Verein für die Geschichte Berlins

Verein für die Geschichte Berlins
Fidicin-Medaille des Vereins für die Geschichte Berlins

Der Verein für die Geschichte Berlins e.V., gegr. 1865 ist ein gemeinnütziger Geschichtsverein, dessen Mitglieder die Geschichte Berlins erforschen und wahren. Durch die Herausgabe von Schriftenreihen und anderen populärwissenschaftlichen Publikationen sowie durch entsprechende Veranstaltungen machen sie die Geschichte erlebbar.

Inhaltsverzeichnis

Anliegen und Geschichte

Die konstituierende Sitzung des Vereins fand am 28. Januar 1865 statt. Laut aktueller Satzung will der Verein „in allen Kreisen der Berliner Bevölkerung die Anteilnahme an der geschichtlichen Entwicklung Berlins wecken und durch die Förderung der heimatkundlichen Forschung die Kenntnis der Berliner Geschichte erweitern und vertiefen“.[1] Sein Leitspruch lautet: „Was du erforschet, hast du mit erlebt“. Dieses Zitat ziert die nach dem Gründungsmitglied Ernst Fidicin benannte Fidicin-Medaille, die an Persönlichkeiten verliehen wird, die sich um die Vereinsziele verdient gemacht haben. Als ein sichtbarer Erfolg der Tätigkeiten des Vereins gilt das Märkische Museum, das auf seine Initiative gegründet wurde. Bis heute konnte der Verein rund zwanzig Oberbürgermeister bzw. Regierende Bürgermeister zu seinen Mitgliedern zählen.

Vereinsaktivitäten

Der Verein für die Geschichte Berlins tritt im Wesentlichen in drei Bereichen seines Wirkens an die Öffentlichkeit:

  • mit Publikationen (z.B. Mitteilungen, Schriften, Chroniken, Jahrbuch Bär von Berlin) und in moderner Form mittels eines Internet-Forums, das der Verein auf seiner Website unterhält;
  • mit der Bibliothek von über 20.000 Objekten (Stand von 2011), darunter dem Sumarius [2] von 1511 sowie
  • mit Veranstaltungen (z.B. Führungen, Vorträge, Studienfahrten).
Vereins-Bibliothek

Bereits im Gründungsjahr 1865 wurde der Aufbau einer Bibliothek beschlossen und Ernst Fidicin, damals Stadtarchivar von Berlin, zu seinem ersten Bibliothekar gewählt. In seinen Diensträumen stellte er den Materialien des Vereins zunächst gesonderte Schränke zur Verfügung. Mit der Überarbeitung des Vereins-Statuts im Jahr 1870 wurden die Ziele der Bibliothek konkretisiert: „Anlage einer Sammlung von Büchern, Manuscripten, Plänen, Zeichnungen, Medaillen, Münzen usw. sowie die Herstellung eines möglichst vollständigen Repertoriums der auf die Geschichte Berlins bezüglichen Archivalien“.
Bald begann damit auch ein Schriftentausch mit anderen Vereinen. Als eine besonders wertvolle Druckschrift wird eine Veröffentlichung über das 1510 erfolgte Strafverfahren gegen die märkischen Juden angesehen, das der General-Agent der Kölner Feuerversicherung C. Osterwald dem Berliner Verein 1871 schenkte. Vergrößerte Holzschnitt-Kopien davon sind in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums zu sehen.
Im Jahr 1875 konnte der Verein aufgrund der Initiative seines Vorsitzenden im Deutschen Dom am Gendarmenmarkt Zimmer für die Bibliothek und für Sitzungen mieten. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich unter anderem 646 Bücher, fünf Exemplare von den selbst herausgegebenen Schriften sowie einige weitere Materialien im Eigentum des Vereins. 1875 wurde Carl Brecht, Kanzleirat und Registrator, der Nachfolger von Fidicin im Amt des Bibliothekars, das er bis 1879 innehatte. In dieser Zeit wurde eine gesonderte Bibliotheks-Ordnung verabschiedet, nach der die Nutzung den eingetragenen Vereinsmitgliedern vorbehalten blieb. – Für das Jahr 1878 wurde der Bestand der Bibliothek mit insgesamt 1050 Exemplaren angegeben (durchnummeriert), der geschätzte Wert mit rund 14.000 Mark, davon 300 Mark der im Märkischen Museum befindlichen Medaillen und Münzen.
1879 übertrug man die Aufgabe des Bibliothekars dem Kaufmann und Stadtverordneten Leo Alfieri. Dieser erstellte einen ersten Katalog, der 2139 Einheiten aufwies. 1887 wurde der Rechnungsrat Hugo Guiard Bibliotheksleiter und blieb es bis 1910; er hatte 1896 einen ersten Bestandskatalog erstellt[3]. 1887 erhielt die Vereins-Bibliothek zusätzliche Räume im Erdgeschoss des Deutschen Doms, die jedoch bald weder vom Platzangebot noch von der Ausstattung den Anforderungen an eine sorgfältige Aufbewahrung genügten. Schrittweise konnten Verbesserungen wie der Einbau einer Wasserleitung (1916) oder einer Gasheizung die Situation verbessern. Als im Jahr 1920 ein Bestand von 6108 Werken erreicht war, konnte der Verein im Erdgeschoss des Doms ein Lesezimmer einrichten, das nun auch von Nicht-Vereinsmitgliedern genutzt werden durfte. Das Preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, das zuvor bereits die Vereins-Aktivitäten unterstützt hatte, stellte nun die Vereinsblibliothek aufgrund „ihrer besonderen wissenschaftlichen und geschichtlichen Bedeutung für die Allgemeinheit“ unter Schutz.
In den 1920er Jahren gab es Einschnitte in der Arbeit der Bibliothek durch die Inflation. Danach ging es mit der gezielten Sammlung stetig voran während die räumliche Situation sich eher verschlechterte. Im Jahr 1940 begann eine teilweise Auslagerung der Bibliotheksbestände, darunter in den Keller der Parochialkirche und in die Berliner Stadtbliothek. Die im Deutschen Dom verbliebenen Materialien wurden bei zwei Bombenangriffen britisch-amerikanischer Flugzeuge im Januar 1944 zu großen Teilen vernichtet. Ein Rest wurde von den sowjetischen Truppenteilen durchwühlt und von Unbekannten in das Ermelerhaus verbracht.
Nach dem Ende des Krieges übertrug der Magistrat von Ost-Berlin dem Berliner Stadtarchiv die treuhänderische Verwaltung des noch vorhandenen Eigentums des Geschichtsvereins und die Neuordnung. Die Fontane-Autographen kamen ins Theodor-Fontane-Archiv nach Potsdam; Handschriften, Stiche, Pläne usw. befinden sich im Bereich Historische Sammlungen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.[4]

