- Nibelungenfestspiele Worms
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Die Nibelungenfestspiele Worms sind ein Theaterfestival, das seit seiner Wiederbegründung 2002 alljährlich im August im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz stattfindet. Aufführungsort ist eine Freiluftbühne direkt vor dem Wormser Dom.
Geschichte
Während des Dritten Reichs 1937 begründet, stand auf dem Spielplan der bis 1939 veranstalteten Nibelungenfestspiele ausschließlich Hebbels dreiteiliges Drama „Die Nibelungen“ von 1861. Ein Wiederaufnahmeversuch der Festspiele im Jahr 1956 blieb ohne dauerhaften Erfolg.
Im Jahre 2002 gab es die erste Neuinszenierung der Nibelungenfestspiele, um Worms wieder als Festspielstadt zu etablieren. Theater- und Filmgrößen wie unter anderen Dieter Wedel, Mario Adorf und Maria Schrader, wurden engagiert, um bundesweit Aufsehen zu erregen. In der Fassung von Moritz Rinke fanden am Südportal des Wormser Domes dann die ersten Festspiele statt. Im Sommer 2010 wurde aus finanziellen Gründen in einem kleineren Rahmen eine improvisierte Version der Festspiele "Teufel, Gott und Kaiser - Improvisationen über eine Zeit, in der das Nibelungenlied entstand" auf dem Platz der Partnerschaft gespielt und das Ambiente in der Nähe des Kaiserdomes einbezogen. Im Jahre 2011, wenn die Nibelungenfestspiele ihr 10-jähriges Jubiläum feiern, wird es wieder eine große Aufführung vor dem Wormser Kaiserdom unter freiem Himmel geben. [1] Dabei entfernt sich der Intendant und Regisseur erstmals von dem ursprünglichen Stoff der Nibelungen. Inszeniert wird Die Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß.
Inszenierungen
Die Rinke-Inszenierung
Die beiden ersten Aufführungen 2002 und 2003 wurden von Dieter Wedel nach der Fassung von Moritz Rinke aufgeführt. Rinke wurde von der Stadt Worms beauftragt, das Hebbel-Stück zu dramatisieren, und schuf eine Neuinterpretation, ohne wirklich neu zu interpretieren. Die Begründung Rinkes und seiner Auftraggeber lautet: Er vermeide Patriotismus und schwäche verhängnisvolles Ehrgefühl ab, um so den bitteren Beigeschmack des von den Nationalsozialisten missbrauchten germanischen Mythos zu vermeiden. Das „nationalsozialistische Vorurteil gegenüber der Nibelungensage“ abzulegen, war eines seiner Ziele.
Anstoß erregte unter anderem die Schlussszene, in der Hildebrand sagt:
- „Noch niemals standen Männer
- Zusammen wie die Nibelungen hier
- Und was sie auch verbrochen haben mögen
- Sie habens gut gemacht durch diesen Mut
- Und diese Treue, die sie doppelt ehrt.“
Kritisiert wurde, dass Rinke die blinde Gefolgschaftstreue und übertriebenes Ehrgefühl, wie man sie vom Original und von anderen Fassungen her kannte, einfach wegließ, somit die unvermeidbaren Konsequenzen nicht klar als solche erkennen lässt und dass das Stück sich in dieser Form von der Intentionen des Dichters unterscheidet.
Dieter Wedel arbeitete 2002 eng mit Rinke zusammen. Die Fassung wurde insgesamt von über 50.000 Freispielgästen gesehen. Am 17. August, dem Tag der Theaterpremiere, übertrug 3sat mit einer ca. 30-minütigen Verzögerung in voller Länge die Live-on-tape-Aufzeichnung. Eine bearbeitete Fernsehfassung war am 29. September 2002 im ZDF zu sehen.[2]
Die Hebbel-Inszenierung
In den Jahren 2004 und 2005 wurde die Inszenierung von Friedrich Hebbel aus dem Jahre 1861 aufgeführt. Hebbel brachte die 2379 vierzeiligen Aventiuren auf 5456 Zeilen Dialog. Durch die Dramaform wurde der Stoff gerafft. Einige Szenen und Details sind daher nur gekürzt vorhanden. Unter der Regie von Karin Beier wurden nun die Rollen der beiden Königinnen Brunhild und Kriemhild hervorgehoben. Sie wurden als Opfer der von Männern dominierten Politik dargestellt.
