Neuhaus (Gemeinde Weissenbach an der Triesting)

Neuhaus (Gemeinde Weissenbach an der Triesting)
Wandergebiet Alland- Weissenbach

Der Ort Neuhaus im Wienerwald mit etwa 300 Einwohnern ist eine Katastralgemeinde von Weissenbach an der Triesting und liegt in einem idyllischen, waldreichen Seitental nördlich des Triestingtals auf 423 m ü. A. an der Straße von Weissenbach über Nöstach oder Schwarzensee nach Alland.

Der Ort ist jenes „Neuhaus“, das im Theaterstück „Heldenplatz“ von Thomas Bernhard erwähnt wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

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Siehe: Geschichte des Wienerwalds.

Geschichtliche Daten von Neuhaus selbst:

  • 1246 stirbt Friedrich II., der Streitbare, als letzter Babenberger im Kampf gegen die Ungarn.
    1246 - 1251 lässt sich sein Mundschenk und Landrichter, Heinrich von Habespach, auf der Felsnase des Hausberges, wo ein Wachtturm stand, widerrechtlich eine Burg (samt Umfassungsmauer und Wehrtürmen), ein „festes Haus“, erbauen. Urkunden nennen dieses feste Haus „novum castrum“. — Die Bezeichnung Neues Haus wechselt in den nächsten 500 Jahren mehrmals die Schreibweise: Niwenhaus, Nivenhaus, Newhaus, Newenhaus, Newnhaus, Newhäussl, Newnhewslein, Neuhäusl, Neuhaus und Neyhauss.[1]
Das renovierte ehemalige Curhotel d´Orange in Neuhaus
Kurhotel Stefanie (links) [Anm. 1], Hotel Neuhaus[Anm. 2] (um 1900)
Villa Adria, eine der 11 Neuen Villen in der Neuen Straße, errichtet von Graf Wimpffen im 2. Bauboom, 1911
  • 1328 wird Neuhaus als landesfürstliches Lehen erwähnt.
  • 1349 bricht in Neuhaus die Pest aus.
  • 1377 verkauft der letzte genannte Herr von Neuhaus-Habespach (Friedrich von dem Newnhaus) sein Gut an einen Grafen Ortenburg.[1]
  • 1392 kommt Neuhaus am 13.5. in den Besitz des Geschlechtes der Imprucker, die nahezu 200 Jahre hier herrschen. Unter ihnen wird die Burg, das feste Haus, ausgebaut.[1]
  • 1481 kehrt die Pest zurück.
  • 1529 bleibt die Burg in der Ersten Wiener Türkenbelagerung verschont[2]; die nahegelegene Burg Arnstein wird zerstört.
  • 1572 (20.6.) wird die Burg an Bernhard Rabatto verkauft.[2]
  • 1595 (6.11.) kauft Christoph Wolzogen die Burg Neuhaus. (Die Wolzogen waren die Postmeister für das Gebiet des heutigen Niederösterreich südlich der Donau.)
  • 1607 beginnt ein großzügiger Ausbau der Burg (u. a. westlicher Rundturm).
  • 1610 entsteht ein evangelisches Gotteshaus, die jetzige, im Kern gotische Kirche. — Neuhaus sowie das Nachbardorf Schwarzensee bilden reformierte Enklaven im sonst katholisch geprägten Wienerwald.
  • 1620 verkaufen die Wolzogen die Burg dem Kaiser und wandern nach Deutschland aus (Auswanderungsedikt).
  • 1633 wechseln die Güter Neuhaus und Laxenburg im Tauschwege ihren Besitzer.[2]
  • 1683 werden im Zuge der Zweiten Wiener Türkenbelagerung auch Burg und Ort zerstört.
  • 1694 entsteht im Westtrakt der Burg (heute Pfarrhof) eine Venezianische Spiegelerzeugung.
  • 1701 verlässt der erste Spiegel das Gewerk.[2]
