Nikolaibahn

Nikolaibahn
Der Moskauer Bahnhof in Sankt Petersburg
Schnellzug Newskij Express in Petersburg

Die Bahnstrecke Sankt Petersburg–Moskau (ursprünglich Nikolaibahn bezeichnet, russisch Никола́евская желе́зная доро́га / Nikolajewskaja schelesnaja doroga) ist eine Schnellfahrstrecke sowie eine der ältesten und wichtigsten Eisenbahnstrecken in Russland. Sie ist knapp 650 km lang und verbindet Sankt Petersburg mit der Hauptstadt Moskau. Betreiber der Bahnstrecke ist die Oktober-Eisenbahngesellschaft (Октябрьская железная дорога) der nordwestrussischen Regionalabteilung der staatlichen russischen Eisenbahngesellschaft RŽD.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Planung und Bau

Die Bahnstrecke zwischen Sankt Petersburg und Moskau ist nach der im Jahre 1837 in Betrieb genommenen und damals nur 27,5 km langen Strecke zwischen Sankt Petersburg und Zarskoje Selo die zweitälteste Eisenbahnstrecke Russlands. Die ersten Pläne für die strategisch wichtige Eisenbahnverbindung von der damaligen Zarenreichs-Hauptstadt nach Moskau als der zweitwichtigsten Metropole des Landes gab es bereits in den 1830er-Jahren. 1841 legten die beiden renommierten Ingenieure Pawel Melnikow (1804–1880) und Nikolai Kraft (1798–1857) ihren Entwurf für die Strecke zur Begutachtung dem Zaren vor. Dieser Entwurf sah eine zweigleisige, gerade Strecke mit einer Gesamtlänge von 652 km vor. Nachdem der Zar Anfang 1842 den Streckenbau per Erlass genehmigte, erfolgte der Baubeginn am 1. August des gleichen Jahres, die Bauarbeiten begannen gleichzeitig von Sankt Petersburg und von Moskau aus. Der Streckenbau nördlich von Bologoje wurde von Pawel Melnikow, der zwischen Bologoje und Moskau von Nikolai Kraft geleitet. Mit der architektonischen Gestaltung der wichtigsten Bahnhofsgebäude an der Strecke wurde der Architekt Konstantin Thon (1794–1881) beauftragt; insbesondere die beiden von ihm entworfenen und sehr ähnlich aussehenden Kopfbahnhöfe der Strecke in Sankt Petersburg und Moskau zählen zu seinen bekanntesten Bauwerken.

Der Bau der gesamten Strecke, die einige Jahre nach ihrer Eröffnung den Namen Nikolaieisenbahn nach dem Zaren Nikolaus I. erhielt, dauerte knapp neun Jahre. Es wurden dabei insgesamt 184 Brücken über die zahlreichen größeren und kleineren Flüsse an der Strecke (darunter eine über die Wolga) errichtet, außerdem mussten zahlreiche Sümpfe trockengelegt werden. [1] Beim Bau hat es viele tödliche Arbeitsunfälle gegeben; dies wurde später vom volkstümlichen Dichter Nikolai Nekrassow in seinem Gedicht Die Eisenbahn verarbeitet. Da für die Nikolaibahn laut Melnikows Entwurf ein möglichst gerader Streckenverlauf vorgesehen war, führte sie entgegen früheren Plänen nicht über Weliki Nowgorod; erst 1871 entstand eine Verbindungsstrecke dorthin von Tschudowo aus.

Eröffnung und Betrieb

Nach der Fertigstellung der Teilstrecken Sankt Petersburg–Kolpino (1847), Kolpino–Tschudowo (1849) sowie Wyschni WolotschokTwer (1850) konnte im August 1851 der erste Zug die gesamte Strecke durchfahren. Am 1. November des gleichen Jahres erfolgte die Aufnahme des regulären Personenverkehrs auf der Strecke. Die gesamte Fahrzeit betrug damals 21 St. 45 Min. Im Unterschied zu erster russischer Eisenbahnstrecke von Sankt Petersburg nach Zarskoje Selo, die mit einer Spurweite von 1829 mm bzw. 6 Fuß gebaut wurde, entschied man sich beim Bau der Nikolaibahn aus Wirtschaftsgründen für 1524 mm bzw. 5 Fuß; seitdem dient diese Spurweite für alle Eisenbahnen Russlands als Standard.

In den nächsten Jahrzehnten nach der Streckeneröffnung entstanden zahlreiche Abzweigungen und Anschlussstrecken der Nikolaibahn: Neben der Strecke nach Nowgorod unter anderem die Stichstrecken nach Borowitschi und nach Konakowo sowie die Querverbindung von Rybinsk nach Pskow und weiter nach Riga. Wie die Nikolaibahn selbst, werden alle ihre Abzweigungen sowie eine Reihe weiterer Strecken im Nordwesten Russlands (darunter die Murmanbahn) heute von der Oktober-Eisenbahngesellschaft betrieben.

