Ober-Erlenbach

Ober-Erlenbach
Ober-Erlenbach
Wappen von Ober-Erlenbach
Koordinaten: 50° 14′ N, 8° 41′ O50.22758.6819444444444128Koordinaten: 50° 13′ 39″ N, 8° 40′ 55″ O
Höhe: 128 m ü. NN
Einwohner: 5.000
Eingemeindung: 1. Aug. 1972
Postleitzahl: 61352
Vorwahl: 06172

Ober-Erlenbach ist ein Stadtteil von Bad Homburg vor der Höhe im Hochtaunuskreis in Hessen am nördlichen Stadtrand von Frankfurt am Main. Östlich an Ober-Erlenbach grenzt die Stadt Karben im Wetteraukreis. Der Name stammt von dem den Stadtteil durchquerenden Erlenbach.

Ober-Erlenbach hat eine lange Tradition. Die Hauptattraktion des Dorfes sind die Zehntscheune (in der die Bauern ihren Lehnsherren früher ein Zehntel ihres Ertrages abgeben mussten) und die St. Martinskirche, in der eine Dreymann-Orgel zu sehen ist.

Ober-Erlenbach gehört heute wie auch Bad Homburg zu den wohlhabenden Gebieten, in denen sich oftmals erfolgreiche Wirtschaftsexperten und Manager aus der Bankenstadt Frankfurt niederlassen.

Über Jahrzehnte hinweg sind immer wieder Menschen nach Ober-Erlenbach gezogen, wodurch es hier eine gesunde Bevölkerungsmischung mit einem hohen Anteil an Kindern gibt.

Geschichte

Die ersten urkundlichen Hinweise auf ein Dorf namens Arilbach, aus dem später Ober- und Nieder-Erlenbach hervorgegangen sind, stammen aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts.

Es gehörte zeitweilig dem Kloster Lorsch und der Benediktiner-Abtei Hersfeld, dann wieder verschiedenen weltlichen Adelsgeschlechtern. Schließlich gelangte Ober-Erlenbach an das Mainzer Erzbistum, bei dem es bis 1691 verblieb. In diesem Jahre wurde es dem freiherrlichen Geschlecht von Ingelheim als Lehen gegeben, an das auch nach und nach alle hoheitlichen Rechte übergingen. Mit Unterstützung des neuen Lehnsherren wurden schon im Jahre 1765 die jetzige Kirche St. Martin und 1793 ein neues Schulhaus erbaut.

Die Bauern des Dorfes blieben zwar leibeigen, aber Berichte über mit aller Härte durchgesetzte wirtschaftliche Ausbeutung durch die Lehnsherren, wie sie aus anderen Gegenden Deutschlands zahlreich vorliegen, fehlen hier.

Als Folge der napoleonischen Kriege kam Ober-Erlenbach zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt, auf dessen Territorium schon seit 1811 keine Leibeigenschaft mehr bestand. Grund und Boden und die damit verbundenen Rechte gehörten weiter den Ingelheimern, aber die Ober-Erlenbacher Bauern waren freie Leute geworden.

Zwei Bauwerke, die an die Ingelheimer Lehnsherrschaft erinnern, existieren allerdings noch: Das Symbol der früheren Gutsuntertänigkeit der Ober-Erlenbacher Bauern, das aus dem 16. Jahrhundert stammende und unter Denkmalschutz stehende mächtige Gebäude der Zehntscheune und die im Jahre 1765 vom Grafen von Ingelheim gebaute Kirche St. Martin, das Wahrzeichen des Dorfes.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde in Ober-Erlenbach der Grundstein für ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung gelegt (1901). Die Einwohnerzahl des Dorfes hatte inzwischen die Tausendergrenze überschritten: Im Jahre 1900 waren 1053 Männer, Frauen und Kinder gezählt worden. Ober-Erlenbach war schon längst nicht mehr das Bauerndorf, als das es im Mittelalter entstanden war. Die Aufhebung der Leibeigenschaft und die Industrielle Revolution im 19. Jahrhundert hatten auch hier die Sozialstruktur einschneidend verändert. Viele – vor allem männliche – Einwohner arbeiteten als gelernte oder ungelernte Kräfte im nahen Frankfurt.

Alte Schule
Fachwerkhaus in der Ortsmitte

Es machte sich aber in diesen Jahren auch der Aufschwung der Technik bemerkbar; denn die Gemeinde wurde an das staatliche Telefonnetz angeschlossen. Gleichzeitig scheint auch die Korrespondenz so zugenommen zu haben, dass die Eröffnung einer dörflichen Postagentur unabdingbar wurde. Am 23. Juli 1913 kehrte der Fortschritt endgültig ins Dorf ein: Erstmals brannte elektrisches Licht. Fließend Wasser erhielt das Dorf allerdings erst im Jahre 1958.

Durch den Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918 wurde die begonnene Aufwärtsentwicklung Ober-Erlenbachs unterbrochen. Sechsundvierzig Männer sind an den verschiedenen Fronten gefallen oder wurden vermisst. Die beiden größeren Glocken der Kirche sowie die Zinnpfeifen der Orgel von St. Martin wurden demontiert und zur Munitionsherstellung eingeschmolzen. Die Glocken konnten erst 1922 ersetzt werden.

