- Nichi Vendola
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Nichi Vendola [ˈniki ˈvɛndola] amtlicher Vorname: Nicola; * 26. August 1958 in Bari (Apulien) ist ein italienischer Journalist, studierter Philosoph[1] und Politiker (Sinistra Ecologia Libertà) und Präsident der Region Apulien.
Inhaltsverzeichnis
Leben
1972 trat Vendola dem Jugendverband der KPI bei, dessen Sekretariat er von 1985 bis 1988 angehörte. 1990 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Italiens (KPI). 1991 beteiligte er sich an der Gründung der Rifondazione Comunista. Als Parlamentsabgeordneter arbeitete Vendola in der Kommission zur Bekämpfung der Mafia. Bekannt wurde er überdies durch sein Engagement in der Liga gegen Aids und im schwul-lesbischen Kulturverband ARCIgay. Als gläubiger Katholik ist Vendola seit langem mit der christlichen Friedensbewegung verbunden. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehört weiterhin der Einsatz für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Behinderten, psychisch Kranken und Gefangenen.
In seiner Heimatregion Apulien erzielte Vendola bei der Europawahl 2004 einen viel beachteten Erfolg, verzichtete dann aber auf das Mandat im EU-Parlament, um sich weiter der süditalienischen Politik zu widmen. Im Januar 2005 wurde Vendola durch eine Vorwahl (mit unerwartet hoher Beteiligung von etwa 80.000 Personen) überraschend zum Spitzenkandidaten der Allianz der Mitte-links-Parteien in Apulien nominiert. Damit gelangte durch das Votum der Basis erstmals ein Kommunist an die Spitze eines Mitte-links-Bündnisses. Aus der Regionalwahl vom 3./4. April 2005 ging Vendola siegreich als neuer Präsident von Apulien hervor. Am 28./29. März 2010 wurde er im Amt bestätigt.
Vendola ist Sprecher des Parteienbündnis 'Sinistra Ecologia Libertà' und erklärte Anfang September 2010 eine Kandidatur bei möglichen Vorwahlen für einen nationalen Spitzenkandidaten eines Mitte-Linksbündnis[1].[2].
Nichi Vendola ist einer der ersten italienischen Politiker, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekannten. Dennoch brachte er es im traditionell katholisch dominierten Süditalien zu großer Popularität.
Der von Vendola verfügte Ausschluss von Ärzten, die aus Gewissensgründen keine Abtreibungen vornehmen, von Stellenausschreibungswettbewerben für das regionale Gesundheitswesen, fand in katholischen Kreisen wenig Anklang und wurde vom Verwaltungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehoben.[3] [4]
Im Juli 2011 lehnte Vendola eine Austeritätspolitik für Italien ab.[5]
Rezeption
Der Rücktritt des langjährigen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und die Staatsschuldenkrise im Euroraum haben 2011 das Interesse der Öffentlichkeit mehr als in den Jahren zuvor auf Italien gelenkt. Zum Beispiel schrieb Die Zeit:
„Während Berlusconi Rom in ein Tollhaus verwandelte, entstand zum Beispiel im äußersten Südosten des Landes eine Alternative nicht nur zur Dekadenz berlusconischer Prägung, sondern auch zur Verknöcherung traditioneller Politik. Nichi Vendola, der Ministerpräsident der Region Apulien, hat seine Partei SEL (Linke, Ökologie, Freiheit) komplett über das Internet organisiert. Die Parteibücher für die mittlerweile 45.000 Mitglieder sind abgeschafft, dafür kann jeder im Netz seine Ideen und Aktionen vorstellen. Vendola, der seine politische Karriere als Jugendfunktionär der straff organisierten Kommunistischen Partei begann, hat alles vollständig auf die Basis gesetzt. Und er hat damit Erfolg. In Mailand gewann sein Kandidat überraschend die Bürgermeisterwahlen. Vendola selbst wurde in Apulien wiedergewählt, er gilt als einer der Anwärter auf die Führung der linken Mitte. Besonders die jungen Italiener verbinden viele Hoffnungen mit ihm. Sie mögen Vendola, weil er unkonventionell auftritt und genauso unkonventionell lebt. Er ist gläubiger Katholik und Homosexueller, er ist links, aber nicht von gestern. Apulien steht, seitdem Vendola regiert, deutlich besser da als andere Regionen des Südens: Umweltschutz und Mülltrennung sind keine Fremdwörter, ebenso wie nachhaltiger Tourismus. Und die Mafia ist nicht so mächtig wie in Kalabrien oder Kampanien. Lokale Traditionen werden gepflegt, gleichzeitig bieten selbst in den abgelegensten Dörfern die Kommunen den Bürgern freies Internet.[6]“
Die taz zitierte Vendola im Oktober 2011 mit den Worten:
„In Italien nennt man die politische Klasse eine "Kaste", das ist falsch. Die Politik ist nur der Wachposten des internationalen Finanzbusiness. Die alte radikale Linke hat sich genauso überlebt wie die reformistische. Was ich will, ist eine neue postideologische, pluralistische, populäre Linke, die sich vor allem auf das Neue, auf die Jungen und ihre Sprache einlässt.[7]“
Die Huffington Post begann einen Artikel mit dem Satz "He has been called the Italian Barack Obama -- an improbably elected official who has mobilized his country's youth in an Internet-driven movement of hope and change."[8]
Einzelnachweise
- ↑ a b Deutschlandradio, Europa Heute, 10. September 2010: Nicki Vendola - Der Mann aus Apulien
- ↑ Corriere del Mezzogiorno, 10. September 2010: [1]
- ↑ Il Giornale, 15. September 2010: Nicki Vendola - Anstellungsverbot für Abtreibungsverweigerer
- ↑ Corriere della Sera, 28. Juni 2010: Apulien, Ärzte gegen Vendola «Nur Nichtverweigerer eingestellt»
- ↑ Italian debt: Austerity economics? That's dead wrong for us
- ↑ zeit.de November 2011: Ohne ihn
- ↑ taz.de 2. Oktober 2011: [www.taz.de/!79167/ Interview]
- ↑ www.huffingtonpost.com 21. Juni 2011: Nichi Vendola, Gay Italian Politician, Is New Generation Rival To Silvio Berlusconi
Weblinks
Commons: Nichi Vendola – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Eigene Homepage (italienisch)
- Profil von Vendola auf der Webseite der Region Apulien
- Christina Ujma, Ein Ufo über Apulien, Nichi Vendola – ein Intellektueller der Facebook-Generation wird zum Helden der italienischen Linken, in: der Freitag, 2. Februar 2010.
- Riccardo Valsecchi, Der unmögliche Kandidat, in: die tageszeitung, 18. November 2010.
- "Du willst Ärger bekommen, oder?" Nichi Vendola über Linke und Schwulsein. Interview mit R. Valecchi, A. Waibel. In: die tageszeitung. 2. Oktober 2011, abgerufen am 6. Oktober 2011.
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