorea das Recht hat, den Namen „Japanisches Meer“ anzufechten. Seitdem nennt die National Geographical Society das Gewässer in der Form „Japanisches Meer (Ostmeer)“. Es ist ihre allgemeine Richtlinie, offiziell umstrittene Namen in Klammern hinzuzufügen.

Um 2002 hatte eine freiwillige, südkoreanische Cyber-Organisation mit einer aggressiven E-Mail- Kampagne an Webmaster begonnen, mit dem primären Ziel, den Namen „Japanisches Meer“ durch den von Nord- und Südkorea favorisierten Namen „Ostmeer“ zu ersetzen. Diese Gruppe hatte sowohl Erfolge, aber auch Rückschläge durch die Gegenreaktion von Befürwortern des jetzigen Meeresnamens zu verzeichnen.

Historische Entwicklung des Namensstreits

1919 hat die IHO eine Konferenz zur Benennung von Gewässern mit international akzeptierten Namen abgehalten. Zum damaligen Zeitpunkt wurde ausschließlich der Name „Japanisches Meer“ auf internationalen Karten verwendet. Die japanische Delegation hat daher den Namensvorschlag „Japanisches Meer“ als offiziellen Namen unterbreitet. Da Korea seit 1910 als japanische Kolonie in das Japanische Kaiserreich eingegliedert war und somit zu dem Zeitpunkt der IHO-Konferenz schon längst nicht mehr existierte, gab es daher auch keine Teilnahmemöglichkeit für dieses nunmehr ehemalige Land. Das erste geographische Namensverzeichnis der IHO Limits of Oceans and Seas (1928) enthielt somit den Namen „Japanisches Meer“.

1974 hat die IHO unabhängig von diesem Disput die technische Resolution A.4.2.6 herausgegeben. Obwohl in dieser Resolution nur allgemeine Richtlinien enthalten sind, wird oft darauf verwiesen. Die Resolution beschreibt, dass bei umstrittenen geographischen Bezeichnungen beide Namen simultan zu verwenden sind. Dies solle insbesondere gelten, wenn sich die gleiche geographische Einheit über beide Länder erstreckt.

1977 hat die 3. UNO-Konferenz zur Standardisierung von geographischen Namen (UNSCGN) die Resolution Namen von geographischen Einheiten außerhalb eines einzelnen souveränen Staates (III/20) verabschiedet. Diese Resolution empfiehlt:

„Wenn sich Staaten eine geographische Einheit teilen und sich nicht auf einen gemeinsamen Namen einigen können, sollte es eine generelle Regel in der Kartographie sein, beide Namen zu akzeptieren. Nur einen Namen zu nehmen und den anderen auszuschließen wäre in der Praxis unkonsequent und unpraktisch.“

1992 beantragte Südkorea, das Thema auf die Tagesordnung der 6. UNCSGN-Konferenz zu bringen. Durch einen Einspruch Japans wurde der Antrag verworfen. [14]

1995 löschte Südkorea entgegen den oben aufgeführten Resolutionen den Namen „Japanisches Meer“ von seinen offiziellen nautischen Karten. Bis dahin waren gemäß der internationalen Konvention auf südkoreanischen Seekarten beide Bezeichnung aufgedruckt – „Japanisches Meer“ und „Ostmeer“.

1997 sprach Südkorea das Thema erneut auf der 7. UNCSGN-Konferenz an. Eine weitere Diskussion wurde durch den Einspruch Japans abgelehnt. Beide Länder wurden nochmals auf die oben erwähnte Resolution III/20 hingewiesen und aufgefordert, zu einer Übereinstimmung zu kommen. Bis heute ist jedoch keines der beiden Länder gewillt, seine Position einem Kompromiss zu opfern.

2002 scheiterte der Antrag Südkoreas, das Thema auf die Tagesordnung der 8. UNSCGN-Konferenz zu bringen am japanischen Einspruch.

2002 hat die IHO ein Rundschreiben herausgegeben, in dem sie zu einer Abstimmung zu offenen Fragen – unter anderem zum Namen „Japanisches Meer“ – aufgerufen hat. Konkret handelte es sich um offene Seiten der vierten Ausgabe von Limits of Ocean and Sea. Nach einem Einspruch Japans wurde der Brief zurückgezogen.

2004 hat die UNO am 23. April in einem Brief an die japanische Regierung bekräftigt, dass in offiziellen Dokumenten weiterhin der Name „Japanisches Meer“ verwendet wird. Jedoch wird das Thema für weitere Diskussionen offen gehalten. In einem Brief an Südkorea betonte die gleiche Institution, dass sie nicht über die Gültigkeit eines der beiden Namen entscheiden werde, aber den gegenwärtig am meisten verbreiteten Namen so lange weiter gebrauchen werde, bis die beiden Seiten ihre Unstimmigkeiten beigelegt haben.

2006, während der APEC im November, wurden von der südkoreanischen Regierung mehrere weitere Vorschläge zur Umbenennung des Meeres gemacht („Meer des Friedens“, „Meer der Freundschaft“ und „Meer der Versöhnung“).[3] Anfang 2007 wurde dieser Vorschlag von japanischer Seite zurückgewiesen. Begründet wurde dies mit der fehlenden Notwendigkeit eines Namenswechsels. [15]

Siehe auch

Weblinks

Fußnoten

  1. a b Koreanisches Ministerium für Außenangelegenheit und Handel der Republik Korea: PoliticalAffairs > Issues in Focus > EastSea
  2. a b Koreanisches Ministerium für Seeangelegenheiten und Fischerei: The Name „East Sea“ Used for Two Millennia, 2005
  3. a b Roh Proposed New Name for East Sea to Japan, The Chosun Ilbo, Ausgabeversion vom 9. Januar 2007, gefunden am 22. März 2009
  4. Japanisches Außenministerium: Efforts of the Government of Japan in Response to the Issue of the Name of the Sea of Japan, März 2003
  5. Korean Central News Agency: East Sea of Korea Is Not Sea of Japan, 11. März 2004
  6. Japanische Küstenwache – Abteilung für Hydrographie und Ozeanographie: Change of the names adopted in the Foreign Maps, gefunden am 7. März 2009
  7. a b Japanisches Außenministerium: Sea of Japan – A Globally Established Name (Video Clips), gefunden am 7. März 2009
  8. Internet Archive: http://web.archive.org/web/*/http://digarc.usc.edu:8089/cispubsearch/collectiondetails.jsp?collection=seakorea&recordid=seakorea-m1&issubcollection=false
  9. Verlag Kober-Kümmerly+Frey, Weltkarte, gefunden am 2. Februar 2009
  10. a b Spiegel Online: Asiatischer Kartenkrieg erreicht Deutschland, Autor: Alexander Neubacher, veröffentlicht am 14. Mai 2004
  11. Encyclopedia Britannica, Onlineausgabe, gefunden am 6. Juni 2006
  12. Microsoft Encarta, Onlineausgabe, gefunden am 6. Juni 2006
  13. Korea Times: KOREA: Google asked to identify Korea correctly, Veröffentlicht von: AsiaMedia – Media News Daily Autor: Cho Jin-seo, Veröffentlicht am 2. August 2006, gefunden am 8. März 2009
  14. The Society for East Sea, department of Geography Education, College of Education Seoul National University: The Historical precedent, geschrieben im Januar 2000, veröffentlicht auf „The Voluntary Agency Network of Korea: VANK“, gefunden am 22. März 2009
  15. Shiozaki: No need to change name of Sea of Japan, The Japan Times Online, veröffentlicht am 10. Januar 2007, gefunden am 22. März 2009

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