Es gab zu Beginn der Weimarer Republik etwa 1100 Einwohner, davon 800 Wahlberechtigte.

1927 erwarb eine „Hauptgeschäftsstelle gegen Suchtgefahren e.V.“ aus Berlin ein am Dorfrand gelegenes Gelände mit Mühle und den entsprechenden Lager-, Keller- und Wohnräumen, und überließ dieses Anwesen einem badischen Obstbaumeister, Josef Baumann, mit der Auflage, hier eine „Lehr- und Versuchsanstalt für gärungslose Früchteverwertung“ auszubauen.

Josef Baumann erschien hierfür der geeignete Mann zu sein, denn er hatte einige Jahre davor ein Verfahren und Gerätschaften entwickelt, um Fruchtsäfte ohne chemische Konservierungsmittel haltbar zu machen: er war damit der Vater der europäischen Fruchtsaft-Industrie geworden. Tatsächlich gelang es Baumann, innerhalb kurzer Zeit in Ober-Erlenbach ein Zentrum der im Entstehen begriffenen Fruchtsaft-Industrie zu schaffen.

Schon ab den frühen 30er Jahren des 20. Jhd. fanden nun das ganze Jahr über Lehrgänge statt; Lehrlinge und Praktikanten aus aller Herren Länder wurden ausgebildet, Ausstellungen beschickt und die Fachzeitschrift „Flüssiges Obst“ monatlich herausgegeben. Hier auch wurden von der Maschinenbau-Industrie neu entwickelte Maschinen und Verfahren für die Fruchtsaft-Industrie getestet, hier fanden Fachtagungen statt, kurz: in den 50 Jahren von 1930 bis 1980 war Ober-Erlenbach zum „Mekka“ der „Süssmost- und Fruchtsaft-Industrie“ geworden. Nach dem Tod von Josef Baumann wurde dessen Lebenswerk im Schwerpunkt von den Hochschulen/Lehranstalten in Geisenheim und in Weihenstephan weitergeführt.

Im Jahre 1975 wurde der Süßmost-Betrieb, den Josef Baumann auf dem Grundstück der früheren Ortsmühle im Jahre 1927 gegründet hatte, von der Familie Rühl übernommen, die ihn fünfzehn Jahre später schloss. Das Gelände wurde an die Stadt Bad Homburg verkauft, die die Gebäude abreißen ließ. Im Jahre 1997 entstand hier als neues Gemeindezentrum die Erlenbachhalle.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden wiederum viele Männer des Dorfes, das zu diesem Zeitpunkt bereits 1542 Seelen zählte, zu den Waffen geholt. Im Laufe der fünf Jahre sind 96 Männer gefallen oder wurden als vermisst gemeldet. Die einzige jüdische Familie Ober-Erlenbachs wurde bis auf den Sohn, der sich noch rechtzeitig ins Ausland retten konnte, von den Nazis ins Konzentrationslager gebracht und dort ermordet.

Zwei Kirchenglocken wurden wiederum beschlagnahmt und eingeschmolzen. Sie konnten schon 1951 durch ein massives Spendenaufkommen der Kirchengemeinde erneuert werden.

Um die Mitte des Jahres 1946 kamen die ersten Züge mit Heimatvertriebenen aus dem Osten, und zahlreiche Flüchtlingsfamilien mussten im Dorf untergebracht werden.

Gegen Ende der sechziger Jahre wurde das Gewerbegebiet am Lohwald auf der ehemaligen Viehweide ausgewiesen. Es haben sich dort namhafte Firmen niedergelassen, die vielen Ober-Erlenbachern einen Arbeitsplatz bieten konnten.

Im Jahre 1968 wurde am Holzweg eine neue Grundschule gebaut. Der katholische Kindergarten war bereits 1969 auf einhundert Plätze erweitert worden, und mit dem Bau eines zweiten Kindergartens an der Straße Emmerichshohl im Jahre 1972/1973 war der Bedarf an Kindergartenplätzen vorläufig gedeckt. 1998 wurde der katholische Kindergarten durch einen Neubau ersetzt.

Hatte es im Jahre 1852 nur etwa sechs Prozent Protestanten in Ober-Erlenbach gegeben, so waren es jetzt – vor allem durch den Zuzug von Flüchtlingen und Neubürgern – etwa ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Im Jahre 1971 war die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder auf 1365 angewachsen; die Gemeinde Ober-Eschbach, die bis dahin die Ober-Erlenbach Protestanten mit betreut hatte, zog daraus die Konsequenzen und baute im selben Jahr ein eigenes Gemeindezentrum am Holzweg.

Am 1. August 1972 vollzog sich für das Dorf eine einschneidende Veränderung: Die Gemeinde, die zu diesem Zeitpunkt fast viereinhalbtausend Einwohner zählte, verlor ihre Selbstständigkeit, wurde dem Hochtaunuskreis zugeordnet und in die Stadt Bad Homburg vor der Höhe eingegliedert. Mit der Bebauung des „Wingert“, die im Jahre 1971 begann, wurde eine Umstrukturierung eingeleitet, die inzwischen zum Abschluss gekommen ist.

Die unter Denkmalschutz stehende Zehntscheune befindet sich seit 1978 in Privatbesitz und dient Wohn- und Ausstellungszwecken.

Siehe auch

Weblinks


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