- Nationales Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum
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Das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum („NLFZ“ oder „NLFZ SiLuRa“) nahm im Oktober 2003 im niederrheinischen Uedem seinen Betrieb auf.
In diesem Zentrum kontrollieren deutsche Soldaten, Beamte der Bundespolizei und die Deutsche Flugsicherung gemeinsam rund um die Uhr im Schichtdienst den Luftraum, um terroristische Bedrohungen durch zivile Flugzeuge (sogenannte Renegade-Fälle) abzuwehren.
Bei Bedarf werden auch Informationen des Bundesnachrichtendienstes, des Bundeskriminalamtes oder der Polizeibehörden der Länder herangezogen; auch mit den Nachbarstaaten wird zusammengearbeitet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die rot-grüne Regierung hatte vor dem Hintergrund der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA und nach dem Geisterflug eines verwirrten Segelfliegers über Frankfurt am Main im Januar 2003 das neue Luftsicherheitsgesetz im Januar 2005 beschlossen. Bereits am 1. Oktober 2003 wurde das Nationale Lage- und Führungszentrum für Sicherheit im Luftraum gemeinsam vom Bundesministerium der Verteidigung, Bundesministerium des Innern und Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Rahmen ihrer Organisationshochheit eingerichtet. Seitdem werden dort Informationen aus allen Ressorts und Dienststellen auf Bundes- und Länderebene, die mit der Sicherheit im Luftraum befasst sind, sowie deren nachgeordneten Behörden zusammengeführt und ausgewertet.
Zusammensetzung
Luftverteidigung
Als Vertreter des Bundesministeriums der Verteidigung stellen die Soldaten der Luftwaffe mit der Führungszentrale für in nationaler Zuständigkeit durchzuführende Maßnahmen der militärischen Luftverteidigung - Führungszentrale Nationale Luftverteidigung (FüZNatLV) - das Kernelement. Nur die Streitkräfte verfügen über Kräfte und Mittel, um Luftfahrzeuge über dem Territorium Deutschlands eindeutig zu identifizieren. Hierfür stehen der Luftwaffe Jagdflugzeuge und Luftraumüberwachungseinrichtungen des Einsatzführungsdienstes in permanenter Bereitschaft zur Verfügung.
Innere Sicherheit
Aus dem Bereich „Innere Sicherheit“ stellen Beamte der Bundespolizei in der Außenstelle Sicherheit im Luftraum des Lagezentrums des Bundesministerium des Inneren (BMI-LZ/ASt SiLuRa) die Aufgabenwahrnehmung sicher.
Flugsicherung
Ein Vertreter der Deutschen Flugsicherung (DFS) stellt ein direktes Verbindungselement zu Stellen der zivilen Flugsicherung dar. Zugleich erfolgt die Koordination für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als zuständiges Ressort für den Luftverkehr in Deutschland. Dieses Ministerium ist auch zuständig, wenn es um öffentliche Verkehrseinrichtungen, Plätze und Gebäude geht.
Vorgehensweise
Wird durch einen NATO-Luftverteidigungsgefechtsstand oder die Flugsicherung ein ziviles Luftfahrzeug gemeldet, das unautorisiert von seinem Flugplan abweicht, sich verdächtig verhält oder mit dem kein Funkkontakt herzustellen ist, geht die Befehlsgewalt über die Luftverteidigungskräfte, die sonst der NATO unterstehen, an die deutsche Einsatzleitung mit dem Inspekteur der Luftwaffe als German Air Defence Commander[1][2] über. (Die gesamte Verantwortung und Entscheidungskompetenz verbleibt beim Bundesverteidigungsminister.) Das bedeutet, dass die Kräfte, die für eine Sichtidentifizierung und ein Abfangen der verdächtigen Zivilmaschine nötig sind, unter nationales Kommando gestellt werden. Das NLFZ koordiniert alle erforderlichen Maßnahmen und stellt die Information der Leitung im Ministerium sicher.
Die Alarmrotte (Quick Reaction Alert - „QRA“) des Jagdgeschwader 71 in Wittmund mit der F-4F Phantom oder des Jagdgeschwader 74 in Neuburg/Donau mit dem Eurofighter wird alarmiert und durch Jägerleitoffiziere eines Gefechtsstands (Control and Reporting Centre - „CRC“) des Einsatzführungsdiensts an das zu identifizierende Flugzeug herangeführt.[3] Haben die Jagdflugzeuge zu der Zivilmaschine aufgeschlossen, kann die Flugzeugkennung erfasst werden.
Weitere mögliche Maßnahmen bestehen in der Unterstützung im Fall einer Notlage[4], der Kontaktaufnahme durch Sichtzeichen oder gegebenenfalls einem Abdrängen oder Erzwingen der Landung. Darüber hinausgehende Maßnahmen wie Androhung von Waffengewalt oder das Abgeben von Warnschüssen sind derzeit rechtlich umstritten, ein Abschuss ist nicht zulässig.[5] Erfolgt eine erzwungene Landung, können Polizeieinsatzkräfte auf dem Flughafen die Besatzung überprüfen und/oder festnehmen.
Wird ein ziviles Luftfahrzeug für terroristische Zwecke missbraucht, wird von einem Renegade gesprochen.
Einsätze
Ungefähr 20-mal im Jahr eskortiert die Luftwaffe Flugzeuge im deutschen Luftraum und geleitet sie zur Landung.
So löste am Pfingstmontag, den 16. Mai 2005 der komplette Ausfall der Bordelektronik samt Funk- und Navigationssystem einer einmotorigen Piper Terror-Alarm im NLFZ aus. An Bord der im polnischen Breslau gestarteten Maschine befand sich neben dem Piloten noch eine Frau als Passagier.
Die Alarmrotte des Jagdgeschwaders 74 wurde aufgrund des fehlenden Funkkontaktes benachrichtigt. Zwei Phantom F-4F nahmen dann Sichtkontakt zu dem Piloten der Kleinmaschine auf und begleiteten die Maschine bis Stuttgart.
Im vorliegenden Fall erklärte die Luftwaffe, dass man keine Regressforderungen stellen werde. Dies würde aber dann geschehen, wenn der Pilot grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt habe. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung leitete in diesem Fall auch keine gesonderte Untersuchung ein. Dennoch sei dieser Vorfall als meldepflichtiges Ereignis einzustufen. Das bedeutet, dass die Maschine in den Wartungsbetrieb komme und die Behörde den technischen Bericht übersandt bekäme.
Einzelnachweise
- ↑ EUROPÄISCHE SICHERHEIT, Heft 7/2004, S. 66-69 eingestellt auf der Homepage der Clausewitz-Gesellschaft (PDF, 127 kb)
- ↑ Verantwortlichkeiten bei Abfangeinsätzen; Homepage der Luftwaffe, eingesehen am 20. November 2008
- ↑ Beschreibung der Abläufe bei der Alarmierung der QRA auf Luftwaffe.de, eingesehen am 20. November 2008
- ↑ Beschreibung der QRA auf der Homepage der Luftwaffe, eingesehen am 20. November 2008
- ↑ Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - Pressemitteilung 11/2006 vom 15. Februar 2006 „Abschussermächtigung im Luftsicherheitsgesetz nichtig“ (PDF, 376 kb)
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