Neue Rinke-Inszenierung
Von 2006 bis 2008 wurde eine neue Fassung der Nibelungensage, wiederum geschrieben von Moritz Rinke, gezeigt. Jedoch wurde jetzt das Stück in zwei Teilen aufgeführt. Im Jahr 2006 wurden „Siegfrieds Frauen“ dargestellt. Das Stück endete mit Siegfrieds Tod. Im darauf folgenden Jahr 2007 konnten die Zuschauer „Die letzten Tage von Burgund“ erleben. 2008 folgte eine Zusammenschau beider Teile im täglichen Wechsel. Erneut führte in allen Jahren Dieter Wedel Regie.
John von Düffels Komödie
2009 wurde erstmals eine komödiantische Bearbeitung des Nibelungenstoffs gegeben, „Das Leben des Siegfried“ von John von Düffel. Regie führte Gil Mehmert. Zum zweiten Mal nach 2002 übertrug 3sat die Premiere im Fernsehen mit einer ca. 30-minütigen Verzögerung im Live-on-tape-Verfahren.[3]
Besetzungen
2002: Die Nibelungen
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Siegfried: Götz Schubert Hagen: Mario Adorf Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Judith Rosmair Giselher: André Eisermann Gunter: Wolfgang Pregler Gernot: Josef Ostendorf Etzel und Burgwächter: Hans Diehl Ute: Susanne Tremper Dietrich v. Bern: Uwe Friedrichsen Hunold: Siegfried Kernen Ort: Südportal des Doms
2003: Die Nibelungen
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Götz Schubert Hagen: Manfred Zapatka Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Etzel und Burgwächter: Hans Diehl Giselher: André Eisermann Gernot: Josef Ostendorf Ortwin v. Metz: Joachim Nimtz Ute: Susanne Tremper Sindold: Christoph Grunert Hunold: Siegfried Kernen Sprecher Prolog: Mario Adorf Ort: Südportal des Doms
2004: Die Nibelungen – Ein
deutschesTrauerspiel-
Regie: Karin Beier Fassung: Friedrich Hebbel Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Martin Lindow Hagen: Manfred Zapatka König Etzel: Itzhak Fintzi Rüdiger: Michael Wittenborn Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Giselher: André Eisermann Gunther: Joachim Król Ort: Nordportal des Doms
2005: Die Nibelungen – Ein
deutschesTrauerspiel-
Regie: Karin Beier Fassung: Friedrich Hebbel Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Götz Schubert Hagen: Manfred Zapatka Kriemhild: Maria Schrader Brunhild: Wiebke Puls Giselher: André Eisermann Gunther: Joachim Król Gernot: Sebastian Hufschmidt Ort: Nordportal des Doms
2006: Die Nibelungen – Siegfrieds Frauen
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Intendant: Dieter Wedel Siegfried: Robert Dölle Hagen: Wolfgang Pregler Kriemhild: Jasmin Tabatabai Brunhild: Annika Pages Giselher: Christian Nickel Gunther: Roland Renner Gernot: Robert Joseph Bartl Isolde: Sonja Kirchberger Burgwächter/Erzähler André Eisermann Ort: Südportal des Doms
2007: Die Nibelungen – Die letzten Tage von Burgund
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Intendant: Dieter Wedel Kriemhild: Jasmin Tabatabai Brünhild: Annika Pages Hagen: Dieter Mann Giselher: André Eisermann Gunther: Roland Renner Gernot: Sven Walser Sindold: Tilo Keiner Ortwin von Metz: Frank Röth Hans, der Bote: Andreas Bisowski Rüdiger: Ilja Richter Dietlinde, Rüdigers Tochter: Dominique Voland Dietrich von Bern: Jörg Pleva König Etzel: Dieter Laser Sylva: Anouschka Renzi Magd: Laina Schwarz Der Junge Hauptmann: Mark Hinkel Ort: Nordportal des Doms
