Sergio Leone

Sergio Leone

Sergio Leone (* 3. Januar 1929 in Rom, Italien; † 30. April 1989 ebenda) war ein italienischer Filmregisseur. Er ist besonders für seine späteren Arbeiten im Bereich der Italo-Western berühmt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Kindheit, Jugend und erste Schritte im Filmgeschäft

Sergio Leone wurde am 3. Januar 1929 als Sohn des Filmpioniers Vincenzo Leone („Roberto Roberti“) und der Schauspielerin Edvige Valcarenghi („Bice Walerian“) geboren.
Sein Vater war 1911 in das Filmgeschäft eingestiegen und wurde in Italien vor allem durch seine Zusammenarbeit mit dem Stummfilmstar Francesca Bertini bekannt. Er sympathisierte mit den Kommunisten und zog sich unter Eindruck des Faschismus weitgehend von der Außenwelt zurück.[1]

Leone selbst wurde in seiner Jugend nicht nur durch die Herrschaft des Duce, sondern auch durch die Besetzung Roms sowie die letzten Kriegsjahre geprägt. In diese Zeit fällt auch sein erster Kontakt mit US-amerikanischer Populärkultur, welcher er ausnehmend schnell verfiel. Besonders das Kino Hollywoods begeisterte ihn:

„Unsere Welt war wahrhaftig die Straße und das Kino. Vornehmlich die Filme, die aus Hollywood kamen! Niemals die französischen Produktionen oder die italienischen ‚telefoni bianchi’.“

Sergio Leone[2]

Sein Biograf Christopher Frayling deutete dies später als Realitätsflucht vor den Umständen des Krieges und der Diktatur.[3]

Nachdem Leones Vater ab 1939 wieder Filme zu drehen begann,[4] nahm er den kleinen Sergio öfter zu seiner Arbeit mit. Jener wurde so immer mehr mit der für ihn faszinierenden Welt des Filmemachens vertraut. In den folgenden Jahren verdingte Leone sich in den unterschiedlichsten Positionen im italienischen Studiosystem der 40er und 50er Jahre: Von Statistenrollen, Regieassistenzen über die Stelle als Regisseur des zweiten Kamerateams bis hin zum Schreiben von Drehbüchern wirkte Leone bei einer Vielzahl von italienischen Filmen mit. [5] Meist waren dies künstlerisch eher weniger anspruchsvolle Filme, ganz im Stile des damals sehr populären Peplum.
Nebenher lernte er aber auch eine andere Art des Filmemachens kennen: Er assistierte in renommierten Hollywoodfilmen bei der Regie, beispielsweise bei Ben Hur im Jahr 1959. Seine erste richtige Regiearbeit für Die letzten Tage von Pompeji bekam er schließlich 1959 nach Mario Bonnards Ausfall. Dabei arbeitete Leone interessanterweise mit später führenden Figuren des Italo-Westerns zusammen: Duccio Tessari als sein Regieassistent sowie Sergio Corbucci und Enzo Barboni als Regisseur bzw. Kameramann des zweiten Kamerateams.
Auch wenn es nur eine italienische Low-Budget-Produktion war, nahm er die Erfahrungen bezüglich der Finanzierung sofort mit und machte sich zwei Jahre später an seinen ersten selbst geführten Film, Der Koloß von Rhodos.

Im Vergleich zu seinen späteren Filmen fällt dieser allerdings aus Sicht der Kritiker, wie auch aus derjenigen von Leone deutlich ab.[6] Dies führt oftmals dazu, dass in Gesamtdarstellungen zu Sergio Leones Werk diese Produktion nur rudimentär behandelt oder gar ausgelassen wird.[7] Trotzdem lassen sich bereits einige Charakteristika seines späteren Schaffens erkennen.[8]

