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Alfred Helmut Naujocks (* 20. September 1911 in Kiel; † 4. April 1966 in Hamburg; alias Hans Müller, alias Alfred Bonsen, Rudolf Möbert) war ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der SS (SD).
Inhaltsverzeichnis
Leben bis 1939
Naujocks besuchte acht Jahre lang die Realschule bis zur Tertia in Kiel. Im Jahre 1925 verließ er die Schule und begann eine Feinmechaniker-Ausbildung. Ab dem 1. August 1931 trat er in die NSDAP und die SS ein. Aufgrund seiner Beteiligung an zahlreichen Schlägereien galt er als Schläger und Raufbold. Eine Kieler Zeitung bezeichnete ihn als „rauhen Kämpfer“.[1]
Ab 1934 arbeitete er in dem von Reinhard Heydrichs geführten Sicherheitsdienst (SD). Nachdem er anfangs als Fahrer und einfacher Mitarbeiter gearbeitet hatte, wurde er schon bald mit Spezialaufträgen betraut. 1935 war er einer der beiden Mörder des deutschen Emigranten Rudolf Formis in der Tschechoslowakei. 1937 wechselte Naujocks in den SD-Auslandsnachrichtendienst. Von 1939 bis Anfang 1941 war er Leiter einer Amtsgruppe des SD-Auslandsnachrichtendienstes: Nachrichtenübermittlung und nachrichtentechnischer Einsatz im Ausland (1939: Amt VI J, Anfang 1940 umbenannt in Amt VI B). Dort war er unter anderem mit der Beschaffung falscher Pässe, Ausweise und Banknoten für im Dienst des SD stehende Agenten im Ausland beauftragt. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges kam er auf die Idee, die britische Wirtschaft mit gefälschten Banknoten zu überschwemmen und war bis zu seiner Ablösung für die Herstellung der 'Blüten' verantwortlich (Aktion Bernhard).
Rolle im Krieg
Naujocks erhielt nach seinen eigenen späteren Angaben bei den US-Verhöroffizieren von Heydrich den Befehl, einen fingierten „polnischen” Überfall auf den Sender Gleiwitz durchzuführen, am Abend des 31. August 1939. Dies soll den Vorwand für den zweiten Weltkrieg gebildet haben, den Adolf Hitler am 1. September mit den Worten „Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen!” de facto verkündete[2], jedoch ohne auf diesen Zwischenfall einzugehen.
Am 9. November 1939 war Naujocks am Venlo-Zwischenfall beteiligt. Dabei ging es um die Entführung von zwei britischen MI6-Agenten in der niederländischen Stadt Venlo. Der Venlo-Zwischenfall machte weite Teile des britischen Spionagenetzes in West- und Mitteleuropa nahezu wertlos. Er führte zum Rücktritt des niederländischen Geheimdienstchefs und lieferte Hitler im Mai 1940 einen Vorwand für den Einmarsch in die Niederlande.
1941 wurde er aus dem SD entlassen und wegen Korruptionsvorwürfen zu einem einfachen Soldaten der Waffen-SS degradiert. Mit der Waffen-SS kam er an die Ostfront in ein Artillerieregiment der Leibstandarte SS Adolf Hitler. 1942 wurde er wegen Magengeschwüren aus der Waffen-SS entlassen. Er war daraufhin in der Wirtschaftsverwaltung der deutschen Besatzer in Belgien tätig. Dort war er mit der Kontrolle des Schwarzmarktes beauftragt.
Anfang 1944 war er mehrmals in Dänemark. Hier war er einer der beiden Führer der so genannten Petergruppe. Ein weiterer Führer war Otto Schwerdt. Im Rahmen des so genannten 'Gegenterrors' wurden über 100 Dänen ermordet.
Am 19. Oktober 1944 lief Alfred Naujocks in der Eifel über und wurde von amerikanischen Soldaten gefangen genommen. Schon bald nach seiner Gefangennahme wurde er nach Großbritannien gebracht. Dort wurde er in dem bei London gelegenen Vernehmungslager Camp 20 von M.I.5 mehrere Monate intensiv verhört.
Nach dem Krieg
Ende August 1945 wurde er von Großbritannien nach Deutschland gebracht und der Anklagevertretung des Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg übergeben. Mehrere seiner Aussagen gingen in die Nürnberger Prozesse ein. 1946 konnte er für kurze Zeit aus einem Internierungslager in Nürnberg fliehen. Er wurde verhaftet und 1947 an Dänemark ausgeliefert. Dort wurde er in einem der großen Kriegsverbrecherprozesse wegen der Ermordung dänischer Widerstandskämpfer angeklagt und in zweiter Instanz zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Aufgrund des überaus milden Vorgehens der dänischen Justiz gegen deutsche Kriegsverbrecher wurde er bereits 1950 freigelassen. Auch die anderen in Dänemark Verurteilten, darunter auch der frühere Reichsbevollmächtigte Werner Best, mussten ihre Strafe nicht voll absitzen. Naujocks Haftentlassung war damit kein ihm allein gewährtes Privileg, sondern eine unmittelbare Folge der dänischen Rechtspraxis.
Naujocks ließ sich 1952 in Hamburg nieder, wo er als Geschäftsmann lebte. Seit Ende der 1950er Jahre ermittelten mehrere bundesdeutsche Staatsanwaltschaften wegen einer ganzen Reihe von Verbrechen gegen ihn. Keines der Ermittlungsverfahren führte zu einer Anklage. Naujocks starb am 4. April 1966 in Hamburg. Das in der älteren Literatur genannte Todesjahr 1960 ist falsch.
Literatur
- Literatur von und über Alfred Naujocks im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Günter Peis, The Man Who Started The War, London 1960, teilweise online unter[2]
- Jürgen Runzheimer, 'Die Grenzzwischenfälle am Abend vor dem deutschen Angriff auf Polen', in Wolfgang Benz/ Hermann Graml, (Hg.), Sommer 1939. Die Großmächte und der europäische Krieg, Stuttgart 1979, S. 107-47
- Alfred Spieß/ Heiner Lichtenstein, Unternehmen Tannenberg. Der Anlaß zum Zweiten Weltkrieg. Frankfurt/ Main 1989
Weblinks
- Holocaust-Referenz
- Überfall auf den Sender Gleiwitz
- Venlo-Zwischenfall
- Ermordung von dänischen Widerstandskämpfern
Einzelnachweise
- ↑ Schleswig-Holsteinische Volkszeitung, 16. Dezember 1932.
- ↑ Adolf Hitler: Rede vor dem Reichstag (1. September 1939) [1]
Personendaten NAME Naujocks, Alfred KURZBESCHREIBUNG deutscher Nationalsozialist GEBURTSDATUM 20. September 1911 GEBURTSORT Kiel STERBEDATUM 4. April 1966 STERBEORT Hamburg
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