Otto Tschirch

Otto Tschirch

Otto Richard Sigismund Tschirch (* 4. Juni 1858 in Guben; † 13. März 1941 in Brandenburg (Havel)) war ein deutscher Historiker und Archivar. Er hat insbesondere zur Stadtgeschichte der Stadt Brandenburg an der Havel geforscht und publiziert.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Otto Tschirch wurde als zweiter Sohn des evangelischen Pfarrers Carl Adolf Tschirch (1815–1875)[1] und dessen Frau Marie, geb. Sausse, geboren. Sein älterer Bruder Alexander (1856-1939) wurde später Apotheker und Professor der Pharmazie in Bern.

Nach dem Besuch der Gubener Elementarschule und des Gymnasiums Guben (1867–1876) studierte er von 1876 bis 1880 an der Universität Berlin Geschichte, Germanistik, Geographie, Philosophie und Pädagogik. Dort hörte er Geschichtsvorlesungen von Theodor Mommsen, Karl Wilhelm Nitzsch und Johann Gustav Droysen, Erdkunde bei Heinrich Kiepert, Geschichte der indogermanischen Sprachen bei Johannes Schmidt, Sanskrit bei Albrecht Weber und Sprachphilosophie bei Heymann Steinthal. Anschließend war er bis 1882 Erzieher am Zivilwaisenhaus in Potsdam. Im Juni 1882 legte er die Staatsprüfung ab und ab Oktober des gleichen Jahres war er Referendar am Luisenstädtischen Gymnasium in Berlin (heute: Heinrich-Schliemann-Gymnasium Berlin), dann am Saldern-Gymnasium in Brandenburg an der Havel, wo er seit 1884 fest angestellt war. Im gleichen Jahr wurde er an der Universität Halle zum Dr. phil. promoviert. 1902 wurde er zum Professor ernannt, 1911 erhielt er den Roten Adlerorden 4. Klasse und 1921 wurde er als Lehrer pensioniert.

1886 wurde Tschirch Mitglied im Historischen Verein in Brandenburg an der Havel, seit 1894 Vorstandsmitglied und zweiter Schriftführer, seit 1895 erster Schriftführer und von 1909 bis 1936 Vorsitzender des Vereins. Daneben war er von 1899 bis 1929 Stadtarchivar – zunächst ehrenamtlich und ab 1921 hauptamtlich – und von 1923 bis 1939 Leiter des neugegründeten Heimatmuseums. 1898 erhielt er vom Verein für die Geschichte Berlins die Medaille für Förderung des Vereinswesens in Bronze und 1901 den Rubenow-Preis der Universität Greifswald für sein Manuskript Geschichte der öffentlichen Meinung in Preußen vom Baseler Frieden bis zum Zusammenbruch des Staates (1795–1806), das erst 1933 und 1934 (in überarbeiteter Fassung) im Druck erschien. 1912 gehörte er zu den Mitbegründern der Vereinigung Brandenburgischer Heimatmuseen, wurde 1922 deren zweiter Vorsitzender und war dann bis 1932 deren erster Vorsitzender. Seit ihrer Gründung 1925 bis zu ihrer Auflösung 1939 gehörte er der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin an. Seit 1925 war er Ehrenmitglied der Brandenburgia, seit 1933 auch der Niederlausitzer Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde und ebenfalls seit 1933 Ehrenbürger von Brandenburg an der Havel. 1934 erhielt er die silberne Leibniz-Medaille der Preußischen Akademie der Wissenschaften für sein Lebenswerk. In Brandenburg an der Havel ist eine Schule nach ihm benannt.[2]

Seit 1885 war er mit Maria Beata Schütz verheiratet, mit der er drei Kinder hatte: Ilse (* 1886), Siegfried (* 1888, Korvettenkapitän) und Alexander (* 1890, Frauenarzt).

Werke

Von 1896 bis 1935 gab Tschirch die Jahresberichte des Historischen Vereins in Brandenburg an der Havel heraus. Daneben veröffentlichte er folgende Werke:

  • Beiträge zur Geschichte Mailands von der Zerstörung der Stadt 1162 bis zum Ausgange Friedrichs I. Wiesike, Brandenburg 1884, zugleich: Dissertation, Universität Halle an der Saale, 1884
  • mit Karl August Mann: Beiträge zur Geschichte der Saldria in Brandenburg a. d. H.. Wiesike, Brandenburg a. d. H. 1889
  • Bilder aus der Geschichte der Stadt Brandenburg. Eine Festgabe zur Hohenzollernjubelfeier 1912. Evenius, Brandenburg a. H. 1912
  • Im Schutze des Rolands. Kulturgeschichtliche Streifzüge durch Alt-Brandenburg. 4 Bände, Wiesike, Brandenburg 1922–1929, 2. Auflage in einem Band, 1938.
  • Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg a. d. Havel. Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29. 2 Bände, Wiesike, Brandenburg 1928; 2. Auflage, 1936; 3. Auflage, 1941
  • Geschichte der öffentlichen Meinung in Preußen vom Baseler Frieden bis zum Zusammenbruch des Staates (1795–1806). 2 Bände, Böhlau, Weimar 1933 und 1334

Literatur

  • Wolfgang Kusior: Otto Tschirch – Leben und Werk. In: Historischer Verein Brandenburg (Havel) e.V.: 3.–4. Jahresbericht 1993–1994. Brandenburg an der Havel 1995
  • Wolfgang Kusior: Wenig Bekanntes von Otto Tschirch – wissenschaftliche und andere Leistungen über den Rahmen der Stadt hinaus. In: Historischer Verein Brandenburg (Havel) e.V.: 12. Jahresbericht 2003. Brandenburg an der Havel 2003
  • Willy Hoppe: Otto Tschirch. Ein Nachruf. In: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte. Band 54, 1943, S. 1–10
  • Kurt Adami: Tschirch, Otto. In: Friedrich Beck und Eckart Henning (Hrsg.): Brandenburgisches Biographisches Lexikon (=Einzelveröffentlichung der Brandenburgischen Historischen Kommission e.V., Band 5). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2002, ISBN 3-935035-39-X, S. 399–400 (mit Porträt)
  • Hermann A. L. Degener: Degeners Wer ist's? 10. Ausgabe, Degener, Berlin 1935
  • Wolfgang Leesch: Die deutschen Archivare 1500–1945. Band 2, Saur, München [u. a.] 1992.
  • Johannes Schultze: Otto Tschirch. In: Niederlausitzer Mitteilungen. Band 31, Senftenberg 1946, S. 122–124, ungedruckt, handschriftliches Exemplar von Rudolf Lehmann in der Forschungsstelle für geschichtliche Landeskunde Mitteldeutschlands, Marburg (Signatur AZ 40.110)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. zu Carl Adolf Tschirch siehe: Vera Grützner: Tschirch, Carl Adolf. In: Friedrich Beck und Eckart Henning (Hrsg.): Brandenburgisches Biographisches Lexikon (= Einzelveröffentlichung der Brandenburgischen Historischen Kommission e.V., Band 5). Verlag für Berlin-Brandenburg, Potsdam 2002, ISBN 3-935035-39-X, S. 399; Richard Schaal: Tschirch, Familie. In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Band 13, 1966, Spalte 924–926; Tschirch, sechs Brüder. In: Alfred Einstein (Bearbeiter): Hugo Riemanns Musiklexikon. 11. Auflage, Berlin 1929, S. 1889
  2. Otto Tschirch auf den Seiten der Otto-Tschirch-Oberschule

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