- Nick Leeson
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Nicholas „Nick“ Leeson (* 25. Februar 1967 in Watford, Hertfordshire) ist ein ehemaliger Derivatehändler britischer Nationalität, der durch riskante Spekulationen den Zusammenbruch der Barings Bank, der ältesten Investmentbank Großbritanniens, verursachte.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Leeson verlor früh seine Mutter und wuchs bei seinem Vater, einem Stuckateur, in Watford auf. Nach den A-Levels, dem britischen Gegenstück zum Abitur, bei denen er die Mathematikprüfung nicht bestand, entschloss er sich zu einer Bankausbildung. Bei verschiedenen Instituten war er vor allem in der Abwicklung, im Back Office von Handelsabteilungen tätig, bevor er im Juli 1989 zur renommierten Barings Bank wechselte. Deren neu gegründete Tochtergesellschaft, die Barings Securities, expandierte in diesen Jahren in hohem Tempo in Ostasien. 1990 wurde Leeson nach Hongkong versetzt, wo er als Leiter eines Vierpersonen-Teams mit der Lösung spezieller Buchhaltungsprobleme betraut wurde.
Wenig später wurde er nach Jakarta versetzt, wo er seine spätere Frau Lisa kennenlernte, die ebenfalls bei Barings Securities arbeitete. In Jakarta gelang es dem als ehrgeizig und fleißig geltenden Leeson, die Wertpapieraußenstände der Bank schnell zu reduzieren und ausstehende Forderungen einzutreiben. Im Jahr 1992 wurde er zum General Manager der Barings Securities Niederlassung in Singapur befördert, mit der Zuständigkeit für die Einstellung von Händlern und die Abwicklung und Kontrolle der Handelsgeschäfte, aber zunächst nicht für den Handel selbst. Nach bestandenem Händlerexamen an der SIMEX (Singapore Monetary Exchange) wurde Leeson, der eigenem Bekunden zufolge schon lange von einer Karriere als Händler träumte, zusätzlich und entgegen den in der Investmentbankenbranche üblichen Gepflogenheiten auch Chefhändler. Er war damit gleichzeitig Händler und Kontrolleur der eigenen Handelsgeschäfte.
Dass diese unübliche Konstruktion erlaubt wurde, lag daran, dass sich die Zuständigkeit der Barings Securities in Singapur ausschließlich auf die Abwicklung von Kundenaufträgen und das risikoarme Arbitragegeschäft beschränkte, sodass das Management in London einen zusätzlichen Kontrolleur für unnötig hielt („zu wenig zu tun und zu teuer“). Zudem war das aus dem traditionellen Bankgeschäft stammende Management mit den Abläufen im Börsenhandel wenig vertraut.
Nick Leeson begann bereits 1993 unautorisiert zu spekulieren. Seine Verluste verbuchte er auf ein geheimes Konto, die (fiktiven) Gewinne erhielt die Bank. Aufgrund der permanent hohen Überschüsse stieg er bald zum Startrader auf. Seine Position innerhalb von Barings wurde unangreifbar, Nachfrager aus der Zentrale befriedigte er durch teilweise recht aufwändige Fälschungen und Ausreden.
Von kurzen Zwischenphasen abgesehen, verlor Leeson mit seinen Spekulationen von Anfang an Geld. Die Verluste auf dem verborgenen Konto schwollen von 2 Millionen Pfund Sterling Ende 1993 auf 23 Millionen Pfund Ende 1994 an. Leeson versuchte die aufgelaufenen Verluste durch immer waghalsigere Spekulationen auszugleichen und fiel in seiner Freizeit zunehmend durch maßlosen Alkoholkonsum und durch Pöbeleien auf. Er verbrachte eine Nacht in einer Ausnüchterungszelle, nachdem er mehreren Stewardessen der Fluglinie Singapore Airlines in einer Bar sein nacktes Hinterteil gezeigt hatte. Leeson wurde wegen „unsittlicher Selbstentblößung“ zu einer Geldstrafe verurteilt.
Nach dem Erdbeben von Kōbe im Jahr 1995 erhöhte sich der Fehlbetrag auf etwa 400 Millionen britische Pfund. Alleine an diesem Tag verlor er mehr als 55 Millionen Pfund. Leeson setzte schließlich alles auf eine Karte und versuchte durch äußerst risikoreiche Spekulationen das Ruder herumzureißen. Vergeblich, die Verluste stiegen innerhalb weniger Wochen dramatisch an, erreichten schließlich 825 Millionen Pfund Sterling und hatten wenig später den Zusammenbruch der traditionsreichen Barings Bank zur Folge. Am 23. Februar 1995 setzte sich Leeson mit seiner Frau nach Kota Kinabalu ab. Über Brunei entkam er wenig später nach Frankfurt am Main.