  • 1720 werden ein Gusshaus sowie ein Gewerksgebäude errichtet.
    Nach 1720 besteht der Ort fast ausschließlich aus der Spiegelerzeugung dienenden Gebäuden.[3]
  • 1726 lässt Kaiser Karl VI. die Burg für die Spiegelfabrik renovieren (Gedenktafel im Burghof).
  • 1769 wird auf Betreiben von Kaiserin Maria Theresia in der Burg eine Volksschule errichtet.
  • 1830 erfolgt die Verlegung der Spiegelfabrik nach Schlöglmühl, wo sie nach kurzer Zeit ihre Tore schließt.[2]
    Im selben Jahr wird Neuhaus an Georg Freiherrn von Sina – den Vater des Stifters der Sinawarte (Hoher Lindkogel) – um 341.000 Gulden verkauft. Er vererbt das Gut seiner Enkelin Anathasia Gräfin Wimpffen.[2]
  • 1889 beginnt Simon Graf Wimpffen als Mitbesitzer des Gutes mit dem großzügigen Ausbau von Neuhaus: Hotels, Villenanlagen, Teich, Freibad, Medizinalbäder, Rodelbahn vom Peilstein, Musikpavillon, Postamt, Apotheke, Wasserleitung, elektrisches Licht u. Ä.[4]
  • 1895 Bau des Kurhotel Stefanie (von Simon Graf Wimpffen errichtet, um seinen Gästen Unterkunft bieten zu können[5])
  • 1896 wird der erste Bauabschnitt eröffnet. — Insgesamt werden an Wohninfrastruktur drei Hotels, 37 Villen[6] (in zwei Bauphasen, 1895 und 1911) geschaffen.
    Neuhaus als mondäner Kurort wird auch vom Kaiser und einigen Erzherzogen besucht; der kaiserliche Hof ist häufig zu Gast und auch Gesandte des Kaiserhauses weilen hier als Gäste des Grafen Wimpffen.[4]
  • 1911 wird das Curhotel d’Orange zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens des Fin de siècle in Neuhaus.
Rollschuhhalle (1913)
  • 1913 – 1914 entsteht eine Rollschuhhalle.
  • 1914 endet das Projekt Kurort Neuhaus durch den Beginn des Ersten Weltkriegs.
  • 1925 stirbt Simon Graf Wimpffen; sein ihm nachfolgender Neffe, Georg, ist wirtschaftlich glücklos.[4]
  • 1927 besteht zwischen Hotel d’Orange und Baden (Hauptplatz 17) eine direkte Busverbindung.[7]
  • 1927 wird die Freiwillige Feuerwehr ins Leben gerufen.
  • 1945 (April als Schlussphase des Zweiten Weltkriegs) liegt Neuhaus tagelang an der Frontlinie: 31 Menschen sterben; die Burg brennt im Laufe der Kämpfe aus. (Siehe auch: Geschichte Allands).
  • 1946 wird die stark beschädigte Kirche instand gesetzt.
  • 1976 erwirbt die Familie Starlinger-Huemer, größter Unternehmer der Region, die Burg und beginnt deren Renovierung. — Der Ort wächst durch die Aufschließung neuer Baugründe.
  • 1994 sind die historischen Kurhotels, nicht zuletzt in Folge von deren Vermietung als Flüchtlingslager, weitgehend verfallen.
  • 1998 beginnt Starlinger nun auch die weiteren vom Unternehmen erworbenen historischen Hotels, d’Orange und Stefanie, zu sanieren.[8]
  • 2002 wird mit hohem finanziellen Aufwand der Erholungspark samt Biotop-Teich gestaltet; auch die Renovierung des d’Orange schreitet voran.
  • 2004 ist, als erstes Gebäude des alten Kurorts, die Wiederherstellung des d’Orange abgeschlossen; das Bauwerk bietet nunmehr exklusives Wohnen im Wienerwald.