2008: Die neuen Nibelungen – „Siegfrieds Frauen“ und „Die letzten Tage von Burgund“
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Regie: Dieter Wedel Fassung: Moritz Rinke Siegfried: Robert Dölle Kriemhild: Annett Renneberg Brünhild: Meret Becker Ute: Susanne Tremper Hagen: Uwe Bohm Volker v. Alzey: Walter Plathe Giselher: André Eisermann Gunther: Roland Renner Gernot: Sven Walser Sindold: Tilo Keiner Hans, der Bote: Andreas Bisowski Rüdiger: Ilja Richter Dietlinde, Rüdigers Tochter: Dominique Voland Dietrich von Bern: Jörg Pleva König Etzel: Dieter Laser Sylva: Anouschka Renzi Magd: Laina Schwarz Der Junge Hauptmann: Mark Hinkel Ort: Nordportal des Doms
2009: Das Leben des Siegfried
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Intendant: Dieter Wedel Regie: Gil Mehmert Fassung: John von Düffel Hagen: Christoph Maria Herbst Siegfried: André Eisermann Seefred: Mathias Schlung Kriemhild: Susanne Bormann Brünhild: Nina Petri Frigga: Inga Busch Gunther: Gustav Peter Wöhler Tuborg: Gennadi Vengerov Ort: Westportal des Doms
2010: "Teufel, Gott und Kaiser" - Improvisationen über eine Zeit, in der das Nibelungenlied entstand
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Gesamtleitung: Dieter Wedel Schauspieler: Meret Becker, Roland Renner, Peter Striebeck, Heinz Hoenig, Dirk Bach, Steffi Plattner, Tilo Keiner, Dominique Voland, Anouschka Renzi, Alexandra Kamp, Joern Hinkel Ort: Westchor des Doms - Platz der Partnerschaft
2011: Uraufführung "Die Geschichte des Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß"
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Regie: Dieter Wedel Autor: Joshua Sobol Intendant: Dieter Wedel Joseph Süß Oppenheimer: Rufus Beck Isaak Landauer: Peter Striebeck Herzog Karl Alexander: Jürgen Tarrach Herzogin Marie-Auguste: Teresa Weißbach Remchingen, Erster Minister: Manfred Zapatka Sybille Remchingen, seine Tochter: Natascha Paulick Speckenschwardt, General: Walter Plathe Von Creg, Gutsherr: Philipp Otto Sturm, Mitglied der Landstände: André Eisermann Burkhart, Bürgermeister von Stuttgart: Tilo Keiner Luzie Fischer, eine Schankmagd: Felicitas Woll Graziella, Schauspielerin- und Tänzerin: Nadine Schori Gräfin Wilhelmine von Grävenitz: Heike Kloss Frau von Götz: Anouschka Renzi Dorothea von Götz: Dominique Voland August von Götz: Sebastian Achilles Demler, ein Pächter: Johannes Brandrup Babette, Tochter von Demler: Valentina Jimenez Torres Hofprediger: Joern Hinkel Lakai: Peter Wagner Ort: Westportal des Doms Zeitraum: 25. Juni bis 10. Juli 2011
Siehe auch
Weblinks
Commons: Nibelungenfestspiele Worms – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Offizielle Internetpräsenz der Nibelungenfestspiele
- Alle Zeitungsartikel zu den Nibelungenfestspielen der Wormser Zeitung
Einzelnachweise
- ↑ 3sat.online: Keine Nibelungenfestspiele 2010. Aufgerufen am 29. Oktober 2009.
- ↑ Die Nibelungen: Das Theater-Event des Jahres 2002 in voller Länge auf 3sat.de
- ↑ ZDF-Theaterkanal und 3sat übertragen Nibelungen-Festspiele in Worms Wormser Zeitung vom 22. Juli 2009
Kategorien:- Worms
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