Am 2. März 1995 wurde Leeson am Frankfurter Flughafen verhaftet, am 23. November an Singapur ausgeliefert und dort wenig später zu sechseinhalb Jahren Gefängnis wegen Urkundenfälschung, Untreue und Betrug verurteilt. Nach einer Darmkrebsdiagnose wurde Leeson 1999 vorzeitig entlassen und lebt heute in Irland. Noch während seiner Haftzeit brachte er eine Autobiographie unter dem Titel Ewan McGregor als Nick Leeson und Anna Friel als seine Frau Lisa mitwirkten. In Deutschland lief der Film unter dem Namen High Speed Money (späterer deutscher Titel Das schnelle Geld – Die Nick-Leeson-Story). Bei der Premiere war auch Nick Leeson selbst zu Gast. Die australische Band Rogue Traders benannte sich nach dem Film.
Heute engagiert sich Leeson verstärkt in der Krebsforschung. Er selbst ist nach eigenen Angaben von der Krankheit geheilt. Seit April 2005 ist er Manager des irischen Fußballclubs Galway United. Im Juni 2005 wurde sein neues Buch Back from the Brink: Coping with Stress veröffentlicht.
Nick Leeson wurde während seiner Haftzeit von seiner Frau Lisa geschieden. 1999 heiratete er die Irin Leona Tormay, mit der er drei Kinder hat.
Leesons Vorgehensweise
Seine ersten Erfahrungen auf dem Börsenparkett sammelte er im Arbitragehandel, bei dem Kursdifferenzen des Nikkei 225 zwischen verschiedenen Börsen ausgenutzt wurden. Je nach Richtung der Kursdifferenz verkaufte ein Händler in Singapur Call- oder Put-Optionen, und sein Kollege in Tokio sicherte das Geschäft mit einem gegenläufigen Handel ab. Ein kleiner aber stetiger Gewinnstrom war garantiert.
Leeson waren diese geringen Gewinne bald zu wenig. Er glaubte, die Bewegung des Marktes vorhersehen zu können und verzichtete auf die Absicherung seiner Geschäfte durch Tokio. Da er Optionen verkaufte, nahm er zunächst Geld ein, die Optionsprämie. Weil sich der Nikkei 225 aber permanent nach unten entwickelte, musste er bei Fälligkeit den Basiswert zu überhöhtem Preis kaufen, um seine Positionen glattzustellen. Genau umgekehrt waren seine Spekulationen auf den Japanese Government Bond Future. Hier hatte Leeson auf sinkende Kurse gesetzt, doch der Markt stieg unaufhaltsam. Dank einer Computermanipulation gelang es ihm, das Konto 88888, auf das er die Verluste verbuchte, vor den Kontrollinstanzen der Bank zu verbergen. Als Chef der Abwicklungsabteilung hatte er wenig Schwierigkeiten, seine Spuren zu verwischen. Durch gefälschte Briefe und Faxe täuschte er Geschäftsbeziehungen zu Dritten vor, in deren Auftrag er die Spekulationen durchführte.
Die überhandnehmenden Verluste versuchte er schließlich dadurch zu kompensieren, dass er in hochriskante Short Straddles investierte, die dann hohe Profite abgeworfen hätten, wenn der Nikkei sich um 19.000 Punkte stabilisiert hätte. Diese Spekulation schlug ebenfalls fehl. Er alleine konnte den Abwärtstrend nicht umkehren.
Folgen
Leesons Fehlspekulationen führten zu einer weltweiten Devisenkrise, weil das britische Pfund enorm unter Druck kam. Es dauerte fast ein Jahr, bis die Finanzmärkte sich wieder halbwegs erholt hatten. Singapur hat gegen Leeson ein Einreiseverbot verhängt. Fast alle Banken der Welt passten nach dem folgenreichen Kollaps ihre Kontrollmechanismen an.
Literatur
- Nick Leeson, Susan Fearn: Rogue Trader. Langenscheidt-Longman 2000, ISBN 3-526-43050-0.
- Nick Leeson, Ivan Tyrrell: Back from the Brink: Coping with Stress. Virgin Books 2005, ISBN 0-7535-1075-8.
- Gerhard Mahler: Die Milliardenzocker. mvg, ISBN 3-478-71540-7.
Siehe auch
Weblinks
- Website von Nick Leeson (englisch)
- Nick Leeson in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Literatur von und über Nick Leeson im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
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