Literatur

  • Otto Hecht: Die k. k. Spiegelfabrik zu Neuhaus in Niederösterreich 1701 – 1844. Ein Beitrag zur Geschichte des Merkantilismus. In: Studien zur Sozial-, Wirtschafts- und Verwaltungsgeschichte, Band 4. Konegen, Wien 1909. [9]
  • Bernhard Mader: Neuhaus – Auszug aus der Chronik von Burg und Ort. In: Festschrift zur Markterhebung der Gemeinde Weißenbach an der Triesting 1981. Weissenbach an der Triesting 1981, S. 26–31.
  • Bernhard Mader: Ortsteil Neuhaus im Wienerwald. In: Alfons Brammertz: Heimatbuch der Marktgemeinde Weissenbach an der Triesting – von einst bis heute. Marktgemeinde Weissenbach, Weissenbach 1986, S. 153–286. [10]
  • Manfred Hösch: Lagetypologie der Industriebetriebe im Viertel unter dem Wienerwald bis 1850. Technische Universität, Diss. Wien 1984. [11]
  • Maximilian Bramberger: Der Arbeiter der Spiegelfabrik Neuhaus. Arbeitsbedingungen, Pensionen, Einkommen, Arbeiterfamilie und Sozialbezüge in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Universität, Diplomarbeit. Wien 1988. [12]

Einzelnachweise

  1. a b c Mader: Festschrift, S. 26
  2. a b c d e f Mader: Festschrift, S. 28
  3. Hösch: Lagetypologie, Textband S. 430
  4. a b c Mader: Festschrift, S. 30
  5. Mader: Heimatbuch, S. 206
  6. Neuhaus. (Baubacillus.) Badener Zeitung, 5. November 1898, S. 4, unten rechts [1]
  7. Auto-Omnibus-Fahrgelegenheit […] Badener Zeitung, 10. August 1927, S. 6, Mitte rechts [2]
  8. APA- Meldung 2001: 750 Jahre Neuhaus.
  9. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  10. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  11. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
  12. Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund

