Olympische Winterspiele 1924/Eiskunstlauf

Olympische Winterspiele 1924/Eiskunstlauf
Olympische Ringe

Das Eiskunstlaufen stand bereits bei den Spielen der IV. Olympiade 1908 in London und den Spiele der VII. Olympiade 1920 in Antwerpen im Rahmen so genannter Wintersportwochen auf dem Programm Olympischer Spiele. Bei den I. Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix wurden Wettbewerbe im Einzellauf der Männer und Frauen sowie im Paarlaufen ausgetragen. Austragungsort war das Stade Olympique (Olympiastadion) im Zentrum von Chamonix. Gelaufen wurde auf zwei Natureisbahnflächen von jeweils 50 x 60 m Durchmesser in den Kurvenbereichen der 400 m Eisschnellaufbahn. Da das Eishockey-Turnier zur selben Zeit stattfand wie die Eiskunstlauf-Wettbewerbe, waren die Zuschauer auch wegen der Eishockey-Spiele im Stadion.

Inhaltsverzeichnis

Männer

Platz Land Sportler Pz/Pkte
1 SWE Gillis Grafström 10/367.89
2 AUT Willy Böckl 13/359.82
3 SUI Georges Gautschi 23/319.07
4 TCH Josef Sliva 28/310.77
5 GBR John Page 36/295.36
6 USA Nathaniel Niles 46/274.47
7 CAN Melville Rogers 51/269.82
8 FRA Pierre Brunet 54/268.61

Am Start waren 11 Eiskunstläufer aus 9 Länder, Wettkampf: 29. Januar 1924 um 9:30 Uhr (Pflicht) und 30. Januar 1924 um 15:00 Uhr (Kür), Zuschauer: 555

Der Wettkampf bestand aus einer Pflicht – es mussten sechs Figuren gezeigt werden - und aus einer fünfminütigen Kür. Der Weltmeister von 1923 Fritz Kachler aus Österreich und der ungarische Meister Andor Szende fehlten hier, so dass im Kampf um Gold schon im Vorfeld nur Gillis Grafström und Willy Böckl in Frage kamen. Bei früherem Aufeinandertreffen beider ging der Schwede stets als Sieger von der Eisfläche. Grafström ist ein exzellenter Läufer von Pflichtfiguren und galt als äußerst eleganter Tänzer mit enormem Musikgefühl. Er läuft die beste Pflicht, wird in der Kür zweiter und verteidigt seinen Titel von 1920 erfolgreich. Der Wiener Willy Böckl läuft zwar die beste Kür aller Teilnehmer, doch reichen die Punkte nicht für den Olympiasieg. Kurioserweise befanden vier der sechs Preisrichter, dass Gillis Grafström, trotz eines Sturzes, besser sei als Böckl und setzten den Schweden auf Platz eins.

John Page, Nathaniel Niles, Melville Rogers und Pierre Brunet waren auch im Paarlaufen am Start. Für Gillis Grafström und Nathaniel Niles sind es nach 1920 die zweiten Olympischen Eiskunstlauf-Wettbewerbe.

Weitere Platzierungen: 9. Frederic A. Mesot (Belgien) 54 Pz/266.16 Pkte, 10. Herbert J. Clarke (Großbritannien) 70 Pz/219.75 Pkte Pz, 11. Andre Malinet (Frankreich) 77Pz/202.46 Pkte

Frauen

Platz Land Sportler Pz/Pkte
1 AUT Herma Planck-Szabo 7/299.17
2 USA Beatrix Loughran 14/279.85
3 GBR Ethel Muckelt 26/250.07
4 USA Theresa Blanchard 27/249.53
5 FRA Andrée Joly 38/231.92
6 CAN Cecil Eustace Smith 44/230.75
7 GBR Kathleen Shaw 46/221.00
8 NOR Sonja Henie 50/203.82

Am Start waren 8 Eiskunstläuferinnen aus 6 Ländern, Wettkampf: 28. Januar 1924 um 9:00 Uhr (Pflicht) und 29. Januar 1924 um 13:30 Uhr (Kür), Zuschauer: 720