Anfang des 20. Jahrhunderts war die Nikolaieisenbahn Schauplatz mehrerer Unruhen: Während des Volksaufstandes 1905 und in den Folgemonaten sowie während der Februarrevolution 1917 streikten Eisenbahnangestellte, die sich mit Revolutionären solidarisierten. Im Ersten Weltkrieg diente die Strecke als wichtiger Nachschubweg für die Nordfront.

Nach der Revolution

Wenige Monate nach der Oktoberrevolution 1917 wurde die Nikolaibahn, wie auch alle anderen Bahnstrecken des Russischen Reichs, von der neuen Macht verstaatlicht und dem neu gebildeten Volkskommissariat für Verkehrswege (später: Verkehrsministerium der Sowjetunion) untergeordnet. 1923 wurde die Nikolaibahn zu Ehren der Oktoberrevolution offiziell in Oktober-Eisenbahn umbenannt, eine Bezeichnung, die die Betreibergesellschaft bis heute trägt. Neue Namen erhielten auch die beiden Kopfbahnhöfe der Strecke, die bis dahin Nikolaibahnhof hießen: Der Moskauer Nikolaibahnhof wurde in Leningrader Bahnhof umbenannt, und der Nikolaibahnhof in der nunmehr Leningrad heißenden Stadt wurde zum Moskauer Bahnhof.

Am 9. Juni 1931 nahm mit der Krasnaja Strela (Красная Стрела, zu deutsch Roter Pfeil) der erste Schnellzug seinen Betrieb auf der Oktober-Eisenbahnstrecke auf, der die bis dahin kürzeste Fahrzeit von zehn Stunden erreichte. Ein Expresszug mit gleichem Namen verkehrt auch heute noch auf der Strecke.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Verkehr auf der Oktober-Eisenbahn während der zweieinhalbjährigen Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht unterbrochen. Die Bahnstrecke selbst sowie zahlreiche Brücken und Bahnhofsgebäude wurden bei Kämpfen und Luftangriffen stark beschädigt. 1944 konnte der Zugverkehr zwischen Moskau und Leningrad wieder aufgenommen werden. Der Wiederaufbau dauerte bis 1950 an.

Hochgeschwindigkeitszug ЭР200 (ER200) in Ljuban

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Strecke nach und nach modernisiert: So wurde 1962 die vollständige Elektrifizierung der Strecke abgeschlossen, ab 1965 befuhr der Expresszug Aurora die Strecke mit 130 km/h. Mit der Aufnahme des regulären Betriebs des Zugtyps ЭР200 (ER200) auf der Oktober-Eisenbahn am 1. März 1984 wurde sie offiziell zu einer Schnellfahrstrecke.

Gegenwart und Ausbaupläne

Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre wurde die Strecke umfassend modernisiert, nachdem die Pläne für eine parallelverlaufende Hochgeschwindigkeitsstrecke vorerst auf Eis gelegt wurden. Seit 2001 werden auf überwiegendem Teil der Strecke Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h gefahren. Heute beträgt die Fahrzeit mit Hochgeschwindigkeitszügen ЭР200 4 St. 45 Min.

Ab 2009 sollen neubeschaffte Hochgeschwindigkeitszüge Siemens Velaro RUS mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 km/h zwischen Moskau und Sankt-Petersburg verkehren. Daraus ergibt sich zwischen diesen Städten eine Fahrtzeit von 3 Stunden und 45 Minuten, was einem Zeitgewinn von 1 Stunde entspricht.

Zwischenfälle

Am 14. August 2007 explodierte auf der Strecke nahe Malaja Wischera ein selbstgebauter Sprengsatz, wodurch der Schnellzug Newski-Express, der gerade von Moskau nach Petersburg mit knapp 130 km/h unterwegs war, entgleiste. Von den 250 Fahrgästen an Bord des Zuges wurden 60 verletzt, 38 von ihnen wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Die russische Generalstaatsanwaltschaft nahm daraufhin die Ermittlungen wegen des Verdachts eines terroristischen Anschlags auf. [2]

Der Leningrader Bahnhof in Moskau
Haltepunkt Radischtschewo, Oblast Moskau

Wichtige Bahnhöfe

Einzelnachweise

  1. Swetlana Dmitrijewa in Wetsche Tweri, 1. August 2006, zuletzt abgerufen am 28. Oktober 2007
  2. spiegel.de, 14. August 2007, zuletzt abgerufen am 28. Oktober 2007

Weblinks


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