Dollar-Trilogie

Während in den Sechzigern die Nachfrage nach Epen verebbte, war Leone schon an der Produktion seines nächsten Werks, diesmal in einer völlig anderen Richtung: Dem Western. Auch wenn Leone nicht der Erfinder des Italo-Westerns war, mit Für eine Handvoll Dollar und den Folgefilmen Für ein paar Dollar mehr und Zwei glorreiche Halunken prägte er das Genre entscheidend und nachhaltig. Der kommerzielle Erfolg der Filme zog eine ungeheure Fülle von italienischen Western-Produktionen unterschiedlicher Qualität nach sich. Die ersten drei Western Leones revolutionierten die Kameraführung und Musik des Genres, die sein ehemaliger Klassenkamerad aus Kindertagen Ennio Morricone komponiert hatte (wie auch die von zahllosen anderen Italo-Western). Leone legte viel Wert auf realistisches Aussehen; seine Spezialität waren Großaufnahmen auf die harten, markanten Gesichter der Schauspieler, was ebenfalls einen totalen Bruch mit der bisherigen Filmmachart darstellte. Hauptdarsteller aller drei Filme war Clint Eastwood, der es dadurch vom TV-Cowboy in der US-Serie Rawhide zum internationalen Filmstar brachte.

„Der ‚Fremde‘ ist eine Variation vertrauter Heldenfiguren, die Handlung eine Abwandlung vertrauter Konflikte […]. Leones Annäherung an den Westernmythos versieht die zum Klischee gewordenen Bestandteile des Genres mit einem mehr zynischen Blick auf die Figuren, auf ihre Taten und Motive. Der Held besitzt keine persönliche oder historische Identität mehr, sondern er ist ein anonymer einsamer Mann ohne Vergangenheit und ohne Zukunft, der seine Unverwechselbarkeit erst aus seinem Verhalten gewinnt.“

Franz Everschor[9]

Amerika-Trilogie (oder auch „Once upon a time“-Trilogie)

1967 folgte seine Einladung nach Amerika, wo er ein weiteres Meisterwerk drehte: Spiel mir das Lied vom Tod (C’era una volta il West/Once Upon A Time In The West), sollte die erste von nur zwei US-Produktionen Leones werden. Gedreht wurde in Amerika, Spanien und Italien, diesmal jedoch mit bekannten amerikanischen Schauspielern wie Henry Fonda und Charles Bronson – ein langes und klares Bild über die Legende vom Wilden Westen und den amerikanischen Traum. Alle Beteiligten, Drehbuchautor Sergio Donati sowie die Autoren der Grundstory Bernardo Bertolucci und Dario Argento, auf die noch große Regisseurkarrieren warten sollten, halfen bei diesem heute als Monument des Western anerkannten Epos. Anfangs jedoch sah das ganz anders aus, da die Produktionsfirma Paramount vor Kinostart den Film zur Unkenntlichkeit verschnitten hatte, was eher geringe Erfolge an den Kassen in den USA zur Folge hatte. In Europa erzielte er jedoch Rekorde und ist heute, nachdem die ursprüngliche Version mehrfach veröffentlicht wurde, weltweit entsprechend gewürdigt worden.

In den Folgejahren wollte sich Leone eigentlich bei Produktionsarbeit zurücklehnen, so auch bei Todesmelodie (Giù La Testa; Arbeitstitel des Drehbuchs war Es war einmal … die Revolution), der ursprünglich von seinem ehemaligen Assistenten Gian Carlo Santi gedreht werden sollte, aber schließlich auf Bitten der Darsteller, die Differenzen mit Santi beklagten, von Leone übernommen wurde. Es ist einer seiner schwersten Filme, was die Zugänglichkeit betrifft, mit einem mystischen Charakter. Schließlich konzentrierte sich der Regisseur tatsächlich aufs Produzieren, angefangen mit Mein Name ist Nobody, einer Westernhommage mit Henry Fonda und Terence Hill, dem viele weitere ähnliche Filme folgten, zu denen von Leone selbst auch angeblich die eine oder andere Szene geschossen wurde.

Von 1972 an bereitete er sich dann auf sein größtes Projekt vor, das er schon lange im Hinterkopf gehabt hatte: An Es war einmal in Amerika, basierend auf dem Buch The Hoods von Harry Grey, wurde zwölf Jahre lang getüftelt, bis es 1984 Premiere feierte – wieder von den ursprünglichen dreieinhalb Stunden völlig verschnitten von den Studios. Der Regisseur starb 1989 an einem Herzinfarkt, als er gerade an einem Film über die Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg arbeitete.

