Osman Hamdi Bey

Osman Hamdi Bey
Osman Hamdi Bey 1899
Osman Hamdi mit Tochter Nazlı
Osman Hamdi Bey 1907 beim Malen des Bildes „Die Waffenhändler“
Müze-i Humayun (links) und Sanayi-i Nefise Mektebi (rechts), heute İstanbul Arkeoloji Müzeleri, Foto von 2006
Kaplumbağa Terbiyecisi - Der Schildkrötenerzieher, 1906

Osman Hamdi Bey (* 30. Dezember 1842 in Istanbul; † 24. Februar 1910 in seiner Strandvilla in Istanbul Kuruçeşme) war ein türkischer Maler, Museumsgründer und Archäologe.

Als Maler gilt er als Begründer einer eigenen türkischen Schule, als Archäologe und Museumsgründer leistete er Pionierarbeit in der Entwicklung der Archäologie auf türkischem Boden und bei der Bewahrung antiken Kulturbesitzes. Er gründete und leitete das erste archäologische Museum der Türkei.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Osman Hamdi war der älteste Sohn des Sadrazam (Großwesir) İbrahim Edhem Pascha, einem Politiker und Techniker mit westlicher Ausbildung. Bei dem Sohn zeigte sich schon früh ein ausgeprägtes künstlerisches Interesse und die Fähigkeit zum Zeichnen und Malen. Obwohl in ein sehr begütertes Elternhaus der damaligen Oberklasse des Landes geboren, absolvierte er seine Schulausbildung in einer öffentlichen Schule in Beşiktaş und besuchte ab 1856 die Rechtswissenschaftliche Schule (Maarif-i Adliye) in Istanbul. 1860 wurde er vom Vater zum Jurastudium nach Paris geschickt, wo er eine zusätzliche westliche Ausbildung genießen sollte. Während seines dortigen Studiums entwickelte er gleichzeitig sein Talent für die Malerei. Er wurde Schüler von Jean-Léon Gérôme, Louis Boulanger und Fausto Zonaro.[1]

1864 heiratete er eine Französin namens Marie, mit der er zwei Töchter hatte, Fatma und Hayriye. Die Ehe hatte zehn Jahre Bestand. 1873 traf er auf der Internationalen Messe in Wien, wohin er beruflich entsandt worden war, ein 17-jähriges Mädchen, das ebenfalls Französin war und Marie hieß. Osman Hamdi nannte sie Naile und heiratete sie. Das Paar hatte vier Töchter, Melek, Leyla, Edhem und Nazlı.

Werk

Als er 1869 sein Studium beendete und in die Heimat zurückkehrte, wurde Osman Hamdi in den diplomatischen Dienst des Osmanischen Reiches berufen und war zunächst in der Protokollabteilung des Palastes und für Ausländische Angelegenheiten in der osmanischen Provinz Bagdad beschäftigt. Dort begann er, sich mit Geschichte und Archäologie zu befassen, und nahm an Ausgrabungen teil.

Auch leitete er die ersten archäologischen Ausgrabungen und Untersuchungen von türkischen Arbeitsgruppen in Sidon im Libanon. Die dort von ihm entdeckten Sarkophage (unter ihnen der so genannte Alexandersarkophag) werden bis heute als archäologische Perlen von Weltbedeutung betrachtet.

Um diesen Funden einen würdigen Aufbewahrungs- und Ausstellungsrahmen zu schaffen, betrieb er die Gründung eines archäologischen Museums. 1881 wurde Hamdi Bey zum Direktor des türkeiweit ersten Museums, des von ihm gegründeten Müze-i Humayun (Museum des Imperiums) im Istanbuler Stadtviertel Sultanahmet ernannt, das am 13. Juni 1891 eröffnet wurde.

Das Gebäude wurde von Alexandre Vallaury (1850–1921), einem Architekten levantinischer Abstammung erbaut. Die Außenfassade bezieht sich auf die Form des Alexandersarkophags. Es ist ein schönes Beispiel für die neoklassischen Bauwerke in Istanbul.