Anmerkungen

  1. Kurhotel Stefanie
    Um 1911 wird hinter dem Hotel eine Heilanstalt erbaut. Bäderbedürftige Gäste sollen durch Medizinalbäder ihre Gesundheit wiedererlangen (Kurarzt: Dr. Kosel). Zwischen dem Hotel und dem Bädertrakt wird ein gedeckter Gang errichtet, damit die Patienten vom Wetter unbeschadet in ihre Zimmer gelangen können.
    1913 wird der der Kurbetrieb aufgenommen. Im selben Jahr wird, wegen des großen Zulaufs zum Hotel Stefanie, in Fahrafeld an der Kreuzung zu Neuhaus das Bahnhofhotel des Grafen Wimpffen eröffnet. (Die Pensions- und Badegäste werden mit einem Fiaker nach Neuhaus gefahren.)
    Notzeit wie Inflation nach dem Ersten Weltkrieg bewirken das Fortbleiben der Gäste von Neuhaus, so wird der Bäderbetrieb vorerst vorübergehend und dann, 1919, ganz eingestellt, das Hotel bis 1945 gesperrt.
    Im Frühjahr 1938 werden deutsche Soldaten einquartiert (Kradschützen, Gebirgsjäger und andere Einheiten).
    1945 werden die vor dem Abzug der deutschen Soldaten im Park vor dem Hotel aufgestellten Munitionskästen gesprengt; dabei gehen im Zentrum von Neuhaus etliche Fensterscheiben zu Bruch. Auch erfährt das Haus 1945 Kriegsschäden, doch ist es noch so weit intakt, dass Neuhauser Familien, die im Krieg ihr Hab und Gut verloren haben, hier vorübergehend untergebracht werden können; dito eine Polizeistation mit neun Zivilpolizisten, die Gemeindekanzlei sowie das Postamt.
    1953 kauft der Fleischermeister Ratkofsky aus Fahrafeld das Gebäude der Kuranstalt und errichtet darin eine Fleischerfiliale, die 1962 wegen Pensionierung aufgelassen wird.
    Da die gräflichen Erben das Hotel Stefanie verkaufen wollen, wird 1968 allen Wohnparteien gekündigt. Ab Sommer 1972 steht das Haus lange Zeit leer. 1977 kauft das Gebäude Herr Satran, Gastwirt in Altenmarkt, und läßt es außen renovieren, ohne dass ein Betrieb eröffnet wird.
    Ab April 1982 arbeitet der Eigentümer mit Flüchtlingen aus dem Polenlager in Neuhaus an der Innenausgestaltung. Am 1. Juni 1982 ziehen 30 polnische Flüchtlingsfamilien ein. Das Hotel ist nun Durchgangslager für Polenflüchtlinge. Zu Zeiten sind bis zu 150 Personen verschiedener Nationen untergebracht; 1984: Polen, Tschechen, Rumänen, Iraker, Iraner, Afghanen sowie Jugoslawen. –
    Mader: Heimatbuch, S. 206 f.
  2. Hotel Neuhaus (Nr. 47)
    1886 kauft Simon Graf Wimpffen den im Zentrum von Neuhaus stehenden Gutshof und baut ihn, verbunden mit einer Aufstockung, in ein Herrenhaus um, wo der Graf, so er nicht auf Schloss Fahrafeld, die obere Etage bewohnt. Von dort aus ist es ihm bequem möglich, die Umsetzung seiner Bauplanungen zu überschauen.
    Etwas später wird in den unteren Räumen ein Gast- und Beherbergungsbetrieb etabliert: das Hotel Neuhaus, feierlich eröffnet am 28. Februar 1897. Der Gastbetrieb wird mit ungarischen Weinen beliefert; vierzehntäglich kommen Schweine und Rinder in die eigene Fleischerei nach Fahrafeld, von wo aus der ganze Gutsbetrieb versorgt wird. Graf Wimpffen will mit dem Hotel sowie seinen weiteren Plänen dem Semmering Konkurrenz machen.
    Hotel Neuhaus wird zum bekanntesten Gastbetrieb der Umgebung. Sieben bis neun Pferdegespanne bringen die aus Nah und Fern zuströmenden Sonntags- und Wochenendausflügler vom Bahnhof Weissenbach-Neuhaus zum Hotel, dessen Küche und Keller als gut und billig anerkannt sind. Für die Unterhaltung der Gäste sorgt u. a. ein vor dem Hause musizierendes Zigeuner-Ensemble.
    Zu diesem Hotel wird 1913 ein großer Saal gebaut, der Glassalon.
    Von 1922 bis 1924 ist Hotel Neuhaus geschlossen, wird dann wieder eröffnet, floriert jedoch kaum.
    September 1938 bis gegen Ende 1939 ist der Gastbetrieb im Hotelgebäude gesperrt. Um Weihnachten 1939 erfolgt die Übernahme durch den Pächter Josef Breitschopf, der das Lokal als einfaches Gasthaus bis 31. Mai 1959 mit unterschiedlichem Erfolg führt.
    1945 erfährt das Herrenhaus große Schäden, die nur notdürftig behoben werden. Im größten Zimmer des ersten Stocks (vorne links) wird im Herbst 1945 eine Schulklasse eingerichtet; ihr folgt ein zweites Klassenzimmer (hinten links) im April 1948. (Bis 5. September 1954 bleibt die schulische Nutzung aufrecht.)
    Ebenfalls im Herbst 1945 eröffnet Otto Weiser aus Neuhaus im rechten unteren Teil des Hotels eine Gemischtwarenhandlung. 1948 übernimmt die Konsumgenossenschaft Wienerwald dieses Lokal und führt es, ohne Wasseranschluss und Klosett, bis 1. September 1973.
    1946 eröffnet Theresia Sohn aus Neuhaus in einem kleinen Raum links hinten ein Lebensmittelgeschäft, welches 1963 von Johann Binder aus Neuhaus übernommen und bis 1967 betrieben wird.
    1956, nach den Unruhen in Ungarn, werden zehn Flüchtlingsfamilien im ersten Stock des Hauses einquartiert. 1959 geht der o. a. Pächter, Josef Breitschopf, in Pension. Ihm folgt, für kurze Zeit, eine Tochter von Georg Graf Wimpffen, Maria Franziska, die sich bald durch Bedienstete vertreten lässt. Nach kurzer Zeit versucht sich eine weitere Tochter von Graf Georg, Marianne, als Wirtin, schließt aber 1966 das Geschäft für immer.
    1970 kauft die Firma Horvath für ihren Betrieb das Hotel Neuhaus sowie den Glassalon; 1977 ist Komm.-Rat Ziesa neuer Eigentümer des Hotels Neuhaus, 1982 die Familie Huemer. —
    Mader: Heimatbuch, S. 203–206

Weblinks

 Commons: Neuhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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