Einfluss auf andere Filmemacher

Noch heute beschreiben viele Regisseure Leone als ihr großes Idol. In einem Interview sagte James Woods, dass die Arbeit mit Sergio Leone der Höhepunkt seiner Filmkarriere gewesen sei.[10] Quentin Tarantino ist selbstbekennender Liebhaber seiner Filme[11] und lässt auch viele für Sergio Leone typische Kameraeinstellungen in seine eigenen Filme einfließen.[12] Clint Eastwood widmete Leone seinen Oscar für die beste Regie von Erbarmungslos (Unforgiven, 1992), obwohl er einige Streitigkeiten mit ihm gehabt hatte.

Alternativnamen

Für seinen ersten Italo-Western "Für eine Handvoll Dollar" legte Sergio Leone sich das Pseudonym "Bob Robertson" zu. Er erhoffte sich damit eine größere Beachtung beim Publikum. Auch die anderen Darsteller und Ennio Morricone traten in diesem Western unter anderen Namen auf.

Filme

Regie

* Produktionen unter fremder Regie, Teilsequenzen unter Regie Leones

Drehbuch

Literatur

  • Oreste De Fornari: Sergio Leone, München: Bahia Verlag 1984, ISBN 3-922699-26-X
  • Christopher Frayling: Spaghetti Westerns. Cowboys and Europeans from Karl May to Sergio Leone, London/New York: I.B.Tauris 1998, ISBN 978-1-84511-207-3
  • Christopher Frayling: Sergio Leone. Something To Do With Death, London/New York: Faber & Faber 2000, ISBN 978-0-57116-438-7
  • Harald Steinwender: Sergio Leone. Es war einmal in Europa, Berlin: Bertz + Fischer Verlag 2009, ISBN 978-3-86505-308-4

Einzelnachweise

  1. Harald Steinwender: Sergio Leone. Es war einmal in Europa, Berlin: Bertz + Fischer Verlag 2009, S. 30.
  2. Steinwender: Sergio Leone, S. 29 [zitiert und übersetzt nach: Noël Simsolo: Conversations avec Sergio Leone, Paris: 1987, S. 22]
    Das „Kino der weißen Telefone“ verkörperte für viele Nachkriegsregisseure Italiens den wirklichkeitsfernen Stil des faschistischen Kinos. Näheres dazu siehe Morando Morandini: „Italien. Vom Faschismus zum Neo-Realismus“, In: Geoffrey Nowell-Smith (Hg.): Geschichte des internationalen Films, Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 2006, S. 321f.
  3. Christopher Frayling: Sergio Leone. Something To Do With Death, London/New York: Faber & Faber 2000, S. 8.
  4. Sergio Leone selbst spricht von einem „inoffiziellen Berufsverbot“ von 1929 bis 1939, Frayling hingegen deutet dies als „Familienlegende“.
    Frayling: Sergio Leone, S. 38f.
  5. Die Angaben darüber gehen allerdings recht stark auseinander. So spricht Christopher Frayling von der Beteiligung an 28 Produktionen vor Der Koloß von Rhodos im Jahr 1960, der Companion to Italian Cinema von 56 Arbeiten, andere Quellen sprechen von „über 50“ Filmen.
  6. Leone spricht davon, dass er diesen Film nur gemacht habe, um seine Hochzeitsreise zu finanzieren.
    Michael Carlson: Sergio Leone, Harpenden/Herts: 2001, S. 31.
  7. Steinwender: Sergio Leone, S. 32.
  8. Filmkritik von Christoph Huber bei filmzentrale.com
  9. Der Letzte seiner Art – Clint Eastwood in Lexikon des internationalen Films, Seite W 38
  10. Gavin Smith: "James Woods: The Actor as Terrorist", In: Film Comment 33, 1-2/1997, S. 58f.
  11. Michael Ciment/Hubert Niogret: "Interview at Cannes", In: Gerald Peary (Hg.): Quentin Tarantino. Interviews, Jackson, Mississippi: 1998, S. 9-26.
  12. Steinwender: Sergio Leone, S. 347ff.

Weblinks


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