1883 eröffnete Osman Hamdi in unmittelbarer Nähe des Museums die Kunstschule Sanayi-i Nefise Mektebi (Institut für Schöne Künste), die sich als erste türkische Einrichtung der modernen Malerei widmete. Das Gebäude dieses Instituts beherbergt heute das Museum der alten orientalischen Werke. Ebenfalls 1883 wurden „Osman Hamdi Bey, Leiter des Osmanischen Reichsmuseums und Osgan Efendi, Lehrkraft an der Akademie für Schöne Künste, … beauftragt, sich auf den Nemrut zu begeben, um die Monumente und die Inschriften ausführlich zu untersuchen und soviel Informationen wie möglich zu sammeln.“[2] Den Ausgrabungen am Nemrut Dağı folgte noch ein Projekt in Lagina.

Osman Hamdi Bey war auch maßgeblich an den Vorarbeiten für das 1884 erlassene „Gesetz zum Schutz des antiken Kulturgutes“ (Asar-ı Atika Nizamnamesi, kurz Antikengesetz) beteiligt, durch das alle Altertümer des Osmanischen Reiches zum Staatsbesitz erklärt und alle durch Ausgrabungen gefundene Antiken zunächst dem archäologischen Museum zugesprochen wurden. Dieses Gesetz war seinerzeit für die Osmanen sehr wichtig, da es galt, die unkontrollierte Ausfuhr antiker Kulturgüter zu verhindern. Für Hamdi Beys Museum bedeutete es, dass es quasi den Rang eines „Staatsmuseums“ erhielt und zur Zentralstelle für das osmanische Antikenwesen wurde.[3]

Gleichzeitig setzte er seine künstlerische Tätigkeit als Maler fort. 1884 ließ er sich in Eskihisar, einem Dorf in der Nähe von Izmit, wo schon sein Vater eine Residenz hatte, ein Sommerhaus bauen, das er als Atelier verwendete. Es befindet sich heute im staatlichen Besitz und ist seit 1987 als Osman Hamdi Bey Evi (Wohnhaus Osman Hamdi Beys) ein Museum mit persönlichen Gegenständen, Fotografien, Erinnerungen an Osman Hamdi Bey und Reproduktionen seiner Gemälde – figurative Kompositionen orientalischer Themen –, deren Originale sich heute in Privatsammlungen und Museen befinden.

In den letzten Jahren seines Lebens konzentrierte er sich auf Verbesserungen des Museums und seine Aktivitäten als Künstler. Am 24. Februar 1910 verstarb er in seiner Strandvilla in Istanbul Kuruçesme.

Der Schildkrötenerzieher

Dieses 1906 entstandene Gemälde brach 2004 einen Rekord bei den Ersteigerungserlösen in der Türkei, als es für 3,5 Million Dollar den Besitzer wechselte. Das Gemälde wurde von der Suna und Inan Kıraç Stiftung für deren Pera-Museum in Istanbul erworben.[4]

Werke (Auswahl)

  • Kaffee-Ofen, 1879
  • Im Harem, 1880
  • Zwei musizierende Mädchen, 1880
  • Koran lesendes Mädchen, 1880
  • Der Schildkrötenerzieher, 1906
  • Der Waffenhändler, 1907
  • Frauen im Hof der Moschee Şehzadebaşı, 1908
  • Tor der Medrese von Karaman
  • Der lesende Mann

Anmerkungen

  1. Caroline Gries: Osman Hamdi Bey. In: http://www.uni-kiel.de/islam/WS%20PS%20tuerk.%20Geschichte%20Osman%20Hamdi%20Bey.pdf („Link nicht mehr abrufbar“)
  2. Sadan Gökovali: Commagene Nemrut. Milet Publishing Ltd 1999, ISBN 975-7199-11-7.
  3. F. R. Kraus: Die Istanbuler Tontafelsammlung. In: Journal of Cuneiform Studies 1, 1947.
  4. Turkish Daily News vom 15. Dezember 2004 (nicht mehr erreichbar)

Literatur

Weblinks

 Commons: Osman Hamdi Bey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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