Am 2. Oktober 1959 konnte die Spezialbibliothek des Geschichtsvereins nunmehr im Ernst-Reuter-Haus in Berlin-Charlottenburg wieder eröffnet werden. Finanziell wurde das durch die Senatsbibliothek und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie ermöglicht, personell setzten sich vor allem die Mitglieder Karl-Heinz Grave und Kurt Landsberg für diese Wiederbegründung ein.[5]

Nach der Wende und der Totalsanierung des Neuen Marstalls konnte die Vereinsbibliothek nun in das Haus der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Neuer Marstall, Schloßplatz 7 , einziehen.[6]

Fotosammlung

Wertvollster Besitz sind vier historische Vereinsalben, in denen Fotos der frühen Mitglieder des Vereins enthalten sind. Die Auswertung der Rückseiten der Visitkartenportraits bildeten die Grundlage für ein 2003 begonnenes Forschungsprojekt Berliner Fotografenateliers im 19. Jahrhundert der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin im Studiengang Museumskunde.[7]

Bekannte Mitglieder

– alphabetisch –

Literatur

  • Rudolf Danke: 100 Jahre Verein für die Geschichte Berlins in: Jahrbuch 'Der Bär von Berlin 1965, S. 325 - 405.
  • Martin Mende: Julius Beer und die Gründung des Vereins für die Geschichte Berlins 1865 in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 3/2006, S. 381 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Satzung des Vereins
  2. Gregor Günther (?): Warhafftig Sumarius der gerichts hendel, gedruckt bei Johann Hanau, Frankfurt (Oder) 1511
  3. Katalog der Vereinsbibliothek, 1896 (online)
  4. Website zur Bibliotheksgeschichte Martin Mende: Vom Berliner Rathaus zum Deutschen Dom. Bibliothek und Archiv des Vereins für die Geschichte Berlins 1865 bis 1945. Auch in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 4, Oktober 2009, S. 258–267
  5. Wolther von Kieseritzky: 50 Jahre Wiederbegründung der Vereinsbibliothek. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 4, Oktober 2009, S. 258
  6. Homepage der Vereinsbibliothek
  7. Prof. Dr. Sibylle Einholz: Der Verein für die Geschichte Berlins im Spiegel der Fotografiegeschichte

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