Der Wettkampf bestand aus einer Pflicht (sechs Figuren) und aus einer vierminütigen Kür. Unter den Preisrichter waren Walter Jakobsson (Finnland) und Georges Wagemans (Belgien), die beide auch als Sportler im Paarlaufen an den Start gingen. Mit Titelverteidigerin Magda Julin und Svea Norén (beide Schweden) fehlten hier zwei große Favoritinnen, so dass Herma Planck-Szabo - Weltmeisterin von 1922 und 1923 - fast mühelos als Beste in Pflicht und Kür zum Olympiasieg lief. Sie gehörte wie Willy Böckl dem Wiener Eislauf-Verein an und gewinnt die erste olympische Gold-Medaille für Österreich bei Wintersport-Wettbewerben. Wie Phoenix aus der Asche trat dagegen die New Yorkerin Beatrix Loughran auf und gewinnt völlig überraschend Silber. Loughran war als US-Vizemeisterin nach Chamonix gereist. Eigentlich wurde ihrer Landsfrau Theresa Blanchard eher eine Medaille zugetraut. Diese verpasste allerdings Bronze denkbar knapp mit nur einer Platzziffer mehr an die Britin Ethel Muckelt.

Achte des Wettkampfes wurde Sonja Henie aus Norwegen, die mit ihren 11 Jahren und 295 Tagen jüngste Teilnehmerin bei diesen Winterspielen ist. Zu Beginn ihrer Kür stürzte sie, sagte verlegen nur „Hoppla!“ und beginnt noch einmal. Seit dem nennt die Presse sie liebevoll Fräulein Hoppla. Sonja Henie wird später zwischen 1928 und 1936 dreimal Olympiasiegerin. Ethel Muckelt, Theresa Blanchard, Andrée Joly und Cecil Eustace Smith waren auch im Paarlaufen am Start. Für Muckelt und Blanchard sind es nach 1920 die zweiten Olympischen Spiele.

Paare

Platz Land Sportler Platzziffer
1 AUT Helene Engelmann
Alfred Berger
9/10.64
2 FIN Ludowika Jakobsson
Walter Jakobsson
18.5/10.25
3 FRA Andrée Joly
Pierre Brunet
22/9.89
4 GBR Ethel Muckelt
John Page
30.5/9.93
5 BEL Geraldine Herbos
Georges Wagemans
37/8.82
6 USA Theresa Blanchard
Nathaniel Niles
39/9.07
7 CAN Cecil Eustace Smith
Melville Rogers
41/9.11
8 GBR Mildred Richardson
Thomas Richardson
57/7.68

Am Start waren 9 Paare (18 Eiskunstläufer) aus 7 Ländern, Wettkampf: 31. Januar 1924 um 15:00 Uhr (Kür), Zuschauer: 347

Der Wettkampf bestand aus einer fünfminütigen Kür. Die Paare wurden dabei von einer Blaskapelle begleitet. Es war fast die gesamte Weltspitze der Paarläufer am Start. Lediglich die Norweger Alexia und Yngvar Bryn fehlten. Der Paarlauf wurde zu eine der spannendsten Entscheidungen. An der Spitze kommt es zum Zweikampf zwischen Ludowika und Walter Jakobsson – Weltmeister 1923 - aus Helsinki und Helene Engelmann und Alfred Berger – Weltmeister 1922 - aus Wien. Klassik trifft auf Populär. Dabei erweisen sich die finnischen Titelverteidiger von 1920 als schlechte Verlierer. Sie werfen dem Siegerpaar Engelmann/Berger vor, mit nicht zum klassischen Kunstlauf gehörender Akrobatik, die Preisrichter betört zu haben. Die gebürtige Potsdamerin Ludowika Jakobson war die einzige deutsche Sportlerin in Chamonix und zudem mit 39 Jahren und 188 Tagen auch älteste Medaillengewinnerin Olympischer Winterspiele. Ihr Mann Walter Jakobsson war bereits 41 Jahre und 358 Tage alt.

Peinlicher Irrtum: Nach minutenlanger „standing ovations“ wähnt die Presse das kanadische Paar Cecil Eustace Smith und Melville Rogers als Sieger und die französischen Journalisten kabeln diese “Sensation“ etwas vorschnell an ihre Zeitungen. Tatsächlich werden sie aber nur Siebente. Von den insgesamt neun Paaren waren fünf zum zweiten Mal bei Olympia.

Weitere Platzierung: 9. Simone Sabouret und Charles Sabouret (Frankreich) 61 Pz/7.15 Punkte

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